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Gregs Tagebuch 2 – Gibt’s Probleme?

Was kann man sich bei einem Film über eine Jugend mehr wünschen, als dass einem die eigene Jugend wieder lebhaft in Erinnerung kommt und einem so präsent werden lässt, dass die Gegenwart nicht das Ein und Alles sei und dass man selbst auch eine Geschichte hat? Aber was mir auch bewusst wurde, dass die Jugend nichts anderes ist, als ein oft fröhliches, oft schmerzliches Lernen und Ausprobieren. Was viele Verrücktheiten im Gefolge hat.

In Gregs Tagebuch 2, das bunt und fröhlich und mit lustigen Animationen dazwischen wie Zeichnungen aus einem Tagebuch angereichert ist, haben Greg und seine Freunde den grossen Sprung von der 6. in die 7. Klasse gemacht; in der Jugend liegen von einem Jahr zum anderen Welten. Jedes Jahr bringt seine eigenen Abenteuer, Entdeckungen, Entwicklungen. Die Mädchen werden jetzt immer wichtiger, aber die sind grösser und weiter entwickelt und unerreichbar und sie nehmen die Jungs gleichen Alters auch gar nicht so richtig ernst, was wohl einer vorausschauenden Weisheit der Natur zu verdanken ist.

Wir befinden uns als noch in einer Vorstufe zur Romantic Comedy, ganz ohne Schmachten, hier ist es noch ein Spiel, was kriegen oder nicht kriegen, weit entfernt von unendlicher Verliebtheit, die die Seele eines jungen Menschen in den Himmel heben kann oder Höllenqualen leiden lässt.

Den erzieherischen Rahmen für dieses Jahr vertritt öffentlich die Mutter von Greg, die Redakteurin beim lokalen Trumpet ist und wunderbar über Erziehung und die Erziehung zur Wahrheit schreiben kann. Viel zu schön, um wahr zu sein und die Entwicklungen zuhause, die werden sie beschämen. Denn nach der grandiosen Party, die die Jungs, genau genommen Gregs älterer Burder, während einer vorübergehenden Abwesenheit der Eltern veranstalten und weil die Wiederherstellung der Wohnung in den alten Zustand nicht mehr spurlos zu bewältigen ist, hilft am Ende dem Familienglück zuliebe nur noch Lügen. Greg wurde nämlich dank seiner Raffinesse selbst zum Komplizen der Veranstaltung. Man will vom älteren Bruder lernen und teilhaben. Das erzieherisch Wertvolle am Lügenverbot entpuppt sich als wertvoll gerade durch die Lüge, gerade durch die Lüge werden die beiden Brüder, von denen die Eltern sich nichts sehnlicher wünschen, als dass sie guten Kontakt zueinander haben, dickste Freunde. Das ist schon ein verrücktes Ding mit der Erziehung, um welche Ecken sie sich dann doch schliesslich gegen alle gut gemeinten Absichten durchsetzt.

Weitere Streiche, die auf dem Wege zum erzogenen Menschen unabdingbar sind: der Streich mit dem vorgeblichen Liebesbrief der Angebeteten, der ein Racheakt des nicht beachteten indischen Freundes ist; wie der ältere Bruder Greg für die Party in den Keller lockt und dort einsperrt; wie Greg sich mithilfe eines Erpresserargumentes und eines Telefons wieder befreit; wie einige gezielt gestreute Brösel am Boden vom wahren Ausmaß des Chaos ablenken sollen; oder wie Greg mit seinem dicken Kumpel Horrorfilme schaut; dann die Szene im Altenheim, wo Greg in Unterhosen seinem Tagebuch nachrennt, aber auch Streiche wie der mit der falschen Kotze auf Autos vorm Supermarkt, was sich halt so gehört für eine gesunde Jugend.

Was den Genuß noch erhöht, dass unabhängig ihres Alters die Darsteller alle ihre Probleme ernst nehmen und sie nie verkindet in Szene gesetzt sind.

Wir sind was wir sind – Somos lo que hay

Hm, interessant, pflegen höfliche Menschen zu sagen, wenn ihnen ein Gericht völlig unbekannter Provenienz und Zusammensetzung gereicht wird und dann würden sie vielleicht versuchen, bekannte Zutaten herauszulesen oder auf Ähnliches sich zu beziehen. In etwa so ergeht es mir mit diesem Film.

Hm, interessant, was da so alles drin steckt.

Die Story ist eine simple: einer Kannibalenfamilie in Mexico-City stirbt der Vater, der für die Besorgung der Fleischspeisen zuständig war. (Die Opfer wurden jeweils in einem „Ritual“ ausgenommen). Die Restfamilie aus Mutter, den erwachsenen Söhnen Alfredo und Julian und der erwachsenen Tochter Sabina steht nun vor dem Problem, wie an die Menschen kommen, die für das „Ritual“ benötigt werden. Das könnte den Stoff abgeben für einen kracherten Genre-Streifen mit viel Lärm und Schreien und Close-Ups von Eingeweiden und viel, viel Ketchup oder Blutersatz.

Nicht so bei Jorge Michael Grau. Er liefert, was ungewöhnlich ist, einen ausserordentlich dezenten Streifen. Wenns richtig blutig wird, zieht die Kamera es vor, sich über eine Tischkante zurückzuziehen oder sich hinter einem Plastikvorhang, der die Vorgänge dahinter nur schemenhaft erscheinen lässt, in eine distanzierte Position zu begeben.

