Archiv der Kategorie: TV

Alles Schwindel (TV, ARD)

Albert Wolf ist Museumswächter in Wien. Er langweilt sich in seinem Job und fängt an zu zeichnen. Er entdeckt sein Talent. Er fängt an Bilder aus dem Museum zu kopieren. Mit einem Kollegen macht er die Kunstwerke zu Geld, um sich eine schöne Wohnung und seiner Tochter eine erstklassige Ausbildung zu leisten. Er hat von Klimt den „Kuss“ kopiert und hängt die Kopie in das Museum, während er das Original in seinem Schlafzimmer hinter einem Vorhang verbirgt. Jetzt plant er mit dem Kollegen den Diebstahl seiner Kopie aus dem Museum. – Das, also wie aus einem unbescholtenen Biedermann ein Krimineller wird, könnte eine spannende Geschichte sein. Aber die Autoren Uli Brée, Gabriel Castaneda, Rupert Henning bringen diese Geschichte nur als extraterritorialen Beipackzettel in ihrem Drehbuch unter in Form von Sprechtexten der Darsteller und nicht filmisch spannend aus dem Charakter der Hauptfigur entwickelt. Das Skelett dieses Filmes, ohne welches er wohl in sich zusammenbrechen würde, als Exoskelett, als Fussnote reingeschmuggelt.

Im Falle von Albert Wolf (Figurcharakteristikum: fataler Hang zu Herzinfarkten), wird dieses grundlegende Defizit des Drehbuches allerdings einigermaßen aufgewogen durch die Besetzung mit Udo Samel und seiner runden, rundlichen Darstellung, in jeder Sekunde stimmig und glaubwürdig. Auch ist er ein guter Gauner, denn er tut es für seine Tochter Isabella gespielt von Ursula Strauss, die es mit der Schönheit der Klimtfrau aus dem „Kuss“ spielend aufnimmt. Ihr Charakteristikum ist ein Dauerniesen wegen ihres Mohair-Schals. Sie scheint dabei zu sein, in Paris eine wichtige Modedesignerin zu werden, die bald ihre eigene Linie auf den Markt werfen wird, auch letzteres lediglich Erklär-Info.

Allerdings wiederholen die Autoren ihren gravierenden Konstruktionsfehler bei der zweiten Hauptfigur, welche als solche schon problematisch ist, denn zwei Hauptfiguren erträgt kaum ein Film, hier aber vermutlich nicht direkt den Autoren, sondern dem Koproduktionsmodell von ORF und ARD geschuldet und also mit einem deutschen Schauspieler besetzt, der vom Outfit her gestylt ist wie Prinz Charles und ein farb- und makelloses Hochdeutsch spricht adäquat der Langweiligkeit des britischen Prinzen. Das Drehbuchdefizit wiederholt sich, indem auch hier die Vorgeschichte im Beipackzettel serviert wird: der Adlige ist geschäftlich eine Niete (wo er ein Ass sein könnte bleibt im Dunkeln), die Schreibmaschinenproduktion und sein Schloss sind hoch verschuldet. Benno Fürmann allerdings, der mit dieser Rolle des Grafen Leopold von Hohensinn betraut worden ist, vermag es nicht, die Drehbuch- (und später sicher auch: Regie)defizite zu kompensieren, da helfen auch Ansätze von gekünsteltem Stottern nicht; er spielt anfangs primär im Untertext: ich bin der Star. Das verwässert sich zusehends in Möchte-Gern-Lustig-Kollisions- und Einbruchsszenen in der Art von schlecht geprobtem Kindertheater ohne jeden Aussagewert im Sinne des öffentlich-rechtlichen Rundfunkauftrags.

Die Rekonstruktion der Geschichte, ausgehend von Albert Wolf, würde also so weitergehen, dass der Diebstahl des Klimt-Gemäldes Schlagzeilen macht und dem hochverschuldeten Leopold wie ein Geschenk des Himmels erscheint: denn mit der Versicherungssumme in dreistelliger Millionenhöhe wären alle seine wirtschaftlichen Probleme gelöst und er könnt vom mühsamen Konstrukt der Adaption eines zwielichtigen Russen als Adoptivsohn zurücktreten, welches einer der Anfänge des Filmes aus heiterem Himmel ist. Im Film ist die Figur Leopold sogar so dumm (und dumme Figuren sind selten attraktiv in Filmen), dass er den Rücktritt von der Adoption gleich vollzieht ohne sich über die Details des Versicherungsgeldes kundig zu machen. Wieso dem so ist, dass das Bild nämlich eine Dauerleihgabe der adligen Familie an das Museum ist, auch diese extraterritoriale Geschichte entnehme der Zuschauer bittschön einem der anstelle von Spielhandlung inkludierten Beipackzettel-Dialoge.

Von der Aufgabe einer Rekonstruktion der Geschichte durch den Zuschauer muss insofern gesprochen werden, als die Autoren den Strang mit Leopold, der in der ersten Geschichte ja erst in dem Moment akut wird, wo der Diebstahl des Gemäldes publik wird, diese zweite Geschichte schon viel früher dem Fernsehmodus der Kurzatmigkeit und des Asthmas huldigend in den Film einfädeln. Die Chance, die zweite Geschichte und deren Verwicklung in die erste elegant wie ein Stoß mit einer Billardkugel in Gang zu setzen, wird hier vertan.

