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Superclassico… Meine Frau will heiraten!

Denmark meets Argentina, die nordische Lakonie paart sich mit dem Stoizismus des Tango. Christian Madsen (der auch für die Regie zeichnet) und Anders Frithiof August, die Autoren, lassen einen auktorialen Erzähler durch die Geschichte geleiten, denn die beiden Elemente bedürfen der höheren Zusammenführung, die so zu einer Filmerzählung wird, aber die deutsche Nachsynchronisation ist unempfindlich gegen die Schwingungen, die sich aus dem Zusammentreffen dieser Zutaten ergeben.

Das Verfahren mit dem Erzähler bringt die Situationen immer sehr klar und sehr verständlich rüber; die Bilder wirken mehr wie ein illustrierender Untertext zur sprachlichen Erzählung, eine ganz eigene Wirkung entfaltend, anfänglich gewöhnungsbedürftig; aber wenn man sich darauf einlässt auf diese Erzählart und die merkwürdig markante Personenkonstellation, die dem Text Gestalt gibt, und wenn man den ganzen Wirrungen und Verwirrungen der Gefühle folgt, kann man vielleicht genauso wie der Protagonist am Ende etwas über die Liebe gelernt haben.

Christian, der Betreiber einer Weinhandlung in Kopenhagen ist so ziemlich am Ende. Seine Frau hat einen argentinischen Fußballstar kennengelernt, ist zu diesem geflogen und scheint das lateinamerikanische Leben zu genießen. Sie schickt Christian nur noch die Scheidungspapiere, damit er unterschreiben und sie ihren neuen Lover heiraten kann. Das deprimiert Christian, die Kunden meiden seine zuvor beliebte Weinhandlung. Nun entschließt er sich spontan, mit seinem Sohn Oscar nach Buenos Aires zu fliegen, um nochmal mit Anna zu reden. Die ist gerade dabei, ihren kostbaren Lover und Fußball-Star an einen anderen Club zu verkaufen, da ruft Christian an, er sei in Buenos Aires.

Oscar, der Sohnemann, 17 oder 18 je nach seiner Selbstauskunft und im langen Ledermantel wie Django, ist auch dabei. Er fotografiert alles. Scheint ein verschlossenes Bürschchen zu sein in dem heftig aber leise die Pubertät tobt. Autor zu werden, darin sieht er keinen Sinn, denn Camus und die Existenzialisten haben alles schon geschrieben, was geschrieben werden kann und muss; es ist alles schon gesagt, findet er.

Christian darf mit seinem Sohn als Gast im riesigen Anwesen des Fußballstars unterkommen. Juan, der Profi-Fußballer ist ganz freundlich, ein Star in einem Höhenflug aus Toreschießen und Glück mit Anna haben. Markante Gegenfigur zur eher voluminösen Anna ist die hagere, argentinische Haushälterin. Die steigt ganz cool zu Christian in die Badewanne. Warum soll man sich nicht Befriedigung schenken. Aber Danke sagen brauche er nicht dafür.

Christian erkennt, dass mit Anna nichts zu machen ist mit Reden. Er geht während eines entscheideneden Fußballspieles, dem Superclassico, in dem Juan die beiden Tore schießen wird, in eine Kneipe, kommt mit einem Weinbauern ins Gespräch, der den Fußball auch ablehnt. Hier kann über Glück und Unglück, über die Frauen philosophiert werden.

Bei einer Stadtführung verliebt sich Oscar in die verführerische Veronika. Das setzt eine hübsche kleine Nebengeschichte in Gang. Und ein Friedhofslabyrinth gibt ein treffliches Symbol für die verschiedenen Verwirrungen ab, die sich vor unseren Augen und Ohren in Buenos Aires für diesen Film tummeln. Christian erlebt schlimme Abstürze, wacht neben Eisenbahngleisen auf, wo er sogleich „freundschaftlich ausgeraubt“ wird oder im Hof des Fußballers. Er wird lernen, was er an Anna gehabt hat, das wird er letztlich auf seinen alleinigen Rückflug nach Dänemark mitnehmen. Dass die Liebe, die mal gewesen ist, ihm rückwirkend niemand nehmen kann.

