Archiv der Kategorie: TV

Zeit zu Beten. Ein Krimi aus Passau (ARD, Donnerstag, 25. Januar 2024, 20.15 Uhr)

Allerweltsfall.

Die eröffnenden Bilder mit einer Kamera, die durch die engen, nächtlichen Gassen Passaus fährt, suggiert Horroroptik.

Wahrer Passauer Horror wird aber des weiteren nicht aufkommen. Es ist eher ein Allerweltsfall von internationaler Geldwäsche, den sich Michael Vershinin unter den redaktionellen Auspizien von Claudia Luzius und Katja Kirchen hat einfallen lassen.

Schweizer Firma baut Luxuskliniken in Niederbayern, Verdacht der Geldwäsche. Ausgerechnet der Strohmann ist der neue Partner der Ex vom Polizeipräsidenten Mohn (Stefan Rudolf); der kündigt auch gleich zu Beginn schon seinen Selbstmord an und dass er damit ein Vermächtnis mit Material hinterlassen werde, das in der Öffentlichkeit Aufregung verursachen würde.

Der Film wirkt überkonstruiert und viel wird einfach erklärt. Die erste halbe Stunde kommt uninspiriert daher, das mag an der Regie von Johanna Moder liegen oder am Drehbuch, schwer zu analysieren. Manchmal funktionieren Dinge einfach schlecht, obwohl sich – oder gerade deswegen? – eine Vielzahl von Personen damit befasst.

Erst nach und nach gibt es Momente, wo der alte Charme der Ermittlerpaares Marie Leuenberger und Michael Ostrowski aufleuchtet. Allerdings hat sich inzwischen das Atmosphärenmoment, dass beide unterm Radar ermitteln, in Luft aufgelöst, an seine Stelle tritt öde Fernsehroutine.

Der Altöttingstrang scheint Energie zu sein, die besser auf die Ausarbeitung der Haupthandlung verwendet worden wäre. Er steht für sich, wie eine Fremdenwerbung des Touristenamtes des Wallfahrtsortes.

Auch der Ausflug zum Resilienztraining ins Kloster, um an den Verdächtigen ran zu kommen, wirkt reichlich an den Haaren herbeigezogen genau so wie die Eigenschaft des Verdächtigen, Spionagereomane zu verschlingen und daraus die Idee mit den Schuhen; weshalb vermutlich als falsche und dann doch richtige Fährte überprominent der Schuhladen in der Passauer Altstadt eingeführt wird. Warum muss das Fernsehen immer dem Zwang der Serie nachgeben, wodurch dann auf Teufel kommt raus gedreht werden muss, bevor das Drehbuch richtig sitzt und durch Einmaligkeit zu bestechen vermag?

Der Schmidt Max auf der Suche nach dem Glück (BR, Montag, 15. Januar 2024, 20.15 Uhr)

Das Glück des Max Schmidt

Max Schmidt verfügt jetzt nach Abdrehen dieser öffentlich-rechtlichen Glückslaber-Sendung über ein ihm geschenktes Glückstagebuch. Vor der Kamera hat er Einträge gemacht. Wir malen uns aus, was der Max Schmidt ganz geheim noch reingeschrieben hat über sein eigenes berufliches Glück, dank welchem er diese Sendung machen konnte, in der er mit Menschen, die nach undurchsichtigen Kriterien ausgesucht wurden, übers Glück schwatzte, Allgemeinplätze vor allem, wie sie überall und in allen Medien bis hin zur Apothekerzeitung billigst ausgetauscht werden können, in jeder Bar, an jedem Stammtisch: nicht nachvollziehbar, was so eine Sendung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der endlich ernsthaft sparen sollte, zu suchen hat.

Als Auswahlkriterien könnte eines feststehen: es müssen Interviewpartner aus verschiedenen Regionen Bayerns sein von wegen dem Regionenproporz.

Also was wird der Schmidt Max über sein Glück notieren, dass er diese Sendung machen „durfte“ und damit Geld vom Megahaufen öffentlich-rechtlicher Rundfunk auf bequeme Art und ohne allzuviel Vorbereitung verdienen „durfte“?

