Ohne Limit

Eine ziemlich platte Angelegenheit, die da mordsmäßig aufdringlich auf die Leinwand gerotzt wird und der man kaum ausweichen kann. Es geht darum, dass einer was hat, was andere nicht haben und dass er dadurch Macht gewinnen kann und Einfluss und Reichtum; Allmachtfantasien; entsprechend sammeln sich in seiner Nähe diejenigen, die ihm diese Dinge abspenstig machen oder davon profitieren wollen. Eine Story also aus dem Bereich der niederen Instinkte, gestylt für den feinen Salon.

Designer-Droge verwandelt kaputten, erfolglosen Schriftsteller in ein Gedächtnis, das nichts vergisst und dadurch eine einzigartige Überlegenheit über die Mitmenschen gewinnt. Diese ist nützlich für Börsenspekulationen (hier hilft die phänomenale Erinnerung an Zahlen) und genau so für physische Auseinandersetzungen (hier hilft die Erinnerung an Karate-Filme).

Wenn der Protagonist vergisst, die Droge zu nehmen oder wenn der Vorrat zu Ende ist, dann sieht es allerdings mau aus mit ihm. Dem Zuschauer ergeht es ebenso, kaum ist der Film aus, ist die Wirkung schon dahin.

Kleiner Hinweis: in www.newfilmkritik.de hat Volker Pantenburg seine Eindrücke von einer Vorstellung des Filmes in einem New Yorker Kino geschildert (Samstag 9.4.2011, Amerikanische Kinos (1)).

World Invasion: Battle Los Angeles

Ist das jetzt Satire zu behaupten, dass die Marines der „ruhmvollen“ amerikanischen Armee, der höchstgerüsteten der Welt, die den Kampf gegen barfüßige, nachthemdige Taliban nach zehn Jahren erfolglos aufgeben muss, wenigstens imstande seien, L.A. vor einer Invasion von Hollywood-Aliens zu schützen, und zwar nach den alten Erfolgsrezepten des Kolonialismus und von John Wayne?

Oder handelt es sich hier um einen simplen Imagefilm für eine Armee, deren Ruf durch Einsätze wie im Irak oder Afghanistan arg ramponiert ist, einen Propagandafilm, um den die europäischen Kinozuschauer mit einem sicheren Gefühl im Bauch einen großen Bogen machen werden? (Auf die Sätze warten sie gewiss nicht, die fallen, wenn der Vater eines Buben stirbt: „Du musst jetzt tapfer sein“ und „ein Marine gibt nie auf“ – und zwar ganz ohne Rähmchen oder Gänsefüßchen).

Immerhin: L.A. in Flammen und in Ruinen und im UFO-Beschuss, das gibt prächtige, apokalyptische Bilder, und die Aliens, die vor allem aus Glitsch und Glibber bestehen – man muss dorthin zielen, wo bei den Menschen das Herz ist! – und mit ihren Extremitäten die wie auch ihre Drohnen zarten, verbogenen Eisenteilen wie der Konstruktionsweise des Eiffelturmes ähneln, sind schon ein Blickfang.

Paul – Ein Alien auf der Flucht

Paul ist der Alien, der sich zu den beiden britischen Buddies gesellt, die in den USA auf Comicstätten-Safari gehen. Paul ist auf der Flucht, nachdem er seit einem missglückten Landemanöver 1947 der Regierung geholfen hat und jetzt doch seziert werden soll. Er will das Raumschiff seiner Leute erreichen, denn er hat um Hilfe gefunkt. Zu der netten Road-Movie Truppe gesellt sich außerdem die Tochter eines bibelgläubigen Christen, die das Fluchen lernen will. Das ist alles so liebenswürdig geschrieben, inszeniert und gespielt, als stamme es direkt aus der Feder von zwei Lausbuben im Comicfanalter, und in denen das Thema Schwulität, das suggerieren viele Andeutungen, kräftig und unausgegoren rumort.

Glücksformeln

In unserer materiell und technologisch so hochtourigen Zeit sind Glücksformeln ständig neuen Anforderungen ausgesetzt, ständig im Fluss, ja es besteht ein große Verwirrung darüber, was Glück sei; insofern kann auch jede/r x-Beliebige jeden X-Beliebigen x-beliebig was dazu sagen lassen und er wird einen Verunsicherten finden, der ihm zuhört oder einen Kinoeintritt zu bezahlen bereit ist, wenn solches angekündigt wird.

Ein Kinoglück wird er allerdings bei diesem recht beliebig fürs TV zusammengeschusterten bunten Bild- und Interviewwerk nicht finde.

Kino als Wellenreiter auf der Modeerscheinung von Glücksgequassele.