In die erste Geschichte ist also die hübsche junge Frau eingebaut und in die zweite ein Tunichtsgut von halbjungem Adligem. Logisch, dass die junge hübsche Frau und der Adelige Tunichtgut bald schon zusammenprallen müssen – und das ist vorhersehbar inszeniert, ohne Witz, ohne Überraschung.

Haben die Autoren nun schon geworgt und gebogen, dass die Balken ächzen, um den Plot ohne klar Hauptfigur zusammenzustöpseln und mit dem einen oder anderen gut gemeinten Joke anzureichern, so wird die Regie von Wolfgang Murnberger vollends zum Drama, a) weil ihm die Produzenten zu wenig Drehzeit und also Geld eingeräumt zu haben scheinen, damit er sorgfältig inszenieren kann oder b) weil es ihn schlicht nicht interessiert hat und das schmerzt hinsichtlich des guten Namens, den er sich mit „Silentium“ oder „Der Knochenmann“ gemacht hat, außerordentlich. Hier ist alles nur Routine, schnelle, lieblose Routine. Die Schauspielerei wie Kasperltheater beim Einsteigen ins Schloss oder beim Bruch in die Wohnung von Wolf durch Leopold mit Kletterseil umgebunden rittlings in die Badewanne kippend.

Das wird fernsehgerecht – also nicht spannungserzeugend, sondern Auge und Geist lediglich beschäftigungstherapeutisch in Beschlag nehmend, damit der Geist aus dem Stückwerk von Szenen wenigstens ein Sachverhaltsskelett nachbauen kann, zubereitet; der Zuschauer solchermaßen abgelenkt, wird um den Genuss der Zwickmühlen der Figuren innerhalb ihrer schwindligen Lebensentwürfe und Taten, ihrer Tricksereien gebracht. Der Zuschauer wird lediglich rekonstruktiv beschäftigt statt erkenntnisgewinnend durch Überraschungen.
Der Titel allerdings, der stimmt durchaus und sowieso für den Charme des Österreichischen, in welchem das kalte Hochdeutsch von Graf Leopold besonders uncharmant wirkt.

Um abzulenken von den Schwächen von Drehbuch und Regie darf die dekorative Zutat zum untauglichen Fürstensohn, dessen demente Mutter Gloria, Bibiane Zeller, immer wieder TV-Werbung schauen, vom Zyklon-Staubsauger über die Bauchmuskelwerbung bis zur Kreuzworträtselfrage „prominenter Deutscher mit 9 Buchstaben“, fernsehtechnisch gesehen steckt dahinter vermutlich satirische Absicht.

Eine Brücke in die Welt (TV, BR)

Langzeitdokumentation als solches ist schon etwas Faszinierendes: Menschenentwicklung im Zeitraffer und mit nicht garantiert vorhersehbarem Ende. Maria Knilli (Redaktion Thomas Sessner) hat sich für ihre Langzeitdokumentation eine Schulklasse der Waldorfschule bei Landsberg vorgenommen. Seit 2007 begleitet sie die Schüler und ihre Klassenlehrerin, denn diese bleibt einer Klasse 8 Jahre lang in dieser Funktion erhalten. Hier nun der zweite Teil der Doku. Die Kinder sind anfangs 9 und am Ende 12 Jahre alt. Sie stehen am Übergang von der Kindheit zum Jugendlichen. Am augenfälligsten ist das hier zuerst allein am Volumen, was die Klasse anfangs des Filmes und am Ende des Filmes im Klassenraum einnimmt; es hat deutlich zugenommen.

Maria Knilli geht sehr klug vor, hat das Vertrauen zur Klasse und der Lehrerin längst gewonnen; sie stellt auch nicht einzelne Schüler als Stars in die Mitte; das ruhende Zentrum ihres Filmes ist die Klassenlehrerin Umbach, eine berufene, eine geborene Pädagogin. Genauer gesagt: eine geborene Waldorfpädagogin. Sie macht den Film zu einem klaren Votum für diese Schulphilosophie. Und das wird jetzt vor allem spannend, man möchte am liebsten sich zeitlich die nächsten drei Jahre vorausbeamen lassen und schauen, wie das ausgeht im dritten Teil. Einerseits die Rudolf-Steiner-Welt, die Goethe-Welt mit ihren Metamorphosen der Pflanzen, mit ihrer Tradition des Schultheaters, des Musischen, des Respektes vor den Menschen; auf der anderen Seite diese Kinder, die anfangen Jugendliche zu werden, Ablehnung gegen die Autoritäten zu empfinden, die einem enormen Einfluss der technischen Medien ausgesetzt sind (die haben in der Waldorfwelt nichts zu suchen); denen als übernächste Stufe eine Welt des gnadenlosen Wettbewerbes (der nicht weniger werden dürfte) in Handel, Industrie, Fabrikation, Wissenschaft, Management ausgesetzt sind, einer Welt des Diktates der Ökonomie, einer Welt des Mobbings, der Intrige, der Feinseligkeit.

An der Waldorfschule aber gilt der Gedanke des Miteinander, keiner soll ausgebremst werden. Jeder hat seine Qualitäten. Es gibt am Ende der ersten Schuljahre nur Wortbeurteilungen und die Versetzungsfrage stellt sich nicht. Die Schüler sollen Vertrauen in sich gewinnen. Sie sollen durch Üben die eigenen Grenzen erweitern. Sie sollen ihr Identität entwickeln können.

