Archiv der Kategorie: Journalismus

Hollywoodspeak decoded

Das seine Menge Aussagen in jedem noch so wohlmeinenden Arbeitszeugnis versteckt sind, weiß jeder. Ebenso verhält es sich bei Ärzten, die sich bisweilen mit lateinischen Notizen gegenseitig darüber informieren, ob der überwiesene Patient ein hypochondrischer Volldepp und Nervtöter ist oder tatsächlich (körperliche) Hilfe braucht.

Nun werden wir ja täglich mit einer Flut von schickem PR-Talk konfrontiert (alle, nicht nur die Journalisten), in dem sich auch so manche Wahrheit verbirgt. Ken Levine, ein Hollywood-Autor, hat ein paar der üblichen Schlagwörter für uns in normales Englisch übersetzt, hier sein Blogeintrag dazu. Mit Dank an meinen ehemaligen Drehbuchstudienkommilitonen Yannick, der doch glatt was aus seinen Anlagen gemacht hat.

Über Umfragen

BJV-UmfrageDer Bayerische Journalisten-Verband BJV lud mich heute zu einer Umfrage über Mitarbeiterhonorare ein. Ich finde es prima, dass mein Verband solche Datenerhebungen macht, denn das zeigt, dass die sich kümmern, und dass vielleicht was vorwärtsgeht mit der Bezahlung, die sich für (zumindest freie) Journalisten am Monatsende oft als lausig herausstellt.

Doch die Umfrage selbst ist meines Erachtens kaum mehr als ein schlechter Witz: Die Fragen sind offensichtlich auf das Erheben der gewünschten Daten hin getrimmt und erlauben auch eine freie Auswahl der Antwort, doch leider wurde (wie bei so vielen Umfragen) nicht an die Situation aus der Sicht der Befragten gedacht: Alle außer bei einer Redaktion fest angestellten werden ernsthafte Schwierigkeiten haben, diese Umfrage nach bestem Wissen und Gewissen zu beantworten.

Über Umfragen weiterlesen

Capitalism: A Love Story – Der Trailer

Ich kann mir nicht helfen, mir gefallen die Filme von Michael Moore. Man darf zwar nie aus den Augen verlieren, dass vielleicht nicht all seine Standpunkte neutral sind und andere verschwiegen werden, aber ich glaube ihm, dass alle genannten Informationen exakt so stimmen. Aber das kann man ja als sublime Kritik an der Neutralität von Dokumentationen auffassen. Hier jedenfalls der Trailer zu Capitalism: A Love Story, auf den ich mich schon sehr freue:

(Um die HD-Qualität besser genießen zu können, den Trailer besser direkt auf YouTube angucken)

Journalistenausbildung leicht gemacht

Da braucht man sich natürlich nicht wundern, wenn Journalismus nun weder Ausbildung noch Erfahrung („Quereinstieg“) erfordert und die Branche den Bach runtergeh: Journalismus für Dummies mag das Jahrhundertwerk in Sachen Journalismus sein, doch wer sich selbst für einen Dummy hält und im Buchladen bei Lebenshilfe einen Ratgeber sucht, ist für den Job sowieso grundsätzlich wohl eher nicht geeignet.

Fun fact: In der Sprechblase des Covers stehen zwei verschiedene Texte, je nachdem, ob man die kleine Version anschaut oder die „Blick-ins-Buch“-Version. Focus, ick hör Dir trapsen.

Roger Ebert über die Filmkritik

Anlässlich einiger aggressiver Kommentare zu dessen Transformers 2-Kritik hat Roger Ebert ein paar grundsätzliche und besonders wohl gewählte Worte zum Thema Filmkritik im Allgemeinen geäußert. Ich finde den Artikel gerade wegen der oft so zwiegespaltenen Meinung zu Transformers 2 sehr gelungen. Das schöne am Text ist jedoch, dass Ebert mit einfachen Argumenten erklärt, was die Aufgabe der Journalisten ist. Und nichts anderes.