Der Dieb des Lichts

Dieser Film erzählt zum einen die Geschichte von Svet-Ake, dem Elektriker in Kirgistan, den der Autor und Regisseur selber spielt und der in die unterentwickelte Landschaft von Kirgisien den Strom bringen soll, der aber auch mal den Stromzähler manipuliert.

Der Film erzählt aber auch, was für ein Kirgistan-Bild die Mitteldeutsche Medienförderung, das Medienboard Berlin-Brandenburg, der Fonds Sud Cinéma, der World Cinema Fund, der Hubert Bals Fund und The Netherland Film Fund für förderungswürdig erachten: ein armes unterentwickeltes Land, da müssen Esel, nächtens auch begattende, vorkommen, es muss Folklore her: wilde Reiterspiele wie das Buzkashi in Afghanistan, das Ziegengreifen, es braucht eine Beerdigung, es muss zum Vergnügen einer potentiellen Investorengruppe (und natürlich nur für die, keinesfalls für die Förderer oder Zuschauer) in einem Zelt ein Spiel inszeniert werden, bei dem eine nackte Frau vesucht, ein angebundenes Kamel loszulösen und wenn es einem nackten Mann mit eisenharter Latte gelingt, während sie sich vorbeugt zum Strick, sie ebenso zu begatten wie später der Esel die Eselin, dann gehört das Kamel, wenn er den Schwengel schneller drin hat als sie den Strick gelöst, ihm. Aber so weit kommt es nicht, denn der Autor-Regisseur kann solch unsittliches Spiel nicht zulassen in seinem Heimat-Film und geht dann höchstselbst dazwischen, distanziert sich als Akteur quasi von dem doch von ihm als Autor/Regisseur selbst ins Bild Gesetzten. Oder es muss eine Szene her mit einem Buben, der sich auf einem hohen Baum versteigt und den der Elektriker dann heldisch retten kann. Der Bub wollte ja nur gucken, „was jenseits der Berge sei“, denn man lebt, das wird auch hier deutlich, in der armen, ungebildeten Provinz. Ausserdem gehören zu Kirigistan spielende Kinder oder eine Frau, die dem müden Arbeiter Kefir bringt. Es muss deutlich werden, dass diese Menschen ein bisschen, wenn auch nicht ganz, hinter dem Mond leben. Das dürfte gut gelungen sein.

Die Message des Filmes scheint einfach: der Elektriker will der Gegend mit seinem Traum von den vielen Windrädern den Strom und damit den Anschluss an die Welt bringen, das Schauen von Nachrichten ermöglichen. Gleichzeitig zeigt er als Autor/Regisseur mit den Investoren und dem Kamel-nackte-Frau-Schwanz-Spiel auch, wie pervers diese Welt doch ist. Beisst sich hier die Filmkatze nicht selber in den Schwanz?

Alles, was wir geben mussten

Das Problem bei dieser Literaturverfilmung nach Kazuo Ishiguro scheint mir zu sein, dass sie zu lange ein Geheimnis um das Thema macht und dieses nur scheibchenweise lüftet. Dabei verstehe ich nicht ganz, welchen Reiz das für den Zuschauer haben soll, der den Roman nicht kennt und der nicht weiss, dass das Internat, welches im Zentrum der Handlung steht, von heranwachsenden Klonen bevölkert wird, die, wenn sie erwachsen sind, als Organspender fungieren sollen, und die meist nach der dritten Spende mangels weiterer Funktionsfähigkeit ihres Körpers „beenden“.

Merkwürdig, ein Film, der ein Geheimnis um sein Thema macht. Das dürfte nichte gerade rezeptionsdienlich sein.
Vermutlich also wieder eine jener Literaturverfilmungen, die vor allem Kennern des Buches gefallen dürften.

Denn die Fragen, die sich im Laufe des Filmes stellen, die sind durchaus reizvoll: was ist der Unterschied zwischen einem Klon und einem Menschen, können Klone lieben, haben sie eine Seele? Wie soll sich aber ein Zuschauer mit diesen Themen beschäftigen, wenn ihm noch gar nicht klar ist, dass er Klone vor sich hat?

Der Titel und das Thema geben dem bei Sportlern beliebten Satz „ich habe alles gegeben“ eine ganz unerwartet, sarkastische Bedeutung. Klone hier geben ihre Organe und damit ihr Leben.

Übrigens: bei Charlotte Ramplings Auftritt im Rollstuhl bin ich mir nicht so sicher, ob es nicht ihr eigener Klon ist, der sie hier vertritt.

Die deutsche Synchronisation ist klonenhaft monoton und clean.

Un Homme Qui Crie – Ein Mann, der schreit

Ein hellsichtiges afrikanisches Kino, das hochkonzentriert Bild für Bild den Adam, der von allen Champion genannt wird, weil er in jungen Jahren echt mal Schwimmchampion war, auf seine Identität und sein daraus folgendes Handlungsmuster hin überprüft, resp. von Bild zu Bild feststellen muss, dass dieser Adam vornehmlich nicht handelt, sondern sich lieber ein Bild von der Welt, in der er mal Champion war, aufrecht erhält in seiner Weise als Bademeister des Swimming-Pools eines Luxushotels im Tschad.