Wenn andere Filme mit donnernder, greller Musik die Tonspur überspülten, dann lässt er nobel Jazzer mit einem Schuss Ironie improvisieren.

Überhaupt ist der Film sehr leise, ein klingelndes Handy im Kino kann sehr störend wirken.

Die Farben sind verhalten, knalliges Uni kommt nicht vor, ein Filter dürfte die grellen Grundfarben rausgenommen haben, trotzdem kommt kein Nazigrau zustande.

Überhaupt liebt Grau die diskreten Aufnahmewinkel. So führt er die bald schon tote Hauptfigur, den Vater in einem modernen Einkaufszentrum ein, die Kamera hat sich unauffällig hinter durchsichtigen Abdeckungen einer Rolltreppe positioniert und sieht nun den tapsenden Alten, der auf eine Schaufensterscheibe mit Schaufensterpuppen zuschrittelt, die Hände voran, als wolle er sie begrabschen, aber das Glas ist dazwischen und bald schon ein Mitarbeiter des Geschäftes. Der Alte macht sich davon, es geht ihm nicht gut, er verliert Blut, bald schon geht er auf allen Vieren, bricht zusammen.

Er liegt tot auf dem Seziertisch, ein Bestatter ist dabei die Lippen zusammenzunähen, er schminkt das Gesicht, ist stolz darauf, wie lebensnah er den Typen wieder hingekriegt hat, aber der Zivilbeamte neben ihm nimmt die Freude, der Typ werde nämlich verbrannt. Enttäuschung beim begeisterten Bestatter.

Die beiden Söhne des Toten, Alfredo und Julian verkaufen auf einem Markt Trödel, alte Uhren, ein Kunde möchte seine reparierte Golduhr zurück, der Marktbesitzer mahnt die ausstehende Miete an, der Vater würde bald bezahlen, der sei halt gerade nicht da; sie werden vom Markt gejagt.

Ihr Zuhause ist eine Mischung aus Wohnzimmer, Küche, Uhrreparaturwerkstatt, Lagerräumen und –Fluren vollgestellt mit Kartons und Behältnissen, einer Art Seziertisch zum Ausweiden der Menschenopfer und einem Plastikvorhang drum herum, also man kriegt da keinen Grundriss mit, die Wohnung wird nach und nach und je nach Bedarf durch die Geschichte aufgedröselt.

Die beiden Jungs kommen erfolglos nach Hause. Mutter scheisst sie zusammen. Eine ganz eigene Figur, diese Mutter, nur darauf aus, die Familie am Funktionieren zu halten, wie ein Besen nur darauf aus ist, den Boden sauber zu halten. Ihr gelten die alten Machtstrukturen, da ist kein Platz zum Atmen, kein Platz für Glück, kein Platz für Erholung, kein Platz für Beeindruckung, für Empfindung. Die alte Machthierarchie muss erhalten bleiben. Sie ist strikt dagegen, dass Alfredo jetzt die Position des Familienoberhauptes einnimmt. Das ist aber wichtig für das „Ritual“. Sie traut den Buben nicht zu, Opfer zu beschaffen.

Erst muss jedoch die Todesnachricht die Familie erreichen. Die kommt von Sabina, die es gehört hat vom Leichenschauhaus und dass einer dort, wo die Puppen ausgestellt seien, wo ihr Vater immer war, zusammengebrochen und gestorben sei.
(Info aus dem Leichenschauhaus: der Typ ist an Vergiftung gestorben, er hatte einen ganzen menschlichen Finger im Magen, das ist ungewöhnlich; für die schlichten Kripobeamten wäre es die Chance, den Menschenfressern auf die Spur zu kommen).

Wie die Nachricht die Familie erreicht, ganz ruhig, wie nebensächlich in den Streit zwischen Mutter und den Söhnen, gibt es einen langen inneren Monolog der Beteiligten, keiner weiss so recht was machen.

Die Mutter beschreibt die Fähigkeiten von Alfredo, dem Älteren, dem Einfühlsameren, dem Fähigeren, der sei für das Ritual geeignet; das Ritual erfordert Fähigkeiten, doch der Jüngere, der ist ungeschickt und gewalttätig. Schöne Differenzierungen innerhalb von Menschenfressers, schöne Bebilderung zum Satz vom Menschen, der dem Menschen ein Wolf sei.
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Die Jungs schauen immer ernst, schuldbewusst, besonders wie sie das erste Opfer suchen, es soll eine Nutte sein. Und wirklich ist der Jüngere ungeschickt darin, sie niederzuhauen und dann ins Auto zu zerren und vorm Chor der Nutten, die wie ein Opernchor arrangiert sind, nimmt er Reißaus.
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Die Mutter flippt aus; die Jungs bringen die vestümmelte Nutte wieder zurück.

Alfredo sitzt im Bus, es gibt eine opernhafte Überblendung von einer schönen Frauenstimme, die ein Lied singt, ein bekanntes, welches von gebrochenen Seelen handelt, dann geht die Stimme über in die einer Sängerin in der U-Bahn, Alfredo hat den Bus inzwischen verlassen und diese Sängerin drückt ihm einen Zettel in die Hand, estas vivo steht drauf, das elektrisiert ihn und er rennt zurück in die Disco, in der er vorher war.

