Zwei junge Frauen aus Deutschland, Stephanie Bürger und Jule Ott, machen sich auf Spurensuche nach dem palästinensischen Selbstmordattentäter Shadi Tobassi, der sich am 8. April 2002 in Israel in die Luft gejagt hat und dabei ausgerechnet einen 67jährigen Israeli mit in den Tod riss, der sich aktiv für die Versöhnung von Israelis und Palästinensern eingesetzt hat.
Drei Tage nach dem Attentat kam die blutige Racheaktion der Israelis; sie machten halb Jenin dem Erdboden gleich (und die Süddeutsche schrieb, was die sich denn aufregen, die andere Hälfte, die stünde ja noch).
Der Attentäter selber war 24. Er musste vorher miterleben wie sein dickster Freund von einer Bombe, die unter seinem Auto angebracht worden war, in die Luft gesprengt und zerfetzt wurde. Shadi hatte keine Arbeit. Er äußerte kein Wort der Rache. Er war offiziell auch gar nicht bei der Hamas. Am Morgen des Attentats sagte er zuhause, er habe jetzt eine Arbeit gefunden und gehe dort hin. Dann sah die Familie, es gibt noch mehrere Brüder und Schwestern, das Unglück im Fernsehen.
Yael ist die Witwe des israelischen Opfers und sie zeigte sich bereit, die palästinensische Familie zu besuchen. Das war die Idee, die die beiden Filmemacherinnen aus Deutschland sicher recht blauäugig aber gutwillig und auch neugierig und sogar etwas abenteuerlustig realisieren und dokumentieren wollten. Der Film ist also nicht nur ein Dokument über das Projekt Hinterbliebene des Opfers mit Hinterbliebenen des Täters zusammenzubringen, er ist auch ein Dokument darüber, wie sich zwei junge Frauen aus Deutschland recht unvorbereitet aufmachten, in diesem israelisch-palästinensischen Dauerkonflikt einen Akt der Versöhnung zustande zu bringen.
Vielleicht hätten sich die beiden Filmemacherinnen selber mehr einbringen sollen, genauer erzählen, wie sie die Idee hatten. Sie lassen sich zwar selbst in ihrer Verwunderung, in ihrem Staunen, bei ihren Schritten fotografieren; das ist schon überraschend, wie sie schauen und staunen, wie sie in eine Welt eindringen, von der sie keine Ahnung haben. Insofern hat aber der Film auch etwas sehr, sehr Privatistisches, auch Anrührendes, bringt andererseits durch diesen Rahmen Aspekte des Konfliktes ans Licht. Auch gibt es einige Dokumentaraufnahmen aus Dschenin, von der teilweisen Plattmachung durch die Israelis, Begräbnisse von Opfern.
Solchen uneingeforderten privaten Versöhnungsprrojekten haftet durchaus auch ein Haut-Gout des gebildeten Mitteleuropäers an. Und erinnert mich an die unangenehme Seite solcher Sendungen beim Privatfernsehen. Da werden unter dem Vorwand der Versöhnung Dinge an die Öffentlichkeit gebracht, die vielleicht wirklich privat bleiben sollten. Andererseits haben in so einem Konflikt beide Seiten ein Bedürfnis, darüber zu sprechen. Aber die Frage ist eben, in welchem Rahmen und ob das nur durch äußere Initiative möglich ist. Man darf nicht vergessen, dass die Leidenden einen Auftritt bekommen und dass das doch in vielen Menschen steckt, ihre tiefen Gefühle zu offenbaren.
Dieser private Versöhnungsversuch bekommt allerdings durch die Kamera und das kleine Team bereits wieder etwas sehr Öffentliches. Beim Besuch selbst stellte sich mir durchaus die Assoziation zu einem Staatsbesuch ein. Yael erinnert leicht an Frau Merkel. Und irgendwie spielt sie, die aktiv Versöhnungsbereite, auch die Stärkere. Die immerhin keine Rache will. Und wie der Vater des Attentäters vorangeht, das könnte auch ein Staatspräsident sein. Vielleicht stellt sich dieser Eindruck andererseits wieder nur ein, weil diese Führerfiguren in der Politik auch von Figur und Habitus her sehr durchschnittlich sein müssen, damit sie repräsentativ werden können.
Eine Frage, die sich stellt, ist die, wieso diese palästinensiche Familie, deren Vater seit dem Attentat keine Arbeit mehr hatte, so abgeschirmt, wie Yael beim ersten Betrachten des Gebäudes feststellt, und doch recht komfortabel eingerichtet sind und eine Wohnung mit Schiebetüren haben, für Palästina doch eher nur für eine gehobene Schicht denkbar. Schade dass das nicht thematisiert worden ist; wieviel die von der Hamas als Entschädigung für den Sohn, der sich als Märtyrer geopfert hat, bekommen haben, ob sogar nicht nur die Wohnung, sondern auch noch eine Rente.
Den letzten Teil des Filmes bildet das Gespräch zwischen Yael und der Mutter von Shahid, von dem ein großes Portrait mit Rose im Salon an der Wand hängt. Die Frauen haben sich ohne Kamera, resp. nur mit einer Fotokamera in den Frauengemächern getroffen. Davon wurde dann zu Schwarz der Ton eingeblendet.
Was mich gestört hat, war dieser penetrante klassische Trauermusiksound, den die beiden Frauen fast ständig über die Bilder und auch unter den gesprochenen Text gelegt haben. Das macht die Sache schon sehr sentimental, pathetisch, lädt sie mit einer Bedeutsamkeit auf, die doch gerade der kleinen Privatinitiative entgegengesetzt ist.