Eine Art von Unikat-Film in dem auch die Figuren wie Unikate besetzt und inszeniert sind, die herbe, blonde Anna, die ihre Leben cool wie ein Geschäft betreibt, Christian, der eher dazu tendiert im Selbstmitleid zu baden und zu ertrinken, Oscar, dem die Existenzialisten, wie er glaubt, alles schon offenbart haben, nur eben die Liebe nicht, der Fußballstar Juan, der immer bester Laune und ein Latin Lover par excellence ist, der dann noch ein provokantes Toreschießen mit Christian um Anna vorschlägt, was unangenehme geschäftliche Komplikationen nach sich zieht, der fast zum Sonderling gewordene Weinbauer, der eine Tendenz zum Altherrenmonologisieren entwickelt hat, die Haushälterin, die mit der disziplinierten Haltung einer Tango-Tänzerin durchs Leben geht, wobei es an Komik grenzt, wenn sie den in der Badewanne elendenden Christian versucht zu streicheln, ein Streichel, ein einziger, wohlverstanden und Veronika, eine wunderhübsche natürliche junge Frau, wie man sie in einem Film gar nicht mehr erwartet vor lauter karrieristischen schönheitsoperierten und lispelnden Jungblondinen. Diese Figuren sind so markant wie Leuchttürme und es würde mich nicht wundern, wenn ein Zuschauer nach diesem Film durchaus seine eigene Geschichten mit ihnen weiterentwickelt. Der Vater von Veronika, der Kierkegaard und Philosophie studiert hat, jetzt aber die Familie ernähren muss – und der eine verrückte Ohrfeigennummer um seine Tochter mit dem Schwiegervater in spe, Christian, liefert. Die Liebe ist nicht umsonst, auch nicht zwischen Dänemark und Argentinien.

The Cold Light of Day

Die Exposition fängt musterbeispielhaft an. Unser Protagonist, Typ jugendlicher Held, Henry Cavill als Will Shaw, will aus den USA kommend für ein paar Tage mit seinem Vater, seiner Mutter und seinem Bruder mit Freundin entspannt vor Spanien segeln. Schon am Flughafen gibt’s den ersten Hinweis, dass es zu schön wäre, wenn das alles klappen würde. Sein Gepäck ist in San Francisco geblieben.

Die Familie besteigt die Yacht. Alles gut inszeniert. Die Reaktionen der Wiedersehensfreude, der Beobachtung. Aber nie zu lange. Schon erhält Will einen Anruf, der ihm große Sorgen bereitet, seine Firma in Kalifornien ist in der Krise. Ab da hängen seine Gedanken verständlich woanders. Die Familie hat gegessen, ist jetzt auf dem Meer. Allzu viel haben sie sich nicht zusagen gehabt, Will ist mit seinem Handy beschäftigt, die Freundin seines Bruders auch. Dadurch gerät eine unbeaufsichtigte Segelstange außer Kontrolle, haut der Freundin des Bruders an den Kopf und diese zu Boden. Das erzürnt den Vater. Die Verquickung der Ereignisses hat ihre unerbittliche Folgerichtigkeit. Der Vater entreisst in seiner Wut dem Sohn das ablenkende Handy und schleudert es ins Meer.

Parallel zum Gang dieser Unglücke hat ein aggressives Motorboot bereits mehrfach die Yacht umrundet.

Will, jugendlicher Stürmer und Dränger und Heldentyp, ist nicht verlegen, stürzt sich ins Wasser, hat in einem Plastikbeutel ein paar Dinge, wie Geld dabei, schwimmt ans Ufer des kleinen Hafenortes, um dort von einem Telefonapparat aus sein Gespräch mit Kalifornien fortzuführen, die dringenden Geschäfte. Wie er zurück zur Yacht schwimmen will, findet er diese nicht mehr vor, sie ist verschwunden.

Leider ist jetzt die Exposition zu Ende und der Film driftet nullkommaplötzlich in die ausgleeiertsten Schienen eines Actionsthrillers, bei dem es meist nicht so wichtig ist, zu wissen, wer jetzt hinter wem steht, wer hinter wem her ist, wer jetzt wen bedroht, es sind alles dunkle Mächte und auch weniger dunkle; eine Dame im schwarzen Hosenanzug immer mit der griffbereiten Pistole und auch die Cops sind nicht ganz sauber.

