Archiv der Kategorie: Tipp

Lola und das Meer (BR, Donnerstag, 10. Juli 2025, 23.15 Uhr)

Die Engstirnigkeit der Männer

die ist sicher nicht das direkte Thema in diesem Film von Laurent Micheli. Sie liefert jedoch den Hauptwiderstand gegen die Entwicklung von Lionel zur selbstbestimmten Lola (Mya Bollaers).

Vater Philippe Ronsart (Benoît Magimel) kann überhaupt nicht damit umgehen, dass sein Sohn mit 18 zur Frau werden will. Er hält das für eine pubertäre Laune. So etwas fordert sein Weltbild heraus, es erschüttert es. Er gibt seinem Sohn die Schuld an seinem eigenen Unglück und am Tod seiner Frau, der Mutter von Lola.

Der Film geht allerdings diesem Thema nicht auf den Grund. Diese Verständnislosigkeit steht da wie ein erratischer Block, Hopfen und Malz verloren.

Es gibt eine Handlung, die zu einem Roadmovie von Vater und Kind ans Meer führt. Anlass ist der Tod der Mutter. Ihre Asche soll beim Haus ihrer Eltern im Meer verstreut werden.

Der Bub Lionel ist von zuhause abgehauen, weil er mit dem Vater nicht zurechtkam oder umgekehrt. Im Heim hat er sich mit Samir (Sami Outalibali) angefreundet. Dort macht ihm keiner Vorwürfe für seine Art, während er, das erzählen Rückblenden, im Schoße der Familie am Meer, von seinen Cousins malträtiert wird.

Nachdem Lola wegen mangelnder Info durch den Vater die Beerdigungszeremonie verpasst hat, raufen sich Vater und Tochter zusammen, auch wenn bei jedem Zusammentreffen Explosionsgefahr besteht. Sie wollen die Urne mit der Asche der Mutter gemeinsam zum Meer bringen. Bitter und schmerzhaft ist es, zu sehen, wie aussichtslos jeder Versuch von Lola ist, Verständnis für ihre Lage zu schaffen. Einen kleinen Hoffnungsschimmer bietet ein Brief, den Lola an ihre Mutter geschrieben und nie abgeschickt hat, und den sie jetzt ihrem Vater zum Abschied gibt.

Mädchen können kein Fußball spielen (ARD, Freitag, 4. Juli 2025, 23.15 Uhr)

Der Frauenfußball und der Sexismus

Warum sendet die ARD diese Dokumentation von Torsten Körner so spät nachts? Ist das der immer noch nicht endgültigen Beendigung der Diskriminierung des Frauenfußballs zuzuschreiben? Würde die ARD eine solch anekdotische, in der unendlichen Fundgrube sexistischer Sprüche reichlich wühlende Dokumentation, wenn es denn um die Herren der Schöpfung ginge, bei der ja der aktive Sexismus, der potenzstrotzende Sexismus nicht weniger da ist, ebenfalls zu nachtschlafender Zeit versenden, um ihn anschließend in der Mediathek zu versenken?

Vielleicht sind dafür nicht mal die für die Herstellung der Sendung verantwortlichen Redakteure Rolf Bergmann (RBB) Anais Roth (MDR), Raiko Richter (MDR), Sabine Mieder (HR), Marc Brasse (NDR) und Thomas Kampf (WDR, zuständig. Vielleicht sind das heimliche Machos in grauen Anzügen, die sich geschickt getarnt in den unzähligen Hierarchien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks namenlos unsichtbar machen.

Ja, es wäre interessant, von der ARD eine Begründung für die Platzierung zu hören. Fußball ist doch eine populäre Angelegenheit. Warum wird die nicht zur Hauptsendezeit behandelt? Es geht immerhin, ständig ist am unteren Bildrande anspruchsvoll das Label „ARD History“ zu lesen, um die Geschichte einer Emanzipation, sowohl in den zwei parallelen deutschen Staaten als auch nach der Wiedervereinigung im heutigen Deutschland.

Der Film bejubelt in den letzten Sequenzen denn auch die Erfolge der deutschen Frauen-Nationalmannschaft seit der Wiedervereinigung. Er erfüllt vielleicht diesen History-Anspruch nicht unbedingt nach systematischen Kriterien. Immerhin geht er in locker chronologischer Reihenfolge primär anekdotisch vor. Und da ist die Geschichte reich davon!

