Bora Dagetkin, der Autor und Regisseur dieses Filmes, scheint über eine gewisse Dramaturgie-Zuspitzrezeptur souverän zu verfügen, Dialoge systematisch gegen den Strich zu bürsten; und ist’s auch oft übertrieben, so hat es doch Methode – dazu verfügt er als solider Unterlage über generell genaue Beobachtungen aus dem Immigranten-Milieu.
Thema dieses Filmes ist eine gelungene Integration mit querdenkerischen Mitteln und strikt gegen den Strich und die politische Korrektheit gekämmt. Wenn Dagetkin sich sein Thema wirklich bewusst gemacht hätte und wenn er seinen Plot nicht ganz so hanebüchen exponiert hätte, so hätte er die Story auch geschmeidiger und vor allem schneller zu ihrem glücklichen Ende bringen können, hätte nicht noch umständlich den Sack quasi mit noch einem Knoten und noch einem Knoten zuschnüren müssen – denn ob Drama oder Komödie, glaubwürdig sollten sie alle sein. Da er aber ein paar ganz taugliche Komödienrezepte über das prinzipielle Aufeinandertreffen von Vorurteilen und gegensätzlichen Weltansichten beherrscht und ferner sich ganz gut auskennt im „Ausländer“-Milieu und weil er außerdem in Elyas M’Barek einen zu Hochform auflaufenden deutschen Adriano-Celentano als Hauptdarsteller hat, so sind diese Einwände von geringem Gewicht.
Zeki Müller, wie sich M’Barek hier nennt, wird gerade aus dem Knast entlassen, wo er für einen Bruch gesessen hat, Prototyp des ungebildeten Rumhängers in der Ausländer-Halbwelt, der keine gescheite Bildung hat, im Dealer- und Puffmilieu verkehrt. Die Beute hatte er vergraben. Ausgerechnet an der Stelle hat die Goethe-Schule inzwischen einen Anbau hingestellt.
Sich als Hausmeister zu bewerben empfiehlt sich, um in aller Ruhe graben zu können. Der Komödienzufall und eine herrlich durch den Wind gedrehte Katja Riemann als Schulleiterin Gudrun engagieren ihn nun als „Feuerwehr“-Lehrer für eine ausgefallene Kollegin, denn die outgeburnte Lehrerin Ingrid Leimbach-Knorr, Uschi Glas mal wieder im Kino, hat sich einmal mehr aus dem Fenster im ersten Stock gestürzt, für die Schule eine Routineangelegenheit.
An der Klasse bleibt Müller hängen. Mit anfänglichen Rambo-Methoden, mit denen er sich als kraft- und energiestrotzender Männerdarsteller auch für allfällige deutsche Rambo-Filme empfiehlt, gewinnt er den Respekt der asozialen, chaotischen Klasse. Manchmal übertreibt das Drehbuch auch: dass er als Bleibe als erstes im Puff ein Schaufenster einer Dame, die gerade auf Entzug oder wo auch immer ist, erhält, das ist weit hergeholt und nicht weiter funny.
An der Schule selbst entwickelt sich ein Verhältnis zur Kollegin „Schnabelstedt“, einer typischen, weltfremden Streberin, die im Laufe des Filmes auch ihre Lebenserfahrung machen wird.
Dass er mit seinen Schülern als Schulausflug nicht an einen Gedenkort geht („nicht schon wieder KZ!“), sondern die Klasse mitschleppt in asoziale Verhältnisse unserer Gesellschaft, zu Drogenabhängigen und Familien, deren Ernährerin die Prostitution ist, das wäre sicher ein guter Tipp für den einen oder anderen Lehrplan.
Die Aufregung im Film lebt vom andauernden, heftigen Zusammenprall zweier grundverschiedener Weltansichten: der gebildeten, braven, biedern der Deutschen mit den korrekten, geplanten Lebenswegen und jener der Außenseiter, der nicht integrierten Immigranten, der Gestrandeten, der Ungebildeten, von Menschen mit durcheinander gewirbelten Lebensläufen. Insofern bewegt sich der Film nah an einer Bruchlinie unserer Gesellschaft, berichtet aus ihr und unterhält gleichermaßen, hebt sich allein dadurch extrem ab vom üblichen, subventionierten Studienratskino und zeigt ihm den Stinkefinger, lässt auch die übrigen deutschen Schauspielerinnen und Schauspieler herrlich aufspielen; dazu ist das Bühnenbild immer einen Tick zu grell, bunt, aufgeregt wie die Jugend, die Schnitte ebenso.
Und da Dagtekin Systematiker darin ist, jeden Satz, jeden Dialog auf Pointentauglichkeit hin abzuklopfen, so dürfte Langeweile kaum aufkommen. Ein einziges Mal hat er nicht genügend nachgehakt, wie die Schnabelstedt Zecki im Keller beim Tunnel entdeckt und dann doch die dramaturgisch dämliche Frage stellt, was er denn da mache; da hätte doch ein abgrundtiefer Joke drin liegen müssen.
Oder der kleine Handlungsnebenstrang mit dem Schultheater wirkt insofern überflüssig, als er dann doch nicht gründlich genug behandelt worden ist; so wirkt er eben nur billig. So eine Theateraufführung gäbe Stoff für einen eigenen Film her, hier aber ist es ein too much zuviel, weil gerade das Thema Theater und klassischer Stoff für das Thema von Dagetkin Fülle genug böte, um es eingehend zu behandeln, bewusst thematisch, so aber bleibt das auf halbem Wege stecken, ohne dem Film zusätzlich Wert zu verschaffen.