Alfredo versucht dann einen Schwulen zu ködern und ihn als Opfer nach Hause zu bringen. Dazu wird ausführlich die Undergroundwelt dieses Schwulenlokals geschildert. – Er bringt einen Typen mit nach Hause. Aber die Familie, die will doch keine Schwuchteln essen. Alfredo aber besteht darauf, dass gegessen werde, was auf den Tisch kommt.

Im Krimistrang der Geschichte rückt die Polizei der Menschenfresserfamilie immer näher auf den Pelz, dazu beigetragen hatte die „Schwuchtel“, die entkommen konnte. Aber ein Opfer findet sich dann doch noch, so dass auch der Film die Möglichkeit erhält, ein „Ritual“ zu zeigen, was dann auch wunderbar diskret und küsntlerisch und richtig schön mit Kerzen rundherum gezeigt wird. Ob das was für europäische Gourmets ist?

Einen inspirierenden Inpuls zu Betrachtung und Verständnis dieses Filmes könnte vielleicht ein Seitenblick auf die mexikanischen Murales, die Wandmalereien an öffentlichen Gebäuden, zum Beispiel der Universität in Mexiko City geben.

Source Code

Ich hatte Phasen im Leben mit wiederkehrenden Träumen mit wiederkehrenden Problemen, die ich nicht lösen konnte. Und die waren so intensiv und so bilderreich, dass es mir nie gelang, sie genau und in aller Ausführlichkeit zu beschreiben, das war mir zu komplex. Ben Ripley ist meiner Ansicht nach so etwas gelungen.

Der Protagonist erlebt mehrfach und in immer quälenderen Varianten eine Fahrt in einem Pendlerzug nach Chicago. Die Anfahrt geht über eine leere Ebene mit einem einsamen Bahnhof mit nichts als einem Parkplatz drumherum, die Skyline der Wolkenkratzer von Chicago im Hintergrund; das ist so surreal, wie ein solches Setting in einem Albtraum nur sein kann. Noch vor Chicago wird ein grauenhaftes Zugsunglück passieren, im Moment wo der Pendlerzug einen entgegenkommenden Güterzug mit Gefahrengut passieren wird, wird im Zug eine Bombe losgehen. Das weiss unser Protagonist längst und versucht jedes Mal, diese zu finden und zu entschärfen.

Diese Sequenz wird stets unterschnitten von einem todesnahen Erlebnis des Protagonisten, der sich in einer Art Pilotenuniform auf dem Boden eines Flugzeuges befindet und dort von der Pilotenkanzel aus offenbar manipuliert, kontrolliert und beobachtet wird. Es gibt von dort eine Kommunikation einer Dame und gelegentlich eines Herrn mit dem Protagonisten. Und immer wieder schicken sie ihn in diese Bedrohungslage mit dem Zug, der ab Anfang Experiment in genau acht Minuten explodieren wird. In manchen Momenten erinnert mich die Situation des Protagonisten auf diesem Flugzeugboden an jene des Protagonisten in BURIED. Versuch der Bebilderung eines existentiellen Albtraumes.

Der Film ist mir genau so sympathisch wie der Vorgängerfilm MOON desselben Regisseurs, Duncan Jones. Mir gefällt seine Haltung zum Kino, die viel von einer Liebhaberhaltung hat, die mir immer auch erzählt, welchen Spass ihm das Medium macht, mit welchem er diese Bilder aus seiner Fantasiewelt anderen Menschen zu kommunizieren versucht.

Transnationalmannschaft

Diesem Film würde ich doch eher regionale Bedeutung attestieren wollen: für Mannheim und seine Umgebung, auch wenn er sich im einen Erzählstrang, ich nenne das jetzt so, obwohl es sich um eine Dokumentation handelt, an die letzte Fussball-WM in Deutschland anhängt. Das ist nun leider der allerallgemeinplätzigste, nimmt viel zu viel Raum ein und erzählt grad gar nichts Neues.

Der zweite Erzählstrang, der kein langes Leben hat, wird am Anfang als ob er das Hauptaugenmerk des Filmes werden wolle, in Gang gesetzt mit Jugendlichen aus aller Herren Länder, die in der Jugendfussballmannschaft aus dem Stadtteil Jungbusch bei Mannheim spielen, um so, wie ihr Betreuer sagt, wenigstens aus dem Stadtteil rauszukommen. Aber diesen Erzählstrang verliert der Dokumentarist sehr schnell aus den Augen, vor lauter WM und dem dritten Erzählstrang.

Mit diesem wird der Versuch gestartet, ein Portrait des besagten Mannheimer Stadtteils zu bieten, eines Problemviertels wegen des grossen Ausländeranteils, der inzwischen auch von Künstlern, Studenten und Intellektuellen entdeckt wird. Dieser Portraitier-Versuch begnügt sich damit, die Art von Interviews zu bringen, die der schnellen, gerne auch oberflächlichen Strassenbefragung von TV-Schwatzsendungen entsprechen mögen, die aber auf der Kinoleinwand hauptsächlich und schonungslos als Blabla rüberkommen. Die Fragen sind leider genau in diese Richtung gestellt: Was stellen Sie sich unter einer Transnationalmannschaft vor? Was ist Freiheit? Oder dann lässt er ausländische Gesprächspartner den Text der deutschen Nationalhymne von einem Blatt Papier ablesen. Wobei Philipp Kohl, so heisst der Filmemacher, sowieso nur Gutmenschen vor die Kamera holt, Konflikten somit aus dem Wege geht.