Als symbolische Vergegenständlichung des langen gemeinsamen Entwicklungsweges unternimmt die Klasse in den acht Jahren eine Etappenwanderung von Landsberg nach Venedig; die wiederum die soziale Struktur in der Klasse ganz schön durcheinanderwirbeln kann.

Der Titel dieses zweiten Teils der Langzeitdoku bezieht sich auf das Bild, dass die Eltern in die Selbstverwaltung der Schule und durch viele Veranstaltungen in den Entwicklungsprozess integriert werden; was als Pfeiler der Brücke interpretiert wird, über die der Weg der Kinder in die Welt hinaus führt; eine Brücke, die sie brauchen in einer Zeit enormer seelischer Veränderungen, in der heftige Krisen auftreten können. Bemerkenswert auch, dass die Pädagogin nicht von körperlichen Veränderungen spricht.

Ob die Gitarrenzupferei zur gelegentlichen Untermalung der Bilder nötig gewesen wäre, sei dahin gestellt.

Diese Landsberger Idylle hebt sich deutlich ab von Berichten über Lehrer mit frühem Burnout, mit riesigen Disziplinproblemen mit den Schülern. Davon ist im geschützten ländlichen Landsberg nichts zu spüren. Eine heile Welt?

Essenz des Lebens; Gila von Weitershausen (TV, BR)

Hier versucht ein Talkmaster aus seiner Interviewpartnerin das herauszuholen, was er vorher angelesen und recherchiert hat.

Er fährt mit ihr auf dem Sozius einer roten Vespa – und beide anständig behelmt – einen vorbereiteten Parcours durch München an Orte ihres früheren Lebens auf der Suche nach der Essenz ihres Lebens.

Die Babywiege für die Zweijährige, die mit „Gila“ und „1946“ beschriftet ist, hatte eine Nachbarin aus ihrem Elternhaus gerettet. „Das ist Ihre Kinderwiege, Ihre Babywiege.“ „Das ist unglaublich, wieso kann ich mich nicht daran erinnern“. Der Interviewer konfrontiert sie mit einem Foto ihrer Mutter und von sich selbst aus ihrer Kindheit im Garten ihres Elternhauses. Die Interviewte ist etwas überrascht, weiß nicht recht was sagen dazu und legt die beiden Bilder wieder sorgfältig in den gelben Umschlag und diesen in die regungslose Wiege. Gemüsegarten der Mutter. „Hier hatten wir lauter Rosen. Dahinter war unsere Spielwiese“. Der Interviewer bietet der Dame einen Apfel von einem Baum aus der Kindheit an.

Der Interviewer fährt mit ihr in die „Gruft“, ihre ehemalige Schwabinger WG-Wohnung aus dem Aufbruch der Sechziger. Sie wundert sich über das kleine Zimmer, in dem sie mit ihrem damaligen Freund und späteren Ehemann Martin gelebt hat. Viel Blabla über die Hochzeit. Fragen an die Interviewte: „Haben Sie schon Vorhänge gehabt? Und Kühlschrank? Und die Klamotten waren wo? … Hier ist viel passiert, Sie sind hier auch mal schwanger geworden?“

Zwei Dinge ärgern die Interviewte am meisten: die administrativ nicht anerkannte Mutterschaft ihres leiblichen Sohnes, der jetzt als der Sohn eines weltberühmten Regisseurs gilt, der aber nicht sein leiblicher Vater ist. Eine verflixt komplexe Geschichte, in der die Nouvelle Vague, Mexiko (Anlass für eine kleine Name-Dropping-Arie), der Code Napoleon, ein von Nonnen betriebenes Krankenhaus in Mexiko und auch ihr Ex-Mann Martin eine Rolle spielen.

Viel Blabla über die Hochzeit des administrativ nie bestätigten Sohnes in New York.

Der Interviewer versucht zur Essenz, zum Kern vorzustossen. Er möchte einen roten Faden im Leben der Interviewpartnerin finden. „Es ist die Schauspielerei, der magische Raum, der zieht sich durch mein Leben und den such ich immer noch und wenn ich in dem mich aufhalte, dann bin ich glücklich, nicht nur, aber…“ Sie möchte aber ausdrücklich nicht auf das Leben zwischen den magischen Räumen reduziert werden.

Der Interviewer heißt Jörg Seewald und stylt sich mit strenger, schwarzer Intellektuellenbrille und entsprechendem Blick; seine Interviewpartnerin ist die Schauspielerin Gila von Weitershausen. Der Interviewer beweist mit seinen Fragen, dass er sich kundig gemacht hat.

Der Gesprächspartnerin reicht es irgendwann: ich brauch ne Rolle, Herr Seewald, tschüss!

Sie wolle endlich wieder spielen, sagt Gila von Weitershausen an einer Stelle. Die Internet Movie Data Base berichtet indes von ganz guter Beschäftigung. Die neuesten Rollen: Frieda Winter in „Vorzimmer zur Hölle II – Plötzlich Boss“, TV-Movie; Ulrike Fischer in „Nur mit euch!“, TV-Movie 2013; Julia Langer in „Alles außer Liebe“, TV-Movie 2012; Dolores ‚Lore‘ Schmidt in „Der Schwarzwaldhof“ 2010 – 2012; Alexa Frey in „Familiengeheimnisse – Liebe, Schuld und Tod“, TV-Movie 2011 – das sind nur die neuesten von 148 Einträgen.

