Die lautstärkste Aussage in diesem Film scheint mir die zu sein, hey, sind wir nicht schlaue Produzenten, wir haben die Weisheit fürs Erfolgsrezept mit Eimern gefressen: man nehme eine schöne Geschichte, die wirklich passiert ist, in unserem Falle eine Zirkusgeschichte, kaufe ein paar „selling“ Stars ein, lasse schnell schnell ein Script dazu entwickeln (es gründlich zu lesen haben wir Cracks nicht nötig) und schon liegt uns ein erfolgreicher Film vor und wir sehen die Einnahmen fliessen – wenn sich die Herrschaften da mal nicht getäuscht haben.
Ob das gut gehen kann mit einem Marzipantörtchen von männlichem jungem Star, der den Eindruck erweckt, er hätte noch nicht mal den Begriff Erektion gehört, der vor allem nett grinsen kann, leicht treu schauen, die Zähne zeigen und dessen Nase sehr jener aktuellen von Matt Damon ähnelt, dazu eine junge Starschauspielerin, die einen auf Blondine macht, im Film Marlena heisst und eine Pferdedompteuse mimt und mixe einen Christoph Waltz dazu, der eine Show abzieht mit wenig Rücksicht auf Geschichte und Rolle (insofern verständlich, als die sehr dünn ist und der Oscar gemolken sein will) und eine Rahmengeschichte drum herum, die einen grossartigen alten Schauspieler (Hal Halbrook) aufbietet, dem die Darsteller der Hauptgeschichte nicht das Wasser reichen können?
Die Rahmengeschichte ist die, Jakob Jankowski, der Ältere, steht hilflos, altersverloren vor einem Zirkus im Regen; zwei junge Zirkusmenschen entdecken ihn und vermuten, er habe sich verirrt, sie wollen ihm zurück in sein Heim verhelfen. Bis es soweit ist, kommt man ins Gespräch, er sieht Fotos von seinem früheren Zirkus und so beginnt die Rückblende, die die Geschichte dieses alten Herren erzählt, eine Zirkusgeschichte.
Leider wird die Geschichte mit unverständlichen Erzählsprüngen erzählt oft ohne zu differenzieren zwischen Wichtigem und Unwichtigem; die Drehbucharbeit scheint ohne Analyse des Hauptkonfliktes und damit des Spannungsbogens ausgekommen zu sein. Denn ein Satz wie „ich wusste nicht was machen“, den der Hauptdarsteller zu Beginn seiner Reise sagt (es ist noch die Voice-over des alten Darstellers), ist ein zu wackliges Fundament, um darauf ein tragendes Handlungsskelett aufzubauen. Das mag zwar in der Realität so gewesen sein. Nur war natürlich in der Realität bestimmt ein Need da, was etwas wollte. Und wenn die Realität es damals nicht formulieren konnte, so müsste es aber der professionelle Geschichtenschreiber tun, um eine spannende Geschichte hinzubekommen.
Die Geschichte, die die Produzenten hier verfilmen wollten, war die eines jungen Mannes, dessen Eltern bei einem Autounfall ums Leben gekommen sind und dessen Vater hochverschuldet war, der Sohn hatte also nicht nur die Eltern, und das Elternhaus verloren sondern auch die Finanzquelle für sein Studium (Veterinärmedizin). So machte er sich auf den Weg mit nichts als einem Köfferchen in der Hand und wusste nicht, was er machen sollte. Der Drehbuchautor hat es aber unterlassen, vorher schon eine Charakterisierung der Figur zu geben, die allein diese Situation hätte spannend machen können. So sieht denn alles weitere mehr oder weniger zufällig aus, einzig dass er Tiermedizin studiert hatte, das wird ihm später zugute kommen, wird der Grund sein, warum er beim Zirkus, an den er zufällig gerät, auch bleiben konnte und die Geschichte dann ihren Lauf nimmt, Zirkuskarriere inklusive stereotyp nacherfundener Liebesgeschichte, einer Zirkuskatastrophe wegen Eifersucht und dann ein schönes Homemovie über ein glückliches Zirkusleben; heftige Musik soll erzählerische Leerstellen übertönen.
Was die Produzenten auch nicht bedacht zu haben scheinen, dass Zirkus der wilde Tier artfremd in eisernen Käfigen oder an eisernen Ketten durch die Lande transportiert und ausstellt und vorführt, so gar nicht mehr im Einklang mit einem modernen Verständnis von Tierschutz steht.
Mein Fazit: Hier kann der Zuschauer das besichtigen, was rauskommt, wenn unseriöse Geschäftsleute auf hässliche Weise (schludriges Drehbuch ebenso wie schludrige Besetzung) und einem noch relativ frischen Oscarpreisträger einen schnellen Reibach machen wollen, verwunderlich nur, dass der und die anderen Stars das mit sich machen lassen.