Coco Martin spielt in diesem Film von Brilliante Mendoza den jungen, unerfahren-naiven Polizisten Peping, der es eben geschafft hat gegen den Moloch Grossstadt seine junge Frau, mit der er bereits ein Kind hat, zu heiraten (allein diese Aktion ist ein Kurzfilm für sich!), da wird er auf der Polizeischule vom Chef aufgefordert, am Abend noch mitzugehen, er könne sich ein Extrageld verdienen. Was er auf dieser irren Nachtfahrt mit einer Polizeisquad erlebt, übersteigt nicht nur seinen Erfahrungshorizont bei weitem, es dürfte auch den Zuschauer fordern; am frühen Morgen endlich auf dem Heimweg von dieser Horrornacht, erfährt Peping in der Taxe bereits aus dem Radio, was an Torsoteilen der exekutierten Nutte wo überall gefunden worden ist.
Eclipse – Biss zum Morgenrot
Das kommt mir vor wie das Resultat einer Computertomographie durch das Gefühlsleben eines Menschen innerhalb jenes kleinen Zeitfensters in seinem Leben, in welchem über die vermeintlich eine, lebenslängliche Paarung entschieden werden muss. Wer mit wem. Und da ist es ganz patent, wenn man eine junge Frau zwischen zwei jungen Männern hat; wobei „jung“ relativ ist, die Darsteller scheinen mir für das reale Alter, in dem diese Durchlässigkeit der Poren zur definitiven Paarung natürlich gegeben ist, schon zu alt; spielt aber keine Rolle, denn es geht hier kein bisschen um Erotik, auch nicht um Sex, noch um Wahlverwandschaften, es geht um die Entscheidung für einen Partner, und das im konservativsten Sinne, nämlich darum, den Partner FÜRS LEBEN zu finden. Nur so kann diese Entscheidung die extreme Bebilderung vertragen.
Den Seelenaufschluss symbolisieren nebst Wölfen die zwei Jünglinge Edward und Jacob, die beide um Bella buhlen, wobei Edward der Vampir ist, der Bleichling, der Böse, der Zwielichtige, der Verführerische und Jacob der Wolfige, der werbeaffin Bemuskelte, der ohne zweites Gesicht.
Nur weil die Entscheidungssituation der Frau als totalitär verstanden wird, muss sie so krass gegensätzlich illustriert werden. Einerseits Wildheit und Wölfe, andererseits Romantik und Zärtlichkeit und violette Wiesen im Gegenlicht.
Kommentar: die Wolpertinger-Phase des Menschen bildhaft in Griff zu kriegen ist kein leichtes Unterfangen. Vor allem, wenn das ohne jeden Humor mit bierischem Pseudoernst versucht wird (bis auf die paar bodenständigen Pointen des Polizistenvaters aus der abgestandenen wirklichen Wirklichwelt). Es ist halt eine Wahnsinnsphase. Das jedenfalls haben die Macher dieses Filmes kapiert.
Ich bin dann mal fertig
Ein paar meiner Freunde haben mich reingelegt. Eiskalt über den Tisch gezogen. Mich hintergangen und mir ins Gesicht gelogen. Weil sie mich so gerne haben.
Doch fangen wir vorne an: Die Freundin H. meines Freundes O. orientiert sich beruflich gerade um und kam so zu einigen freien Monaten. Während der Normalverbraucher in solchen Fällen gern mal die Füße hochlegt und sich auf den Balkon zurückzieht, erfüllte H. sich einen Traum: Leben und Arbeiten auf einer Berghütte. Ihre Wahl fiel auf ein Haus im hintersten Ötztal, und dort lebt und arbeitet sie nun in luftigen Höhen für die restliche Saison.
Vergangenen Samstag hatte H. Geburtstag, und O. hatte ein Geburtstagspaket für sie geschnürt: Wir alle, ihr Freundeskreis aus München, würden sie unangemeldet an ihrem Feiertag auf der Hütte überraschen. Wir, so stellte sich bei der Abfahrt am Samstagmorgen um kurz vor sieben heraus, das waren O., die vierköpfige Familie L. und ich. Der Rest hatte abgesagt.
