Archiv der Kategorie: Meinungsfreiheit

Boykott von Radiospots zu „Postal“

Hamburg bei NachtZuerst mal: Ich bin wieder da, es waren wirklich schöne Tage in Hamburg und auf Helgoland. Nur schade, daß unsere Ferienwohnung im letzten Moment wegen Einbruch abgesagt worden ist, und wir daher vier Nächte in drei verschiedenen Unterkünften zubringen mußten.

Beim Abarbeiten meiner Mails (ich fange dabei immer bei den neuesten an, in der Hoffnung, daß manche Sachen sich bereits wieder erledigt haben) bin ich über die skurrile Meldung gestolpert, daß die meisten Radiosender den Spot zu Uwe Bolls Postal nicht spielen wollen:

Boykott von Radiospots zu „Postal“ weiterlesen

Raubkopierer sind Verbrecher, ja nee, is klar!

Soeben bin ich beim Defamer über den Spoof eines Anti-Piracy-Spots gestolpert, der wohl aus der Serie The IT Crowd stammt. Während der Redakteur des Defamer noch spekuliert:

„we wouldn’t be too surprised if the MPAA was already working on a version to run before American films to help stop the widespread disrespecting of copyrights“

… bin ich schon schlauer. Der genannte Spot ist eine Parodie auf den uns altbekannten deutschen Anti-Piraterie-Spot, der so schlecht ist, daß bisher niemand ihn für wert erachtet zu haben scheint, ihn auf YouTube zu stellen. Wobei, die US-Spots hauen mich auch nicht um.

Raubkopierer sind Verbrecher, ja nee, is klar! weiterlesen

Wieder eine PV am Tag vor dem Start

Am heutigen Freitag vormittag erhielt ich die Einladung zur Pressevorführung von Fantastic Four: Rise of the Silver Surfer, die am Montag gleich als erstes stattfindet. Der Film läuft dann regulär am Tag darauf an, in diesem Fall also ausnahmsweise Dienstag.

Nicht nur ich habe darüber heute den Kopf geschüttelt. Was hat der Verleih davon, uns Journalisten den Film überhaupt noch zu zeigen? Wer berichtet denn dann noch ernsthaft, wenn man den Film erst am Tag vorher zu sehen bekommt? Für Freie ohne feste Abnehmer ist es de facto völlig unmöglich, in dieser kurzen Zeit noch einen Text zu schreiben und zu verkaufen (bösen Geistern könnte das Wörtchen Diskriminierung vorschweben), und festangestellte Redakteure werden sich aller Wahrscheinlichkeit eher ärgern als freuen: Statt daß sie den Film in aller Ruhe in ihrer Publikation unterbringen können, wissen sie schon vor der Vorführung, daß es nach der Vorführung unheimlich hektisch werden wird am Arbeitsplatz. Sollten an diesem Tag womöglich noch andere Filme gesehen werden müssen, kann das echt heiter werden.

Und tatsächlich folgen am kommenden Montag noch zwei weitere Pressevorführungen, eine vierte wurde sogar parallel zu den Fantastic Four in einem anderen Kino angesetzt, bravo.

Ein Redakteur, der die anderen Termine auch wahrnehmen muß, kommt am Montag also erst gegen 18 Uhr aus dem Kino und kann dann erst anfangen zu arbeiten.

Es ist übrigens keine Entschuldigung, daß die Kopie irgendwie nicht früher verfügbar gewesen wäre: Die FSK hat den Film bereits am 9. Juli ab 12 freigegeben, zur Prüfung lag er ihnen offenbar schon am 3. Juli vor. Auch startet der Film nicht weltweit gleichzeitig (wie es meist der Fall ist bei Extrawurst-Startterminen, die eben nicht auf den Donnerstag fallen) und müßte davor behütet werden wie der eigene Augapfel: In Bahrain, Ägypten, Kuweit, Oman, Indonesien, Jamaica, den Philippinen sowie Trinidad und Tobago läuft der Streifen immerhin seit dem 13. Juni ganz normal im Kino.

