Archiv der Kategorie: Öffentlich-rechtlicher Rundfunk

#CHALLENGE1923 – 3 MENSCHEN. 6 SONGS. Folge 1 (BR-Klassik, Donnerstag, 23. November 2023, 00.00 Uhr)

Wer hat die größte Karotte?
Wer kocht den besten Fisch?
Wer hat am schnellsten …

Ein ausgelutschtes Fernsehprinzip, das mit der Challenge; Gärtner, Köche, Häuslebauer und weißgottnicht was.

Hier geht es darum, dass Profimusiker innert vier Wochen Songs nach Schallplatten von 1923, hier Folge 1 zum Beispiel von Betti Smith, zur Aufführbarkeit bringen, eine Sängerin, ein Rapper und ein Pianist.

Nichts dagegen, solche Musik, gerade wenn sie innovativ und engagiert war, aus den Archiven zu holen und dem Publikum zu präsentieren.

Hier aber in der Sendung Ulrich Habersetzer unter dramaturgischer Beratung von BR Visual Production, Storytelling, unter redaktioneller Mitarbeit von Alex Naumann und Franziskus Büscher, redaktionell betreut von Beate Sampson, wird gefühlt die Hälfte der Zeit vor allem gelabert, wie toll, wie herausfordernd die das finden oder es wird PR von anderen Auftritten eingeblendet.

Nach etwa zwei Dritteln der 18-Minuten-Sendung und nach ein paar Takten Probe, wird wieder gelabert („ich bin geflasht, wie David Du, mit Worten spielst“).

Es wirkt so, als ob eine Fernsehredaktion oder eine dem Fernsehen zuarbeitende Firma krampfhaft nach Sendeformaten sucht, um Sendezeit zu füllen oder um Fernsehgelder abzugreifen. Die Vermittlung des tieferen Sinnes dieser Musik bleibt dabei auf der Strecke.

Wer ausgeharrt hat, wird am Schluss mit einem ganz gut anhörbaren „Downhearted Blues“ belohnt, und mit dem Versprechen vertröstet, das komplette Konzert dann in Folge 6 sehen und hören zu dürfen.

Flunkyball (ARD, Mittwoch, 20. September 2023, 20.15 Uhr)

Unendliche Einfalt des Kleinbürgertums

Die bürgerliche Familie X besteht aus dem Vater (Fabian Hinrichs), der Mutter (Silke Bodenbender), Tochter Milli (Clara Vogt) und Söhnchen Franz (Laurids Schürmann). Die Familie bewohnt ein stattliches Einfamilienhaus, scheint irgendwie intellektuell bürgerlich aber ohne genauere Berufshinweise zu sein.

Diese Familie betrachtet Alexander Adolph unter der redaktionellen Obhut von Claudia Simionescu in ihrem Verhalten dem Coming-of-Age ihres Sohnes Franz gegenüber.

Vater und Mutter sind schon ganz fickrig, weil Sohnemann als Einzelgänger gilt. Sie können es kaum erwarten, bis er eine Freundin nach Hause bringt. Stolz der Eltern, wenn der Sohn die Familie fortpflanzen kann. Endlich bringt Franz eine Frau nach Hause, spät nachts. Sie darf auch im Gästezimmer übernachten.

In ihrer Verklemmtheit, Borniertheit und in ihrer Enggeistigkeit sehen die Kleinbürger (die erinnern in diesem Verhalten an Max Frischs „Biedermann und die Brandstifter“) überhaupt nicht, dass Zoe (Lena Klenke) eine kaputte Frau ist, ein Schlampe, wie manche sagen würden.

Um die Drogensüchtige in Kontakt mit der Kleinbürgerfamilie zu bringen, hat der Autor und Regisseur viel Gehirnakrobatik getrieben – und auch um noch weitere soziale Themen in dem Film unterzubringen. Die Oma (Lisa Kreuzer) muss in den Spital und derjenige mit den wenigsten Ausreden muss sie besuchen und das ist Franz. Im Spital lernt er Zoe kennen, die sich gleich an das Kleinbürgersöhnchen hängt.

Um diesen Kontakt herzustellen, ist das etwas viel Storytellingaufwand, der nun grad gar nichts mit dem Thema des Kleinbürgertums zu tun hat; es gibt Untersuchungen, die einen Zusammenhang zwischen Kleinbürgertum und Faschismus herstellen. Vor diesem Hintergrund hätte es sich gelohnt, mehr Energie auf die Beobachtung dieses Zusammenhanges und also des Kleinbürgerhaushaltes, der im Zentrum steht, zu verwenden; dann würde nämlich der BR als ARD-Anstalt seinem Grundauftragselement des Lebendigerhaltens der Demokratie ganz raffiniert und geschickt, nämlich im Spielfilmformat, nachkommen.

