Dickste Freunde

Eine robuste Comedy mit zwei robusten männlichen Protagonisten (beide sind dick mit dicken Gesichtern, der eine groß, der andere klein, nein, nein, keine Brüder der Klamotte!) um den Einfall herum, dass zwei Geschäftsfreunde, die eine etwas abstruse Geschäftsidee haben (bei Elektroautos das Gaspedal an einen Geräuschgenerator zu koppeln, der das Aufjaulen starker PS-Motoren imitiert) und die kurz davor sind, einen Durchbruch auf dem Markt zu erzielen und justament da beobachtet der eine die Frau des anderen beim Fremdgehen (im Botanischen Garten, wo er selbst einen Heiratsantrag stellen möchte; er selbst fällt dabei in ein Gestrüpp von Giftpflanzen, hat die Haut voller Ausschlag und muß das seinen Leuten erklären, irgendwie). Sein Problem ist, ob er kurz vor der entscheidenden Präsentation der Erfindung dem Freund die Geschichte mit dem Seitensprung dessen Frau hinterbringen soll oder nicht. Tut ers oder tut er es nicht, das ist hier die Frage, von der die Produzenten des Filmes hoffen, dass sie auch den Zuschauer brennend interessieren werde.

Hereafter

Drei Geschichten finden nach langem Anlauf zum kurzen Ende zusammen. Den Hauptfiguren gemeinsam ist ein je spezifischer Bezug zum Jenseits, zum Hereafter. Zentrale Personen dieser Geschichten sind: ein Dockarbeiter mit Hellseherfähgikeiten, ein Junge, der den Tod seines Bruders zu verarbeiten hat und eine Moderatorin, die eine Todesnaherfahrung bei einem Tsunami gemacht hat.

Warum Eastwood diesen Film gemacht hat? Vielleicht liegt die Begründung in der persönlichen Befindlichkeit des Filmemachers, der, was nicht abwegig ist, konstatieren mag, dass, je älter er werde, die Wahrscheinlichkeit des nahen Endes größer werden dürfte und damit auch das Interesse an dem, was nachher kommen mag. Passend dazu dürfte die Zielgruppe für diesen Film in der entsprechenden Altersklasse zu finden sein, falls sie soviel Muße hat, sich mit derlei Dingen zu beschäftigen.

Insofern könnte ich mir vorstellen, dass der ideale Ort für eine Vorführung dieses Films ein altvornehmer Kurort wäre, der stilvolle Kursaal nach dem Nachmittagstee, ein fein hergerrichtetes Publikum, was nicht nur diese Jenseits-Schnurren sondern die makellos schöne Kinohandschrift Eastwoods ebenso zu schätzen versteht wie den Tee aus Tassen von Meissener Porzellan.

Aber vielleicht ist auch alles anders. Mich hat doch sehr abgelenkt die Nase von Matt Damon, der den hellseherischen Dockarbeiter spielt, eine so unglaublich regelmässig harmonische Nase, wie ich sie gar nicht in Erinnerung hatte, und wie ich sie mir an einem Dockarbeiter schon kaum vorstellen kann, von klassischem Ebenmaß.

And the Oscar might go to…

Die Oscarnominierungen wurden soeben bekanntgegeben (komplette Liste hier). Um den Oscar für den besten Film streiten sich diesmal sogar 10 Kandidaten:

  • 127 Hours (großartig, spielt aber m.E. nicht in dieser Liga)
  • Black Swan (ich denke, eine hochschwangere Natalie Portman wird die Statuette für die beste Hauptrolle entgegennehmen)
  • The Fighter (konnte ich noch nicht sehen)
  • Inception (nein, spielt absolut nicht in dieser Liga. Ich verstehe nicht, wieso der so faszinierend sein soll. Memento war viel besser.)
  • The Kids are all right (habe ich nicht gesehen)
  • The King’s Speech (habe ich nicht gesehen)
  • The Social Network (ja, der könnte ihn gewinnen. Mir läuft’s immer noch kalt den Rücken runter ob dieses Soziopathen)
  • Toy Story 3 (nicht wirklich, oder?)
  • True Grit (ja, wenn meinereiner auch die PV vor Weihnachten hätte besuchen dürfen, dann hätte ich hier jetzt was tiefschürfendes sagen können)
  • Winter’s Bone (nicht gesehen, meines Wissens ist der auch noch nicht gezeigt worden)

Über die restlichen Nominierungen äußere ich mich in den nächsten Wochen…

Und hier noch das Video:


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Die Vorstadtkrokodile 3

Hier übt der Nachwuchs schon mal das, was die Erwachsenen im gleichzeitig anlaufenden amerikanischen Film 72 Stunden leisten, als Laien Gefängnisinsassen cool professionell zur Flucht verhelfen.