Der Film platziert wichtige Akteurinnen dieser Geschichte als Talking Heads in einem historisch anmutenden, fein ausgestatteten Studio, könnte aus der DDR stammen, die Protagonistinnen gut ausgeleuchtet, hübsch angezogen, frisiert und geschminkt. Der Hintergrund kommt einem Bericht über den historischen Stuhlfundus der ARD gleich. Wie in einem Design-Museum dekorativ werden da zeitgenössische Sitzgelegenheiten in eigenen Choreographien hindekoriert.

Als nett kommentierend werden immer wieder die Sphinx-Köpfe eines Tischfußballspiels zwischengeschnitten, die auch mal akklamierend nicken.

Die Geschichte des Frauenfußballs ist ein einziger Kampf, das ergibt sich aus den Erzählungen, gegen den vorherrschenden Machismo, der mit Statements speziell auch von Spitzenpolitikern, aber auch von Männern aus dem Volk und auch von Sportjournalisten, seinen Niederschlag findet.

Der Film kann gesehen werden als flankierende Ergänzung zu anderen Filmen zum Thema. Diverse Überschneidungen, auch dank der Protagonistin Anne Trabant-Haarbach, gibt es mit der Doku Das Wunder von Taipei. Wie aus einer Parallelwelt zur hier beschriebenen Frauenfußballwelt gibt es den neuen Kinofilm Copa 71, der von einer sensationellen WM der Frauen schreibt, die praktisch mit dem Abpfiff sofort dem Vergessen anheim gefallen ist.

Ellie & Abbie (BR, Donnerstag, 3. Juli 2025, 23.15 Uhr)

Für ihre Schwonkels –
um Paarung geht es

in diesem munteren, australischen Konversationsstück von Monica Zanetti von 2020.

Um Paare im bürgerlichen Sinne als Lebensgemeinschaft. Die Sonderheit hier, es geht um ein Paar gleichen Geschlechtes, hier von zwei Frauen, der titelgebenden Ellie (Sophie Hawkshaw) und Abbie (Zoe Terakes). Das größte Problem für die Mutter von Ellie (Marta Dusseldorp) ist, dass sie befürchtet, keine Enkel zu bekommen. Das dürfte heutezutage das geringste Problem sein. Da gibt es genügend Filme zum Thema.

Diese Angst spürt Ellie, weshalb sie ihr Coming-Out der Mutter gegenüber unvermittelt und ohne innere Vorbereitung mitteilt. Klar, die ist aus dem genannten Grund schockiert. Sie scheint doch mehr an Enkeln als am Glück ihrer Tochter interessiert.

Coming-Out ist eines, sich der Auserwählten erklären, ein anderes, wer weiß, ob sie überhaupt so tickt. Das gedankliche Hin und Her, das Abwägen und Verwerfen, das Sich-Trauen und nicht, findet bei Ellie doppelte Unterstützung.

Einerseits plappert sie die Selbstmotivationssätze einer Influencerin im Internet nach. Ferner stützt sie sich auf die unsichtbare Freundin, oder die nur für sie sichtbar ist. Das ist die Freundin ihrer Tante Patty (Rachel House), einer Rentnerin, die ihr Fahrunterricht gibt und ihre Mutter gut kennt.

Es gibt da aber auch eine Beziehung zu ihrer bei einem Autounfall verstorbenen Tante Tara (Julia Billington). Die taucht ihr als anregender, ermutigender, manchmal clownesker Geist auf und hält Zwiesprache mit ihr. Verkompliziert wird die Angelegenheit durch ein natürliches Ungeschick, was Elli im Umgang mit ihren Gefühlen pflegt.

Es ist eine hübsch australisch-hemdsärmelig, ganz ohne Wenn und Aber nach vorn blickende Konversation, die die Entwicklung hin zum Abschlussabend der Schule, wo man jemanden, den man mag einladen soll, nach vorne treibt und damit die Entwicklung von Ellie zur parnterfähigen Frau.

Das weniger konventionelle Lesbentum hat auch seinen Auftritt, wenn auch eher randständig, mit der Location Oxford-Street. Die lässt an den Film Lesvia denken.

All We Imagine as Light (DVD)

In sanft-weicher Kinoschrift und in telenovelahafter Anschaulichkeit ziehen ein paar Grundprobleme Indiens gut nachvollziehbar und emotional anrührend auf der Leinwand an uns vorüber.

Siehe die Review von stefe.