Selbst unsere (mehr oder weniger direkten) Nachbarländer haben ihn schon längst zu Gesicht bekommen: Dänemark, Estland, Italien, Polen, Rumänien und England (15. Juni – wie übrigens auch die USA), der Rest der Welt schließt auf. Nach Deutschland und Südkorea folgen in der Startübersicht nur noch vergleichsweise wenige Länder. Den Abschluß bildet Japan mit seinem weit abgeschlagenen Starttermin am 29. September.

Es ist meines Erachtens also keine legitime Begründung, daß es schlichtweg nicht früher möglich gewesen wäre, der Presse den Film früher zu zeigen:

  • Man hätte ja zum Beispiel die FSK-Kopie verwenden können.
  • Auch bin ich sicher, daß das Synchronstudio seine Kopie nicht täglich braucht, dort kann man ja auch mit Video arbeiten. (Ein weiteres Indiz dafür ist übrigens, daß heutige Synchronisationen meist haarsträubend sparsam und offensichtlich flüchtig hingehudelt sind.)
  • Ebenfalls hätte man ja vielleicht eine aus Kuweit oder von den Philippinen herschicken können, wo man nach vier oder fünf Wochen sicherlich langsam eine Kopie entbehren hätte können.
  • Oder man hätte uns den Film per digitaler Projektion (in München im Cinema) zeigen können. Digitale Kopien kosten bekanntlich deutlich weniger als ein Auftrag fürs Kopierwerk. Vielleicht kann man die Datei heutzutage für die Vorführung ja sogar schon per Satellit zum entsprechenden Kino verschicken?
  • Oder liegt es vielleicht gar nicht an höherer Gewalt? Was könnte einen Verleih motivieren, der Presse einen Film zu einem Termin zu zeigen, zu dem de facto eine umfassende Berichterstattung nicht mehr möglich ist? Vielleicht ist der Film ja gar nicht so toll und der Verleih will schlechte Presse verhindern? Aber gleichzeitig pro forma seiner Verpflichtung, den Film vorab der Presse vorzustellen, nachkommen? Gut, dies mag nicht verpflichtend sein, aber das ist die Vorlage des Films bei der FSK ja auch nicht.
  • Womöglich wurde der Film der Presse bereits gezeigt, dann aber nur einem ausgewähltem kleinen Kreis, und nicht der dem Verleih bekannten Gesamtmenge von Filmjournalisten? Wieso dann diese Vorauswahl? Wieso die Trennung in höhere und mindere Kasten? Wieso die Benachteiligung der „normalen“ Journalisten gegenüber den „erwünschten“? Darf man sowas überhaupt?

Wie gesagt, alles nur rein hypothetisch.

Nur: Irgendwie werde ich den Verdacht nicht los, daß die Presse und ihre Berichterstattung im Filmjournalismus nicht ernstgenommen wird. Das ist schade, denn nach wie vor informieren sich die potentiellen Zuschauer kaum anderswo als bei uns. Über unsere Zeitschriften, Radiosendungen, Fernsehsendungen, Zeitungen, Onlinezeitschriften, Blogs, Podcasts, Foren, Newsletter, Portale. Dagegen sieht die bezahlte PR vergleichsweise dünn aus. Und es ist ja nicht so, daß die Kinobetreiber nicht die Möglichkeit hätten, was anderes zu spielen, wenn über einen Film aus irgendwelchen Gründen nicht berichtet wird und die Zuschauer ausbleiben.

Pimp yo Brain!

Deutschland braucht mehr Stars! Die geradezu schmerzhafte Knappheit an VIPs, Prominenz, diversen Boxen- oder Roten-Teppich-Ludern und erfrischend hirnverbrannten Moderatoren ist ja kaum mehr auszuhalten! Keine Fernsehshow, in der nicht ständig Prominentenmangel herrscht, man merkt es ja schon am Niveau. Mehr Stars müssen her, die können wenigstens was!

Pimp yo Style-SpamAls Sofortlösung kann man nun wenigstens so aussehen wie ein echter VIP-Star, indem man sich nämlich mit Glitzersteinchen behängt.