Selbst in einem Club sind die Figuren dubios. Es wird unendlich viel geschlägert und dann folgen endlose Verfolgungsjagden. Man fragt sich, wozu sich der Held das alles antut. Vielleicht, weil ihm sein Vater, das war vorher eine Erwartungen weckende, schöne Szene vor dem Abgleiten in den Actionismus, ihm gestanden hat, dass er in sehr geheimen Geheimdiensten gearbeitet hat, darum haben sie ja auch in sovielen Städten und Kontinenten gewohnt und er war nie Kulturattaché gewesen, wie er manchmal vorgegeben hat.

Jedenfalls hatte der Vater einen Aktenkoffer, hinter dem Gegner her waren und die Geheimdienste waren sich sowieso nicht sicher, wie weit er selber ein Verräter geworden sei. Das spielt aber alles keine Rolle mehr, denn bald schon wird der Vater erschossen und Wills Mutter und sein Bruder und dessen Freundin werden gekidnappt. Aber dafür findet sich für unseren Helden eine weitere Schwester. Das ist gerne so bei solchen Schnitzeljagdfilmen, sowas kann da ohne weiteres schon mal vorkommen.

Für das Buch zeichnen Scott Wiper und John Petro, für die Regie Mabrouk El Mechri.

Tomboy

Diese Film zeigt besonders krass, wie brutal abhängig der Mensch von seinem geschlechtlichen Rollenspiel, von seiner geschlechtlichen Identität ist. Céline Sciamma, die Autorin und Regisseurin dieses kleinen wie beiläufigen Filmes tut ihre Sicht nicht mit dem Holzhammer kund. Sie versteckt sich klug und geschickt hinter der Dardenne-Methode. Sie gibt vor, die Neugierige, die neutral Beobachtende zu sein, einer Realität, die sie selbstredend selbst inszeniert hat. Allein das ist eine Kunst, eine Realität so zu inszenieren. Und dann noch so zu tun, als schaue man völlig unvoreingenommen zu, als entdecke man diese Dinge gerade. Dabei gilt ihr Hauptinteresse dezidiert der Hauptfigur. Das dürfte der Trick sein, warum die Message dann so unerwartet stark rüberkommt.

Das Mädchen Laure gibt vor, der Bub Michael zu sein. Im ersten Bild ist Laure unterwegs. Sie sitzt erhöht in einem Fahrzeug im Fahrtwind. Sie hält einen Arm in die Höhe, der Zuschauer sieht Oberarm und Hand, und sie betrachtet diese. Da vermutlich kaum ein Zuschauer uninformiert diesen Film schauen wird (dass es sich um die Geschichte eines Mädchens handelt, das ein Bub sein möchte); so fängt das Hirn des Zuschauers bereits an zu arbeiten, was wohl in ihr vorgehe, wenn sie ihren Arm betrachtet, ihre Hand, ob ihr diese Körperteile männlich genug vorkommen.

Die Familie, das sind ihr Vater, ihre schwangere Mutter und das kleine Schwesterchen Jeanne, ist gerade dabei, umzuziehen. Ein paar flüchtige Blicke in die neue Wohnung, aber was interessiert unsere Filmemacherin die Einrichtung, sie interessiert sich für Laure, wie sie mit der neuen Situation umgeht. Zuerst Besuch im plüschig eingerichteten Zimmer vom kleinen Schwesterchen, etwas plaudern. Wie Laure das erste Mal das Haus verlässt, zieht sie viel zu große Sportschuhe, breite Hosen und ein Leibchen an – wie ein Bub.

Das erste Mädchen, das sie anspricht, das ist Lisa – ihr stellt sie sich als Michael vor (auf französisch mit zwei Pünktchen auf dem e versehen, ausgesprochen wie der deutsche Michael); vorher hat sie schon die Buben im Park beobachtet, sehnsüchtig beobachtet – auch für so eine Szene lässt Céline Sciamma sich so viel Zeit, dass der Zuschauer den inneren Monolog der Darstellerin atemnah nachvollziehen kann; so zwingt man den Zuschauer aktiv ins Hineindenken in die Figur und damit in die Probleme, auf die sie zulaufen wird – geschickt gemacht.

Lisa hat gesehen, dass Michael die Buben beobachtet hat und sagt ihr, wo sie sind. Zuhause geht das Leben weiter wie bisher. Alltäglichkeiten, alltägliche Begegnungen. Einmal spielen die beiden Schwesterchen mit Knetmasse; Laure formt einen länglichen Gegenstand; Jeanne, ein goldig-lockköpfiges Zahnlückmädchen, möchte wissen, was die große Schwester damit macht.