So bewusst scheint das aber dem Filmemacher und der Redakteurin dann doch nicht zu sein; so dass sie dieses Thema wie beliebig neben andere Themen, der verbreiteten Drogensucht und der Versorgung alter Menschen im Krankenhaus stellen (Max Frisch hat in seinem abendfüllenden Theaterstück nicht noch weitere Themen reingewurstet).

Solche theamtische Unschärfe und Beliebigkeit wiederum kann dazu führen, dass das Interesse an einem Fernsehfilm, erst recht bei so herausgekehrter Musterschülerhaftigkeit, schnell nachlässt. So dass man sich berechtigt fragt, wozu das Ganze und muss ich dafür meine Zwangsgebühr abdrücken? Die Blindheit der Eltern, von Töchterchen und des Bübchens selbst, die hätte schon etwas genauer unter die Lupe genommen und diskutiert werden dürfen.

Die Info, die die Produzenten bei IMDb reingesetzt haben, ist hundslausig.

Milena & Sophie – Twins on Bikes (BR, Sonntag, 6. August 2023, 23.30 Uhr)

Zwillingsschwestern aus Franken radeln mit einem Küchenanhänger zur Zugspitze.

Am ersten Tag, um den es hier geht, machen sie Zwischenhalt bei einer Raubtierauffangstation und landen am Abend auf einem Hof mit veganen Tieren. Dort kochen und übernachten sie.

Das ist eines der Formate, die den öffentlich-rechtlicher Rundfunk immer mehr zu einem beliebigen Videokanal verwässern, bei dem jeder sein privates Video hochladen kann; eine Auflösungserscheinung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, der konfus und desorientiert auf seinem 10 Milliarden-Euro Topf hockt und nicht mehr ein noch aus weiß, was damit anfangen; wie immer neue Existenzbegründungen erfinden, da die Grundorientierung verloren gegangen ist (siehe auch Kommentar zum Zukunftsrat).

Es sind dies Symptome geistiger Auszehrung des öffentlich-rechtlichen Rundfunkes, wenn ihm zur Begründung des Abrufens von Geldern des Zangsgebührenhaufens nichts anderes mehr einfällt als Sendungen zu produzieren wie Aufgegabelt von Alexander Herrmann, Grillen mit Ivana und Adnan oder auch Unsere Eltern – Stadt – Land – Wohnen

Und dann immer diese Pseuadrenalin-Musik dazu, als Beweis dafür, dass der Sender dem eigenen Format nicht traut.

Mit dieser Sendung beweisen Frank Sturm (Buch und Regie), Uche Abuba und Pamela Wershofen (Redaktion) ihre Entbehrlichkeit für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk; sie geben sich selbst als Einsparpotential zu erkennen.

Zukunftsrat zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunkes

Die fantastischen Acht

Eigentlich heißt er nur Zukunftsrat, der gerne auch als die „Fantastischen Acht“ apostrophiert wird.

Es ist dies ein Gremium aus acht in der Medienlandschaft der Bundesrepublik hervorragend positionierten Persönlichkeiten. Es dürfte sich nicht um ein Ehrenamt handeln. Zumindest Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgeld werden vermutlich aus dem Topf des öffentlich-rechtlichen Rundfunkes bestritten werden.

Die Aufgabe dieses neuen Gremiums ist nichts Geringeres, als Vorschläge zu entwickeln, wie das Elend des öffentlich-rechtlichen Rundfunkes beendet werden kann; vor allem geht es darum, eine Lösung zu finden zwischen den widersprüchlichen Forderungen der Anstalten nach immer mehr Geld und der strikten Ablehnung einer Gebührenerhöhung durch die Ministerpräsidenten einiger Bundesländer. Es sind dabei besonders AfD-affine Länder.

Zur Geschichte des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

Dieser wurde nach dem zweiten Weltkrieg gegründet mit dem zentralen Ziel, die Demokratie zu stärken und künftig Entwicklungen wie die des Faschismus zu verhindern. Dass die AfD, die von Verfassungschützern beobachtet und teils als extremistische Partei eingestuft wird, aktuell so Furore macht, spricht nicht unbedingt dafür, dass dieser Rundfunk heute seiner ursprünglichen Aufgabe noch gerecht wird.