Vielleicht hat er ja geschrieben: ein Glück für mich, dass ich den Ingmar Grundmann vom BR kenne, der da eine wichtige Redaktionsfunktion innehat und der mir so eine Sendung, ohne dass ich einem Wettbewerb ausgesetzt bin, zuschustern kann.

Vielleicht schreibt er ja auch einen anderen Namen aus der verantwortlichen Redaktion: Iris Messow Ludwig oder Veronika Geier oder Joachim Walther oder Verena Vogel oder Daniela Schiffer oder vielleicht auch Iris Mayerhofer als zuständig für die Leitung und für die Gnade. Wie genau die Verbandelung läuft, ist von außen schwer nachzuvollziehen, aber es ist kaum denkbar, dass so eine Sendung ohne eine Verbandelung zustande kommt – oder hat irgendwer davon gelesen, dass der BR ein neues Format zum Thema Glück erfinden und produzieren möchte (so in etwa gernstlepigonal)?

Der andere, dem Schmidt vorausgehende BR-Glücksforscher, der Gernstl-Franz-Xaver, legt in seinem neuen Format Call a Gernstl immerhin offen, wie er seine Kandidaten gesucht hat, da ist er seinem Nachahmer voraus; nein, dessen Glückslabersendung ist kein Pleasure-Walk.

Dafür muss ich auch noch Zwangsgbühr entrichten –
für einen Blabla, wie ich ihn überall und gratis haben kann.
(Da sollte die Intendantin mal ein Auge drauf werfen, ob der BR solche Formate wirklich braucht).

Rote Karte des Zwangsgsebührenzahlers!

Call a Gernstl (BR, Montag, 25. Dezember 2023, 18.45 Uhr)

Als lernfähig

bis ins hohe Alter erweist sich der nach dem schwerblütigen Jubiläums-Kino-Opus-Magnum Gernstls Reisen – Auf der Suche nach irgendwas besonders gut aufgelegte Franz Xaver Gernstl, indem er, wenn es auch 40 Jahre gedauert hat, endlich offenlegt mit diesem Format „Call a Gernstl“, was wohl bereits nach der ersten erfolgreichen Ausstrahlung seiner Sendung eingesetzt haben dürfte, dass Leute sich mit Empfehlungen für sich selber oder für andere bei ihm melden.

Jetzt also gab‘ s einen Aufruf im Internet und das Echo scheint vielfältig gewesen zu sein. Also keine Pizza bestellen, sondern den Wenigzufallsdokumentaristen und Glücksforscher Gernstl und seine zwei Mannen HP Fischer und Stefan Ravsh, die von einer weiteren metadokumentarischen Kamera begleitet werden, ins Haus bestellen und sie mit dem eigenen Leben, der eigenen Kunst, der eigenen Aktivität überraschen – und damit vielleicht auch das ergraute Stammpublikum, das durchschnittlich um die 62 Jahre alt sein soll – dafür passts scho.

Glücklich ausgewählt wurden: Eine Dame mit einem privaten Abbas-Museum, die nie an einem Konzert der Band war; ein Kuhmistmaler mit ein paar Infos über unerwartete Qualitäten von Kuhmist; die Frau mit dem größten Landschneckenshop Deutschlands; ein uriges Drehorgelspielerpaar, das sich über eine Dating-Platform kennengelernt hat und in Niederbayern finden sich zwei originelle Digital-Hippies.

Wenn Gernstl so weitermacht, wird er bald seinen eigenen Teleshoppingkanal beim BR eröffnen können; das dürfte sich für den klammen Sender rechnen.

Schlittenfahrt ins Weihnachtsglück (BR, Samstag, 23. Dezember 2023, 22.00 Uhr)

Unverfänglich schön

Hier kann das Fernsehen nichts falsch machen an Publikumserbauung, wenn es so eine unverfänglich schöne Weihnachtsgeschichte ins Weihnachtsprogramm nimmt.