Michael ist jetzt auch äußerlich noch mehr Bub. Legt sich mit den anderen Buben an, kämpft heftig, zeigt den anderen Buben den Meister. So weit, dass sie einen so schmerzhaft schlägt, dass die Mutter dieses Buben bei ihrer Mutter auftaucht. Der Zuschauer ist inzwischen in die Problemwelt, in die Geschlechterrollenbewältigungs-, resp. Verdrängungswelt hineingezogen worden, dass er schon bangt, wie Michael damit umgehen wird, dass er auffliegen könnte.

Die brutale Mechanik des Geschlechterrollengesetzes setzt ein. Das wird umso härter, als sie zu Lisa eine Ahnung von erotischer Liebe und zarte erste Küsse entwickelt hat. Auch das ist für den Zuschauer stark nachempfindbar, wie wohl für Lisa eine Welt zusammenbrechen würde, wenn sie die körperliche Identität von Michael entdecken würde, weil sie sich unter Michael einen Buben und kein Mädchen vorgestellt hat.

Die Mutter allerdings, die reagiert erst Mal mit Haue und dem Befehl, einen Mädchenrock anzuziehen – der Zuschauer fühlt sich selbst in eine Zwangsjacke gesteckt. Wie die anderen Buben reagieren, das wird nicht so wichtig gezeigt, das ist mehr eine Ratsch-Szene im Wald.

Bevor das alles passiert ist, war schön zu sehen, wie Jeanne, die schnell dahinter gekommen ist, was Laure für ein Spiel treibt, weil Lisa einmal da war und nach ihr gefragt hat, und dann der Mutter stolz erzählt, sie habe jetzt einen Freund, den Michael und der sei stark und sei ihr Beschützer. Das ist noch etwas sehr Süßes vor dem Bitteren. Zu wissen, auf was Laure/Michael unweigerlich zusteuern wird, wohin sie die phyische körperliche Entwicklung wie eine Schicksalsmacht treiben wird, was die Gesellschaft fordern wird, wie unbarmherzig sie mit Michael umgehen wird, der wahr Horror, der wird hier in den Kopf des Zuschauers delegiert.

Der Film selbst ist hingebungsvoll leicht und geschmeidig erzählt; dabei den Horror nicht auslassend, nämlich sich vorzustellen, was auf Laure/Michael noch alles an Krisen und Selbstmordgefährdungen auf dem Wege der Identitätsfindung zukommen wird bei diesem tief in die Kindheitsidentität eingreifende Prozess der Umwandlung der physischen Geschlechtsmerkmale, das ist das was bei diesem Film am meisten schmerzt. Aber er richtet sich, im Gegensatz zu „Romeos“ nicht nur an ein Insider-Publikum.

Was Laure/Michael erlebt, ist vielleicht nur eine besonders brutale Coming-of-Age-Variante. Der Film lässt generell eine Ahnung oder Erinnerung daran aufkommen, wie das mit dem Coming-of-Age so ist, dem Verlust der kindlichen Unschuld, des Kindseins, die Veränderung zum erwachsenen Sexualmenschen.

Projekt X – Die Party, von der du nicht mal zu träumen wagst

Die Eltern von Thomas fahren über das Wochenende weg, sie feiern ihren Hochzeitstag. Gleichzeitig hat Thomas Geburtstag. Sein Freund Costa ist die treibende Kraft für die Geburtstagsparty, die im recht großzügigen Elternhaus von Thomas steigen soll. Freund Dax ist die geheimnisvolle Leerstelle hinter der Kamera. Und der rundliche JB stößt auch noch zu den Partyorganisatoren.

Die Jungs haben nur Sex im Kopf und schwadronieren von einer geilen Party, die sowas auch ermöglichen soll. Aber Thomas hat Angst, dass nicht genügend Leute kommen, die Boys werweißen, wieviele Gäste sie maximal haben wollen, 20 oder 50? Mehr sicher nicht. Aber kriegen sie überhaupt soviele zusammen?

Da wir in Zeiten des Internets und der schnellen Netzwerke leben, wird es so kommen, dass die Organisatoren die Geister, die sie riefen, nicht mehr loswerden, dass auch die hübschen Frauen auftauchen, die für sie immer so unerreichbar scheinen, denn Kirby, mit der Thomas so ein bisschen flirtet, die kennen sich schon von Kindsbeinen an, das wäre also in etwas so, als wenn Thomas mit JB anbandelte.