Finanzierung

Anfänglich wurde der ÖRR mittels einer geräteabhängigen Gebühr finanziert. Die Kontrolle übernahm die GEZ, die sich im Laufe der Jahre mit ihren unkonventionellen Hausbesuchen bei Teilen der Bevölkerung unbeliebt gemacht hat und in den Verruf des Inquisitorischen gekommen ist.

Mit dem aufkommenden Wirtschaftswunder und der wundersamen Vermehrung der Geräte wuchsen auch die Einnahmen beim ÖRR. Es zirkulieren Geschichten, was die sich damals wegen Kleinigkeiten an Flügen, Reisen genehmigt hätten.

Mit den steigenden Einnahmen wuchs auch der Rundfunk selber, verästelte sich wie ein Baum und wurde immer gieriger. Den immer fordernderen Rundfunk im Zaum zu halten, wäre genuine Aufgabe der Ministerpräsidenten gewesen. Die wollten es sich aber mit dem Medium nicht verscherzen.

Deshalb passierte das, was mit einem verwöhnten Kind passiert: die Politik gab immer nach, erfüllte die Wünsche und züchtete sich einen Quälgeist heran. Andererseits ist die Politik um die Gründung von Gremien und Organisationen nie verlegen, die ihr den Job abnehmen sollen. In diesem Falle gründete sie die KEF, die dem ausufernden Finanzbedarf der Sender Grenzen setzen sollte.

Aber auch das half nichts. Die Forderungen wurden immer höher, der Rundfunk ein immer komplexerer Moloch mit immer weiter anschwellendem Etat. Um dem ein Ende zu setzen, beauftragte die Politik vor etwa zehn Jahren Professor Paul Kirchhof, ein neues Finanazierungsmodell auszuarbeiten.

Der Rundfunkbeitrag

Der Herr Professor, der bereits mit seinem Vorschlag der Steuererklärung auf einem Bierdeckel seinen Ruf weg hatte, präsentierte als neue Wunderwaffe eine Art eierlegende Wollmilchsau, die einkommensunabhängige Haushaltsgebühr, den Rundfunkbeitrag. Egal, ob ein Haushalt ein Monatseinkommen von 500 Euro hat oder von zehn Millionen, ob es sich um einen Einzelhaushalt handelt, um eine Familie oder gar einen Clan, alle sollten sie denselben Betrag rausrücken; das enthob die GEZ, die sich jetzt bürgerfreundlich „Beitragsservice“ nennt, der Hausbesuche. Die Register der Einwohnermeldeämter geben genügend Info her.

Dieses Modell spülte vorerst zusätzlich Geld in die Kassen des öffentlich-rechtlichen Rundfunkes, weil Schwarzsehen praktisch nicht mehr möglich war. Das konnte er allerdings auch gut gebrauchen, ächzte er doch inzwischen unter einer kaum zu stemmenden Last von Pensionsverpflichtungen.

Diese sind besonders in den Himmel geschossen mit dem Aufkommen der privaten Fernsehkonkurrenz. Als Begründung für den Wahnsinn musste herhalten, dass man die guten Leute halten möchte, das abgelutschte Argument, was Banker für ihre absurd hohen Boni benutzen.

Es war also abzusehen, dass das Modell von Professor Kirchhof sich bald schon totlaufen würde, da der Forderungen immer mehr wurden und die KEF ihre liebe Mühe hat, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk einigermaßen zu zügeln.

Allerdings wird mit jeder Erhöhung des Haushaltbeitrages die Diskrepanz zwischen einkommensschwachen und einkommensstarken Haushalten eklatanter, die „Gebühr“ wird immer unfrairer und unsozialer einkommensschwachen Haushalten gegenüber.

Gerade in Bundesländern, wie zu lesen war, eben AfD-affine, in denen die durchschnittlichen Haushaltseinkommen deutlich geringer seien als in manch alten Bundesländern, kann die Politik ihren Bürgern gegenüber eine Erhöhung dieser Zwangsgebühr nicht mehr plausibel darstellen.

Mit anderen Worten: das Finanzierungsmodell à la Paul Kirchhof ist hinüber.

Zukunftsrat

Da die Ministerpräsidenten entweder keine Fantasie für eine Lösung haben oder sich gar nicht an das heiße Eisen trauen, soll jetzt eine illustre und bestimmt nicht billige Kommission, der Zukunftsrat, den Schaden ausbügeln.

Dieser Zukunftsrat ist beauftragt, bis Ende Jahr Vorschläge vorzulegen, die einerseits dem Rundfunk genüge tun, andererseits den Gebührenbetrag stabil halten. Eine Aufgabe, der mit Prokrustes‘ Methode nicht beizukommen sein dürfte.