Adam behauptet, sein Job als Bademeister sei sein Lebenselixier. La piscine c’est toute ma vie. Das ist die Identität, auf der er sein Selbstbewusstsein baut, seine Familie ernähren kann, Frau und einen Sohn, der schon erwachsen ist. Den zieht er sich zu seinem Co-Bademeister heran (der muss allerdings noch lernen, dass man zur Arbeit am Pool weißes Hemd und weiße Hose tragen soll).

Adam ist schon vom Namen her Symbol für den Mann schlechthin, vielleicht für den afrikanischen Mann und sein Verhältnis zum Handeln und die Welt verändern oder eben nicht und fürs Kino ist er auch ergiebig, weil er privat ein Motorrad mit Beiwagen fährt; das ist nebst dem Beruf sein ganzer Stolz.

Die Welt um Adam, die ihm seine Identität stiftet, die fängt an zu bröseln, zu erodieren. Das Hotel geht in chinesische Hände über. Frau Wang heisst die neue Chefin. Sie will Kosten sparen und dünnt das Personal aus. Der alte Koch wird überflüssig und der Wachmann an der Schranke wird in den Ruhestand geschickt. Adam wird an dessen Stelle versetzt – allein der dunkle Anzug, welche Degradierung! – und sein Sohn Abdel wird zum alleinigen Bademeister befördert. Die Folgen dieser Personalausdünnung nehmen im Film mit dem Koch, der krank wird und dem altem Schrankenwärter am Eingang einen eigenen Handlungsstrang ein, der vor allem ein Gesprächsstrang ist. Fazit: die betroffenen Männer regen sich vielleicht auf, der Koch ermuntert Adam sogar zum Handeln, aber faktisch haben sie alle ihr Schicksal in Gottes Hände gelegt.

In zwei demütigenden Szenen erzählt uns der Regisseur von diesem Identitätsverlust Adams, wie er lange braucht, um die Schrankenwärteruniform anzuziehen und wie er, der alte Mann, dann in einer Szene, die fast wie ein sadistischer Slapstick aufgebaut ist, ständig von der Einfahrtsschranke zur Ausfahrtsschranke rennen muss, um diese zu öffnen und zu schließen und zu öffnen und zu schließen, weil immer gerade wieder ein aggressiv hupender Autofahrer davorsteht. Adam macht das schicksalsergeben.

Zuhause bei Adam gibt es ein langes Essen mit seiner Frau und dem Sohn. Die beiden Männer schweigen, weinen tun sie nicht, aber sie bringen kein Wort raus über die neue Situation, der Sohn fühlt sich vielleicht auch dem Vater gegenüber schuldig. Das Thema des Filmes, menschliche Freiheit, Handeln oder Nicht-Handeln, Selbstdefinition eines Mannes liegt in der Luft. Unausgesprochen. Schmerzhaft.

Um diesen Schmerz zu dehnen, schickt der Regisseur Adams Frau zur Nachbarin, Salz zu erbitten (etwas was sie öfters zu tun scheint); wie sie sich wieder zu den Männern gesellt, versucht sie das, was unausgesprochen in der Luft liegt, zu thematisieren; ohne Erfolg. Auch sie ergibt sich dem Schicksal.

Ein weiterer deprimierender Faktor ist für Adam, dass er bei einem Bekannten Geldschulden hat.

Ausserdem findet im Tschad gerade eine Revolution statt. Von ihr erfährt man vornehmlich über den Rundfunkempfänger; es wird zu Pariotismus und zu Denunziation aufgerufen, jeder müsse seinen Beitrag leisten; gelegentlich bevölkert Militär das Hotel. Adams Sohn Abdel wird mit Gewalt in die Armee eingezogen. Der Vater schluckt das.

Jetzt ist Adam wieder Bademeister – ganz in weiß!

Aber die Lage spitzt sich zu. Bei Adam zuhause taucht die bisher unbekannte Freundin von Abdel auf. Sie ist schwanger. Die Berichte Abdels aus dem Militär, er hat eine Hörkassette besprochen und seiner Freundin geschickt, die hören sich nicht gut an.

Wird Adam endlich handeln?

Mehr sei hier gar nicht verraten von diesem wundersam einprägsamen und gedankenanregenden Film.
(Das wäre für mich der Tipp der Woche!)

The Mechanic

Victoria amat curam, der Sieg will sorgfältig geplant sein. Wobei Sieg hier eher für den Erfolg des eigenen Planes steht als für den Sieg in einem Kampf. Das ist das Leitmotiv in diesem 5-Sterne-Thriller erster Güte, bei dem die gewisse Absehbarkeit des Verlaufes der Ereignisse durchaus in den Genuss einkalkuliert sein dürfte.