Aber bitte natürlich erst, nachdem man sich schlankgekotzt und braunverbrannt hat. Das Arschgeweih ist allerdings schon wieder out, hab ich mal gehört, also besser Finger weg vom Tätowierer!

Aber keine Sorge: Die stolze Flut der deutschen Eigenproduktionen und Showformate schwillt derzeit noch an. Qualitativ werden sämtliche importierten Shows, Serien und Filme natürlich locker in den Schatten gestellt.

Tatsächlich ist der mediale Aufwind allüberall zu spüren. Wir haben ja jetzt zum Beispiel auch bessere Bands, dank unseres effektivierten Castingmodells: Am Ende dürfen uns die Gewinner der Show brav mit den neuesten Hits indoktrinieren, über den Chartshow-Mechanismus entgeht kaum ein Radiohörer den neuesten Superhits. Die stammen natürlich allesamt aus der Feder unserer musikalischen Geheimwaffe, einem Superhirn der Popmusik, neben dem selbst gewachsene Bands wie die Beatles, die Stones, Pink Floyd, Led Zeppelin oder U2 echt alt aussehen.

Nachdem ich vor einiger Zeit die Spammail mit obiger Grafik bekommen habe, die mich zum Besuch der Webseite pimp-mystyle.com anregen sollte (erfolglos), kam vorgestern eine Pressemeldung zum gleichen Thema, diesmal deutlich seriöser:

Pimp yo Brain! weiterlesen

Der Schlöndorff-Eklat

Bei der Constantin-Pressemeldung von neulich wußte ich noch nicht, welche Diskussion da zwischen Regie und Produktion tobte, den Artikel in der SZ hatte ich verpaßt.

Mittlerweile ist der Streit und die daraus entstandene Diskussion in der Öffentlichkeit angekommen. Hier also eine Übersicht für alle, die nachlesen wollen:

  • 5. Oktober 2006: Die Constantin Film gibt bekannt, daß Schlöndorff bei der Päpstin Regie führen wird, aber auch, daß parallel ein TV-Zweiteiler entstehen soll. Pressemeldung (so nehme ich an) gefunden im Forum von DVD-Sucht.
  • zu einem mir noch unbekannten Zeitpunkt am 12. Juli 07 schreibt Volker Schlöndorff in der Süddeutschen Zeitung den aus Sicht der Constantin anstößigen Artikel Vorhang auf, Vorhang runter. Wer hat den Link?
  • 19 Juli 2007: Günter Rohrbach antwortet auf den oben erwähnten Artikel (kostenpflichtig).
  • 23. Juli 2007: Um 10.29 Uhr geht der o.a. Schlöndorff-Artikel Vorhang auf, Vorhang runter online und ist nun auch kostenfrei zu lesen.
  • 23. Juli 2007: Um 10.40 Uhr ist der Rohrbach-Artikel Das Kino bleibt ein Traum auch ohne E-Paper-Abo online erhältlich.
  • Nur zwei Minuten später (ein Zufall) geht Fritz Göttlers Schlöndorff-Interview zum Thema online.

Seit heute stapeln sich die Meldungen online:

Und auch die ersten Kommentare der Blogger lassen nicht lange auf sich warten:

Mal sehen, wie’s weitergeht – und was wohl den größeren Imageschaden an der Päpstin angerichtet hat: Schlöndorffs Artikel in der SZ oder das Theater danach?

So geht’s ja nicht!

Free Nathaniel TanNachdem er politische Satire in Form einer Fotomontage auf seinem malayischem Blog veröffentlich hat, wurde der 26-jährige Blogger Nathaniel Tan von der Polizei ohne Angaben von Gründen verhaftet.

Die Grafik links ist eine Solidaritätsbekundung der Blogosphäre und darf frei kopiert werden. Mehr Infos bei BoingBoing, oder auf den auch dort genannten Seiten. Hier ein paar erste Details:

13. Juli: Bericht bei Metroblogging Kuala Lumpur

15. Juli: Mehr Details bei Metroblogging Kuala Lumpur

Laufende Berichterstattung auch bei jelas.info, aktuell wird dort eine Mahnwache organisiert.