Zu erwarten ist, dass dieser Zukunftsrat aus hochwohlmögenden Persönlichkeiten zu einem bereits breiten Feld an Vorschlägen, da was zu kürzen und dort, hier an der Kultur sparen, dort die Literatur abzumurksen, da was zusammenzulegen und dort was, weitere Vorschläge hinzufügt, ohne das Problem fudamental anzugehen, wie beispielsweise eine radikale Neuorganisation des öffentlich-rechtlichen Rundfunkes unter Outsourcing der Pensionenlast in den Staatshaushalt, also praktisch Auflösung des alten Systems und Aufbau eines neuen, wozu das Abbruchgut verwendet werden dürfte.

Steuerfinanzierung

Zu überlegen wäre allerdings eine Idee, die zwar nicht neu ist, die aber noch nicht in einer öffentlichen Debatte ernsthaft erwogen wurde: Steuerfinanzierung.

Das wäre deutlich demokratischer als die Haushaltsgebühr, denn Steuerfinanzierung bedeutet, dass jeder nach seinen Kräften zur Finanzierung dieses so eminent wichtigen Gemeinschaftswerkes ÖRR beiträgt: der Reiche viel, der Arme nichts und die dazwischen entsprechend viel oder wenig.

Gegen diesen Vorschlag kommt immer wieder wie aus der Pistole geschossen das Argument, das würde zu viel Staatsnähe erzeugen. Ist nicht nachvollziehbar, geht ja bei der Kirche auch; der Staat spielt hier lediglich den Kassierer und hat wie bisher nichts dreinzureden.

Gigantischer Geldberg

Das Thema ist relevant, weil es sich beim Pot zur Finanzierung des öffentlichen Rundfunkes nicht um einen Minihaufen von ein paar Millionen handelt, sondern um einen gigantischen Geldberg von gegen zehn Milliarden.

Wenn es sich nur um wenige Hundert Millionen handeln würde, so wäre die Haushaltsgebühr mit wenigen Euro vermutlich überhaupt kein Thema. Aber die schiere Größe des Geldhaufens spitzt die Wahrnehmung der Gebühr als undemokratisch, unfair und unsozial zu, macht sie nicht mehr tragbar.

Es heißt, dass etwa zehn Prozent der Deutschen über 60 Prozent des Reichtums verfügen. Das würde bedeuten, sie sind auch für 60 Prozent der Einkommenssteuer zuständig, so hemdsärmelig vermutet. Das würde also bei 10 Milliarden Rundfunkgeld heißen, dass sie, demokratisch gedacht, 6 Milliarden übernehmen müssten, für sie sind das Kinkerlitzchen.

Auf die Höhe des Rundfunkbeitrages für die restlichen Haushalte hätte das gravierende Auswirkungen, er würde deutlich sinken und damit vermutlich schnell die hässliche und für die Politik unangenehme Diskussion aus der Welt schaffen.

Das heißt aber auch, dass nach dem Modell von Professor Kirchhof die Superreichen bei der Finanzierung des demokratischen Genmeinschaftswerkes öffentlich-rechtlicher Rundfunk um etwa 6 Milliarden Euro entlastet werden. Die haben die anderen zu buckeln, besonders schmerzlich ist das für einkommensschwache Haushalte mit nur wenigen Hundert Euro Haushaltsgeld monatlich. Und noch schmerzlicher, wenn sie nicht einmal Teilnehmer des öffentlich-rechtlichen Rundfunkes sind.

Jobsicherheit für Rundfunkmitarbeiter

Eine durch Steuergeld gesicherte Finanzierung würde auch bedeuten, dass nicht Tausende von Rundfunkmitarbeitern um ihren Job bangen müssen, wie es jetzt der Fall ist. Und auch Schauspieler, Regisseure, Drehbuchschreiber, Fernsehfilmleute könnten ruhiger in die Zukunft blicken.

Aufgegabelt von Alexander Herrmann (BR, Sonntag, 2. Juli 2023, 17.15 Uhr)

Lauwarmes Carpaccio vom Schwein mit Honig
und
Bayerisches Ceviche

sind zweifellos leckere Gerichte, die der Fernsehkoch Alexander Herrmann in dieser BR-Sendung zubereitet; sie kommen attraktiv rüber und beim zweiten beansprucht der Koch sogar eine gewisse Exklusivität; er behauptet, er lüfte damit ein Geheimnis.

So weit geht es also schon, so weit muss eine solche Sendung schon gehen, um sich vor der aktuell wieder hochkochenden Diskussion über Sinn, Zweck und Finanzierung eines öffentlich-rechtlichen Rundfunkes halbwegs legitimieren zu können.

