Die Hohlbeins – Der Greif (Stream)

Nebeneinander-Welten

Hier Krefelden, bürgerliche Spießerwelten, da der Schwarze Turm, die Nebenwelt der Familie Zimmermann seit Generationen, die über eine Schwarze Chronik am 16. Geburtstag an Mark (Jeremias Meyer) weitergegeben wird.

Zehn Jahre zuvor, 1984, ist sein Vater bei einem Ausraster, der mit dieser Schwarzen Turmwelt zusammenhing, ums Leben gekommen. Da hat der ältere Bruder Thomas (Theo Trebs) die Chronik übernommen.

Die beiden Brüder betreiben zusammen einen lauschigen Platten- und Musikkassettenladen. Es handelt sich um die Verfilmung des Fantasy-Romans der Erfolgsautoren Wolfgang und Heike Hohlbein als einer Serie für den Streaminganbieter Prime Video.

Vorab wurden drei Folgen als Pressevorführung im Kino gezeigt. Allerdings habe ich nur die beiden ersten Folgen gesehen, bei denen führte Sebastian Marka die Regie. So ist also eine Gesamtbetrachtung der Serie nicht möglich.

Die Serie wird angepriesen als eine „High-End-Fantasy-Serie, in der drei Außenseiter:innen in die Welt des Schwarzen Turms aufbrechen müssen, um gemeinsam ihre Familie und die eigene Welt gegen ein grausames Monster zu verteidigen.“.

Die Monsterwelt ist inspiriert durch die Wasserspeier an mittelalterlichen Kirchen und die Protagonisten wechseln, sie wissen selbst nicht wie ihnen geschieht, zwischen den beiden Welten hin und her.

In Krefelden führt das zu Gerüchten und Außenseiterproblematiken. Neu im Ort ist eine junge Frau, Becky Meißner (Lea Drinda), die aus Berlin zu ihrem Vater gezogen ist.

Die erste Folge kommt mit viel Schwung daher; allerdings ist eine Serie ein Marathon und kein Sprint, das dürfte der Grund dafür sein, dass es in der zweiten Folge mit deutlich gedrosseltem Tempo weitergeht, Tendenz Telenovela-Geschwindigkeit.

Es gibt Sidekick-Figuren, die sich mit einem skizzenhaften Dasein begnügen müssen, von der Mutter (Sabine Timoteo) über den Psychiater bis zu einem möglichen neuen Lover der Mutter; andere junge Leute, die stellvertretend für die Mehrheit einer Generation dazustehen haben. Über den Erfolg der Serie dürften die Fans des Buches entscheiden, ob sie im Film ihre Vorstellungswelt wiederfinden.

Die Erde ist ein sündig Land (DVD)

Das Dorf Siskonranta, Süd-Lappland, nach dem Krieg.

Rubens-Schönheit aus Südlappland
in einem deftigen Sittengemälde

Martta (Maritta Viitamäki) ist wie eine Rubens-Schönheit im Sündpfuhl, dem Dorf Siskonranta im Süd-Lappland nach dem Krieg.

Die Menschen sind hier nah am Fleisch, nah an der Natur gebaut, leben mit ihr, fällen Bäume, fangen Fische, schlafen fast neben den Kühen in einfachen Hütten und die Rentierzüchter haben intimen Kontakt zu den Tieren, wenn sie sie einfangen und töten.

Martta schläft nackt und ist eine vollbusige Schönheit. Sie wehrt Männer nicht ab. Man liegt schnell beieinander. Erst sagt sie nein, sie will nicht mit Kurki-Pwerri (Veikko Kotavuopio) skilaufen gehen, dann landet sie doch im Stadel mit ihm.

Martta verliebt sich in den Rentierhalter Oula (Niiles-Jouni Aikio). Der wirkt mit seinem traditionellen Kostüm wie ein Clown in der herrlichen finnischen Landschaft. Sein Ruf eilt ihm voraus. Er habe eine Menge Bälger. Das hindert Martta nicht, mit dem frisch adoptierten Jüngling Hannes (Jouko Hiltunen) rumzumachen.

Das Dorf ist ein Sündenpfuhl, das der Pfarrer scharf in sein Gebet nimmt. Es gibt Elina (Sirkka Saarnio). Die ist nicht so sinnlich und auch nicht für Sinnesfreuden zu gewinnen. Es wird gestorben in dem Dorf, so und anders. Die Särge sind aus einfachem Holz, aber haben einen sinnlichen Schwung.

