Soeben habe ich erfahren, daß die Preview eingestellt wurde. Die Preview ist das Kinomagazin, das mich zum Journalismus brachte (1997 war das, glaube ich), und das ich zuletzt im vergangenen Oktober leitete. Dann erlaubte ich mir eine Auszeit, um mich auf (Firmenname in Umfirmierung) konzentrieren zu können, und heute habe ich erfahren, daß das Magazin zum neuen Jahr eingestellt worden ist.
Die Preview war ein ganz besonderes Kinomagazin: Herausgegeben vom Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbund, war sie lange Zeit das einzige Kinomagazin, das es ausschließlich für Blinde und Sebehinderte gab. Früher erschien die monatliche Ausgabe auf einer 90-Minuten-Audiokassette, im Jahre 2006 wurde dann sukzessive auf CD (im Daisy-Format) umgestellt.
Die Beiträge waren persönlich gestaltete, teilweise zweitverwertete Texte, die mit O-Tönen aus den Filmen bereichert wurden. Zeitweise gab es da auch die „Knallerparade“, eine Kategorie, in der ein befreundeter Kollege (nun im Hamburg wohnend) und ich aus dem Stegreif über aktuelle Filme, Kino im Allgemeinen und über Stars und Sternchen plauderten. Da die Preview aufgrund ihrer vergleichsweise kleinen Zielgruppe (und ihres ehrenamtlichen Entstehens) sehr großen künstlerischen Freiraum gewährte, gerieten manche dieser Beiträge zu Werken, die anderswo kaum veröffentlicht hätten werden können. Und in welchem anderen Audio-Medium hätte mn eine halbe Stunde über einen einzigen Film diskutieren können? Wir haben in so einem Fall halt einfach spontan eine Doppelausgabe gemacht.
Mein persönliches Highlight ist die Erinnerung an eine Studiosession, bei der ich gerade Audiodeskriptionstermine fürs TV im Wechsel mit einem Kollegen auflas (glaube ich, jedenfalls haben wir irgendwas im Wechsel vorgelesen). Auf jeden Fall erinnert mich plötzlich etwas an diesen Witz von Otto Waalkes, und ich konnte nicht umhin, ihn meinem Kollegen vor laufendem Mikro zu erzählen: „Zwei Bauarbeiter fallen vom Gerüst. Der eine stürzt zu Boden. Der andere hat Glück, er bleibt mit dem Auge an einem Nagel hängen!“ – woraufhin ich in derart hysterisches Gelächter ausgebrochen bin, daß ich mich ungefähr eine Minute nicht mehr halten konnte. Quietschend wie ein Kleinkind rutschte ich vom Stuhl, japste nach Luft und gab nur noch Geräusche im Ultraschallbereich von mir. Angesteckt konnte sich auch der Kollege nicht mehr einkriegen, bis wir schließlich mit hochroten Köpfen und tränennassen Gesichtern die Arbeit wieder aufnahmen. Die Aufzeichnung wurde natürlich ungekürzt veröffentlicht, schließlich wollten wir unseren Hörern zeigen, mit wieviel Herzblut wir bei der Sache sind. Ein Klassiker.
Die Preview brachte mich zu vielen Interviews, mein erstes führte ich mit Michael Ballhaus auf der genialen Premierenfeier zu Air Force One, für die anderen Stars war ich zu unwichtig. Das für mich persönlich beeindruckendste Treffen war ein kleines Gruppeninterview mit Woody Allen (Woody Allen!! persönlich!), dicht gefolgt von meiner Erfahrung, Steven Spielberg (!) bei der PK zu Catch Me If You Can zu treffen. Hätte ich seinerzeit als viel zu junges Kind nicht an Weihnachten den Weißen Hai sehen dürfen, weil ich nicht schlafen konnte und meine Eltern wohlgelaunt mich großzügig zugucken ließen, hätte mich der Movie Bug möglicherweise nie gebissen. Ach ja… Diese schlaflosen Nächte war es definitiv wert!
Im Lauf der Jahre gab es einige Mitarbeiter bei der Preview, einer von ihnen ist heute selbst Filmregisseur, ein anderer TV-Journalist (nein, zwei sogar), manche habe ich aus den Augen verloren und die anderen haben andere Wege eingeschlagen. Medienaffin waren und sind wir aber alle. Und gepodcastet haben wir offenbar schon, als der iPod noch lange nicht erfunden war.
Die Preview wurde 1989 von einem Zivi des Blindenbundes gegründet, der in seiner heutigen Eigenschaft als hauptberuflich beim Blindenbund Tätiger auch wieder den Stecker gezogen hat. Alles in allem: Es war ein schöner, unvergesslicher Ritt. Vielen Dank für viele schöne Jahre! Besonderen Dank auch an die Mitarbeiter des BBSB, die für uns immer alle Augen zudrückten, für uns immer Sonderschichten an der Kopierstraße einlegten und uns immer hilfreich zur Seite standen.
Und wer weiß, vielleicht geht ja eines Tages irgendwie (und mit mehr Leuten) eine Nachfolgepublikation zusammen?
Nachtrag: Endlich bin ich mal dazugekommen, ein paar Ausschnitte hochzuladen, hier also zum Beispiel:
Das Preview-Intro, Ausgabe März 2004
[audio:Preview_2004-03_Intro.mp3]
Die Oscarverleihung, Ausgabe März 2004
[audio:Preview_2004-03_Oscars.mp3]
Einmal News rund ums Kino, Ausgabe Juni 2005
[audio:Preview_2005-06_News.mp3]
Und ein klassischer aus-dem-Stegreif-Beitrag, Ausgabe September 2006
[audio:Preview_2006-09-10_Stegreif.mp3]
Soeben habe ich erfahren, daß die Preview eingestellt wurde. Die Preview ist das Kinomagazin, das mich zum Journalismus brachte (1997 war das, glaube ich), und das ich zuletzt im vergangenen...