Ich hätte auch fast abgesagt, denn man hatte mir nahegelegt, meine Fähigkeit, einen Berg zu besteigen, vorab zu beweisen. Damit ich die Gruppe nicht aufhalte durch einen Notfall oder ähnliches. Was für eine Frechheit, hatte ich mir letzte Woche noch gedacht, bin ich nicht jung und kräftig und aktiv und beweglich unter meinem zugegebenermaßen nicht mehr ganz zu ignorierendem Ranzen? Ich kann jederzeit Bäume ausreißen, so meine Selbsteinschätzung, und mein Kardiologe sagt mir auch immer wieder gerne „Sie sind stark wie ein Bär“. Wieso sollte ich also vorher einen Fitnesstest machen? Mit einer sakrischen Wut im Bauch begab ich mich also letzte Woche auf die Neureuth am Tegernsee, erklomm den 1241 Meter hohen Berg vom Parkplatz aus in zwei Stunden – statt einer, wie veranschlagt, aber gut, ich bin ja auch etwas langsamer. Nach rund 500 Höhenmetern endlich schwitzend und fluchend oben angekommen, durchströmte mich dieses „Na siehste“-Gefühl, und ich hatte bewiesen, dass ich es noch konnte. Immerhin war dies der erste Berg, den ich seit rund 15 Jahren tatsächlich selber hinaufgelaufen war, anstatt mit der Bahn zu fahren. Ich bin dann mal fertig weiterlesen
Bergfest
Der treffendere Titel dieser losen Szenensammlung zu einem Vater-Sohn-Konflikt wäre: vier Schauspieler, zwei Männer und zwei Frauen, erfinden und improvisieren workshopmässig-konzentriert mögliche Begegnungen in verschiedenen Kombinationen zum weitest gefassten Thema ’Entfremdeter Sohn mit gehbehinderter Freundin trifft in Alphütte auf seinen Vater mit dessen heimlicher Geliebten’.
Please Give
Gänzlich ironie- nicht aber humorfreies Einrichtungskino. Eine frauliche Sicht auf das Leben als ein Modus des Einrichtens. Darum betreibt die Protagonistin einen ihrer gehobenen Klasse angemessenen Gebrauchtmöbelladen in einer schönen Avenue in New York. Leben heisst, sich einrichten in einem umfassenden Sinne. Diese Einrichtung muss ständig verteidigt werden gegen allerlei störende Einflüsse. In der Jugend sind es die Pickel. Im Erwachsenenalter ist es die Mammographie, später der Tod, der dann Haushaltsauflösungen zur Folge hat. Es können verbrannte Gerüche sein, die die Oma wahrzunehmen glaubt oder die Schädlichkeit von Mikrowellenherden, das sind Gesichtsbehandlungen oder Massagen für die schöne Haut, Dampf, der Poren öffnet. Da Einrichtung immer auch asozial ist, weil sie auch Abschirmung bedeutet, geht mit ihr, so ist zu folgern, ein schlechtes Gewissen einher. Dieses lässt sich nicht bändigen und möchte andauernd Gutes tun, möchte sich ehrenamtlich engagieren (anlässlich der Beerdigung der Oma werden ihre vielfältigen ehrenamtlichen Einsätze gewürdigt, die vor nichts halt machten). Dass die Entwicklung der Hauptfigur im Film offenbar die zu sein scheint, dass die Mutter am Ende der Tochter die Jeans für 200$ schenkt, die sie ihr anfangs verweigerte, was das zu bedeuten hat, darüber muss ich noch nachdenken.
Herbstgold
Sie haben nichts gelernt. Trotz ihres fast biblischen Alters, ab 80 geht’s los, wollen sie siegen, wollen aufs Treppchen, wollen die Besten sein bei der Senioren-Leichtathletik-Weltmeisterschaft 2009 in Lahti in Finnland.
Sie ärgern sich über überlegene Konkurrenten, sei es über Olga aus Russland, die sich in einem Dutzend Disziplinen angemeldet hat, sei es über den 90 jährigen Läufer aus Italien, der einfach besser ist.
Sie gehen, wenn es sein muss, noch mit der Gehhilfe an den Start.
Sie möchten mit der Kugel unbedingt mehr als 6 Meter erreichen, weil 6.01 Meter hört sich einfach besser an als 5.99 Meter, auch wenn man damit schon Seniorenweltmeisterin im Kugelstossen wird.