Vielleicht hätte das einen spannenden Knackpunkt für das Interview bilden können, die Frage nach der künstlerischen Erfüllung angesichts der Diskrepanz aus einer teils berühmten Vergangenheit mit Louis Malle und der aktuellen Aktivität in wie es scheint weiter nicht berühmter, industrieller Fernsehware, ob die dem Wunsch „ich will endlich wieder spielen“ gerecht wird und dann noch die Frage nach der Relevanz dieser Fernsehprodukte hinsichtlich des Auftrages des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Exclusiv im Ersten: SOS Griechenland (TV, BR)

Dieser Bericht von Ralph Gladitz, Redaktion Corinna Spies, über die Lage eines SOS-Kinderdorfes in Griechenland ist die angemessen ruhigere Ergänzung zur hektischen Nachrichten-Info über das darniederliegende Land und sicher im Sinne des Auftrages des öffentlichen Rundfunks. Besonders die SOS-Heimmutter Marina gibt dem Kinderdorf und der Krise ein Gesicht, was Empathie auslöst: von engagiert bis abgekämpft und müde und doch wieder hoffnungsvoll und glücklich mit den Kindern. Für die Kinderdörfer wird die Lage immer noch, und es ist bereits das dritte Jahr der Krise, prekärer; denn jetzt müssen sie massiv Steuern auf Spenden bezahlen, die zudem zurückgehen; die Spender selbst können nur noch 10 Prozent des Spendenbetrages von der Steuer absetzen. Der Bericht sollte zu Denken geben, denn er illustriert, dass Dinge, die sich in Griechenland vor drei Jahren noch niemand vorstellen konnte und was sich für Deutschland im Moment niemand vorstellen will, nämlich der beispiellose Absturz der Mittelklasse, eingetreten ist. Aber in Deutschland sind bald Wahlen und da machen die Politiker aller Couleurs wieder Versprechungen als Blankochecks auf die Zukunft nach dem Motto: nach uns die Sintflut. Der Film von Gladitz lässt uns einen kleinen Blick in diese Sintflut werfen.

Sauhund – die pfundige Puppenshow; Gast: Wolfgang Krebs (TV, BR)

Am Faszinierendsten sind die Bilder im Abspann von hinter der Bühne von den Menschen, die die Marionetten führen, die die Texte sprechen, die die Musik für die Puppen machen. Aber auch dem Reiz der Puppen auf der Bühne, hier einer regelrecht glitzernden Showbühne, ist schwer sich zu entziehen. Die Figur Sokrates, die nur ein Stück Polster eines Kanapees ist, das adrette Schweinchen im Dirndl, das vor allem die Fragen stellt, die Band, der Ziegenbock in der Garderobe, der sich zu Höherem berufen fühlt, der Redakteur in seiner Stube, der wegen eines defekten Mikros keinen Einfluss auf die Show hat und sich schon während der Aufzeichnung bei Arte bewirbt. Auch der Swing der Musik ist showprofessionell, die Ausstattung ebenso. Bleibt das Menschliche. Es gibt in dieser Show einen menschlichen Gast, einen Stargast. Es ist der aufgeräumte Wolfgang Krebs, der sich sichtlich wohl fühlt auf dem Showsofa, der allzu leicht in den Stoiber-Duktus fällt, denn als Stoiber-Parodist ist der ehemalige Briefträger berühmt geworden. Dazwischen war er noch Werbeverkäufer. Jetzt ist er ein Aushängeschild der BR-Unterhaltung, auch auf dem Nockherberg. Und bangt auf den Wahlausgang für sein nächstes Soloprogramm. Denn den Seehofer hat er auch drauf, darf sogar einen zaghaften Wahlauftritt für sich als Seehofer-Double abliefern. Aber mit den Beckstein- und Ude-Parodien, da kann Krebs nicht mehr ganz so Furore machen, da scheint er die Vorbilder nicht gründlich genug studiert zu haben. Der Stoiber scheint für ihn ein Geschenk des Himmels gewesen zu sein und dessen 10-Minuten-Transrapid-Philippika. Nur leider ist das inzwischen ziemlich kalter Kaffee, wofür das Publikum für die Show, die unterm Strich vor allem BR-Eigenwerbung ist, ziemlich zum Applaus aufgekratzt werden musste, der dann allmählich nachließ und gegen Ende erst wieder etwas anzog. Zwischendrin sollte das Thema Werbung versus Politik diskutiert werden, aber das verläpperte sich bald in Belanglosigkeiten übers Parodieren und einem schwachen Wagner-Tiefkühl-Pizzajoke. Höhepunkt war der kleine Tanz, den die Schweinchen-Moderatorin in ihrem Dirndl hinlegte, wenige, signifikante Bewegungen: großes Marionettentheater und entsprechendes Kompliment für den Marionettenspieler.

Im Schleudergang, Folge: Gardasee (TV, BR)

In der zweiten Folge der BR-Serie „Im Schleudergang“ mit dem Titel „Gardasee“ fangen die Verhältnisse an, sich zu runden; oder der Betrachter erliegt bereits der Macht der Gewohnheit; weil die überschaubare Zahl der zumindest gut angedachten Figuren und auch die Örtlichkeit des Waschsalons und die Wohnungen darüber einem so vermittelt worden sind, dass sie schnell vertraut wirken, auch weil die Atmosphäre als recht menschlich-menschelnd eingeführt worden ist.

Die Schauspieler fangen an, sich in ihre Rollen einzuwohnen und der Zuschauer mit ihnen. Nach dem eher kühlen Beginn fängt Gisela Schneeberger an, ihren umwerfenden Flirtcharme zu versprühen, während sie in der ersten Folge noch als kalte, herzlose Geschäftsfrau mit Ambitionen zu Netzwerken vornehmer Damen etwas distanziert rüberkam.