Rauni Mollberg hat den sehenswerten Film 1973 gedreht, der jetzt als DVD erscheint und lässt auch die finnische Landschaft ihren Auftritt haben, zu allen Jahreszeiten. Die Gesichter der Darsteller sind wie von feinster Holzschnitzerei.

Kommentar zu den Reviews vom 25. Mai 2023

Im Kino: Wenn Menschen andere Menschen ausnehmen und gleichzeitig als Philanthropen erscheinen wollen, wenn Menschen andere Menschen besitzen wollen, wenn Menschen andere Menschen beherrschen wollen, wenn Menschen Liebe über das Menschliche hinaus vorschwebt, wenn Menschen und Halbmenschen andere Menschen aussaugen wollen, dann geht im Kino die Post ab! Der DVD-Wühltisch ist vielfältig wie eh und je: eine ehedem bunter Vogel auf Erinnerungstrip durch Ohio, aufwachender Geist in der Krise, Altmeister im Eigenpathos, ein Mann im Zwiespalt zwischen beruflichen und privaten Interessen, eine Räuberpistole für Kinder und gut gemeinte Weltrettung. Im Fernsehen präsentierten sie die Landwirtschaft arg geruchsfrei und wollten die Gamer-Welt als aufregend darstellen.

Kino
ALL THE BEAUTIFUL AND THE BLOODSHED
Wie mit tödlichen Pharmaka ewige Kunst gesponsert wird.

VALERIA IS GETTING MARRIED
Das haben sich zumindest zwei Männer so ausgedacht.

MAMMA ANTE PORTAS
Zittern und strammstehen wie bei Generals

ARIELLE, DIE MEERJUNGFRAU
Das alte Märchen von einer unmöglichen Liebe

RENFIELD
Chaos-Batz um Dracula, seinen Assistenten, der sich emanzipieren will, und eine Polizistin aus New Orleans

DVD
SWAN SONG
Der Liberace von Sandusky

NICHTS – WAS IM LEBEN WICHTIG IST
Das ist doch die vornehmste Aufgabe erwachenden Denkens, nach dem Sinn des Lebens zu fragen.

DIE FABELMANS
Spielberg-Selbstporträt in feinster Spielberg-Manier

FRAU IM NEBEL
Die Frage, ob der Nebel nicht eher für den Mann zutrifft.

DER RÄUBER HOTZENPLOTZ
Gute alte Räuberkiste samt gestohlener Kaffeemühle

BIGGER THAN US
Jet-Set-Weltrettungsdoku

TV
LUST AUFS LAND – BAYERISCHE HOFGESCHICHTEN
Hochglanzmist

TATORT: GAME OVER
Hauptsache, Gewalt flimmert über den öffentlich-rechtlichen Bildschirm; die soll sich in die Köpfe der Zwangsgebührenzahler einbrennen.

Swang Song (DVD)

Der Liberace von Sandusky

Pat Pitsenbarger wurde der Liberace von Sundusky genannt. Ein bunter Vogel, eine Drag-Queen. Seinem Andenken widmet Todd Stephens diesen Film mit Udo Kier in der Titelrolle des gealterten Paradiesvogels und ehemaligen Friseurs, der in einem Altenheim abgestellt ist und dort manisch Papierservietten faltet und sammelt und heimlich raucht.

Der Film wird zur Erinnerungsreise durch das bunte Leben von Pat. Er soll die Leiche einer verstorbenen Bekannten schön herrichten. Das verweigert er zuerst. Entscheidet sich dann aber dafür. Er macht sich auf den Weg. Er muss die entsprechenden Requisiten wie Haarspray und Ähnliches beschaffen.

Es wird eine Reise durch seine Vergangenheit in der Stadt Sandusky in Ohio in der Nähe vom Erie-See. Der Film wirft einen Blick zurück in das schwule Leben dort auf dem Lande mit einigen Clubs und dem ‚Fruit and Nut‘, in dem Pat aufzutreten pflegte. Er wird sich erinnern an dies und das. Er schaut in Läden vorbei, deren Besitzerinnen er noch kennt und mit welchen ihn Erlebnisse verbinden.

