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Der Deutsche Filmpreis will es besser machen. Funktioniert das?

2023 geriet der Deutsche Filmpreis einmal mehr in die Kritik, weil Roter Himmel von Christian Petzold nicht berücksichtigt worden ist.

Jetzt hat die Deutsche Filmakademie e.V. ein verändertes Konzept zur Verteilung des Deutschen Filmpreises und des damit verbundenen stattlichen staatlichen Preisgeldes vorgelegt.

Der Deutsche Filmpreis soll amerikanischer, oscarähnlicher werden. Oh Ambition! Kurz zusammengefasst: eine erste Filterstufe durch ein kleines Gremium soll wegfallen und die Gewerke dürfen schon früher überall mit abstimmen.

Die erste Stufe ist jetzt eine, bei der jedes Akademiemitglied 10 Filme per Los zugeteilt bekommt, die es sichten muss. Wenn ich das richtig verstehe, soll so gewährleistet sein, dass der Preis präziser die Meinung der um die 2000 Akademiemitglieder wiedergibt. Von außen ist schwer abzuschätzen, wie weit so gegen Beeinflussungsversuche hinter den Kulissen vorgebeugt werden kann.

Das Grundproblem aber lässt die Neuordnung außer Acht. Es ist das, was hier an dieser Stelle schon als Der dümmste Filmpreis der Welt kritisiert worden ist, dass es der Preis der Innung der Filmleute ist, dass er aber wie ein Staatspreis daherkommt, indem der Staat – aktuell in der Person der Kulturstaatsministerin Claudia Roth – 3 Millionen Euro Preisgeld zubuttert, ohne ein Wörtchen mitzureden; mithin führt sich der Preis so auf, als sei er ein staatlicher Preis; während der Staat aber die Katze im Sack kauft, auf ein Mitspracherecht verzichtet. Ungute Gemengelage, die dem Preis wenig Legitimation verschafft. Diese enge Verbandelung mit dem Staat durch das Preisgeld lässt die Deutsche Filmakademie wenig selbstbewusst und wenig selbständig erscheinen. Diese Staatsnähe macht den Preis so unappetitlich.

Das ist der gewaltige Unterschied zum Oscar, und was diesen wohl so wichtig gemacht haben dürfte: seine Staatsferne: er ist ein reiner Gildepreis, der Preis der Filmschaffenden. Dass der deutsche Filmpreis diese Staatferne nicht hat, diesen Makel wird er also auch weiterhin mit sich herumtragen.

Wieweit jedes der deutschen Akademiemitglieder wirklich zehn deutsche Film anschaut in seiner Freizeit und ernsthaft evaluiert, darf überdies als offene Frage stehengelassen werden. Und dann müssen ja alle nominierten Filme von sämtlichen Vereinsmitgliedern der Akademie auch noch gesichtet werden. Haben alle Stimmberechtigten genügend Zeit dafür? Die Versuchung der Einflussnahme hinter den Kulissen dürfte somit nicht gebannt sein. Viele Akademiemitglieder sind doch gut beschäftigt.

Fazit: der schlimmste Konstruktionsfehler des Deutschen Filmpreises wird mit der Reorganisation nicht eliminiert, er bleibt erhalten, womit der Deutsche Filmpreis weiterhin bleibt, was er seit 20 Jahren ist: der dümmste Filmpreis der Welt. Somit allenfalls von Interesse für Marginalisten.

Kommentar zu den Oscar-Nominierungen

Da durchaus elektrisierende Filme dabei sind, hier ein Hinweis auf die Oscar-Nominierungen in der Kategorie „Bester Film“ in subjektiver Reihenfolge:

EVERYTHING EVERYWHERE ALL AT ONCE
Hier geht es drunter und drüber, wie es nur im Film – oder in Waschmaschinen – passieren kann.

TRIANGLE OF SADNESS
Das skeptische Grübchen über der Stirn, die Kotze einer deutschen Schauspielerin und ein Eiland für Gestrandete

THE BANSHEES OF INISHERIN
Unfassbarer Frevel am Begriff der Freundschaft

IM WESTEN NICHTS NEUES
Definitiv ein Antikriegsfilm in Sinne Erich Maria Remarques

AVATAR
Vielleicht so faszinierend, weil der Film das Thema Altern ausblendet: Das Versprechen ewiger Jugend.