Hangover 2 – Jetzt ist Bangkok dran

Hier von Kino als einer anspruchsvollen Sache zu sprechen verbietet sich naturgemäss bei einer derartigen Ventilveranstaltung im Sinne eines Junggesellenabschiedes oder eines Polterabends. Wobei der dramaturgische Plot voll funktionsfähig wäre, gewissermassen noch dem zotigsten Mist eine tragfähige Basis verschafft. Das Wolfsrufdel, so da sind der Bräutigam und seine Kumpels, fliegen von Amerika nach Thailand, weil der Bräutigam dort eine asiatische Schönheit ehelichen soll. Die Nacht vor der Hochzeit jedoch endet in einem grauenhaften Absturz in Bang-Cock mit allseitigem Gedächtnisverlust. Dem Versuch der Rekonstruktion der Erlebnisse dieser Nacht wird die Hauptmenge des Materials dieser Holterdiepolter-Bilderzusammenstellung gewidmet; es findet sich vor allem in jener Region männlicher Fantasien, in welcher Eier und Ständer und Frauen mit schönen Busen und Schwänzen dominieren und sowieso die Urängste vorm Sex und die entsprechend diskriminierenden Vorurteile (dazu kommt noch ein Affe als Drogenkurier, ein verlorener Finger, dubiose Kriminelle, ein Tätowierer), jener Region die in der deutschen Hochkultur in Goethes Faust in Auerbachs Keller besungen wird als „wir fühlten uns wohl als wie fünfhundert Säue“, die Region, wo das Kulturelle im Menschen kapituliert, wesewegen er sie schnell und gern mit Gedächtnisverlust belegt; der vorliegenden Raustreifen versucht nun, diesem Gedächtnisverlust aus der Patsche und verdreckter menschlicher Nachtzeit zu Leinwandschummerlicht zu verhelfen. A la recherche d’une nuit perdue wäre ein zu ehrenvoller Titel. Wenn der Mensch sich selbst nicht mehr kennt und am Ende alles in die moralisch korrekt Form gießt, die Ehe nämlich.

Wer ist Hanna?

Wer ist Hanna und warum soll ich mich für sie interessieren, das frage ich mich nach dem Film mehr noch als vorher.
Wobei ich mich vor dem Film schon fragte, wieso soll ich mich überhaupt für Hanna interessieren? Der Titel gibt dafür keinen Anhaltspunkt. Das dürfte jedoch eher ein Problem des Marketings sein.

Hanna ist jedenfalls die Hauptfigur dieses Filmes. Sie wird von ihrem Vater in nordischer Abgeschiedenheit und Wildnis härtest auf ein Leben als Überlebenskämpferin und Killerin in der zivilisierten Welt, die sie nicht kennt, vorbereitet. Ihr Vater heisst Erik, sonst ist nichts Besonderes an ihm. (Allein diese Absurdität: in der Wildnis für den Kampf in der Zivilisation ausgebildet werden, deutet darauf hin, dass man die Geschichte wohl nicht sehr ernst nehmen soll, so wenig wie einen Tennisspieler, der sich auf Sand für Rasenspiele präpariert, dass man den Reiz des Filmes wohl anderswo suchen muss, doch davon später mehr).

Diese Ausbildung für einen nicht näher definierten Überlebenskampf umfasst, dass sie verschiedene Sätze in verschiedenen Sprachen lernt, dass sie sich eine deutsche Biographie zulegt, die sie auswendig lernt und die behauptet, sie komme aus Leipzig (hoffen wir mal nicht der Filmförderung wegen).

Die Frage nach dem Wer ist, Who is, kann vielfältig gestellt werden. Die spannendste Variante wäre die nach dem Charakter, nach der Persönlichkeit, nach den Maximen der Weltbewältigung und des Handelns, die Frage nach den Zielen und den Visionen, die jemanden bestimmen, die Frage nach der Identität. Diese Frage wird hier so nicht gestellt.

Hier scheint es eher die Frage nach den Umständen der Zeugung zu sein. Und das wird erst nach längerer Laufzeit des Filmes deutlich. Ist somit kein Spannungsbringer noch ein Erheller.

Stattdessen werden Fäden von Hanna ins UN-Gebäude in New York gelegt. Hanna soll ins Fadenkreuz internationaler, weiter nicht definierter Interessen und des CIA geraten. Denn, das hat ihr ihr sie trainierender Vater eingebläut, wenn sie sich fit für den Kampf fühle, für die Initiation in die Welt, dann muss sie einen geheimen Hebel der ganz nah bei ihrer versteckten Behausung in der Wildnis vergraben ist, umlegen und dann wird sie sozusagen aus dem Planschbecken der Wildnis ins Schwimmbecken der Lebenspraxis geworfen, wobei so formuliert schon viel Interpretation dabei ist.