Pat schaut beim Grab seines Freundes vorbei, der lange schon an AIDS gestorben ist; insofern ist der Film auch ein Stück AIDS-Geschichts-Aufarbeitung. Er schaut bei den Grundmauern seiner abgerissenen Hauses vorbei. Damals war Erbschaft unter Schwulen nicht leicht zu regeln oder gar nicht.

Der Film ist getragen von einer wunderbar nostalgisch-morbiden Stimmung; er denkt ständig die Vergänglichkeit von Glamour und Rausch und schwulem High-Life mit; er schaut ohne Ranküne zurück. Was war, das ist gewesen und das ist vorbei. Und trotzdem kann es auch heute noch zu einem rauschhaften Abend kommen, wenn so ein Laden dicht macht.

Udo Kier begnügt sich mit dezenten gestischen Hinweisen, die nie das Tuntige vergessen lassen, es aber auch nicht penetrant ausstellen. Ein neckischer Kopfkick nach der einen Seiten, ein kleiner angedeuteter Hüftschwung auf die andere, ein rosa Hütchen von Erna aus einem Frisiersalon gegen die brennende Hitze Ohios. Und einige Klunker an den Fingern, vornehmlich unechte, aber jeder mit seiner eigenen Geschichte. Geldmangel lässt Pat immer wieder gerne Dinge aus Läden mitlaufen.

Arielle, die Meerjungfrau

Es allen recht machen.

Es scheint, dass dieser Film von Rob Mashall, der mit David Magee und John DeLuca auch das Drehbuch geschrieben hat, es allen recht machen möchte.

Dem originalen Märchengeber Hans Christian Andersen Respekt zollen und die unglückliche Liebe zwischen Fabelwesen und Menschen herauszuarbeiten, eine nie mögliche Liebe. Der Film möchte alle Wünsche an Unterwassertraumwelten erfüllen. Ebenfalls die Anforderungen an einen Gesangsfilm; wobei die Nummern vor allem solistisch bleiben.

Der Film möchte den Buddywunsch, der auch komisch sei (die komischen drei Tiere), perfekt bringen: die Begleiter von Ariel (Halle Bailey), Krabbe, Zierfisch und Pelikan (oder Seemöwe). Der Film möchte auch nicht den Zuschauer mit Effekten und Action zudröhnen; das gelingt ihm sehr gut.

Der Film möchte genügend ansprechenden Dekor und ebenso genügend Süße präsentieren, nebst Sturmbildern. Der Film möchte ein Showfilm sein mit Tanzeinlagen, sei es von Schildkröten oder Seepferdechen. Der Film möchte politisch total korrekt sein und antirassistisch sowieso. Also hat der König Triton (Javier Bardem) eine schwarze Frau, Queen Selina (Noma Dumezweni), während ihr gemeinsamer Sohn Prince Eric (Jonah Hauer-King), ein astreiner weißer Darsteller wie aus Shakepseares kolonialistischer Zeit ist.

Der Film möchte nichts falsch machen, er macht zwar vieles richtig, man mag sich auch in keiner Weise aufregen über den Film, da ist er einfach zu ordentlich. Er gibt dem Märchen die Ehre. Er bringt Ariel über ein Schiffswrack in Verbindung zur Menschenwelt. Er lässt die Faszination aufkommen, die Eric, der von Ariel aus dem Sturm gerettet wird, für seine vage in Erinnerung bleibende Retterin empfindet. Er lässt Ariel gegen ihren Vater Neptun die Regeln brechen, nämlich Kontakt zur Menschenwelt suchen; ja sie wird sich sogar in einen Menschen verwandeln mit Hilfe einer Magierin und Quallenfrau.

Renfield

Rotzbatzkino

So ein Batz an Maske, konfuser Ausstattung, Kostüm, Storyfragmenten und Actionverhau, so lieblos fotografiert und zusammengeschnitten, so laut und mit einer penetranten deutschen Nachsynchro. Es gibt einen Ort der Handlung, das ist New Orleans heute – nach Rückblenden.