Jugendfilm im Übergang von der Action zur Romantic Comedy.

Es kann einem schier Angst werden um die Zukunft des Landes, diese Mid-Teen-Generation zu sehen, wie sie planvoll-strategisch ans Erwachsenen-Kino angepasst handelt und die wohl schwierigste Phase im Leben ohne jede Verrücktheit, ohne jede kreative Phantasie, ohne jedes Aufbegehren und auch ohne identitätsstiftenden Slang bewältigt. Solche Menschen lernen zwar technische Probleme lösen; gegen persönliche Krisen dürften sie schlecht gefeit sein.

Dafür wird der Glaube an den Zusammenhalt der kurz vor dem altersbedingten Auseinanderbrechen stehenden Gruppe beschworen. Auch eine Kino-Illusion. Und recht einfach gestrickt dazu. Lagerfeuergefühlsdusselei.

Good Food Bad Food

Einer dieser immer wieder wichtigen neueren, durchaus genießbaren, engagierten Streifen, die sich damit beschäftigen, wie die Geldgier großer Konzerne, hier wird öfter Monsanto genannt, die Nahrungsgrundlage für die Menschen zerstört.

Nebenbei soll auch noch das Thema Weib und Fruchtbarkeit, dass Frauen für die Fruchtbarkeit der Erde zuständig sind, reingepackt werden.

Die Chose wird dringlich und heftig präsentiert, wie mit einer schweren Ackeregge pflügt sich Serreau durch das Thema und zeigt auch, welchen Schaden Ackereggen anzurichten imstande sind.

Zu sehen sind Musterbeispiele für Bewahrung wie auch für die Zerstörung von Mutter Erde aus Brasilien, Indien, Russland, Frankreich.

Am schockierendsten: die Einflussnahme der Nahrungsmittelindustrie auf die Gesetzgebung am Beispiel Frankreichs.

Black Swan

Wenn der Film eine Illustration zu Obamas Satz „Yes, we can“ sein soll, dann muss einem um die Zukunft Amerikas nicht bange sein. Denn dass die als frigide bezeichnete Tänzerin, die wie ein kleines Hysterchen erscheint, die ein gestörtes Verhältnis zur Mutter hat, die sie als kleine Prinzessin behandelt und abhängig gemacht hat, dass eine Frau, die anfällig für Angstträume ist, die sich mit Kratzen Selbstverletzungen beibringt, die eine instabile und verklemmte Person ist – dass eine dermaßen beeinträchtige und gestörte Figur in einer großen Tanz-Compagnie den Wettbewerb um die Nachfolge der Muse des Chefs und Choreographen gewinnt und dann noch den Weissen und den Schwarzen Schwan erfolgreich tanzt, das ist ungefähr so wahrscheinlich, wie die Erfüllung der Erwartung, dass Obama noch in dieser Legislatur-Periode die Gletscherschmelze zum Stillstand bringen, die Ölbohrungen im Golf von Mexiko stoppen, den Afghanistankrieg ohne einen weiteren Schuss  beenden, Guantanamo schließen und die amerikanischen Staatsschulden auf europäisches Niveau runterdrücken werde. Aber Kino soll ja der Ort sein, das Unmögliche wahr werden zu lassen, Traum- (und Alptraum-) fabrik, Illusionsmaschinerie, kompensatorische Erfüllung unrealistischer Wünsche, Alles-muss-gut-werden-Gemälde, das glaubt, wer an den Weihnachtsmann glaubt.

Im Alter von Ellen

Zu sehen ist eine Frau, die, abgrundtief an sich, an der Welt, oder an beidem leidet (Einsicht in die Akte des Psychiaters gibt es nicht), deren mit einer Prinzessinnen-Piepsstimme gesprochenes Deutsch kaum ihren französischen Ursprung verrät und die wie fremdgesteuert durch diese unsere Welt wandelt, egal ob sie als Stewardess vorm Abflug den Passagieren die Notfallregeln erklärt, ob in Afrika sich ein Gepard auf die Startbahn verirrt, ob sie einfach aus dem Flugzeug aussteigt, damit ihren Job aufs Spiel setzt und diesen auch verliert, ob sie im Hotelzimmer mit einem Typen berät, ob sie schnackseln sollen, obwohl der gerade mit einem schwulen Kollegen zugange ist, oder ob sie bei alternativen Tierschützern Unterschlupf findet und sie beim Verteilen von Flyern unterstützt, gar einen Affen auf den Schultern trägt oder ob sie in Afrika mit Tierschützern martialische Straßensperren zu passieren hat – die Grundaussage dieser Frau, die hier durch den Film mehr in Trance und wie auf Luftkissen schwebt, ist einzig die: Unglück, Teilnahmslosigkeit, Leere. Röntgenbild einer Lufthansaflugbegleiterin?