ELVIS
Der wirkt ein Bisschen wie hinter Plastikfolie.

DIE FABELMANS
Spielbergs Eigenpathos

WOMEN TALKING
Wie der Titel sagt, sie reden und reden.

Die beiden letzten Filme hat stefe schon gesehen, die Reviews werden zum hiesigen Kinostart erscheinen, um ja keine Sperrfristen zu verletzen.
TAR und TOP GUN: MAVERICK hat stefe nicht gesehen.

Auch die deutsche Filmakademie hat die Nominierungen für den Deutschen Filmpreis bekannt gegeben. Da ist nichts Elektrisierendes drunter und sowieso ist der Deutsche Filmpreis nach wie vor der dümmste Filmpreis der Welt. Er ist ein Innungspreis wie der Oscar. Aber er mantelt sich auf wie ein Staatspreis, lässt sich patronisieren von der Kulturstaatsministerin Claudia Roth, die blinderdings 3 Millionen Euro zuschießt. Sie hat aber nichts dazu zu sagen und ist somit in einer ähnlich unglücklichen Situation wie bei der documenta, was ihr letztes Jahr gar nicht bekommen ist. Es ist ein Filmpreis, bei dem es nicht um die Auswahl der Besten geht, sondern um die Verteilung von 3 Millionen Euro. Und das alles hinter verschlossenen Türen.

Zur Verleihung des deutschen Filmpreises am 24. Juni 2022

Der dümmste Filmpreis der Welt in seiner selbstverschuldeten Bedeutungslosigkeit.

Der Deutsche Filmpreis ist ein Innungspreis der Massenveranstaltung „Deutsche Filmakademie e.V.“ und tut so als sei er ein Staatspreis, indem der Staat über eine Funktionärin, die Kulturstaatsministerin Claudia Roth, 3 Millionen Euro als versteckte Subvention zubuttert und so tut, als sei es ein Staatspreis, als sei es der staatliche deutsche Filmpreis, als sei es ein gesamtgesellschaftlich relevanter Preis, bei dem aber weder Staat noch eine repräsentative Jury aus allen Bereichen der Gesellschaft mitzureden hat.

Das Festhalten an diesem Fehlkonstrukt ist Lebendigkeitsverhinderung aus Bequemlichkeit, wohl auch aus Angst, irgendwas zu verlieren, irrationale Verlustangst. Aber auch der innere Schweinehund, der keine Lust hat, eine Veränderung vorzunehmen, schon gar nicht eine Veränderung in Richtung mehr Diskussion, Auseinandersetzung übers Kino, man hat sich so gemütlich eingerichtet in der Subvention, man hat so lange antichambriert bei der Subvention und jetzt wo man drin ist, möchte man das nicht gefährden.

Dabei könnte mehr Lebendigkeit dem deutschen Film, dem deutschen Kino nicht schaden. Es gibt genügend Spielraum für eine deutlich größere Blüte mit deutlich größerer internationaler Resonanz. Im Vergleich zum Wirtschaftsriesen, der Deutschland ist, ist es im Kino ein Zwerg, eine Mickerfigur, eine Armenhäuslerin, die am Tropf hängt. Die mit dem Gespinst um die Subvention jegliche Kreativität und Innovation zum Ersticken bringt. Es dürfte schon einen tiefern Grund haben, warum die Branche sich so gegen eine Veränderung des missgeburtigen deutschen Filmpreises wehrt.

Der deutsche Filmpreis ist ein Krüppelkonstrukt. Er ist die misslungene Imitation des amerikanischen Oscars. Nur heißt dieser eben nicht „Amerikanischer Filmpreis“ und wird auch nicht vom Staat bezuschusst, noch hat der Staat bei der Verleihung seinen Auftritt. Es ist in Amerika eindeutig ein Branchenpreis, derjenige der Filmacademy. Sie allein verteilt die Oscars. Es ist ein Innungspreis. Es gibt kein staatliches Geld dazu. Der Staat bleibt außen vor.