„Vertriebsnahe Pressearbeit als Marketing-Wirkungsverstärker“

Über Twitter bin ich auf diesen Artikel (PDF) in einem Wirtschaftsmagazin gestoßen. Im Text wird erklärt, wie Unternehmen ihre Umsätze bzw. Kundenzahlen steigern können, indem sie „marketingorientierte Pressearbeit“ betreiben, die „viel zu selten“ als „Vermarktungshilfe“ genutzt wird. Die Motivation:

„(…) denn schließlich sind Presse, Hörfunk, TV und Internet im Grunde genommen ziemlich wirksame Transporteure neuer Ideen und Botschaften, benötigen handfeste und aktuelle News auch aus der Wirtschaft.

Unternehmen, die das berücksichtigen,

können mit vergleichsweise geringen Kosten erhebliche Nachfrageeffekte provozieren„.

In Folge werden die Spielregeln erklärt: Plumpe Werbung gehört über die Werbeabteilung ins Blatt, und das sogenannte Kommunikationsmarketing (KM) geht weit über die PR-Verlautbarungen hinaus. Des weiteren:

Gefragt sind vielmehr Beiträge als Träger der eigentlichen Botschaften, die journalistisch verfasst sind, den
Duktus des jeweiligen Blattes (Tageszeitung, Publikumsmagazin, Fachzeitschrift) berücksichtigen, darüber hinaus kurz sind und mit verständlicher Benennung selbst komplizierte technische Sachverhalte auf den Punkt bringen.

Man beachte: Die Texte sollten „journalistisch verfasst“ sein. Dort steht jedoch nicht „von Journalisten verfasst„.

Ich finde es ziemlich bedauerlich, mit welcher Energie hier der Auftrag des Journalismus offen unterminiert wird, um Marketing zu betreiben. Nicht der Hauch eines schlechten Gewissens findet sich in dem Artikel, der offen propagiert, wie die Presse (inkl. der Notlagen der ganzen Branche) und damit das Vertrauen der Leser für den eigenen Gewinn ausgeschlachtet zu werden hat. Natürlich ist ganz offiziell hier nur die Rede davon, dass man immerhin nur versucht,

diese Medien auch dann von den Inhalten der entsprechenden News zu begeistern, die Meldung also auch zu platzieren„.

Doch für besonders helle scheinen die Journalisten ja ohnehin nicht gehalten zu werden:

Ein neues Produkt oder Verfahren wird in aller Regel nur dann medial transportiert, wenn der zuständige Redakteur eine sofort erfassbare, nach Umfang, Gliederung, Stil und Sprache den Bedürfnissen des Mediums aufbereitete Vorlage erhält.

Dem Redakteur wird also offenbar nichtmal zugetraut, eine sofort erfassbare Pressemeldung über ein neues Produkt oder Verfahren ohne fremde Hilfe in Umfang, Gliederung, Stil und Sprache seines Mediums umzusetzen. Nein, er soll ganz offenbar nur noch abschreiben, möglichst nichts nachkontrollieren und schon gar keine blöden Fragen stellen.

Jaja, Atomkraftwerke sind sicher, und Schweine können fliegen.

Passend dazu dieser empfehlenswerte Artikel.

Alle Zitate aus dem genannten Text.

Michael Jackson, Farrah Fawcett und die Einschaltquoten

Der Hollywoor Reporter vermeldete am 26. Juni in seinem Newsletter:

Newsletter mit reißerischer ÜberschriftABC’s Fawcett coverage tops Jackson news specials

And the big ratings draw amid all the Michael Jackson news specials Thursday night was … Farrah Fawcett. With coverage of the singer’s passing generating mass coverage on the cable news networks and online, ABC’s Barbara Walters special on Fawcett was the highest-rated news show on broadcast last night.