Diese Lebenspraxis sieht folgendermassen aus: Im UN-Gebäude in New York wird durch das Umlegen besagten Hebels eine gewisse Marissa alarmiert, die offenbar in einer Verbindung zu Hanna steht und ihrem vermeintlichen oder echten Vater Erik ans Leder will und dazu Hanna verfolgt.

Die Frage nach Hanna wird also erst mal über längere Zeit mit einer Verfolgungsjagd nach oft gesehenem Muster beantwortet: Marissa verfügt über ein geheimnisvolles Netz an Beziehungen und Agenten, um Hanna ständig auf den Fersen zu bleiben und sie andauernd in schier aussichtlose Situationen zu bringen. Aus denen Hanna natürlich immer wieder rauskommt. Dabei spielt das Gebrüder-Grimm-Haus in einem geschlossenen Vergnügungspark in Berlin, in dem Katharina Thalbach erst letzte Woche im Kino zu Joschka Fischer ausgesagt hat, eine wichtige Rolle und auch hier hoffen wir doch ums Himmels Willen nicht nur wegen Herrn Kulturstaatsminister Neumanns Filmförderung.

Im Rahmen dieser Verfolgungsjagd von Marokko über Hamburg bis Berlin gibt es eine Szene, die fasziniert, verwundert, irritiert einen Moment lang (vielleicht erfährt man jetzt etwas Persönliches über Hanna, die bisher nur als Kampf- und Selbtbefreiungsmaschine zu besichtigen war?); nachdem sie nämlich aus dem Hochsicherheitstrakt aus Marokko wie mit Zauberkräften fliehen und sich an eine englische Camper-Familie anschliessen konnte, da gibt es einerseits eine merkwürdig abstrakte Anbandelungsszene mit einem Spanier (Erotik scheint für Hanna zu bedeuten, die Anzahl Gesichtsmuskeln zu benennen, die beim Küssen aktiv sind), die wiederum ist überhaupt erst möglich, weil sie sich mit dem Töchterlein der Camper-Familie anfreundet: da spriesst ein kleines Pflänzchen an menschlicher Beziehung. Jedoch bevor man sich die Frage stellen kann, wer Hanna denn nun sei, geht die wilde Jagd nach bewährten Rezepten weiter über Hamburg nach Berlin.

Man könnte die Titelfrage des Filmes umformulieren: Wer sind die Macher dieses Filmes? Sind sie von der Art Schlaumeier, die sich erst erkundigen, wo man wie Förderung kriegt und sich dann den entsprechenden Film zusammenbasteln? (und falls einem der Film nicht sonderlich antörnt, könnte man sagen, ein nicht sonderlich antörnender Film als Produkt auch der Deutschen Filmförderung, ein Film also primär zur Beschaffung von Fördergeldern und nicht primär zum Ergötzen des Publikums). Zum Dank für das deutsche Geld dürfen dann ein paar deutsche Schauspieler auch ein paar Sätze sagen.

Ein Stück expressiven Stilwillens der Filmemacher zeigt sich in der schablonenhaften Stilisierung der britischen Camper-Familie, die an jene Sorte humoristischer Postkarten mit witzigen Situationstexten erinnern. Das gibt Wiedererkennungswerte. Lenkt kurzfristig angenehm ab von der immer drängender sich stellenden Frage, ob denn die Frage nach Hanna noch irgendwie relevant sei oder Substanzielles zu zeitigen imstande sein werde. Der Ansatz zum Stilwillen lässt sich auch positiv im Sound erkennen. Und mit der ungewöhnlichen, gelegentlich aufregenden Fotografie verstehen es die Macher, durchaus zu blenden (dies der anfangs angekündigte Reiz des Filmes).

Ein grosses Problem war in meinen Augen auch Hanna. Sie wurde besetzt mit einer zivilisatorisch gut sportlich Trainierten. Diese Bewegungen unterscheiden sich leider krass von den Bewegungen der Wildtiere in der freien Wildbahn oder eines Menschen, der so aufgewachsen ist, so naturverbunden, Bewegungen wie die Aborigines sie noch haben. Kommt hinzu die ungünstige Kleidung von Hanna, die die Körperlichkeit, die für die Figur elementar wichtig wäre, eher verdeckt und der Sache somit viel Reiz wegnimmt.

Ein weit gravierendes Problem sehe ich allerdings in der Moral der Geschichte. Oder der Substanz. Erik, bekleidet mit Fellen wie Waldmenschen im Film halt von der Kostümabteilung ausgestattet werden, liest Hanna am Lagerfeuer aus den Gebrüdern Grimm vor. Die Märchen haben immer eine Moral. Hanna aber weiss überhaupt nicht, wofür sie kämpft, noch hat sie eine Moral gelernt von Gut und Böse, sie hat nur das Kämpfen und Fliehen gelernt. Sie ist als eine Maschine gross gezogen worden. Was soll so eine Menschen-Maschine nun plötzlich mit Moral. Sie weiss nur, dass sie kämpfen muss und wie. Aber nie wozu, nie, was sie damit erreichen soll. Es gibt keinen Wert, um den sie kämpft. So ein Wert jedoch würde den Menschen definieren, die Frage nach ihm beantworten. Das tut der Film nicht, er erfüllt seinen Titel nicht.