Diesmal soll es an den Gardasee gehen. Wieder gen Italien. Und zwar mit ihrem Liebhaber Freddy. Dass sie am Ende über ihr Münchner Stadtviertel nicht hinauskommen, das macht die Sache doch sympathisch und heißt gewiss nicht, eine Überraschung verraten. Zwar nicht „Warten auf Godot“, aber „Warten auf den Gardasee“. Über diesen Fluchtort der Münchner Schickeria hat Max, der dieses Mal fast eine Folge lang seine Hose in der Wäscherei bügelt, nicht allzu viel Positives zu berichten; wobei unüberhörbar der Neid mitschwingt.

Loverboy Freddy tut sich weiter schwer damit, offen zur Liaison zu Christa, mit der er an den Gardasee fahren soll, zu stehen. Er kommt nicht los von seiner geschiedenen Gabi. Hat ständig ein schlechtes Gewissen. Hat Mühe, klare Entscheidungen zu fällen. Doch da flirtet Christa bereits mit Onkel Max. Der ist noch nicht so richtig eingepasst in die Wäscherei. Steht fast so fremdkörperhaft da mit seinem Morgenmantel und nur der Unterhose drunter wie der Kunde Bertram, der solistisch (oder eher autistisch oder solipsistisch?) Reden berühmter Fussballmenschen von sich gibt, ein etwas weit hergeholter Drehbuchgag und entsprechend schwierig zu gestalten. Die gar nicht schlechte Idee scheint die zu sein, in jeder Folge einem Gastdarsteller einen Glanzauftritt zu ermöglichen, der die Rosinenfunktion im Serien-Kuchen übernehmen soll (das hat sich schon in der ersten Folge mit der pointiert hochdeutsch sprechenden älteren Dame zart angedeutet, die Christas Teilnahme am Papstbesuch vereitelt hat). Der Darsteller sollte also richtig brillieren, was hier für mich so nicht erkennbar ist, mag sein, dass ich von Fussball zu wenig verstehe; oder dass der Auftritt schlicht nicht gut genug gearbeitet worden ist, besonders auch, was die Reaktionen resp. Interaktion des Kulisse bildenden Stammpersonals aus Gitti, Max und Michi betrifft, die der Gastfigur den roten Teppich auslegen sollten, sonst verpufft die Wirkung; die agieren eher so, als würde hier einer vorgeführt; oder die Casterin ist sich der besonderen Anforderungen an einen Darsteller für einen solchen Glanzauftritt nicht bewusst gewesen.

Während zwischen Gitti (die jetzt nicht mehr raucht) und Christa bei einem Gespräch im Auto schon so viel bayerisch gewürztes Wohlgefühl rüberkommt, dass einem ganz warm wird ums Herz.

Von Michi bekommen wir mit, dass er nebenbei in einer Kneipe jobbt, in der merkwürdige, glatzköpfig-bullige Typen ein- und ausgehen; aber er braucht das Geld. Das wird wohl ein running Gag, dass er in jeder Folge einen anderen Farbtupfer an seichtem bis dubiosem Nebenjob einbringen soll, falls ihm die Drehbuchautoren nicht eine Lohnerhöhung genehmigen, wofür sie stattdessen, das wäre eine Chance, nach spannenderen Seiten seines Charakters suchen müssten.

Mit Christas Tochter Sieglinde, die den bayerischen Anteil an ihrer Sprache erhöht hat, ist es so ein Problem. Sie hängt ziellos zuhause rum, ein Skulptur gewordener Vorwurf an die Mutter. Sie erzählt von Angstexpositionstraining. Aber irgendwie können die anderen Figuren, obwohl sie es thematisieren, nämlich sie allein zu lassen, doch nicht viel anfangen damit. Auch da würde sich gründlicheres Hinschauen sicher als dramaturgisch fruchtbar erweisen. Ein Vorwurf gewordener, ein unglücklicher Mensch, der von seinem Unglück nicht lassen kann; ja der sein Unglück als Kampfmittel gegen die Mutter und die Umwelt einsetzt.

Hauptthema ist allerdings die Patientenverfügung und im Untertext dazu Kälte des Herzens oder auch Vertrauensseligkeit. Damit dürfte das Zielpublikum am deutlichsten definiert sein. Und da die Probleme der Älteren offenbar leichter zu formulieren sind als die der Jüngeren und da ferner die älteren Darsteller dies auch dank langjähriger Erfahrung überzeugender rüberbringen, so dürfte die thematische und inhaltliche Entwicklungsrichtung der Serie mit dem Wegweiser Patientenverfügung klar vorgegeben sein.

Poker jetzt auch als Realtiy-TV-Serie

Es ist schon faszinierend, wie ausgerechnet das Pokern immer wieder Dreh- und Angelpunkt einer Medienproduktion wird. Klar, im Western kann man die Spannung kaum höher treiben als wenn Colts unter dem Tisch aufeinander gerichtet werden, während es oberhalb der Tischplatte darum geht, eine möglichst gute Kombination von Symbolen und Zahlen zu erreichen. Es wird geschwitzt und geschwiegen, es wird gezückt und gelegt, und dann wird geschossen und gestorben.

