Mein Journalistenverband hat mir heute einen Flyer zugeschickt, der vom Dachverband DJV herausgegeben wurde. Der Flyer ruft zur Solidarität unter freien Journalisten, vornehmlich bei Tageszeitungen, auf. Hintergrund sind die vom DJV und dju in ver.di für Freie an Tageszeitungen ausgehandelten Vergütungsregeln, die zum 1. Februar 2010 in Kraft getreten sind. Dem Flyer lag eine praktische Tabelle bei (geldbeutelgerecht vorgefaltet), in der man nachschlagen kann, wie man für seine Leistung bei welcher Auflage der Publikation entlohnt zu werden hat.
So heißt es zum Beispiel in der Kategorie „Nachrichten, Berichte“, dass man bei einer Auflage zwischen 25.000 und 50.000 für den Erstdruck 62-68 bekommen sollte. Oder dass einem für einen Leitartikel bei einer Auflage von über 200.000 151-165 zustehen.
Mehr steht da nicht. Dass es sich bei der Einheit für die Auflage um „Exemplare“ oder „Stück“ handelt, kann ich mir ja noch zusammenreimen, aber ob die mir zustehenden Summen Cent oder Euro bedeuten, ist mir ebenso unbekannt wie die Frage, ob diese pro Zeichen, Wort, Zeile, Absatz, Artikel, Arbeitsstunde, Arbeitstag oder sonstwas bedeuten. Rein theoretisch könnte es sich bei der Vergütung also auch um Käselaibe pro Schaltjahr handeln oder um Kinokarten pro Quartal.
Nun bin ich kein Tageszeitungsjournalist, und daher besonders unbewandert, was deren Bezahlung angeht. Andererseits arbeite ich schon seit 1997 in dieser Branche, und bisher wurde ich entweder nach Stunde bezahlt, nach einer Euro-pro-tausend-Zeichen-Formel oder pauschal nach dem bestellten Text in einer gewissen Länge.
Ich weiß, dass es früher bei den Tageszeitungen das Zeilenhonorar gab, was einfach zu bemessen war, weil die Spalten immer gleich breit und die geschriebenen Zeilen somit vergleichbar waren. Doch außer einer vor wenigen Jahren verstorbenen Kollegin, die bis zum Schluss auf analoger Schreibmaschine arbeitete und ihre Texte in der offenbar in Stein gemeißelten Zeilenlänge von 72 Zeichen (so meine ich mich zu erinnern) verfasste, kenne ich niemanden, der noch so arbeitet. Sie alle schreiben in Word oder Open Office und lassen dann die Software die Zeichen zählen. Bei manchen Redaktionen schreibt man auch einfach gleich ins Layout bei InDesign oder QuarkXPress und hat im Grunde keine Ahnung, wie lang der Text denn nun ist, wenn er fertig ist. Aber im Zeilenmodus abzurechnen, der seit der Abschaffung der Drucktypen de facto obsolet ist, ist wenn überhaupt nur noch nostalgisch.
Für meinereiner (freier Journalist für so ziemlich alles außer Tageszeitungen) ist diese Tabelle leider nicht hilfreich. Zum einen kenne ich ja die Einheit der Vergütung nicht, zum anderen wäre es aber schöner, wenn man diese obskure Berechnung mal offenlegen würde, damit man sie wenigstens selbst auf seine eigene Berechnungsformel umformulieren kann.
Schön, dass der Verband sich so sehr um seine Mitglieder kümmert. Schade, dass in diesem Fall offenbar der Tunnelblick auf Tageszeitungen und ihre intern sicher wohlbekannten Abrechnungsmodi vorgeherrscht hat. Schlimmer ist nur noch, dass die Online-Verwertung immer noch kostenlose Dreingabe für uns Journalisten ist und somit offenbar immer noch ein Stiefkind der Branche.