Sie trainieren und pusten und quälen sich im Park, in der Sportanlage, auf dem Balkon, im Treppenhaus. Denn sie möchten Weltrekorde knacken. Und sie möchten den Applaus des Publikums.
Eine Dokumentation im üblichen TV-kommensurablen Häppchen-Ineinanderschnitt mehrerer Protagonisten-Portraits, die vom Training bis zur Weltmeisterschaft sporadisch berichten und auch Persönliches erzählen, bei der man sich fragt, wer sich das im Kino wann anschauen möchte. Vielleicht was für die närrischen Tage oder für Halloween.
Chuzpe
100 gesammelte Filmbeleidigungen, wirklich toll. Ich wünschte, so würde mal ein Tatort inszeniert. Seufz…
Copacabana Mon Amour (Filmfest München)
Kann man einer verrückten Stadt wie Rio eine verrücktere Liebeserklärung machen als mit einem Trio aus durchgeknallten Figuren, die ihren Ursprung über Afrika und Dschingis Khan bis Abraham zurückleiten, die ihre Stadt lieben und an ihr, der Sonne, der Armut, den Favelas schier verzweifeln wie DADA, der Göttin im knallroten Kleid und wassserstoffblond, puppengesichtig, ihr Bruder, der Idiot, der mit einem Leintuch überm Kopf oder mit zerrissenen Hemden oder löchrigem Schirm durch die Favelas geistert oder sich im Sandstrand wälzt und mit Kerzen die Haare seiner Unterarme abbrennt und dem Gauner mit der Baskenmütze und dem Stilett, der die Amerikaner um Geld anhaut. Zu schweigen von Dr. Cricket, den am Ende sowohl der Idiot als auch DADA vernaschen. – Das war wohl nur 1970 möglich – und die vielen Käfer von VW!
Todos Mienten (Filmfest München)
Vor vierzig Jahren wären sie passende Zeitgenossen von Godard oder Costard gewesen. Junge Leute aus gebildeten Häusern vermutlich noch ohne den Zwang mit der Kunst Geld zu verdienen oder Karriere zu machen, mit grosser intellektueller Neugier aufs Medium Film, sie sehen Film als intellektuell-künstlerische Spielwiese, sie lieben Zwischentitel, sie hängen in einem grosszügigen Anwesen rum, junge Männer, junge Frauen, sie heissen Ivan, Helena, Monica, Isabel, Emilia, Camilo, Chas, … sie erzählen sich Geschichten, lesen sich Literatur vor, malen, versuchen ab Tape einen Text aufzuschreiben, sie narren einen etablierten Maler, sie organisieren den Haushalt, versuchen ein Gewehr zu reinigen, graben im Garten alte Flaschen mit geheimen Informationen aus, überlegen sich das Nation-Building, schlafen in einem Massenlager … es wird sehr viel geredet, viel literarischer Text, wer des Spanischen nicht mächtig ist, ist ganz schön absorbiert damit, die englischen Untertitel einigermassen aufzunehmen.
Bergblut (Filmfest München)
Die Erzählperspektive dieses Filmes schielt – und zwar gewaltig. Sie gibt vor, auf das Schicksal von Katharina zu schauen, der Städterin aus Augsburg, die der Liebe wegen ins Tiroler Bergbauerndorf auswandert, enthält uns aber das Fundament der Anteilnahme an ihrem Leben, nämlich Träume, Konflikte, die ein Ziel, eine Spannung emotional nachvollziehbar herstellen könnten vor und schielt auf den Tiroler National- und Freiheitshelden Andreas Hofer, dem sie am Ende auch eine prächtige Erschiessungsszene gönnt, dessen Weg aber auch nur durch Erzählung und unter Verweigerung der Möglichkeit der Anteilnahme durch den Zuschauer, erklärt wurde. Dass der Zuschauer trotzdem nicht nach kurzer Zeit schon den Saal verlässt, dürfte einzig und allein (sic!) das Verdienst der grandiosen Kamera sein, die in jedem einzelnen Bild was zu erzählen hat, angefangen wie sie sanft, fast anmacherisch über die Gletscher fliegt bis zu Strukturen in Textilien, Holz, Gegenständen, Natur, Alpen, wie sie diese in ihrem Bei-sich-Sein überrascht.