Nicht überall ist es so (verhältnismäßig) einfach wie in Deutschland, seinen Film finanziert zu bekommen. Ich spreche natürlich mit einer gewissen Häme von der Filmförderung, die mir als gescheiterten Filmemacher (ehemals angehend) ein Dorn im Auge ist. Gegen Kunstförderung oder Förderung für die ersten größeren Projekte junger Filmemacher habe ich nichts einzuwenden, aber wieso sollten kommerzielle Filme gefördert werden? Wieso muss Doris Dörrie 26 Jahre nach Männer immer noch gefördert werden? Das halte ich für völlig unnötig. Wenn einer einen Film machen will, mit dem er an der Kasse Kohle machen will, soll er sich auch selber um die Produktionskosten kümmern, so meine Meinung. Wie jeder andere Unternehmer ja auch. Das Risiko, ob der Film denn nun einschlägt oder nicht, über die Filmförderung zu großen Teilen auf den Steuerzahler abzuwälzen, hat einen mehr als faden Beigeschmack, finde ich. Jedes andere Start-Up, das so lange nicht ohne Anschub(teil)finanzierung auskommt, wäre doch schon vor langer Zeit gnadenlos eingestampft worden. So gesehen könnte ich für mein Leben ja auch eine Förderung beantragen, wenn ich mal erfolgreich bin, zahle ich diese zurück, wenn nicht, hat der Steuerzahler halt Pech gehabt. (Hey, keine schlechte Idee eigentlich, nur muss das dann halt jeder bekommen.)
Aber zum Thema. Mir sind derzeit drei interessante Projekte bekannt, die auf unkonventionellem Wege finanziert werden bzw. wurden. Zusätzlich dazu kann ich nur immer wieder auf wtp Film hinweisen, die ihre sämtlichen Projekte aus eigener Kasse stemmen, und in Form von anstrengenden Kinotouren mit Fragerunden bekannt machen.
Die drei Projekte sind:
Our Nixon, von Penny Lane und Brian Frye, ein Filmemacherpärchen (mit anderen Hauptberufen) aus Brooklyn. Sie machen einen Film über Richard „Watergate“ Nixon, den sie über Internet-Spenden finanzieren und aus bisher unveröffentlichten Super 8-Filmmaterial zusammenschneiden (204 Rollen, gefilmt u.a. von Nixons Beratern). Die Frist zur Finanzierung des Films läuft in 14 Tagen ab, und die beiden sind schon jetzt bei 125% ihres Budgetbedarfs angelangt. Je nachdem, wieviel man spendet, bekommt man von einer Postkarte mit dem Hinweis auf den Filmstart über eine DVD des Films bis zum Associate-Producer-Titel samt pritavem Screening, allerdings in New York. Keine schlechte Idee, doch, zugegeben, nicht so leicht durchzuführen für Projekte, deren Kosten in den zig Millionen statt in den Zehntausenden liegen. Wer noch mitmachen will, hier die Spendenseite, hier die Projektwebseite. Geniale Sache, finde ich!
Das zweite Projekt ist POM Wonderful Presents: The Greatest Movie Ever Sold von Morgan Spurlock. Ihr wisst schon, der Supersize-Me-Selbstversuch-Filmer. Nun, Spurlock hat einen weiteren Selbstversuch gedreht, und zwar diesmal – Achtung – einen Film über den Versuch der Finanzierung eines Films allein durch Product Placement, finanziert allein durch tatsächliches Product Placement (Münchhausen-Methode). Daher auch der Titel, der den Namen eines Granatapfelsaft-Herstellers beinhaltet. Wie man an den Fotos der Premiere (Gawker) sehen kann, lassen sich auch die anderen Sponsoren auf dem Jackett des Regisseurs bewerben, Morgan Spurlock sieht aus wie ein Formel1-Pilot oder ein Weltklasse-Skifahrer, schrecklich. Doch die Kohle kam zusammen, und der Film ist finanziert, abgedreht und auf der Leinwand. Er ist nun zwar eher ein abschreckendes Beispiel, doch ein lehrreiches allemal. Hier ein Interview beim Gawker und die Kritik von Roger Ebert.
Das dritte Projekt ist Reality XL, ein Streifen von Straight Shooter-Regisseur Tom Bohn, mit Heiner Lauterbach, Max Tidof, Godehard Giese und Annika Blendl. Tom Bohn hatte eines Tages keine Lust mehr auf das ganze Bauchpinseln von Förderern, Produzenten und anderen „Anzügen“, die üblicherweise mit an Bord so eines Projektes sind und den ganzen Tag nur Ansprüche stellen; und so drehte er dieses Projekt einfach mit dem Geld, das seine Lebensversicherung zum damaligen Zeitpunkt abzuwerfen bereit war. Mutig, aber auch tapfer. Bei Kevin Smith hat eine ganz ähnliche Finanzierungsweise ja damals auch geklappt (Clerks), und Robert Rodriguez ebenso (El Mariachi). Nur dass Bohn im Filmemachen deutlich erfahrener ist als diese beiden es zum Zeitpunkt ihres Alleingangs waren. Zu Reality XL wird es später noch eine längere Geschichte geben, aber da ich mittlerweile im Produktionsblog aufgetaucht bin, brauche ich das nun auch nicht mehr geheimzuhalten. Hier die Webseite von Reality XL, mit Teaser, Facebook-Seite, Blog und allem, was man im Web 2.0 heute so braucht.
Nicht nur diese drei Beispiele zeigen, dass es nie falsch sein kann, neue Wege zu gehen, und das alte System stets zu hinterfragen. Ich sehe hier drei gewaltig interessante Projekte, die jeweils in einen Film gipfeln, der automatisch auf meiner Must-See-Liste ist. Ich kann nur jedem Filmemacher von morgen, der noch wackelig auf den Beinen ist und sich vielleicht seines Projektes nicht sicher, nur sagen: Lasst Euch nicht entmutigen! Es gibt immer ein Publikum! Und ohne einen aufgeblasenen Distributionsmechanismus (Verleih, Filmrollen) kann es schon heute auch für Euch die Möglichkeit geben, Euren Film zu machen und unter das Volk zu bringen. Man muss bisweilen nur abseits der ausgetretenen Pfade gehen. Viel Erfolg!
Nicht überall ist es so (verhältnismäßig) einfach wie in Deutschland, seinen Film finanziert zu bekommen. Ich spreche natürlich mit einer gewissen Häme von der Filmförderung, die mir als gescheiterten Filmemacher...