Gerade schwillt der Chor derjenigen an, die sagen, es dürfe auf gar keinen Fall eine weitere Zwangsgebührenerhöhung geben. Dabei ist noch nicht mal das Argument, dass die Reichen des Landes, diejenigen 10 Prozent, die über 60 Prozent des Besitzes verfügen, sich vergleichsweise praktisch nicht an der Finanzierung des 10-Milliarden-Topfes beteiligen, in der Öffentlichkeit angekommen.

Wenn die Reichsten sich angemessen beteiligten, könnte die Rundfunkgebühr für den Normalverbraucher salopp geschätzt um 50 Prozent, wenn nicht gar um zwei Drittel gekürzt werden. Aber wie gesagt, dieses Argument ist öffentlich noch nicht mal im Umlauf.

Aktuell wird die Haushaltszwangsgebühr demokratisch unfair zu Lasten einkommensschwacher Haushalte erhoben. Das sind Haushalte, die sich kaum je so ein Gericht leisten können, wie der Fernsehkoch uns hier zubereitet.

So oder so, die Anstalten müssen gewaltige Sparanstrengungen unternehmen, alles, was nicht zum Grundauftrag gehört, muss eingepart und ausgelagert werden. Dazu gehören allemal Kochsendungen. Der Spitzenkoch kann ruhig, wie viele andere auch, seine Künste eigenständig im Internet auf Youtube oder auf einer eigenen Website verbraten. Das dürfte seiner Schönheit keinen Abbruch tun. Die zuständigen Redakteure Frank Johne und Ingmar Grundmann dürfen gerne auch in die Selbständigkeit entlassen werden.

Rote Karte des Zwangsgebührenzahlers!

Lebenslinien: Katja Ebstein – Schlagerstar mit Widerspruch (BR, Montag, 15. Mai 2023, 22.00 Uhr)

Auf die letzten paar Minuten dieses ansprechenden Features über eine Künstlerin, die auch eine Bürgerin ist, und also ganz im Sinne eines öffentlich-rechtlichen Rundfunkes, hätte gerne verzichtet werden können, da wird es sülzig in den Statements, und ebenfalls auf den Ausschnitt einer Show – der Moderator ist quasi nicht vorhanden, wenn er mit Katja Ebstein singt – einer Show, die der BR mit Hängen und Würgen seit Jahren wie sauer Bier anzupreisen und zu etablieren versucht, diese letzten paar Minuten gehörten gestrichen, dann würde ein wunderbarer Eindruck bleiben von einem Menschen mit Gesangsbegabung und Bühnenaura, der gleichzeitig ein Künstler und ein Bürger, also eine Künstlerin und eine Bürgerin ist.

Beim breiten Publikum war sie als Schlagersängerin bekannt. Sie war sich nicht zu schön für Schlager, aber das Feinsinnige, das Literarische mag sie mehr. Sie hätte irgendwann eh ganz mit den Routinen und dem Erfolgsdruck des Schlagergeschäftes aufgehört. Sie geht als Musical-Darstellerin auf die Bühne, macht Gesangsabende. Ihr erster Mann Christian Bruhn schreibt weiter für sie.

Evelyn Schels hat Katja Ebstein porträtiert, die quicklebendig weiter im Geschäft ist. Es gibt tolle Aufnahmen aus dem riesigen Show-Theater, dem Friedrichspalast, wie auch aus dem bayerischen Alpengebiet.

Katja Ebstein hat sich immer als politischer Mensch gesehen, hat sich für die Wiedervereinigung der beiden Deutschland eingesetzt. Allerdings konnten sich diese Lebenslinien eine Werbung für den Ausstatter der Sängerin aus Hamburg nicht verknusen. Das wirkt so schleichwerberisch.

Mit den Abstrichen aus den letzten Minuten, also sülzige Statements, peinliche BR-Show und Boutiquenbesuch in Hamburg, rangieren diese Lebenslinien unter Redaktion von Fatima Abdollahyan im oberen Segment, besonders im Segment der gerne schleimiger Promi-PR-Lebenslinien, da steht Katja Ebstein einzigartig da, eine Schleimspur- und devote Verehrungs-Lebenslinie ist mit ihr von Natur aus nicht zu machen.

Lebenslinien: Caro Matzko – trauriges Mädchen, witzige Frau (BR, Montag, 1. Mai 2023, 22.00 Uhr)

BR-Eigen-PR mit Seelenerbrochenem

Heute darf der Zwangsgebührenzahler, der den BR auch schaut, seelischen Mülleimer für eine Moderatorin spielen, für die der BR hiermit Werbung machen will, für Caro Matzko.