Nach bewährten Rezepten und angereichert mit Lappland-Romantik (inklusive Eishotel und Sauna) wird die Insolvenzverwalterin Charlotte (Julie De Bona) aus Frankreich nach Lappland geschickt, um bei einer kleinen Holzfabrik die Insolvenz zu organisieren.

Regisseur Arnauld Mercadie lässt nach Adaption und Drehbuch von Amanda Sthers in Zusammenarbeit mit Patrick Renault die Stadt- und die Landwelten aufeinander prallen und jede Sekunde ist abshebar, dass es zu einem Glück und einer Versöhnung, zu Verständnis kommen wird.

Der Finne Martial (Tomer Sisley), der wie ein Franzose ist, ein Träumer, kein Geschäftsmann, betreibt die Bude – verlustreich. Aber dahinter stehen lauter menschliche Schicksale und signalhaft ist die erste Begegnung. Er holt Charlotte mit einem Schlittengespann vom Flughafen Kiruna ab. Der Ex-Freund von ihr meldet sich am Handy, er sieht Martial, fragt ob er ihr neuer Freund ist, und ganz spontan, bewährtere Komödiensituation ist kaum denkbar, küsst ihn spontan. Dann natürlich peinlicher Rückzug. Alles nicht so, wie es aussieht.

Das macht den Rest des Filmes voraussehbar, sie machen alle gute Miene zum guten Spiel, der Grundton ist versöhnlich und nicht hart geschäftlich. Martial kümmert sich auch noch um zwei Kinder, Neffe und Nichte, deren Eltern bei einem Autounfall gestorben sind; wie rührend. Als Gegenfigur im Haushalt tritt die strenge Frau Potus auf; nomen est omen. Na ja, und das Geschäftliche, die Rettung von Julibois erledigt sich dann ganz wie von selbst. Bös ist allenfalls die Zentrale in Paris, aber die kommt gegen die guten Gefühle in Lappland nicht ernsthaft an.

Ophelia (ARD, Sonntag, 3. Dezember 2023, 00.00 Uhr)

Kostümfilm

ist nicht unbedingt gleich Shakespeare; besser als Shakespeare dürfte es auch kaum jemand können; insofern ist es gewagt, was Claire McCarthy hier nachdem Drehbuch von Semi Chellas nach dem Roman von Lisa Klein auf die Leinwand bringt.

Die Regisseurin möchte der Hamlet-Geschichte die Ophelia-Geschichte gegenüberstellen, ergänzend, vertiefend. Sie möchte der Ophelia ein Eigenleben geben. Sie möchte mehr aus ihr rausholen, als dass sie nur verrückt wurde.

So ganz gelingen kann das nicht; das mag an unserer extrem shakespearegeprägten Sicht auf den Stoff liegen, aber auch am Handwerk von Claire McCarthy, was vielleicht zu wenig eine Philosophie des Kostümfilmes hat; was vielleicht eine etwas saloppe Einstellung zum Casten und Regieführen, Figurführung beinhaltet.

Jedenfalls fällt einem der Begriff Kostümfilm ein, weil die Kostüme so ein Eigenleben führen, weil sie wie den Darstellern wie umgehängt wirken; aber auch am Spiel, welches einer Art Aus-dem-Bauch-Spiel ohne jegliche Stilisierung ist. Theaterspielen im Sinne von Gefühle zeigen.

Daisy Ridley ist Ophelia, die Kammerfrau am Hofe. Sie und Hamlet verlieben sich. Es geht im Stück um Blindheit, Macht, Verrat, Mord. Und die Moral von Claire McCarthys Inszenierung ist die, dass Ophelia (Daisy Ridley) nicht verrückt wird, sondern sich emanzipiert aus dem ewigen Kreislauf der Rache. Den Todesstoß versetzt dem Stück die lieblose deutsche Synchro.

#CHALLENGE1923 – 3 MENSCHEN. 6 SONGS. Folge 1 (BR-Klassik, Donnerstag, 23. November 2023, 00.00 Uhr)

Wer hat die größte Karotte?
Wer kocht den besten Fisch?
Wer hat am schnellsten …

Ein ausgelutschtes Fernsehprinzip, das mit der Challenge; Gärtner, Köche, Häuslebauer und weißgottnicht was.