Im US-Kino ist das Pokern natürlich entsprechend stark vertreten. Hinterzimmer, Killer, glamouröse Casinos, Agenten, riesenhafte Einsätze, all das haben wir schon gesehen. Das Ganze geht so weit, dass es hierzulande diese Pokernacht mit Stefan Raab gibt, wo Texas Hold’em gespielt wird, eine Poker-Variante, in der manche Karten offen liegen und für alle Hände gelten, zusätzlich hat jeder Spieler eigene Karten. Wer die beste Kombination erreicht, gewinnt.

Und zwar viel Geld. Auch in Deutschland, wo das Pokern eigentlich eine Randerscheinung ist. Doch auch ich kenne einige, die des Nachts online pokern, wahrscheinlich auf einer dieser Pokerseiten, und dabei immer mal wieder nennenswert gewinnen. Für mich wäre das nichts, ich bin nicht emotionslos genug, um mir die Chancen irgendeines Blattes auszurechnen. Ich gucke lieber Hangover oder andere Filme, in denen anderen schwitzen müssen. Auch bin ich nicht so der Typ, der Glück im Spiel hat.

Und damit komme ich zum Punkt dieses Posts:  Es gibt nun auch die Serie, „Living The Life„, in der zwei Frauen (Amanda Kimmel und Trishelle Cannatella) gegeneinander antreten. Nicht nur in irgendeiner Realtiy-Situation, sondern auch bei einem Pokerturnier. Gedreht wurde schon letztes Jahr. Mal sehen, ob und wann dieser Stoff sich auch bei uns durchsetzt. Das ist nämlich auf jeden Fall intelligenter als Dschungelcamp.

Da die beiden Stars selbst auf Poker-Promis aus aller Welt (auch aus dem Online-Poker) treffen werden, ist es doch nur wahrscheinlich, dass es zu Debatten und anderen Kollisionen rund um Wahrscheinlichkeiten, Kartenzählen und andere Tricks kommen wird. Und das kann ich kaum erwarten Immerhin bin ich selbst in der Position des Laien, so dass ich mich eher mit den Protagonisten als mit den Pokerspielern identifizieren kann.

Und wer hier klickt: Pokern muss natürlich niemand.

Nuscheln gehört zum Handwerk

Mit Willkommen in Hamburg gab Til Schweiger soeben seinen Einstand als Tatort-Kommissar. Man mag über die meines Erachtens stark schwankende Qualität der Tatorte geteilter Meinung sein, oder auch darüber, ob es nun eher ein Karrieresprung oder das Karriereende bedeutet, wenn man dort „Tenure“ erhält – quasi ein Grundeinkommen für Medienschaffende. Aber das ist mir persönlich heute egal.

Was mir im Vorfeld der Ausstrahlung aufgefallen ist: Es gab jede Menge Häme über Til Schweigers Nuscheln. So auch bei Sheng-fui:

Man mag von Til Schweiger halten, was man will. Aber der Mann ist eine Type. Sein Kommissar ist das, was man als typecast bezeichnet: Ein Schauspieler, der von seinem eigenen Wesen her besonders gut zur Rolle passt. Das ist eine nicht unübliche Methode, um passende Leute für Rollen zu finden. Doch während man hier beispielsweise für ein schüchternes Krischperl grundsätzlich Christian Ulmen zu besetzen scheint, würde sich in Hollywood auch ein Tom Cruise oder ein Gerard Butler in so eine Rolle zu finden suchen.

Und nun hat man Til Schweiger, vom Typ her schon immer der gutaussehende Typ, der eher mit dem Kopf durch die Wand geht, anstatt mal innezuhalten und eine Taktik auszutüfteln, eben für den Tatort besetzt. Und ja, Til Schweiger nuschelt.

Aber mal ehrlich: Wieso stört das so viele? Ich finde es nämlich große Klasse, wenn eine Leinwandfigur Charaktereigenschaften hat, die sie hervorstechen lassen. Während sich in anderen Tatorten die komplette Crew damit abmüht, auch artig jedesmal „Konschtanz“ zu sagen, ganz wichtig für den Lokalkolorit nämlich, scheißt sich Til Schweiger nix. Er spielt seinen Nick Tschiller eben so, wie ein Til Schweiger einen Kommissar eben spielt. Und wenn Til Schweiger nuschelt, nuschelt eben auch Nick Tschiller.

Ganz ehrlich: Das ist mir auch tausendmal lieber so. Denn ein Film ist ein Kunstwerk. Der Zuschauer hat nicht den Anspruch, jedes gesprochene Wort kristallklar übermittelt zu bekommen. Es geht hier ja nicht um das öffentliche Verlesen eines Dekrets, sondern um Filmkunst. Gut, abgespeckt fürs TV, aber im Grunde dieselbe Angelegenheit. Denn es ist Schauspiel, was wir hier sehen, trotz Typecasting. Ein Spiel! Eine Performance! Kunst!

Was wäre denn ohne diese darstellerische Freiheit, diese Entscheidung, aus den großen Klassikern geworden? Man stelle sich einmal den Paten vor, in dem Marlon Brando nicht mühsam „Ich mache ihm ein Angebot, das er nicht ablehnen kann“ stöhnt, sondern dies ohne jegliche Einschränkung, klar und verständlich in die Kamera spricht? Eddie Murphy hätte sich doch einsalzen lassen können, wenn er seinen Beverly Hills Cop ohne diese Schnauze hätte spielen, stattdessen einfach seinen Text langsam und klar aufsagen müssen. Und überhaupt, Götz George und sein Schimanski, das war doch auch eine ziemliche Nummer in puncto deutscher Sprache. Ich sag Euch was: Eine Katastrophe wäre das.