Es gibt Nicolas Cage als Dracula, manchmal erkennbar unterm Maskenbatz, manchmal nicht, egal, von Schauspielerei muss hier eh nicht gesprochen werden. Er hat einen Assistenten, im Vergleich zu ihm ein Milchbubi-Jüngelchen, Renfield (Nicholas Hoult). Dieser will sich von den Schikanen in Draculas Fängen emanzipieren. Er nimmt Gruppentherapiestunden, die von einer Livespring-Church angeboten werden. Immerhin, rein theoretisch ein Ansatz zu einer Selbstbefreiungsgeschichte.

In New Orleans herrscht der Lobo-Clan mit Bellafrancesca (Shohreh Aghdashloo) an der Spitze, das reine Klischee einer bösen Mom. Dummerweise gerät Renfield zwischen die Fronten von Clan und Polizei. Und bei dieser springt ein zarter Liebesfunke zum Bullen Rebecca Quincy (Awkwafina).

Das hört sich so schon fast besser an, als es auf der Leinwand im enormen und wenig durchdachten Tohuwabohu rüberkommt. Immerhin fallen für wohlgesonnene Aficionados von Cage und Dracula einige nicht allzu anspruchsvolle Pointen ab.

Und hin und wieder wird im Film von Chris McKay nach dem Drehbuch von Ryan Ridley und Robert Krikman wohl alibihalber das Thema „ein Held werden“ angesprochen, ohne weiteren Bezug zum präsentierten Durcheinander.

Mamma ante Portas

Der Titel ist Drohung genug.

Wenn nach einer Filmvorführung alles von den Mutterbeziehungen spricht, so dürfte der Film einen Nerv getroffen haben.

Der Mutter-Herrsch- und Dirigiermechanismus an sich ist ja nichts Neues. Dem ist auch nichts Neues hinzuzufügen. Aber hier wird er von Eric Lavaine, der mit Héctor Cabello Reyes und Bruno Lavaine auch das Drehbuch geschrieben hat, gerade so gekünstelt vorgeführt, dass die Differenz zum richtigen Leben – und damit das richtige Leben – wahrnehmbar wird.

Das Kino, die Kunst als Spiegel des Lebens, das ist nicht wenig, was hier erreicht wird.

Die zentrale Mutterfigur ist Jacqueline (Josiane Balasko). Sie wird leicht überhöht als diejenige charakterisiert, nach der alles zu laufen hat. Das zeigt sich bei den Renovierungsbemühungen in der alten Pariser Wohnung. Ihr Freund Jean (Didier Flamand), der hat da gar nichts zu berichten, und wenn er einen Vorschlag hat, so wird der gleich vom Tisch gewischt; Diskussion nicht nur nicht erwünscht, sondern überflüssig.

Aber es geht nicht vorwärts mit der Renovierung; ein polnischer Arbeiter, Lech (Jean-Francois Cayrey) kommt und kommt nicht voran. Dafür wird es noch eine Erklärung geben.

Mammina, wie Jacqueline von den Kindern genannt wird, zieht ungefragt bei Tochter Carole (Mathilde Seigner) ein, denn die andere Tochter ist in Brasilien. Carole ist gerade beruflich gefordert mit einem Biontec-Ableger und sie und ihr Mann Alain (Jérôme Commandeur) sind aktuell mit einer Paartherapie zugange. So sind die Voraussetzungen geschaffen für genügend gegenseitige Nervereien und natürlich immer wieder komische, groteske Situationen, die auf die und jene Art dem Publikum wohlbekannt sein dürften und gerne auch zu komödiantischen Missverständnissen führen. Und dann ist da auch noch Mamoune (Line Renaud), die mit einer Generation mehr anMuttermechanismus gewaschen ist…

Valeria is getting married

Kein Hochzeitsfilm

Dieser Film von Michal Vinik zeigt schon im Titel, dass er der komödiantischen Perspektive auf das Sujet nicht abgeneigt ist. Es geht um arrangierte Hochzeiten übers Internet. Interkulturell dazu. So wie What’s Love Got to Do with it eine traditionelle Hochzeit als britisch-pakistanischen Culture-Clash sieht. Christina (Lena Fraifeld) ist bereits mit Michael (Yaakov Zada-Daniel) auf dem Internet-Weg von Russland nach Israel verheiratet. Dabei ist sie nicht mal Jüdin.