Da schlittern jede Menge Kriegstraumata (wie sie eindrücklich und vor allem: nachvollziehbar, in Liebe Angst behandelt werden) über den Bildschirm.

Vater muss als zehnjähriger Fliehender Furchtbares erlebt haben, über das er bis heute nicht reden kann. Die Lebenslinien als Psychotherapie-Ersatz. Ok, wenn es dem Patienten BR hilft. Dagegen darf die Protagonistin im Garten ihres Reihenhauses mit dem kleinen Töchterchen glückliche Mutter mit glücklicher Tochter spielen – ein Schelm, wer sich was denkt dabei.

Das Problem bei diesen nicht sonderlich gelungenen (und auch nicht sonderlich nötigen) Lebenslinien von Maike Conway ist, dass nicht klar wird, warum man sich dafür interessieren sollte. Vielleicht ein Zielpublikum, das Probleme mit der Magersucht hat?

Die Protagonistin ist offenbar Komoderatorin einer Sendung des BR, für die er, wie sie sagt, Jahre gebraucht habe, um sie zu etablieren (sie verbrämt es noch, indem sie sagt, die Sendung habe Jahre gebraucht, um sich zu etablieren – wie naiv ist das denn! Der BR hatte Jahre Kohle und Aufwand hineingesteckt, um die Sendung zu zementieren). Eine Sendung mit dem Namen eines Moderators als Titel, den der BR in regelmäßigen Zeitungsannoncen wie sauer Bier populär und bekannt machen will; und mit welchem so gepushten Namen der Moderator privat ein hübsches Geschäft mit Auftritten macht. Diese Anstrengung meint die Protagonistin vielleicht.

Wäre mal interessant zu erfahren, wieviel Hundertausend Euro oder mehr an Zwangsgebührengeld der BR zur Etablierung des Namens des wurstigen Moderators der Sendung allein mittels Zeitungsannoncen ausgegeben hat. Sowieso: das Publikum ist ja nicht blöd und nur der doofste, dumpfeste Teil lässt so einen Eintrichterschmarren mit sich machen; propagandageplättet. Auch ist kein Redakteur oder keine Redakteurin namentlich erkennbar, der oder die die Verantwortung für diese mechanistische Stursinnsaktion trägt.

Aber selbst Kunden dieser offenbar massiv und gewaltsam etablierten Sendung dürften sich kaum für den Seelenmüll der Komoderatorin interessieren.

Den zweiten Teil des Titels, den von der witzigen Frau, bleibt die Sendung dem Zuschauer schuldig, von witzig ist hier nicht die Spur, alles bierernst, tja, wie sauer Bier eben.

Und da wir von Gratis-PR nicht genug kriegen können, muss auch noch Werbung für ein Buch der gemarterten Protagonistin gemacht werden.

Unter redaktionellem Totalversagen der betreuenden Redakteurin Sonja Hechenberger, der solch übel riechende Zusammenhänge offenbar verborgen bleiben.

Rote Karte des Zwangsgebührenzahlers!

Tatort: Hackl (ARD, Sonntag, 12. März 2023, 20.15 Uhr)

Einfach gestrickt

Diesen Tatort dürfte sogar Lieschen Müller verstehen, der grenzt schon an eine Groschengeschichte im Reimsystem von „Erst der Hackl, dann der Dackl“.

Es gibt ein Verbrechen. Ein Motorradfahrer kommt zu Tode, weil er von einem Laserstrahl geblendet wird. Im Münchner Sozialviertel Hasenbergl. Es gibt zwei Tatverdächtige. Den alten Grantler und Streitsüchtigen, Hackl (Burghart Klaußner), und den Bruder des Opfers, Alex (Aaron Reitberger); ein Bruderzwistdrama? Der geneigte Zuschauer dürfte wissen, dass die meisten Morde Beziehungsdelikte sind; insofern suggeriert der Film hier ein exrem starkes Motiv, was er aber im weiteren Verlauf aus den Augen verliert.

Der Fernsehfilm von Katharina Bischof nach dem Drehbuch von Dagmar Gabler unter redaktioneller Obhut von Cornelius Conrad (eine Darstellerin heißt Carolin Conrad, verwandt oder verschwägert mit dem Redakteur? Ein weiterer Fall von Nepotismus bei den Öffentlich-Rechtlichen?) schwimmt undefiniert in einem vermuteten Hasenbergl-Milieu.

Zur Halbzeit wird ein dritter Verdächtiger eingeführt, ein Drohnenvoyeur, Jonas Mittermeier (Lorenzo Germeno), ein fett gestörter Teen.