Hier geht es darum, dass Profimusiker innert vier Wochen Songs nach Schallplatten von 1923, hier Folge 1 zum Beispiel von Betti Smith, zur Aufführbarkeit bringen, eine Sängerin, ein Rapper und ein Pianist.

Nichts dagegen, solche Musik, gerade wenn sie innovativ und engagiert war, aus den Archiven zu holen und dem Publikum zu präsentieren.

Hier aber in der Sendung Ulrich Habersetzer unter dramaturgischer Beratung von BR Visual Production, Storytelling, unter redaktioneller Mitarbeit von Alex Naumann und Franziskus Büscher, redaktionell betreut von Beate Sampson, wird gefühlt die Hälfte der Zeit vor allem gelabert, wie toll, wie herausfordernd die das finden oder es wird PR von anderen Auftritten eingeblendet.

Nach etwa zwei Dritteln der 18-Minuten-Sendung und nach ein paar Takten Probe, wird wieder gelabert („ich bin geflasht, wie David Du, mit Worten spielst“).

Es wirkt so, als ob eine Fernsehredaktion oder eine dem Fernsehen zuarbeitende Firma krampfhaft nach Sendeformaten sucht, um Sendezeit zu füllen oder um Fernsehgelder abzugreifen. Die Vermittlung des tieferen Sinnes dieser Musik bleibt dabei auf der Strecke.

Wer ausgeharrt hat, wird am Schluss mit einem ganz gut anhörbaren „Downhearted Blues“ belohnt, und mit dem Versprechen vertröstet, das komplette Konzert dann in Folge 6 sehen und hören zu dürfen.

Morin (ARD, Mittwoch, 22. November 2023, 20.15 Uhr)

Brave New World

Ganz so krass wie die Vision von Aldous Huxley ist dieser Erinnerungsfilm an den früh verstorbenen, sehr menschlichen Regisseur Christian Görlitz nicht; er spielt ja auch schon im Jahre 2037 und nicht erst im Jahre 2540.

Insofern ist dieser Fernsehfilm von Almut Getto, die mit Hans-Ullrich Krause das Drehbuch von Christian Görlitz weiterentwickelt und zu Ende geschrieben hat, näher an unserer Zeit; redaktionelle Betreuung durch Claudia Simionescu und Birgit Tietze.

Gerade KI ist ein heiß diskutiertes Thema, Avatare, Hologramme. Die Jugend forscht schon früh. Morin (Leo Alonso-Kallscheuer) ist elf Jahre alt und betreibt im Garten biologische Experimente mit seiner Schulfreundin. Der Leistungsdruck ist enorm. Schon früh müssen die Kids wissen, wo sie hinwollen.

Ein Ziel ist die Junior Academy Lucas, ein von der Industrie gesponsertes Institut mit Totalüberwachung und maximalem Wettbewerb, alles ist überwacht wie in Total Trust.

Dem Buben vergeht bald das kindliche Lachen. Freundschaften zerbrechen und die Frage ist, wem noch zu trauen ist. Von einem Selbstmordversuch von einem Schulbuben ist die Rede. Aber das Institut redet sich heraus mit seiner Rundumversorgung und Totalüberwachung, indem der Junge ja gerettet werden konnte. Denn jederzeit steht die Hologramm-KI abrufbereit zu Verfügung, bei Morin ist es Leona (Yodit Tarikwa), die auch mal zu unsauberen Tricks greift.

Das zeigt der Film sehr schön, dass trotz aller futuristischen Mittel und Ausstattung das Menschliche das ist, was zählt und was am leichtesten droht, unter die Räder zu kommen; dass es das ist, worauf es ankommt, und nicht irgendwelche Rangfolgen und mögliche Vorteile in einer Karriere, die auf den Weltraum schielt.