Fazit: Mit den Mitteln blendend gestylter, modischer Filmsprache, supergesoundet und filmförderbewusst konstruierter und entsprechend schief gebauter Story – wird eine Nichtgeschichte, ein Nicht-Märchen ohne weiteren Nährwert erzählt: ein aufgeblähtes Nichts oder der Versuch einer postmodernen Formulierung von Nihilismus?

Waste Land

Der Film könnte unter die Kategorie Kunstdoku subsumiert werden.

Dokumentiert wird die Fotoaktion des in New York lebenden aus Brasilien stammenden Künstlers Vik Muniz mit Arbeitern des „Jardim Gramacho“ bei Rio. Auf dieser inzwischen geschlossenen riesigen Müllhalde arbeiten Menschen als Recycler. Sie suchen wiederverwendbare Materialien aus dem angekippten Müll aus und verdienen sich damit ihren Lebensunterhalt.

Vik Muniz hat erst Portrait-Fotos von einigen dieser Arbeiter und Arbeiterinnen mit Namen wie Magna, Zumbi, Suelem, Irma, Isis gemacht. Diese hat er in einer grossen Fabrikhalle aus einigen Metern Höhe auf den Boden projiziert. Er hat die Fotografierten für einige Tage engagiert, damit sie die auf den Boden projizierten Fotos mit Müll aus der Halde auslegten. Die so entstandenen Müllbilder hat Muniz dann wieder von oben fotografiert und die Fotografien auf grosse Formate aufgezogen.

Als erster Versuch ist er daraufhin mit einem dieser Bilder zu einer Auktion nach London geflogen und das hat sofort umgerechnet 50’000 Dollar eingebracht, denn Muniz ist ein Name in der internationalen Kunstszene.

Dokumentiert wird auch die Vernissage der Bilder in etwas kleinerem Format im Museum of Modern Art in Rio. Jedem der Fotografierten brachte Muniz nachher persönlich den Abzug „seines“ Bildes.

Ein Spezialsujet war die Nachstellung des berühmten Gemäldes „Der Tod des Marat“ von Jacques-Louis David, selbstverständlich mit einer Badewann aus der Müllkippe genau so wie dem Buch und den anderen Utensilien.

Im Rahmen dieser Dokumentation erhält der Zuschauer auch Einblicke in die Leben einiger dieser Müllarbeiter, ihrer Organisation und deren Kopf Valter.

Leider ist die Kamera immer sehr, sehr wacklig, so dass man die Bilder nie in Ruhe anschauen kann; nicht gerade betrachterfreundlich für ein Kunstobjekt. Und wenn ein Bild doch mal etwas länger steht, dann wird es übermässig und vollkommen überflüssigerweise mit Sound aufgepeppt, zum Beispiel wenn ein Müllwagen seine Fuhre auf die Deponie kippt und die Müllarbeiter schon auf den noch runterrutschenden Abfall aufspringen.

Muniz will mit seinem Projekt folgendes erreichen: mixing art with social projects.

Im Abspann ist zu lesen, dass die Aktion 250’000 Dollar gebracht habe, welche für ein Aufbauprojekt und ein Übergangsprojekt für die Zeit nach der Auflösung der Deponie zur Verfügung gestellt wurden. Wieviel der Künstler selbst an dem Projekt verdient oder ob er es ganz idealistisch ohne Rechnungsstellung gemacht hat, darüber schweigt der Abspann.

Interessant fand ich die Diskussion, ob es nicht schlimm sei, die Müllrecycler für zwei Wochen aus dem für unsere Augen furchtbaren Lebensbereich Müllhalde rauzureissen, sie für zwei Wochen im Atelier bezahlt Kunstluft schnuppern zu lassen, sie in das Rampenlicht der internationalen Kunstwelt zu führen und nachher müssen sie wieder zurück zu ihrem Müll. Ob man ihnen das zumuten könne. Die Antwort von Muniz ist eindeutig: dadurch kommen sie auf andere Ideen und sie erhalten vielleicht Impulse, ihr Leben zu verändern. Diese Ideen können sie aber durchaus auch in Büchern aus der Müllkippe finden; gesprochen wurde über Nietzsche, Marat und Macchiavelli (der liesse sich besonders gut auch auf Rio anwenden, war zu hören). Sie haben aus gefundenen Büchern sogar eine Bibliothek zusammengestellt.

Valter, so hiess der Weise in der Gruppe, der Kopf, der die Müllarbeiter organisierte und der auf mitleidige Kommentare zum Müllrecycling immer meinte, 99 sei eben nicht 100. Nach dieser Handlungsmaxime haben übrigens die Müllarbeiter gar nicht so schlecht verdient im Vergleich zu anderen Menschen in der Armutswelt der Favelas.

Unter Kontrolle

Volker Sattel hat seine Bilder gut unter Kontrolle.

Er hat sein Thema genau definiert und die Kamera gezielt darauf gerichtet: der Tanz des Menschen mit seiner Technik um das Goldene Kalb der vorgeblich preisgünstigen Gewinnung von Atomenergie.

Energie, die der Mensch braucht, um seinen Kaffee zu kochen, den Sonntagsbraten zu garen, nicht eiskalt duschen zu müssen noch zu frieren im Winter, um sich fortzubewegen und zu produzieren, um ins Internet zu gehen, um sich Luxus zu leisten; das sind Dinge, die im Film gar nicht vorkommen. Aber es sind die Motive, die hinter dem Aufwand stecken, den der Mensch betreibt, um an die Energie ranzukommen.