Ich denke, nicht wenige Zuschauer haben eine gewisse Anspruchshaltung gegenüber dieser Art Kunst entwickelt. Sie fühlen sich vor den Kopf gestoßen, wenn sie die Filmhandlung aus dem Kontext entnehmen müssen, anstatt sie erklärt zu bekommen. Ein ganz ähnliches Problem ergibt sich durch bewusst fehlende Untertitel bei der Verwendung fremder Sprachen. Sicherlich sind nicht wenige von Euch schon in den Genuss eines Sitznachbarn gekommen, der sich zum Beispiel bei einem Agentenfilm, wenn ein gegnerischer Wachposten etwas in sein Funkgerät kauderwelscht, daraufhin eine Antwort bekommt, dann lacht und sich eine Zigarette anzündet, zu einem herüber beugt und fragt: „Was hat er denn jetzt gesagt? Ich hab das nicht verstanden!“. Solche Leute möchte man doch manchmal mit ihrem eigenen Popcorn ersticken, oder nicht?

Also: Lasst ihn nuscheln. Von mir aus kann Til Schweiger in seinen Filmen nuscheln, so viel er will. Solange der Film funktioniert, die Dramaturgie stimmt und man der Handlung folgen kann, kann er von mir aus auch eine chinesische Oper aufführen. Ob der Text wichtig ist, ist eine bewusste Entscheidung, die schon lange gefällt wurde, bevor die erste Klappe fällt.

PS: Ich habe ein gespaltenes Verhältnis zum Tatort, und schimpfe auch oft gern darüber. Meist „live“, in Rage, auf Twitter. Es gibt so viele Kritikpunkte: Das kalte Licht, das bedeutungsschwangere Geschau (das keiner versteht, weil der jeweilige Konflikt nicht gravierend genug ist), die lahmarschigen Actionszenen (heute war definitiv eine Ausnahme), das Duden-Deutsch, die tristen Settings, die teilweise haarsträubenden Geschichten, die krampfhafte Inszenierung für genau 90 Minuten (nicht nur die Amis können das viel besser), diese schrecklichen „typisch deutschen“ Verhaltensmuster von Hauptfiguren und Nebenrollen (aber auch die vorausgesetzten Wertvorstellungen), und dann doch diese typischen Hollywood-Ansätze, in denen der Täter noch lange erklärt, was er so geplant hat, damit man ihn noch aufhalten kann, ta-daa (heute hat das Mädel diesen Max ja „without further ado“ einfach über den Haufen geknallt, das war ja fast Tarantino-esk, höchst erfrischend) – doch leider wirken diese Hollywood-Manierismen in Filmen, die sich bewusst gegen diese Tradition stellen, absolut anachronistisch (zu deutsch: Tatort-Macher, was wollt Ihr eigentlich?). Nunja, Tatort ist so eine Sache für mich.

Aber heute, da muss ich schon sagen, das war deutlich mehr Kino als TV. Respekt.

Das ZDF und die abgebrochene „Heute Show“: Netzpanik oder gelebte Demokratie?

Über Twitter wurde ich darauf aufmerksam, dass ein seltsamer Zufall sich gerade beim ZDF abgespielt hatte: Die Ausstrahlung der Heute Show [18.3.2011, 22:30, ZDF] wurde jäh unterbrochen, kurz nachdem sich der prominente Gast, der allseits bekannte Komödiant Michael Mittermeier, mit deutlichen Worten über die „Atomfetischisten“ ausgelassen hatte. Zum Beispiel antwortete Mittermeier auf die Frage „Was sind denn eigentlich Atomfetischisten? Das klingt krank!„:

Atomfetischisten kannte ich vorher auch nicht, also, ich weiß es nicht. Sind des Menschen, die nur wichsen können, wenn sie vorm Kernkraftwerk stehen? Ja, nur am Meiler abspritzen, solche Dinge, keine Ahnung. Frauen, die nur mit plutonium(s)getriebenen Dildos arbeiten können, hä? Na, Herr Söder, wie schaut des aus, so ‚Ich zeig‘ Dir meinen Brennstab‘ [lacht]?

und

Wenn’s die wirklich gibt, die Atomfetischisten, dann kommen die bald wieder. Na garantiert! Die mobilisieren sich doch jetzt schon, man merkt schon, wie sie jetzt schon wieder rum-… [wilde Gesten und Gemurmel, das verdeutlichen soll, wie die Atomfetischisten sich hinter den Kulissen neu formieren]. Also, ich glaube ja– [in die Kamera] Liebe Atomfetischisten, was ist los? Jetzt könnt’s Ihr demonstrieren, macht’s a Pro-Atomkraft-Demo, jetzt ist die Zeit, ha! Und singt Eure Lieder– [zum Moderator] Mann, die werden wahrscheinlich geil, das sind ja so geile, versaute Lieder– ‚Uran, Uran, das macht mich ja so an‘ (oder) [sich mit einer Hand die Brust kreisförmig reibend] ‚Ich hab keine Angst vor’m Supergau, komm‘ her, Du kleine verstrahlte Sau!

und

Moderator Oliver Welke: „Da waren jetzt fünf bis sieben Vokabeln dabei, die im ZDF viel zu selten fallen, wenn Sie mich fragen, meine Damen und Herren–

Mittermeier: „Einmal ‚Wichsen‘ müssen wir abziehen–

Moderator Oliver Welke: „– da hätte man gesagt ‘Einmal Wichsen müss‘ mer obzieh’n, des is–

An dieser Stelle bricht die Sendung jäh ab, es folgt schwarz. Nach 14 Sekunden folgt ein Teaser für „Aspekte“, dann Werbung für „Terra X“.