Am dicksten legt der Fernsehfilm die Hackl-Fährte; da haut er, klischeehafter geht es nicht, mit dem prima Darsteller auf die Pauke, dank dem Schauspieler-Kaliber von Klaußner; eine Solo-Extravaganz.

Das Thema „verbotene Laser“ ist als solches ok, sollte aber vielleicht doch mit einer plausibleren Geschichte auf die öffentlich-rechtlichen Fernsehschirme gebracht werden, um das Zuschauerinteresse zu wecken. So eine – teils haarsträubende, wie die Auflösung zeigt – Groschenromanerfindung ist zu dünn für den Tatort-Sonntag-Abend-Anspruch.

Somit ist es fraglich, ob Lieschen Müller sich für den nicht so richtig im Senkel stehenden oft müde wirkenden TV-Realismus interessiert, der die Hasenbergl-Atmosphäre nur bedingt einfängt, der die beiden Kommissare anfangs wie zwei Staatspräsidenten auftreten lässt, auch den Kalle (Ferdinand Hofer) inszeniert er starlike.

Hinzu kommt das Opfer Adam, der vom BR in der Besetzungliste in der Presselounge nicht aufgeführt wird, der scheint ein Naturtalent von Filmstar zu sein; einzig er und sein Bruder Alex bringen das gewisse Hasenbergl-Etwas, wogegen der Rest des Ensembles subventionsschauspielerisch erfolglos, teils melodramatisch – als ob sie unter diesem Defizit leiden – ankämpft. Man sollte so ein Viertel, das sozialer Brennpunkt ist, in der tatortfilmischen Umsetzung schon ernst nehmen.

Burghardt Klaussner wirkt wie eine Staffage-Figur zur Ablenkung.

Einen Bruderzwist als Tatmotiv gegen einen notorischen Stänkerer in Konkurrenz zu bringen, scheint mir dramaturgisch unausgewogen, kann keine Spannung erzeugen und auch die dritte Figur, ein Coming-of-Age-gestresster Jonas mit wenig plausibel erzählter Story, die irgendwie vollkommen in der Luft hängt, hilft nicht, dem TV-Movie Attraktivität zu verschaffen.

Viel schlecht gefilmte melodramatische Pseudodramatik um Hackls Eskapaden.

Auflösung des Falles ist dürftig wie erklärungsbedürftig – und dürfte nichts, aber auch rein gar nichts mit den Hasenbergl-Realitäten zu tun haben. Weltfremd, am Rechner erfunden, schwach.

Mein Job – Dein Job: Tänzerinnen – USA (BR, Montag, 20. Februar 2023, 20.15 Uhr)

Demokratieeinlullformat

Hier gelten alle Einwände – oder gar noch verstärkt – wie bei der Tierpflegersendung desselben Formates.

Reines Kitschformat, das alle Mühen, die ein interkultureller Austausch mit sich bringt, ausblendet, das versucht, auf billige Weise glückliche Gefühle zu transportieren. Ein Einlullformat, das so tut, als sei es das Selbstverständlichste der Welt, dass zwei junge Frauen aus einer Prinzengarde in Franken innert drei Tagen in Kalifornien eine Cheerleader-Choreographie perfekt lernen, wofür die Kalifornierinnen monatelang trainieren und umgekehrt, dass zwei junge Cheerleaderinnen aus Kalifornien innert drei Tagen in Franken eine Prinzengard-Choregraphie samt Sprung in den Spagat so lernen, dass sie mit der Gruppe vor Publikum auftreten können. Das geht eben nur bei besonders begabten Tänzerinnen und mit viel besonderem Drumherum. Es wird also dem Publikum eine Realität vorgeschwindelt, die es so nicht gibt. Denn der Aufwand hinter den Kulissen zur Herstellung dieser Märchenwelt, also einer getürkten Realität, dürfte beachtlich sein.

Das Format hat nichts mehr mit der Grundidee eines öffentlich-rechtlichen Rundfunkes zu tun, nämlich die Demokratieidee zu transportieren, lebendig zu erhalten; es scheint hier lediglich darum zu gehen, dass private Firmen fantasielosen Fernsehredakteuren Formate aufschwatzen, die für sie quotenversprechend scheinen, um damit Geld vom Zwangsgebührenhaufen für diese Firmen abzuräumen. Das ist eines öffentlich-rechtlichen Senders nicht würdig, sich so letztlich nicht nur ums Geld, sondern auch um seinen Anstand bringen zu lassen. Denn ein Fernsehen, was den Bürger einlullt, ihm billig ein paar hübsche Frauenbeine präsentiert, arbeitet gegen die Demokratie, hat also keine Berechtigung mehr, vom Zwangsgebührenzahler finanziert zu werden.