Der deutsche Filmpreis dagegen ist zwar der entsprechende Innungspreis. Aber er wird aufgehübscht von staatlicher Seite mit 3 Millionen Euro. Die Kulturstaatsministerin Claudia Roth, die gerade dabei ist, den Glamour-Faktor in ihrer neuen Funktion zu entdecken, gibt blind ihren Segen dazu. Katze im Sack. Sie freut sich wie ein Osterhase, wenn sie Nominierungen verlesen darf und findet alles nur „mega mega mega spannend“ (eine wahrhaft staatstragende Ansage von filmpolitischem Gewicht- eher nicht. Von wegen staatstragend, das wirkt doch viel mehr so, als sei die Kulturstaatsministerin auf Besuch bei einem Kindergarten und möchte den Zwergerln die Freude an ihren Fleiß- und Bastelarbeiten nicht nehmen). Und kann nicht genug davon bekommen, den Präsidenten und die Präsidenten der deutschen Filmakademie als solche zu titulieren. Und sie wird es wohlweislich bleiben lassen, etwas ändern zu wollen, gar Mitsprache zu verlangen, obwohl sie doch Zahlmeisterin ist. So wird der deutsche Filmpreis weiterhin ein Krüppelpreis sein, der über den Gartenzaun der deutschen Filmakademie hinaus von keinerlei Bedeutung ist, Diskussion über Kino verhindert, statt sie anzuregen. Kein Wunder, bei solcher Bekanntgabe-Veranstaltung.
Groß denken wäre anders.

Oscar Shorts 2020

über OSCAR SHORTS 2020

Abwechslung für den Kinogänger

In ausgewählten Kinos werden ab heute die dieses Jahr für den Oscar nominierten Kurzfilme in zwei Kategorien gezeigt, fiktionale und Animationsfilme. 

Fiktion

Um schwesterliche Nähe geht es in EINE SCHWESTER von Delphine Gerard. Eine nächtliche Autofahrt und ein Telephonat mit der Notrufzentrale werfen einen surrealen Blick auf disparate menschliche Verhältnisse. Flucht schafft besondere Nähe bei Meryam Joobeurs Film BRUDERSCHAFT. Nebst einem markanten Cast wird auch das Thema IS virulent. 

Aus nachbarschaftlicher Nähe zieht Marshall Curry in DAS FENSTER DER NACHBARN beinah so viel Spannung wie Hitchock in seinem „Fenster zum Hof“, wobei es doch um viele banalere Dinge bei einem Paar und einer Familie geht. Knast schafft besondere Nähe unter den Mädels im Frauenknast in Guatemala. Brian Buckley nutzt in SARIA einen realen Ausbruchsversuch in Guatemala von 2017 um zu zeigen, wie aufregend er so eine Geschichte erzählen kann, ohne das zarte Pflänzchen Liebe zu übersehen. 

Beim fünften und letzten Kurzfilmoscarkandidaten FUSSBALLCLUB NEFTA von Yves Piat darf herzhaft gelacht werden über eine Gaunerkomödie, die im Grenzgebiet von Tunesien und Algerien angesiedelt ist und in der ein Esel gerne „Adel“ hört. 

Animation

An der Oberfläche des Kopfes, bei den Haaren, bei einem Wust von Haaren eines kleinen Mädchens, bleiben die Regisseure Matthew A Cherry, Everett Downing Jr. und Bruce W. Smith nach dem Drehbuch von Matthew A. Cherry hängen und schauen in HAIR LOVE, was sich damit so animieren lässt, nicht ohne Niedlichkeitsfaktor. In bester tschechischer Puppenanimationstradition mit hochkünstlerischen Figuren (Pappmaché oder Ähnliches) in poetisch einfachen Interieurs lässt Daria Kashcheeva in DAUGHTER ein Mädchen Metamorphosen durchleben (der Vogel, der ins Fenster fliegt) und Erfahrungen mit dem Alleinsein, dem Tod, dem Verlassenwerden machen. 

Siqui Song erinnert in SISTER an Chinas Einkindpolitik von 1980 – 2015 und erfindet sich mit seiner amerikanisch-chinesischen Stoffpuppenanimation die vier Jahre jüngere Schwester selber, die er nie hatte – aber sie hätten sich wohl auch viel gestritten. 

Mit den Auswüchsen einer Ehe als absurd-groteskem Puppenbühnentheater MEMORABLE bewirbt Bruno Collet aus Frankreich sich um den Kurzfilm-Oscar; ob das Gremium genügend Fantasie zum Schätzen eines solchen Animationsjuwels hat? 

Rosana Sullivan zeichnet in KITBULL die Rühr-Geschichte von einem kleinen schwarzen Kätzchen und einem weißen, furchterregenden Pitbull, die sich anfangs in einem menschlichen Hinterhof gar nicht grün sind. 