Sattel fotografiert nur diesen Aufwand, eingegrenzt auf den Bereich der Gewinnung von Atomenergie. Er reiht die Bilder in der Art ruhiger Sachfotografie aneinander. Atomanlagen, die nie fertig gestellt worden sind und vor sich hinrosten oder die, wie in Zwentendorf in Oesterreich jetzt für Schulungszwecke für das Atomgeschäft umfunktioniert worden sind. Meiler, die abgeschaltet und ausgeschlachtet worden sind. Ein Schneller Brüter, der gar nicht erst in Betrieb genommen worden ist und und in dessen Kühlturmmantel jetzt ein Kettenkarussell seine vergnügten Runden in die Höhe schraubt. Das Atomkraftwerk der Ex-DDR in Stendal, das längst abgeschaltet ist und sich auf das Ausschlachten und Zurückbauen von anderen ausrangierten Meilern spezialisert hat. Forschungsreaktoren, die versuchen alle möglichen Fehlerquellen im Umgang mit der Gewinnung von Atomkraft zu eruieren, im Hinblick darauf, dass die menschlichen Fehler, die in der Bedienung der Anlagen immer wieder vorkommen, keine verheerenden Folgen zeitigen. Dazwischen Eindrücke aus einer Siedlung beim Forschungsreaktor Garching bei München, Strassenschilder mit den Namen von Atomphysikern.

Die Reihe dieser Objektfotografien wird aufgelockert mit Bildern von Führungen und Reparaturarbeiten, aus Schaltzentralen, aus einer Übungszentrale mit Mannschaftsbesprechung, Aufnahmen eines Festaktes in einem Atomkraftwerk mit eleganter Gesellschaft, schönen Reden und einem klassischen Orchester. Es gibt Details von eisernen Krallen an der Einfahrt eines Werkes. Man sieht Arbeiter, die in Mondkostümen stecken, um Reparaturarbeiten auszuführen und wie gründlich diese Kleidung nachher gewaschen wird. Und zur Abwechslung: idyllische Landschaftsbilder mit eingebetteten Atommeilern, Zwischenlager und Endlager. Man erfährt dass  die Kosten einer Atomruine, die nie in Betrieb gegangen ist, 9 Milliarden DM betrugen und dass es Simulatoren zur Simulation von Unglücken gibt.

Volker Sattel verzichtet weitgehend auf die Unsitte oberflächlicher Interviews; es gibt nur einige sparsame Kommentare von Technikern, Ingenieuren oder Ruinenwärtern.

Die Bilder sind angenehm konsumierbar hintereinander geschnitten. Die Aussage des Filmes ist propagandistisch eindeutig: schaut her, was die Menschen für einen Aufwand betreiben und welch hohes Risiko sie eingehen, um die angeblich billige Atomenergie zu gewinnen.

Dokumentarfilm als Propagandaplakat, das sich als Sachfotografie ausgibt; als Aussage für einen ganzen Dokumentarfilm ist das doch eher dünn und inzwischen ist die Haltung praktisch gesellschaftlicher Konsens geworden bis in die Spitzen der CSU; ein Film, der kritisch sein wollte und von der Entwicklung der Verhältnisse überrollt zum Konsens-Film geworden ist. Der Cineast geht mit nicht mehr als Wandkalenderbildern im Kopf nach Hause; so kann man denn den Entscheid des Münchner Dokumentarfilmfestivals, diesen Film als Eröffnungsfilm zu zeigen, nur so interpretieren, dass es ein Zeichen setzen wollte gegen die Atomkraft, was ja lobenswert ist; leider setzte es damit noch kein Zeichen für den nicht nur schönen sondern auch anspruchsvollen Dokumentarfilm.

Die Relativitätstheorie der Liebe

Ob das im Kino funktionieren wird, zwei Protagonisten, Olli Dittrich und Katja Riemann, in je fünf verschiedenen Rollen als Protagonisten von sich berührenden Liebesgeschichten? Ich habe meine Zweifel.

Der Titel verspricht grosse theoretische Fundierung, grossen theoretischen Überbau. Darin ist im Film nicht viel zu merken in den wohl eher erfundenen denn nach der Realität kreierten Charakteren, so da sind, Olli Dittrich als Taxifahrer, libanesischer Imbissbudenbetreiber, der die Dame vom Gesundheitsamt bezirzt, Guru, Werbefuzzi, der Nürnberger Würstchen gegen Hambuger promoten soll, Fahrschüler und Katja Riemann als esoterische Gattin des Werbefuzzis, als spanische Gattin des Fahrlehrers und Mutter der Schauspielerin, die einen Samenspender sucht und den Fahrschüler findet, als Beamtin vom Gesundheitsamt und als Galeriebesitzerin, die ein Verhältnis mit ihrem Schwager hat, wenn ich das richtig zusammenaddiert habe.

Das sind alles nett erfundene Paarungen, so wie sich ein Werbetreibender vielleicht seine Kundschaft vorstellt und mit denen sich nette Sketche, wo es irgendwann dann immer mal um die Liebe geht, inszenieren lassen.

Ob das kinointelligent genug ist?