Diese Divergenzen, die Staatsbürgerschaft oder nicht, hervorbringen, zeigt der Film schneidend. Bürgerin Israels kann sie erst werden nach einem Jahr Ehe. Dieses ist noch nicht um. Das wiederum hat Einfluss auf die Qualität der Gesundheitsversorgung.

Der Film wirft einen grellen Blick auf die Lebensverhältnisse in Israel. Die schicke Wohnung, die sich Christina mit Michael teilt, ist in einem Viertel, das um die Häuser schmutzig und vernachlässigt wirkt, ähnlich wie schon in Two. Das Israel der Gentrifizierung, das Israel in rasender Entwicklung.

Valeria (Dasha Tvoronovich) ist die Schwester von Christina und soll es ihr nachmachen. Christinas Mann will für Eithan (Avraham Shalom Levi) die Ehe gegen Kommission arrangieren. Die beiden haben schon ein- oder zweimal geskypt. Eithan hat sich sofort verliebt und will sein Leben mit Valeria als Besitztum abrunden.

Der Film spielt an dem Tag der Ankunft von Valeria. Sie spricht kein Hebräisch. Christina und Michael holen sie am Flughafen ab. In ihrer Wohnung will Eithan seine Braut abholen. Er hat alles wunderschön vorbereitet, schenkt ihr ein Handy, mit dem er sie immer kontaktieren – und wohl auch: kontrollieren – kann, Blumen.

Die Dramatik entwickelt sich vom ersten Moment der ersten Begegnung an an den unterschiedlichen Erwartungen. Es wird ein dichtes Kammerspiel, das einen Einblick in die israelische Gesellschaft freigibt und das sich an dem Punkt entzündet, dass es die Vorstellung von der Hochzeit als Geschäft gibt, die auch als solches zu erledigen sei – wenn denn beide mitmachen. Aber es gibt auch andere Vorstellungen.

All the Beautiful and the Bloodshed

Oxycodon

ist ein Schmerzmittel, das süchtig macht und mit dessen Herstellung und Vertrieb die Familie Sackler superreich geworden ist. Einerseits haben sie den Suchtfaktor des Mittels verschwiegen, andererseits mit massiven Kampagnen den Vertrieb gefördert, damit eine Opoid-Epidemie ausgelöst. Ein Reichtum also, der auf schauderlichen Füßen steht. Mit diesem aber hat die Familie sich in der Welt der Kunst als Mäzen und Philanthrop aufgespielt, viele berühmte Museum hatten eine Sackler-Galerie.

Dies ist nur eines der Elemente in diesem nahrhaften Film von Laura Poitras (Citizen Four). Die Aufdeckung dieser verbrecherischen Aktivitäten von Superreichen ist wiederum eng mit der Künstlerin Nan Goldin verbunden. Der Film ist zusätzlich eine Biographie dieser Künstlerin.

Nicht genug damit, diese Biographie wiederum wirft ein entsetzliches Licht auf geordnete, amerikanische Biederverhältnisse, amerikanisches Kleinbürgertums, das in seinem kleinen Häuschen in der Vorstadt-Idylle einem von außen vorgegebenen Ideal von Glück und Familie frönt und die menschliche Seele dabei, anders kann es nicht ausgedrückt werden, brutal überfährt, so brutal, dass die ältere Schwester von Nan im Teenager-Alter Suizid beginnt mit fatalen Folgen für die kleinere Schwester.

Immerhin hat Nan die Kunst entdeckt, das Fotografieren und ist in New Yorker Künstlerkreisen gelandet, die ohne Autoritäten von außen ihr Leben und ihre Kunst ausleben. Es ist das New York der 80er mit der Ausbreitung von AIDS, dies noch ein Faktor hier im Film.

Der Film zeichnet nach, wie Goldin zur Aktivistin wird, wie sie sich nicht damit abfinden will, dass die Sacklers sich als Mäzene rühmen und gleichzeitig Tausende von Leben auf dem Gewissen haben.

Es ist ein Prozess, der sich über mehrere Jahre hinzieht, bis das Bewusstsein der Kunstwelt so weit ist, den Namen Sackler in ihren Galerien als Schande zu empfinden, ja es kommt sogar zu gewissen Zahlungen, die die Familie allerdings nicht allzu sehr geschmerzt haben dürften.

Der Film insistiert auf der Frage nach Reichtum und Verantwortung.

Go ahead, make my day.