Ein hellsichtiges afrikanisches Kino, das hochkonzentriert Bild für Bild den Adam, der von allen Champion genannt wird, weil er in jungen Jahren echt mal Schwimmchampion war, auf seine Identität und sein daraus folgendes Handlungsmuster hin überprüft, resp. von Bild zu Bild feststellen muss, dass dieser Adam vornehmlich nicht handelt, sondern sich lieber ein Bild von der Welt, in der er mal Champion war, aufrecht erhält in seiner Weise als Bademeister des Swimming-Pools eines Luxushotels im Tschad.
Adam behauptet, sein Job als Bademeister sei sein Lebenselixier. La piscine c’est toute ma vie. Das ist die Identität, auf der er sein Selbstbewusstsein baut, seine Familie ernähren kann, Frau und einen Sohn, der schon erwachsen ist. Den zieht er sich zu seinem Co-Bademeister heran (der muss allerdings noch lernen, dass man zur Arbeit am Pool weißes Hemd und weiße Hose tragen soll).
Adam ist schon vom Namen her Symbol für den Mann schlechthin, vielleicht für den afrikanischen Mann und sein Verhältnis zum Handeln und die Welt verändern oder eben nicht und fürs Kino ist er auch ergiebig, weil er privat ein Motorrad mit Beiwagen fährt; das ist nebst dem Beruf sein ganzer Stolz.
Die Welt um Adam, die ihm seine Identität stiftet, die fängt an zu bröseln, zu erodieren. Das Hotel geht in chinesische Hände über. Frau Wang heisst die neue Chefin. Sie will Kosten sparen und dünnt das Personal aus. Der alte Koch wird überflüssig und der Wachmann an der Schranke wird in den Ruhestand geschickt. Adam wird an dessen Stelle versetzt – allein der dunkle Anzug, welche Degradierung! – und sein Sohn Abdel wird zum alleinigen Bademeister befördert. Die Folgen dieser Personalausdünnung nehmen im Film mit dem Koch, der krank wird und dem altem Schrankenwärter am Eingang einen eigenen Handlungsstrang ein, der vor allem ein Gesprächsstrang ist. Fazit: die betroffenen Männer regen sich vielleicht auf, der Koch ermuntert Adam sogar zum Handeln, aber faktisch haben sie alle ihr Schicksal in Gottes Hände gelegt.
In zwei demütigenden Szenen erzählt uns der Regisseur von diesem Identitätsverlust Adams, wie er lange braucht, um die Schrankenwärteruniform anzuziehen und wie er, der alte Mann, dann in einer Szene, die fast wie ein sadistischer Slapstick aufgebaut ist, ständig von der Einfahrtsschranke zur Ausfahrtsschranke rennen muss, um diese zu öffnen und zu schließen und zu öffnen und zu schließen, weil immer gerade wieder ein aggressiv hupender Autofahrer davorsteht. Adam macht das schicksalsergeben.
Zuhause bei Adam gibt es ein langes Essen mit seiner Frau und dem Sohn. Die beiden Männer schweigen, weinen tun sie nicht, aber sie bringen kein Wort raus über die neue Situation, der Sohn fühlt sich vielleicht auch dem Vater gegenüber schuldig. Das Thema des Filmes, menschliche Freiheit, Handeln oder Nicht-Handeln, Selbstdefinition eines Mannes liegt in der Luft. Unausgesprochen. Schmerzhaft.
Um diesen Schmerz zu dehnen, schickt der Regisseur Adams Frau zur Nachbarin, Salz zu erbitten (etwas was sie öfters zu tun scheint); wie sie sich wieder zu den Männern gesellt, versucht sie das, was unausgesprochen in der Luft liegt, zu thematisieren; ohne Erfolg. Auch sie ergibt sich dem Schicksal.
Ein weiterer deprimierender Faktor ist für Adam, dass er bei einem Bekannten Geldschulden hat.
Ausserdem findet im Tschad gerade eine Revolution statt. Von ihr erfährt man vornehmlich über den Rundfunkempfänger; es wird zu Pariotismus und zu Denunziation aufgerufen, jeder müsse seinen Beitrag leisten; gelegentlich bevölkert Militär das Hotel. Adams Sohn Abdel wird mit Gewalt in die Armee eingezogen. Der Vater schluckt das.
Jetzt ist Adam wieder Bademeister – ganz in weiß!
Aber die Lage spitzt sich zu. Bei Adam zuhause taucht die bisher unbekannte Freundin von Abdel auf. Sie ist schwanger. Die Berichte Abdels aus dem Militär, er hat eine Hörkassette besprochen und seiner Freundin geschickt, die hören sich nicht gut an.
Wird Adam endlich handeln?
Mehr sei hier gar nicht verraten von diesem wundersam einprägsamen und gedankenanregenden Film.
(Das wäre für mich der Tipp der Woche!)
Ein hellsichtiges afrikanisches Kino, das hochkonzentriert Bild für Bild den Adam, der von allen Champion genannt wird, weil er in jungen Jahren echt mal Schwimmchampion war, auf seine Identität und...