Ein verwachsener Rücken und rote Haare sind Handicap und Antrieb zugleich für HENRIETTA BULKOWSKI; Rachel Johnson lässt sie als bezaubernd animierte Puppe ein verwegenes Ziel in malerischer Müllhalde fassen und eine andere einsame Seele finden. 

Carol Freeman schmeichelt dem Auge mit der aquarellhaften Meeres-Abenteuer-Animation THE BIRD AND THE WHALE, die von einem Wal und einem goldenen Vogel in einem Käfig erzählt. 

Zum Abschluss unterhalten Loris Cavalie, Camille Jalabert, Oscar Malet und Léo Brunel in HORS PISTE mit einer quietschbunten, nichtsdestotrotz schwarzhumorigen Skirettungs-Actionanimation, die erheblich am Sicherheitsdenken nagt. Die Zugabe stammt von Illogic mit der tierweltanimierten Opernchorparodie MAESTRO. 

Der Deutsche Filmpreis

Heute Abend wird wieder mit großem Gehabe der Deutsche Filmpreis verliehen, der eigentlich eine Vorspiegelung falscher Tatsachen ist, denn er ist lediglich der Filmpreis des Vereins Deutsche Filmakademie e.V. Das ist ein Zusammenschluss deutscher Filmschaffender der verschiedensten Gewerke, die nach einem nicht öffentlich einsehbaren Empfehlungssystem in den Verein aufgenommen worden sind. Korrekt müsste es heißen „Filmpreis des Vereins Deutsche Filmakademie e.V.“. Wobei die Vorspielgelung falscher Tatsachen dem Wesen des Kinos und des Filmes durchaus nicht fremd ist. Der Schein des Staatspreises – der also gesamtgesellschaftliche Relevanz beansprucht – wird noch erhöht durch die Tatsache, dass die deutsche Regierung in der Person der Kulturstaatsministerin Frau Monika Grütters 3 Millionen Euro Steuergelder für den Preis spendiert und durch ihre Anwesenheit bei der Verleihung diesen falschen Schein noch mehr befördert. Mitzureden hat sie bei der Entscheidung nicht. Diese beruht auf einem nicht richtig durchschaubaren, mehrstufigen Verfahren und die anonyme Schlussabstimmung liegt bei der Masse der Vereinsmitglieder, wobei viele davon vermutlich gar nicht die Zeit haben, alle in Frage kommenden Filme auch vergleichend anzuschauen. Sie müssen mit ihrer Stimmabgabe ja auch keine Begründung liefern. Und auch die Akademie schuldet weder dem Staat noch der Öffentlichkeit ein Begründung, warum jetzt möglicherweise 3 Tage in Quiberon (ein gehypter Kandidat) absahnt und Western nicht oder umgekehrt oder warum Transit von Christian Petzold gar nicht erst nominiert ist. Der Öffentlichkeit bleibt lediglich Kaffeesatzleserei (Kaffeesatzleserei als Kulturbegründung – wär ja nicht schlecht, da könnten die öffentlichen Gelder gleich gestrichen werden); das erspart eine inhaltliche Auseinandersetzung. Diese scheint vom Verein Deutsche Filmakademie e.V. offensichtlich auch gar nicht erwünscht. Bloss nicht andere gesellschaftliche Gruppierungen in einen Diskurs über die deutsche Filmkultur hineinzeihen. Die hat sich mit dem neulich im Netz aufgefischten Satz „Produzenten-Roundtable: Kein Mensch will schlechte Filme sehen“ abgesichert. Denn wenn niemand schlechte Filme sehen will, dann wird auch niemand schlechte Filme herstellen. So die suggerierte Conclusio. Trotzdem sei die Frage erlaubt, warum denn so viele deutsche Filme kaum jemand sehen will? Selbst „3 Tage in Quiberon“, was von einem großen Star handelt, der die Herzen der Menschen weitherum erobert hat, stürzte nach einem vielversprechenden Arthouse-Start von 40’000 Zuschauern am ersten Wochenende auf gerade mal 10’000 Zuschauer am zweiten Wochenende ab. Von einem Rumsprecherfolg dürfte da eher nicht gesprochen werden. Wobei der Film mehr als nur wohlwollend besprochen worden ist (allerdings nicht von stefe). Ist der Film das Beispiel für ein Kino, was niemand sehen will? Ist diese Falschheit am Deutschen Filmpreis und die Verweigerung von öffentlicher Diskussion über die Begründung, warum just dieser oder jener Film es verdient, gesamtdeutsche Steuergelder als Belohnung zu erhalten, vielleicht mit ein Symptom dafür? Der Beweis dafür, wie völlig neben der Kappe die hochsubventionierte, am Dauertropf hängende und somit künstlich am Leben erhaltene, deutsche Filmkultur ist, eine sich abschottende Filmkultur, die die öffentliche Diskussion scheut wie der Teufel das Weihwasser (aus purer Panik vor Einbußen bei den Geldstörmen)? Hier geht es zu einem Kommentar von stefe zu diesem Thema.