Die Pläne unseres Protagonisten, Arthur Bishop, das sind Tötpläne im Auftrag und gegen Geld, womit er sich einen exklusiven, kultivierten Lebensstandard leisten kann, der sich bildstreckenmäßig nicht zu verstecken braucht.

Dabei ist zu unterscheiden zwischen verschiedenen Varianten von Auftragsmord.

Die Eleganteste wird als kleines cineastisch-leckeres Hors d’œuvre serviert: der Auftragsmord, der überhaupt nicht als Mord erkannt wird, der Mord, bei dem die Hinterbliebenen des Opfers von einem Unfall ausgehen. In diesem Falle gehörte zur notwendigen cura das Erlangen der Information, dass das angepeilte Opfer, ein kolumbianischer Drogenboss, ein Uhrenliebhaber ist, so wird ihm also vom Froschmann, der der Mörder ist, eine besondere Uhr als Köder auf den Boden seines Swimming-Pools gelegt. Das Opfer wurde somit auch Opfer der eigenen Liebhaberei.

Es geht um Planbarkeit, um die Berechenbarkeit anderer Menschen und damit so ein Film ein raffinierter Genuss wird, dürfen nicht alle Planungen so reibungslos funktionieren wie beim geschilderten ersten Mord. Zur Bereicherung des Menüs werden andere Varianten des Auftragsmordes serviert.

Eine besonders knifflige und schwierige zugleich ist die an einer Person, die der Killer kennt (Donald Sutherland im Rollstuhl muss dazu gebracht werden, den undurchdringlichen Sicherheitscordon, den er um sich gelegt hat, selbst zu durchbrechen..).

Komplikationen werden zwangläufig spätestens dann auftreten, wenn der Killer so kühn ist, den Sohn seines letzten Opfers als Eleven auszubilden und den mitnimmt zur nächsten Tat, die einem dubiosen Sektenguru gilt. Das war natürlich leichtsinnig und unvorsichtig und nicht die Mutter der Porzellanvase, gibt aber Gelegenheit für schöne Action- und Schießszenen.

Mehr braucht hier gar nicht berichtet werden.

Es stellt sich aber die Frage, warum als Titel für den Film The Mechanic gewählt wurde; selbstverständlich agiert Bishop fast roboterhaft beherrscht und kann weit voraus kalkulieren; was ihn jedoch nicht vor Fehlern, Fehleinschätzungen, Dingen, die er zu spät erst erkennt, bewahrt. Er ist kein Roboter. Wobei er trotzdem ein recht verschlossener Held bleibt. Vielleicht soll er ja lediglich dazu dienen, ein aktuelles Männerbild zu prägen oder zu befestigen? Wobei Männlichkeit eben auch insinuiert: alles im Griff haben. Cool, nicht?

Womb

Schöner Kunstkram über eine unschuldige junge Liebe an der Ostee gefilmt mit einem jähen Reiß- und Zeitschwenk der Story zum Thema des Klonens, einem Kakerlaken-Anschlag auf ein geplantes Klon-Spa und dem Schlafen mit dem Klon des bei einem Verkehrsunfall getöteten Geliebten.

Willkommen bei den Rileys

Das Konstrukt: ein Ehepaar, das schon seit 30 Jahren verheiratet ist, hat seine Tochter mit 15 bei einem Unfall verloren. Pikant daran: Die Tochter saß im Auto ihres Freundes und die Mutter, die ausspähen wollte, was die Tochter treibt, ist diesem Wagen gefolgt. Bis der Unfall passierte. Zur Zeit, in der die Geschichte erzählt wird, lernt der Mann auf einer Geschäftsreise in New Orleans ein Mädchen kennen, so alt wie die Tochter zum Zeitpunkt ihres Todes und ihn an sie erinnernd. Er zieht für 100 Dollar pro Nacht gleich bei ihr ein. Nach zwei Wochen spannt seine Gattin was, emanzipiert sich aus dem Ehehöhlendasein und fährt allein mit dem Wagen los. Nachschauen. Der Mann stellt ihr in New Orleans das Mädel vor. Die Frau zieht auch dort ein. Das Ehepaar hat nach langem mal wieder Sex.

Das wird schön verfilmt, geschmeidig und in diskretes Licht getaucht mit zurückhaltenden, gut ausgewählten und prima geführten Schauspielern und Schauspielerinnen, die durch ihr Spiel sehr viel Atmosphäre gedeckter Art herstellen. Sie spielen uns eine Realität vor, die in sich schlüssig und gegen weitere Nachfrage imprägniert zu sein scheint.

Go ahead, make my day.