Auf Twitter gingen sogleich die Alarmglocken an [Die Suchfunktion auf Twitter ist derart langsam und unbequem, dass es de facto unmöglich ist, alleTweets mit „heuteshow“ der letzten zwei Stunden auf einmal darzustellen, daher kann ich leider kein PDF zum Thema liefern], die Spekulationen überschlugen sich, und auf YouTube steht die entsprechende Stelle der Sendung (siehe unten).

Das ZDF twitterte bald eine Begründung für den Abbruch (menschliches Versagen) und kündigte die Wiederholung der Sendung an. Zu diesem Zeitpunkt ist in der Mediathek des ZDF jedoch nur die abgebrochene Sendung abrufbar [stimmt nicht mehr, nun ist die Sendung komplett online]. Was nun wirklich passiert ist und wieso die Sendung ausgerechnet bei einer derart deftigen Sprachwahl des Gastes abbrach, werden wir wohl nie erfahren.

[Dieser Blogeintrag wäre bestimmt eine Stunde früher online gegangen, wenn die Technik mitgespielt hätte. Jetzt ist er schon nicht mehr aktuell.]

Nachtrag: Die Sichtung der entsprechenden Stelle in der Mediathek ergibt, dass Oliver Welke nach der Stelle, an der zuvor abgebrochen wurde, nach nur einem (nicht weiter bewegenden) Satz direkt zur Verabschiedung übergeht. Es darf also davon ausgegangen werden, dass es sich nur um einen unglücklichen Zufall und somit um Netzpanik handelte.

Der Fluch von dem Judas sein Kelch

Am gestrigen Samstag Abend zeigte RTL zur Prime Time The Librarian: The Curse of the Judas Chalice, einen augenscheinlich im Fahrwasser von Indiana Jones angesiedelten TV-Abenteuerfilm, diesmal mit einem Bibliothekar und irgendwelchen Vampirgeschichten, für mich nicht weiter von Interesse. Bis mich folgende Mail eines Freundes mit dem Betreff „Aua aua“ erreichte:

Nicht zu fassen, ich habe zuerst gedacht, es sei nur ein Fehler in der Programmzeitschrift. Aber nein: Groß angekündigt auf RTL und in allen Zeitungen und Online-Fernsehprogrammen brav abgetippt — „The Quest — Der Fluch des Judaskelch“. Des Kelch?? So wie: Das Haus des Mann? Der Name meines Vater? Des Pudel Kern? Habe ich da was nicht mitbekommen und die Deklination von Substantiven ist durch eine Zuschauerabstimmung von RTL endgültig abeschafft worden? Ich packs nicht … Dass das mal ein RTL-Redakteur nicht checkt – geschenkt. Aber das es ALLE widerspruchslos abschreiben, das kann doch echt nicht sein. Noch besser: In der IMDB steht der Film als „Der Fluch des Judas Kelch“ (Anm.: hier). Muss aber wild geflucht haben, der gute Herr Kelch, wenn man darüber gleich einen Film drehen konnte 🙂

Tatsächlich, der Mann hat Recht. Und die Angelegenheit ist nicht nur ihm aufgefallen. Der Film scheint als DVD so auf den deutschen Markt gekommen zu sein, und vom offiziellen (aber falschen) Titel wurde nicht mehr abgewichen.

Dabei handelt es sich jedoch nicht um irgendein Wortspiel wie zum Beispiel bei Titeln wie Of Moose and Men, Biss zum Morgengrauen oder Salami Aleikum. Nein, „des Kelch“ ist schlicht und einfach falsch, die korrekte Deklination lautet „des Kelches“. Grundsätzlich mündige Redakteure verstecken sich in solchen Fällen meist hinter der PAL-Regel aus dem Anhalter: Sie können nicht sehen, was sie nicht sehen wollen.

Das Problem ist symptomatisch für die gesamte deutsche Filmwirtschaft: Korrekte Rechtschreibung, Grammatik oder auch Wortwahl scheint in den Medien in zunehmendem Maße als optional zu gelten, insbesondere bei der Synchronisation von Filmen. Hierzu siehe „falsche Freunde„, diese Fettnäpfchen werden üblicherweise in großer Zahl mitgenommen, wenn Filme eingedeutscht werden.

Ein besonders gängiges Beispiel für so einen Fehler findet sich in Untertiteln. Bekommt der Zuschauer dort eine Rückblende vorgesetzt, steht meist unter dem Bild „Drei Jahre früher“, was aus „three years earlier“ korrekt übersetzt wurde, sofern man die Worte ohne Zusammenhang übersetzt. Doch das wirklich korrekte Deutsch für „three years earlier“ lautet „Drei Jahre zuvor“. Das weiß scheinbar nur jeder zehnte Untertitel-Autor, und das ist schade.

Nachdem es die massiven Fehler von Double Facepalm-Qualität nun auch schon in die Filmtitel geschafft haben, bleibt also nur noch offen, wann der Untergang des Abendlandes denn nun endlich besiegelt ist.

Double Facepalm

PS: Rechts im Bild übrigens ausgerechnet der Regisseur des Meisterwerks.