Kommentar: Der dümmste Filmpreis der Welt

Der deutsche Filmpreis ist der höchstdotierte und gleichzeitig der dümmste Filmpreis der Welt. Er tut so, als sei er ein Staatspreis, dabei ist er ein Innungspreis, der Preis des Vereins Deutsche Filmakademie e.V. Er wird in einem intransparenten Verfahren vorwiegend aus dem Kreis potentiell Begünstigter ermittelt. Es gibt keine Begründungen und keine öffentliche Diskussion. Der Preis lockt mit einem Preisgeld von 3 Millionen Euro. Er fördert das Gelddenken unter den Teilnehmern und nicht das Filmkulturdenken. Er ist nicht nur der dümmste Filmpreis der Welt, er ist auch der bedeutungsloseste. Weil er ein Insiderpreis ist, der sich nicht rechtfertigen muss. Aber die Kulturstaatsministerin gibt ihm den Segen und lässt sich entmündigen. Sie hat kein Mitspracherecht. Sie entbindet sich somit selbst der Verantwortung für die deutsche Filmkultur. Sie schmeißt das Steuergeld raus und hat nichts zu sagen dazu. Sie hintertreibt damit eine öffentliche Diskussion aus Vertretern wesentlicher gesellschaftlicher Gruppen, was für ein Kino typisch und wünschenswert für das Land sei, sie entzieht den Filmpreis einer ihn gesellschaftlich legitimierenden Auseinandersetzung. Wenn es um die Besetzung der Chefposition der Berlinale geht, schreit die Filmbranche laut und keck, sie fordere Transparenz. Wenn es um die Verteilung von 3 Millionen Euro Preisgeld an sich selbst geht, dann verkrümelt sie sich hinter einem obskuren, mehrstufigen Verfahren und außerdem in funktionärshaften Bewerbungsanforderungen. Damit die potentiellen Preisträger bereits mal auf Knien daher kommen. Damit es keine außerordentliche Ehre sei, wie beim Nobelpreis: dass man von einem illustren Komitee, ohne sich bewerben zu müssen, ausgewählt werde. Der deutsche Filmpreis ist der dümmste Filmpreis der Welt und die Filmkritik hat sich damit abgefunden. Offenbar machen aber nicht mehr alle Filmemacher mit. Einige der erfolgreichen und wichtigen Filme seien, war zu lesen, bei den diese Woche verkündeten Nominationen nicht dabei, weil sie sich schlicht nicht beworben hätten. Vermutlich war ihnen der lächerliche, das Untertanentum fördernden Zirkus der Bewerbung zu blöd. So wird der dümmste Filmpreis der Welt, dieses missgeburtige Konstrukt aus Geldgier und Pfründentum, noch dubioser und wertloser, wird zum größten Filmonaniepreis der Welt und zum Schandpfahl der deutschen Filmkultur. Wir gratulieren allen Mitmachern!

Maze Runner – Die Auserwählten in der Sandwüste

Hat der Vorgängerfilm Maze Runner – Die Auserwählten im Labyrinth noch vom geheimnisvollen Gegensatz einer idyllischen, grünen Lichtung mit Pfadfinderlageratmosphäre und einem anrainend hinter einer hohen Mauer geheimnis- und fantasievoll-bedrohlichen Labyrinth gelebt, so ist jetzt zeitgenössische Dystopie angesagt.