Hitlerputsch 1923 – Das Tagebuch der Paula Schlier (BR, Mittwoch, 15. November 2023, 22.00 Uhr)

Aufmerken,

das ist die Eigenschaft, die die Protagonistin dieses essayistischen Porträts, Paula Schlier (eine wundervolle Lea van Acken), charakterisiert. Sie selbst sieht sich weder als Widerstandskämpferin noch als Nazi. Sie sieht sich als Chronistin, die aufmerksam die Vorgänge um den Hitlerputsch von 1923 aus nächster Nähe, nämlich aus der Redaktion des Völkischen Beobachters mitten in München, beobachtet und diese Beobachtungen in unscheinbare Kladden einträgt. Diese werden später veröffentlicht.

In dieser unprätentiösen Hommage an Paula Schlier von Oliver Hamburger unter redaktioneller Betreuung durch Andrea Bräu, werden Szenen aus deren Leben nachgestellt, sie selbst spricht direkt in die Kamera oder Voice-Over Tagebuchtexte.

Paula Schlier kommt sehr jung nach München und bewirbt sich als Sekretärin bei der Hetzzeitung der Nazis. Frauen haben hier nichts zu sagen, sie haben lediglich zu tippen.

Zwei Wissenschaftlerinnen und Herausgeberinnen der Tagebücher sind als Talking Heads eingebunden zwischen die Reenactment-Szenen und die unvermeidlichen Hitlerpropgandaaufnahmen. Wahrscheinlich wäre die Welt ein besserer Ort, wenn es nur schon mehr Menschen von dieser Sorte gäbe, die aufmerksam beobachten und nicht jeden Mist mitmachen und hinter Populisten herjubeln. Unterlegt ist diese Fernseharbeit mit großer Orchestermusik.

Lebenslinien: Eva Mattes – Wie es mir gefällt (BR, Montag, 13. November 2023, 22.00 Uhr)

Der Garten von Eva,

das ist das, was von ihr bleiben soll, dass wenn in hundert Jahren jemand an dem Gehöft in Brandenburg vorbeikommt, sagt, das war der Garten von Eva. In diesem hat sie gerade zum ersten Mal einen Kohlrabi mit einem unscharfen Messer zu ernten versucht.

Das Haus hat Eva Mattes mit ihrer Tochter, deren Vater Werner Herzog ist, gekauft.

So kann wohl nur eine uneitle Schauspielerin reden, die sich nicht zu schön ist, in Rehragout Rendevous eine Frau zu spielen, die ihr Karma verloren hat.

Diese Lebenslinien von Birgit Eckelt unter der redaktionellen Betreuung von Christina von Hahn kommen gänzlich ohne dieses Geschmäckle von PR-Verschniegelung, die die Protagonistin nutzen will, aus.

Die direkte und warme Art der Schauspielerin, die irgendwie ganz natürlich in den Beruf hineingewachsen ist, kommt ohne jedes Getue aus und ist sympathiegewinnend. Es ist einerseits alles so selbstverständlich – und dann doch wieder nicht.

Liebesbeziehungen kommen und gehen. Eva Mattes bleibt oder zieht um. Es scheint ihr eine natürliche Bescheidenheit innezuwohen, vielleicht zu erklären, durch ihre exzentrischen Eltern, beide Künstler, für die Kinder nie ein Lebenszweck sein konnten, wodurch diese auch nicht in der falschen Vorstellung erzogen wurden, Prinzessinen zu sein.

Vielleicht saugt man diese Lebenslinien auch deshalb ganz anders auf als so viele abgedroschene Promi-Exemplare, weil Eva Mattes sich offenbar nicht zu viel draus macht aus ihrem Promitum, weil sie sich fernhält von der Klatsch- und Tratschwelt. Auch scheint es nicht, dass diese Lebenslinien aus einem PR-Anlass für ein TV-Produkt gemacht worden sind, das aktuelle Bewerbung braucht. Selten, dass Promi-Lebenslinien so sympatisch und gewinnend rüberkommen, so ganz ohne Hintergedanken – wie es scheint.