Eine gute Übersicht gibt es auch bereits bei Wikipedia, eine klasse Erfindung, wie ich meine.

Und hier noch für die Bequemen: Google-Suche nach „Nat Tan“ sowie „Nathaniel Tan„.

Wenn jemand die betreffende Satire finden sollte, bitte melden!

Nachtrag vom 20. Juli: Er ist wieder frei. Ich hoffe mal, daß das ein Nachspiel haben wird.

Moore vs. Gupta

Ich will eigentlich nicht schon wieder ein Michael Moore-Video posten, doch die Schlammschlacht in den Staaten ist einfach zu faszinierend. Man sollte jedoch im Hinterkopf behalten, daß diese Art der Öffentlichkeitsarbeit, auch wenn sie in der antiken Tradition der freien Rede steht, weitgehend Augenwischerei ist, denn die Fakten sind ja schon gesagt, alles weitere ist im Grunde Zeitverschwendung. Nun müssen die reden, die etwas bewegen können.

Wie sagte doch Fred Allen so bittersüß: „Television is a device that permits people who haven’t anything to do watch people who can’t do anything.

Hier also Michael Moore vs. Sanjay Gupta: Moore vs. Gupta weiterlesen

Filmemacher unter sich

Dietrich Brüggemann Pressebild von First Steps

Der junge Filmemacher Dietrich Brüggemann, der letztes Jahr mit seinem Spielfilmdebut Neun Szenen erste Preise gewinnen konnte, führt einen interessanten Blog, siehe auch die Blogroll dieses Blogs.

Während manche von uns Freien sich bisweilen um die Auftragslage Sorgen machen müssen und die Kollegen mit Festanstallungen entsprechend beneiden, verlieren wir auch ganz gern mal den Blick für den Rest der Branche, deren letztes Kettenglied vor dem hitting the market wir Journalisten darstellen: Auch die Regisseure haben es nicht leicht. Ebensowenig wahrscheinlich alle anderen, die irgendwie selbständig wurschteln. Ach, ich bin fürs Grundgehalt.

Dietrichs aktueller Blogeintrag, Meine Armut kotzt mich an, greift die aktuelle Verdienstsituation von Filmregisseuren in Deutschland auf und mündet in einen interessanten Einblick in den Status Quo der deutschen Regieszene. Lesenswert!

(Bildquelle)

Sperrfristen und Pinkies

Was ich nicht verstehe, ist neben der Quantenphysik auch die Vielzahl von undurchsichtigen Entscheidungen der Filmverleiher und deren Film-PR-Agenturen. Zwei Beispiele: Sperrfristen und Pinkies weiterlesen

Über das ostentative Filmemachen

Ein Buch, das nun wirklich jeder Cineast kennen sollte, ist Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht? von François Truffaut. Dort interviewt der damals 34-jährige französische Regisseur, der zu diesem Zeitpunkt bereits unter anderem Jules et Jim sowie Farenheit 451 im Kasten hatte, den damals 67-jährigen Alfred Hitchcock. Dieser hatte zu jenem Zeitpunkt seine Schäfchen schon lang im Trockenen und sollte nur noch drei weitere Filme drehen. Ein Klassiker der Filmliteratur.

Ich habe das Buch gerade nicht zur Hand, daher kann ich nicht exakt zitieren, doch sinngemäß sagt Hitchcock:

Wenn Du etablieren willst, daß eine Szene in der Schweiz spielt, dann zeige Berge, Kühe und Käse.

Wir alle kennen dieses Stilmittel, das uns meist in der minimalsubversiven Form des Establishing Shot präsentiert wird. Ohne den Eiffelturm wüßten wir nicht sofort, daß wir uns in Paris befinden und so weiter und so fort.

Nun ist mir in den Filmen der letzten Jahre eine Tendenz mit dem Arsch ins Gesicht gesprungen aufgefallen, die mich, gelinde gesagt, erschüttert: Es gibt kaum noch Tabus beim Filmemachen. Über das ostentative Filmemachen weiterlesen