Die Auserwählten, die nicht wissen wie ihnen geschah und wie ihnen geschieht und was vor ihnen liegt – das immerhin ist ein schönes Bild für die Situation am Beginn des definitiven Eintritts ins Erwachsenenleben, in einem Beruf oder in eine Position – gelangen erst in eine Art Internat oder Kadettenschule, ohne Tageslicht, ohne Grün. Sie verbreiten das Gefühl dieser Wohligkeit in einer Gruppe Abhängiger in gleicher Lebenssituation.

Täglich werden aus ihrer Mitte einige aufgerufen. Sie verschwinden unter Begleitung der Autoritäten hinter einer Tür, von der bald klar wird, dass keiner der Zöglinge mehr zurückkehrt.

Eben hat es Theresa erwischt, auf die Thomas ein Auge geworfen hat, daran erinnert man sich noch aus derm Vorgängerfilm. Das beunruhigt Thomas sehr. Er fängt an mit einem Kollegen vom Schlafsaal, den er mit seinen Freunden teilt – ein Cast voll sympathischer, erwachsener, aber noch keinesfalls machohafter Männer, offen, neugierig und interessiert – über Lüftungsschächte den tabuisierten Bereich zu erkunden. Er macht schreckliche Entdeckungen, schockierende, alarmiert seine Gruppe und sie versuchen den Ausbruch aus dieser bösen Zone.

Bis dahin hat der Film wunderbar diese Stimmung, auch von Gemeinsamkeit, am Anfang des Ernstes des Lebens rübergebracht, auch dass dem Zuschauer schwant, dass dieses nicht zimperlich mit den Menschen umgehen wird, dass sie am Ende doch ziemlich anders und beschrieben aussehen werden als heute, geprägt und vielleicht gebeutelt. Aber das sind Fantasien, die über den Ist-Zustand dieses Filmes hinausgehen.

Auch der Chef Janson, Mr. Chance, Aidan Gillen, spiegelt diese Situation mit seiner freundlichen Kumpelhaftigkeit ausgezeichnet, Schullehrer mit einem Hauch Schuldirektorenhaftigkeit.

Thomas und seine Gruppe brechen mit der befreiten Theresa aus. Die Liebe als Motor. Was nun folgt sind gegen zwei Stunden Verfolgungsjagd mit altbekannten Actionmitteln und viel Schießereien – die Waffenindustrie als bewährter Pate der Filmindustrie – Durchquerung dystopischer Wüsten- und Hochhausruinenlandschaften, Begegnungen mit bissigen und teils angeleinten Zombies, Produkten misslungener Experimente von Dr. Paige, Patricia Clarkson, mehr Geisterbahn und Geisterspuk denn Coming of Age oder Lehr- und Wanderjahre, bis auf die kleine Begegnung mit dem Tod von Winston, die offenbar nach wenigen Sekunden des Stehenbleibens der Gruppe als Schattenfiguren, ein Andachtsbild an der Wüstenskyline, abgehakt ist.

Das ist zweifellos gut gemachte Action, aber irgendwie hat sie mit dem exponierten Thema, dass diese Menschen am Anfang von etwas stehen so gar nichts mehr zu tun. Es wird lediglich eine Flucht-, eine Hit-and-Run-Geschichte mit der dominierenden Textzeile „Go!, Go!, Go!, Let’s go!“.

War Teil eins noch eine spannende Bebilderung einer pubertären Beengungs- und Behinderungssituation, so scheint dieser Prozess abgeschlossen, jetzt rennen sie um ihr Leben. So hat dieser zweite Teil eher mit dem Einrücken zum Bund oder in eine Lehre etwas zu tun. Dieses Momentum der Jugend zwischen Adoleszenz und Eintritt in die Erwachsenenwelt ist hier anfänglich vorhanden, verschwindet dann vollkommen aus dem Film. Der dritte Teil wird die Antwort auf die letzte Frage an Thomas geben: so, was ist denn dein Plan? Diese Antwort hätte ruhig hier schon gegben werden können, denn die ganzen Actionssequenzen schieben sie ja nur auf.

Die Regie besorgte Wes Ball nach dem Buch von T.S. Nowlin, der den Roman von James Dashner zur Grundlage hatte.

Sonntag Oscarnacht!

Es ist mal wieder so weit, die Oscars werden vergeben. Wie jedes Jahr finden Montag regulär Pressevorführungen statt, die, wie jedes Jahr, sehr schlecht besucht sein werden. Denn wer was auf sich hält, guckt die Oscars live, von ein Uhr früh bis kurz vor sechs.