Das sind Sendungen, auf die kann der BR im Zuge des Sparzwanges getrost verzichten. Muss lange her sein der Dreh, die reden noch vom Schnee in Bayern, nix da 2023. Das nimmt Bildzeitungsniveau an, wenn lauter hübsche Frauen ins Meer springen und es enthält schamlose Schleichwerbung für DS Sports, Textilveredlung, Activewear, Teamwear; öffentlich-rechtlich-werbeverseucht.

Was haben sich die Rundfunkzwansgebührentreuhänder Matthias Luginger und Ingmar Grundmann gedacht, als sie das Sendeformat einkauften, das eine dermaßen geschönte Welt darstellt? Haben sie sich dafür irgendwo fein einladen lassen? Denken sie nur an Quote, wie Redakteure der Bild-Zeitung, bei denen in jeder Nummer ein paar hübsche, attraktiv gekleidete, junge Frauen abgebildet sein müssen?

Bei diesem sich selbst dauernd peinlich bewerbenden Format geht es lediglich um das Abgreifen von Zwangsgebührengeldern mit einem Produkt, das in keinster Weise im Sinn des die Demokratie frischhaltenden Grundauftrags der Öffentlich-Rechtlichen ist. Es ist ein Einlullformat.

Rote Karte des Zwangsgebührenzahlers!

Luna und die Gerechtigkeit – Syrische Staatsfolter vor Gericht in Deutschland (ARD, Mittwoch, 26. Oktober 2022, 22.50 Uhr)

Acht ARD-Redakteure und das Weltrechtsprinzip

Es ist sicher eine der vornehmsten und der Kernaufgaben eines öffentlich-rechtlichen Rundfunkes in einem demokratischen Staat, just über Gerechtigkeit zu berichten und zu informieren, also auch über das junge Weltrechtsprinzip, dass Verbrechen wider die Menschlichkeit auch in einem Land vor Gericht gebracht werden dürfen, in dem die Tat gar nicht geschehen ist.

So haben denn gleich acht Redakteure der ARD (SWR: Simone Reuter, Bernd Seidl, BR: Petra Felber, Martin Kowalczyk, MDR: Thomas Beyer, Dirk Neuhoff, RBB: Rolf Bergmann, WDR: Jutta Krug) all ihren Mut zugsammengenommen, um eine Dokumentation über eine der ersten Prozesse dieser Art gegen das verbrecherische Assad-Regime in Syrien vor dem Oberlandgericht in Koblenz zu berichten.

Die Redakteure haben sich allerdings noch nicht so aus dem Fenster getraut, dass sie eine Dokumentation für das Hauptprogramm bestellt hätten. Der Film von Adithya Sambamurthy, die mit Luna Watfa auch das Drehbuch geschrieben hat, wird erst eine Stunde vor Mitternacht ausgestrahlt, Gerechtigkeit, ein Nischenthema für die Öffentlich-Rechtlichen?

Immerhin, dass überhaupt darüber berichtet wird, dafür zahle ich gerne meinen Obulus verbunden mit der Wiederholung der Bemerkung, dass die Finanzierung über die Haushaltzwangsgebühr nach Professor Paul Kirchhof demokratisch unfair ist und zu Lasten einkommensschwacher Haushalte geht – ein Makel in der Gerechtigkeit des Landes, der die Reichen einmal mehr massiv entlastet.

Der Film selbst ist eine Mischung aus Porträt der syrischen Journalistin Luna Watfa, die selbst im syrischen Folterknast gesessen hat, nach Freikauf durch ihre Familie fliehen konnte und jetzt in Koblenz lebt. Über Luna wird die Dokumentation auch zum Bericht über den Prozess, den sie begleitend verfolgt und darüber schreibt.

Es ist eine Dokumentation, die innerhalb der Gemarkung des Prozesses bleibt; die Verhandlungen selbst dürfen nicht gefilmt werden; da sind die Zeichner gefragt – die Voice-Over-Stimmen wirken leider etwas schläfrig bis desinteressiert. Es kommen Opfer zu Wort, Anwälte, Nebenkläger. Es gibt ganz diskret einige der schauderhaften Folterknastfotos zu sehen und als Zwischenschnitte dröge Städtebilder von Koblenz und Köln.

Nächste Stufe sollte sein eine großes Feature über dieses Thema zur Hauptsendezeit, aufbereitet für eine breite Öffentlichkeit und hoffentlich mit Statements auch von höchsten Repräsentanten des Staates.