Die Schnitte zwischen den Szenen sind hart. Es gibt keine eleganten, sinnlichen Übergänge, die einen Sog entwickeln könnten, es gibt keine Überhänger, die eine Szene nachwirken und die nächste vorbereiten könnten.

Je nach Geschmack gefällt einem, das ist das Problem solcher Angebots-Filme, der eine oder andere Darsteller in der einen oder anderen Rolle besser oder weniger gut. Das dürfte der Grund sein, warum sich das Prinzip der Doppel-Fünffach-Rollen-Besetzung bis jetzt nicht durchsetzen konnte im Kino.

Die beiden Darsteller haben sehr verschiedene Herangehensweisen an ihre Rollen – das wirkt sich aus. Olli Dittrich hat für jede Rolle eine eigene Motorik, einen eigenen Bewegungsablauf, ja sogar die Perzeption der Figuren spielt er verschieden: das macht aus jeder Rolle, nebst den sprachlichen und natürlich den wirklich gut gelösten Maskenproblemen für jede Figur einen sehr prägnanten Typen, der sich deutlich von den anderen abhebt, wenn auch sehr grobstrichig. Während Katja Riemann immer am Rande des Chargierens ist, sehr viel mit Mimik versucht, nebst natürlich auch den Perücken und durchaus auch mal Gesten. Diese Figuren unterscheiden sich für mich nicht so prägnant. Aber vielleicht ist das Geschmackssache.

Es sind lauter nette kleine Geschichten, eher fürs Fernsehen geeignet, ihnen fehlt der grosse Erzählatem des Kinos, ihnen fehlt die genau Analyse der Konflikte; mir kommt das vor wie ein Musterbogen mit möglichen Menschentypen in diversen Situationen aneinandergereiht. Ein Regisseur, Maskenbildner, Darsteller wollen sich empfehlen.

Dieser auf Fernsehintelligenz ausgerichtete Film kommt mir vor wie eine Art Ausbau und Weiterentwicklung der jahrelang berühmten Langnese-Kino-Werbung, vielleicht könnte man vermuten: inspired by Langnese-Werbung.

Es gibt viele liebenswürdige Kleinigkeiten zum Lachen. Den Running Gag mit dem Föhn, den der Fahrleher immer gefährlich nah an die Badewannenkante legt, in der Hoffnung, er würde mal ins Badewasser seiner Frau fallen. Die Esoterikerin, die am Schluss wirklich in die Luft entschwebt nachdem sie vorher im Supermarkt umständlich 96 Kartons mit Milch eingekauft hatte, um anschliessend im weissen Nass zu baden. Am Anrührendsten ist Bustani, der Libanese, der ist so treuherzig auf die unerotisch vertrocknete Mitarbeiterin vom Hygieneamt steht – so ganz zu verstehen ist das nicht.

Der Film fängt an mit einer Szene, wie der halbwüchsige Sohn vom Werbefuzzi mit einer Schrotflinte eine Taube vom Himmel schiesst. Die Spanierin steckt sie in die Tasche und serviert sie später ihrem Mann. Ja, es fehlt dem Film der Lauf, es sind alles, schöne kleine, gut inszenierte Sachen und Sächelchen und wenn auch die Fäden der Geschichte gelegentlich zusammenlaufen, so fehlt eben der Faden der Geschichte, vielleicht auch der alles entwaffnende herzliche Humor.

Das Liebesthema kommt mal vor und dann wieder nicht. Einmal ist die Wohnung des Werbefuzzis voller Tauben, ein schön surreales Bild. Das sind Gags, aber sie helfen der Geschichte wenig. Der Fahrschüler fährt dem Fahrlehrer bei der Prüfung den Wagen kaputt und am Abend erfährt der Fahrlehrer, dass das sein Schwiegersohn wird, mei wie nett.

Aber 90 Minuten Langnese-Werbung, wenn auch mit etwas mehr Geschichte, so klischeehaft wie erfunden, wird kein Hauptprogramm.

Insgesamt fehlts am Kinoschwung, am Kinorhythmus, der einen 90 Minuten fesselt. Oft wirken Szenen etwas bemüht, wegen der Abgrenzung der verschiedenen Figuren und wenn ein Darsteller in verschiedenen Rollen gleich mehrfach im Bild ist, was hintereinander gedreht worden ist, dann geht einer auch mal durch den eigenen Ellenbogen hindurch.

Was wollte Alexander Otto Jahreiss uns erzählen? Dass er einfach Lust hatte, mal wieder Kino zu machen? Und dass ihn dabei kleine Tüfteleien mehr interessieren und mehr begeistern, als das, weswegen der Zuschauer meist ins Kino geht, die Geschichte nämlich?

In einer Szene erklärt der Fahrschüler im Imbiss der Schauspielerin denTitel des Filmes; das steht in diesem Niveau von Theorie einsam da im Film und die Figur des Fahrschülers ist auch keineswegs so intellektuell eingeführt worden, wie sie sich hier gibt.

Man könnte sich zum Schluss die in Fernsehspielen aus Mangel an Konfliktanalyse gerne und inflationär gestellte Frage, die ein Neuankömmling in einer Szene oft stellt, damit dem Zuschauer nochmal erklärt werden kann, worum es geht und die auch hier im Film leider vorkommt, stellen: „was ist denn hier los?“