Ich habe, ebenfalls wie jedes Jahr, nicht alle Filme gesehen, die zur Auswahl stehen, daher kann ich keine wirklich gute Einschätzung der Chancen vornehmen. In früheren, privaten, Oscar-Tippspielen lag ich meistens sehr falsch, weil zu oft Wunsch Vater des Gedanken war. Ergo versuche ich es dieses Jahr gar nicht mit einer Prognose.

Für die vielen Grüppchen von Cineasten, die sich landauf, landab tief in der Nacht erwartungsfreudig um die Flimmerkisten sammeln werden, gibt es jedoch eine Menge Möglichkeiten, sich die Nacht zu versüßen. Hier einige davon:

  • Der Westen aus Essen hat die Oscar-Kandidaten auf einen schönen, 2-seitiges Sofa-Stimmzettel eingedampft, mit dem man das klassische Oscar-Lotto veranstalten kann. (an besten beidseitig ausdrucken, so hat jeder nur ein Blatt)
  • Die Academy höchstselbst bietet ein Oscar Party Kit mit Koch- und Cocktailrezepten. Die Amerikaner haben’s natürlich leichter, bei denen kommt die Verleihung ja zur Prime Time. Natürlich gibt es auch hier einen Stimmzettel, und außerdem ein Oscar-Bingo für 9 Teilnehmer. (Bingo-Spielregeln hier! Ich nehme an, beim Oscar-Bingo gewinnt, wer als erster eine Reihe oder Spalte markieren kann. Jeder Mitspieler bekommt eine Karte.)
  • Diese Designerin hat ein eigenes Oscar-Bingo für 12 Teilnehmer kreiert. Da es nicht „offiziell“ ist, ist es sicher wesentlich lustiger.
  • Auch im iTunes Store gibt es eine Menge Apps zum Thema Oscar, manche ermöglichen auch ein Oscar-Lotto. Ich hab das nicht näher getestet.
  • Bei Kritikerpapst Roger Ebert gibt es satte 100.000 Dollar zu gewinnen, und zwar für den- oder diejenigen, der sämtliche 24 Oscars richtig tippt. Outguess Ebert heißt dieses Tippspiel.Hier geht’s zur Teilnahme, beim Überfliegen der Regelnhabe ich nichts gefunden, was darauf hindeutet, dass man aus Deutschland nicht teilnehmen dürfe. Nimmt jemand teil, weil er es hier gelesen hat und gewinnt, wäre ich für eine kleine Spende sehr dankbar!
  • Weitere Tippspiele gibt es natürlich massenhaft, hier zum Beispiel Prinz, Moviereporter und Filmstarts.de. Bei MovieMaze.de organisieren sogar die Fans ihr eigenes Tippspiel! Auf englisch sucht man übrigens am besten nach „Oscar Pool“ oder „Oscar Bet“. Und man schreibt es immer noch „Oscar“, nicht „Oskar“…

Und nun: Viel Spaß, eine gute Nacht und möge der beste Film gewinnen!

And the Oscar might go to…

Die Oscarnominierungen wurden soeben bekanntgegeben (komplette Liste hier). Um den Oscar für den besten Film streiten sich diesmal sogar 10 Kandidaten:

  • 127 Hours (großartig, spielt aber m.E. nicht in dieser Liga)
  • Black Swan (ich denke, eine hochschwangere Natalie Portman wird die Statuette für die beste Hauptrolle entgegennehmen)
  • The Fighter (konnte ich noch nicht sehen)
  • Inception (nein, spielt absolut nicht in dieser Liga. Ich verstehe nicht, wieso der so faszinierend sein soll. Memento war viel besser.)
  • The Kids are all right (habe ich nicht gesehen)
  • The King’s Speech (habe ich nicht gesehen)
  • The Social Network (ja, der könnte ihn gewinnen. Mir läuft’s immer noch kalt den Rücken runter ob dieses Soziopathen)
  • Toy Story 3 (nicht wirklich, oder?)
  • True Grit (ja, wenn meinereiner auch die PV vor Weihnachten hätte besuchen dürfen, dann hätte ich hier jetzt was tiefschürfendes sagen können)
  • Winter’s Bone (nicht gesehen, meines Wissens ist der auch noch nicht gezeigt worden)

Über die restlichen Nominierungen äußere ich mich in den nächsten Wochen…

Und hier noch das Video:


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