Tatort: Königinnen (ARD, Sonntag, 29. Oktober 2023, 20.15 Uhr)

Fördern, vögeln, krönen
oder Königinnentag in Gmeining

Veronika Ferres versucht, einen auf hartes amerikanisches Filmfrauenzimmer zu machen, was in diesem biederen, ja direkt sexistischen bayerischen Milieu deplaziert wirkt. Noch deplazierter, weil Frau Ferres den Umgang mit E-Zigarette nicht genügend studiert hat und es jedes Mal, wenn sie das Stück vom Mund wegnimmt und mit diesem unentschieden in der Nähe verharrt, der Eindruck entsteht, er sei das Mikro, in das sie spreche. Wenn schon bei den Amis abkupfern, dann bittschön sorgfältig: die Zigarettenspitze bei den Vamps war so wirkungsvoll, weil sie klar auf Distanz gehalten wurde.

Altbackene sexistische Werbung in dem Sinne, als Frauen, die als Frauen attraktiv hergerichtet werden, für Produkte der Landwirtschaft werben sollen wie Zwiebeln, Mehl, Leberkäse, Spargeln, Milch, Honig, Spargel, Wurst, Kirschen. Die Models selbst werden verächtlich nicht mit Namen, sondern als das Produkt angesprochen, für das sie Werbekönigin sind. Sexistischer Umgang mit dem anderen Geschlecht in Reinkultur; soll hier spaßig durch den Kako gezogen werden; wirkt nicht so klar, eher bemüht.

Als Personal für das Hausmacherstück werden weiter aufgefahren: Eine ziemlich dümmliche Polizeischülerin, die die Schwaben in dummem Lichte dastehen lässt. Wolfgang Fierek als figelanter Frauenmissbraucher. Ein arbeitswuscheliger Pathologe, der den noch lebenden Patienten endlich aufschneiden will. Der merkwürdige Lobbyist Raubach, Vertreter von Agrarzentral. Louise, eine Transfrau.

Man muss es dem Team unter der redaktionellen Leitung von Cornelius Conrad lassen, sie versuchen den Tatort auf peppig und spritzig zu machen. Auf knapp und pointiert, auch schön dialektisch den ganzen Geschlechterwahnsinn, der heute politisch korrekt ist, zum Beispiel mit dem Begriff „feministische Planierraupe“ oder die Ferres, die unumwunden zugibt, dass sie sexuellen Avancen nachgegeben hat. „Fördern, vögeln, krönen“ so Funktionärs Juxprinzip. Ein Bisschen den Genderschmarren durch den Kako ziehen. Keine grosse Kunst, immerhin ein Frechversuch.

Grinsend wird das Aschenputtelmotiv mit dem verlorenen Schuh verdreht eingebaut, die von 50 Königinnen, die ihn verloren hat, kann eine wichtige Zeugin werden. Mit einer leichten Schlagseite in Richtung Klamotte, siehe den Streit der Königinnen.

Die Chronologie des Ablaufs des Krönungstages scheint chaotisch. Gottesdienst und dann Befragungen, alles nicht so logisch, nicht so durchdacht,…

Auswüchse des gewollten Humors: Wir sind die Mordkommission, wir suchen den Mörder, selbst wenn es keinen gibt. Ha, ha, wat ham wir jelacht.

Eine Viertelstunde vor Schluss ist der Saft raus.

Es folgt die Kalenderblattverleihung, die mickrig wirkt; der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss sparen, sie verläuft sich und nach der Verleihung ist der Ofen wieder aus und es sind noch knapp zehn Minuten bis zum Schluss dieser Schönheitsköniginnen-Exploitation-Story.

Die Auflösung des Falles wirkt arg konstruiert. Die Grundidee mit dem Milieu, der Belästigung könnte Basis für einen spannenden Kriminalfall werden, müsste jedoch gründlich durchdacht werden.

In der Aufgedrehtheit der Absicht des Peppigmachens des Tatorts wirken die beiden altgedienten Kommissare als angenehme und stabilisierende ruhende Pole und die Idee, sie in Rente zu schicken, fernsehmäßig, scheint so besehen abwegig. Sie werden mit ihrer altmodischen Dienstauffassung plötzlich kostbar.