72 Stunden

Hier ist zu bestaunen oder zu bewundern, wie lernfähig ein ganz gewöhnlicher Schullehrer doch sein kann, wenn er davon überzeugt ist, dass seine Frau zu Unrecht im Gefängnis sitzt, und mit welcher Selbstverständlichkeit er sich ins Metier des Ganovens einarbeitet (von der Geldbeschaffung mit der Knarre bis zu Eisenschneidetechniken) und dann die Befreiungsaktion, die wegen einer drohenden Verlegung der Gefangenen in einen anderen Knast unter großem Zeitdruck zu geschehen hat, wie ein eiskalter Profi durchführt. Röntgenbild eines Schullehrers?

Humor ist, wenn man trotzdem lacht?

Zur Verleihung der Golden Globes 2011 lud die Hollywood Foreign Press Association HFPA ein zweites Mal den britischen Komiker, Schauspieler und Regisseur Ricky Gervais ein, durch den Abend zu führen.

Dies hat Gervais am vergangenen Sonntag in Los Angeles getan, und zwar mit ungewohnt spitzer Zunge. Seine Scherze und Anspielungen auf Benehmen, Befindlichkeiten oder auch nur das Alter der Anmoderierten unterschieden sich deutlich von den weichgespülten Floskeln, die meist bei der Oscarverleihung zu vernehmen sind. Ganz in der Tradition des bisweilen kruden, aber immer mit einem Augenzwinkern versehenen, schwärzestmöglichen britischen Humors (den das deutsche Publikum, das vorwiegend nach dem im Stechschritt organisierten Schenkelklopfhumor des närrischen Rheinlands zu ticken scheint, wohl erst durch die Monty Pythons flächendeckend kennenlernte, sich aber davon nicht weiter beeindrucken ließ), lieferte Gervais einen Hieb unter der Gürtellinie nach dem anderen ab.

Nun regt sich scheinbar die ganze Welt über Gervais‘ Gags auf. Auf YouTube gibt es Videokommentare, bei Twitter und Facebook gingen entsprechende Sprüche über den Äther, und die Presse sprang bereitwillig auf den „Bandwagon“ auf (1, 2, 3). Ich verstehe das nicht.

Zum einen ist der rabenschwarze britische Humor ja ein altbewährtes Mittel zum Lockern selbst maximalzementierter Zwerchfelle, zum anderen ließ die HFPA den netten Herrn aus England ihre Verleihung ja bereits im letzten Jahr moderieren und kann nun nicht behaupten, die Katze im Sack gekauft zu haben. Außerdem ist Gervais und sein bissiger Humor durchaus allgemein bekannt (hier ein Auftritt aus einem seiner Kabarettprogramme). Und obendrein waren die Gags offenbar abgesprochen, denn bei Conan O’Brien erzählte Gervais (vor der Globes-Verleihung!) einen geplanten Eröffnungsgag, der es dann doch nicht in die Verleihung geschafft hat.

Meine persönliche Erkenntnis aus dieser Sache: Die ganze Aufregung ist weitgehend gespielt und von den Medien überproportional aufgeblasen wurden. Dass Gervais sich nun selbst äußern muss (zu welchen Vorwürfen, bitteschön?), ist geradezu lächerliches Schmierentheater (4, 5). Schade, dass die Presse da mitspielt. Denn dass Ricky Gervais bei der Verleihung bestens ankam, hört man eindeutig an der Reaktion des Publikums. Und dass es nicht wenige überempfindliche, weltfremde, chronisch beleidigte und streckenweise besonders klagefreudige Menschen in den Staaten gibt, ist ja auch bekannt. Doch Rückhalt erhält Gervais aus den Reihen der Kollegen, also ist alles dann doch gut ausgegangen.

Hier die Gags von der Verleihung, der „banned“ Gag bei Conan und die Reaktion der Zuschauer bzw. Betroffenen:

Nachtrag: Hier ein längeres Interview mit Ricky Gervais bei Piers Morgan Tonight mit einer sehr gut formulierten Erklärung, worüber man Witze machen darf und worüber nicht:

Go ahead, make my day.