Im entsprechenden Artikel hieß es dann:

ABC’s Fawcett coverage leads Jackson news specials

und

ABC’s Barbara Walters special on Fawcett was the highest-rated and most-watched news show on broadcast last night, placing second in the adult demo only to Fox’s usual Thursday winner „So You Think You Can Dance.“

Der Artikel vermeldet zwar nur sachlich die gemessenen Einschaltquoten, doch scheint mir die Überschrift ein wenig reißerisch. Denn was hier aussieht wie ein mehr als makaberes Zombie-Rennen zwischen Michael Jackson und Farrah Fawcett, ist meines Erachtens nach nur eine statistische Korrelation:

Bei Farrah Fawcett wurde bereits 2006 Darmkrebs diagnostiziert, ihr Kampf gegen die Krankheit verlief im Lichte der Öffentlichkeit. Michael Jackson dahingegen wurde, mit Verlaub, vom Schicksal aus heiterem Himmel niedergestreckt, was wirklich niemand kommen sah. Kein Wunder also, dass die Sender für den (bei Krebs meist garantierten) Fall des Ablebens von Farrah Fawcett entsprechende Nachrufe und Specials vorbereitet hatten und nur noch spontan ausstrahlen mussten. Ebenfalls kein Wunder, dass die Nachrichten rund um Michael Jacksons Ableben eher so aussahen (Berichterstattung bei Promis) und von Musikvideos und hastig zusammengeschnittenen „News Pieces“ unterfüttert wurden.

Durch die fehlenden Jackson-Inhalte ist natürlich klar, dass der Zuschauer an diesem bewegten 25. Juni 2009 früher oder später kapiert hat, dass der King of Pop tot ist und dass wohl keine weiteren Entwicklungen bei der Liveberichterstattung zu erwarten sind. Also kann man auch das Fawcett-Special mit Barbara Walters anschauen, dass um 20 Uhr pazifischer Zeit ausgestrahlt wurde. Fawcett verstarb um halb zehn am Vormittag, Michael Jackson wurde um 14:26 Uhr für tot erklärt.

ABC hatte also rund zehn Stunden Zeit, das längst vorbereitete Special anzukündigen, wohingegen die für die Einschaltquoten „konkurrierende“ Berichterstattung zu Michael Jacksons Ableben für diesen Slot nur rund halb soviel Zeit hatte, überhaupt einen Beitrag aus dem Boden zu stampfen. Da dies natürlich nicht möglich ist, ist auch klar, warum die Einschaltquoten sich so verhalten.

Mittlerweile häufen sich die Skurrilitäten, so soll Goldesel Jackson angeblich von Gunther von Hagens plastiniert werden, außerdem zeigt sich einmal mehr, dass die Netzbevölkerung offenbar überwiegend einen skurrilen, Monty-Python-esken Humor hat. Hier ein animated GIF mit Farrah Fawcett, Ed McMahon, Heath Ledger und Michael Jackson, basierend auf dieser Szene aus Zoolander:

wvxqa_r

VdFk-Umfrage für Filmjournalisten

Der VdFk, der Verband der deutschen Filmkritik, hat zur Vorbereitung eines Symposiums eine Umfrage zur ökonomischen Situation von Filmjournalisten herausgegeben. Diese darf weitergegeben werden, daher blogge ich sie hier. Rege Teilnahme (per Mail an den VdFk, nicht hier) ist daher wünschenswert.

Eine Anmerkung an dieser Stelle: Es ist absolut nicht zeitgemäß, Umfragen noch per Mail oder gar Fax zu beantworten. Eine Anonymisierung kann dadurch nicht garantiert werden, weil irgendjemand ja die Namen von den Antworten trennen muss. Empfehlenswert wäre gewesen, die Umfrage mit Hilfe eines Online-Tools, von denen es unzählige gibt, die in den meisten Fällen in der Basisversion auch noch kostenlos sind, durchzuführen. Bitte die Stift- und Papierzeit verlassen und in die Gegenwart 2.0 herüberwechseln, liebe VdFk-Kollegen!

Hier die Umfrage in ihrem Wortlaut, wie ich sie per Mail bekommen habe: VdFk-Umfrage für Filmjournalisten weiterlesen