Die modernen Kommunikatikonsmittel jedenfalls hypen die Party schon im Voraus (so wie die PR für diesen Film mit wilden Aufklebern auf Telefonzellen und dergleichen versucht dem Film den wilden Partyanstrich zu verpassen) und es wird für Thomas ziemlich schwierig werden, die guten Ratschläge des Papas zu befolgen, sein Arbeitszimmer sei tabu, die Poolheizung dürfe nicht angestellt werden, das Auto, ein werbeträchtig hübscher Mercedes, müsse in der Garage bleiben und dann ist da auch noch der Hund.

Als Vorsichtsmassnahme engagiert Costa zwei ziemliche schräge selbsternannte Nachwuchs-Sheriffs, die allein für einige Lacher sorgen dürften in diesem Streifen, bei dem absehbar mehr als nur einiges aus dem Ruder laufen wird und an Sexsprüchen und –texten nicht gespart wird.

Eine Party, und deren Organisatoren wollen als „cool“ rüber kommen, ist nun mal kein Philosophieforum oder eine geistesgeschichtliche Auseinandersetzung noch gibt es Platz für tiefe Gefühle oder persönliche Entwicklungen. Es gibt lediglich die Wirkung des Alkohols und der Drogen, mancher bemühten Erfindung der Autoren (Zwerg in Backofen), der Masse und der schönen Frauen und das ist alles sehr wuselig-partylike aufgenommen, gewissermassen professionell-laienhaft, da doch behauptet wird, einer der Darsteller würde das alles filmen.

Poppen, Popcorn und andere Gruppenzwang-Katastrophen. Der selbstreferenzielle Joke im Film kommt von einem frustrierten Cop: Scheißinternet.

Die Verantwortung für das Buch übernehmen Matt Drake und Michael Bacall, die für die Regie Nima Nourizadeh.

Wir kaufen einen Zoo

Ein gute gebaute und präsent inszeniert Familienunterhaltung mit Matt Damon als Benjamin Mee, einem geplagten Familienvater, denn seine Frau ist gestorben und auch mit dem Beruf, er ist Journalist, sieht es nicht gut aus. Er sucht für sich, seinen halbwüchsigen Sohn Dillan, der immer trostlos traurig depressive Gesichter zeichnet, aber hochkünstlerisch begabt ist, und sein pfiffiges ganz kleines, aber umso süßeres Mädchen Rosie, ein Wonnepfropfen, ein Haus.

Eines tut es ihm besonders an. Aber, so holt der Immobilienfritze aus, da gibt es einige Probleme, denn zum Haus gehört ein Zoo und die Erben der Vorbesitzer bestehen darauf, dass der Nachmieter diesen Zoo weiter führt.

Den Rest kann man sich denken. Aber es ist durchaus ein Vergnügen zuzuschauen, wie Matt Damon nun die Hindernisse angeht. Der Zoo heißt Rosemoore Wildlife Park.

Es gibt Probleme mit einem alten Tiger, mit exotischen Schlangen, die in einer Kiste unbeaufsichtigt in einem Lagerraum liegen, es gibt einen sehr unangenehmen Zoo-Inspektor mit einem Messband, was die Abstände zwischen Gehege und Zuschauer, die Höhe der Zäune wie aus der Pistole misst, es gibt noch den Bruder von Benjamin, wie aus grob geschnitztem Holz, wie überhaupt, der Cast der älteren Männern vor allem darnach ausgesucht scheint, ja nicht feingliedriger als Matt Dammon mit der schönen, harmonischen Nase zu sein.

In und mit dem Zoo will Benjamin mit seiner Familie eine authentische amerikanische Erfahrung machen, ein Abenteuer, etwas in Angriff nehmen, von dem man keine Ahnung hat, um es erfolgreich zu Ende zu bringen. Wenn das mit anderen amerikanischen Problemen doch auch so leicht wäre.

Schließlich ist da auch noch das Personal. Und erwartbar ist es so zusammengestellt, dass auch aus seinen Reihen (überwindbare) Hindernisse entstehen werden, denn eine Mitarbeiterin findet heraus, dass der Zoo eigentlich gar kein Geld mehr hat. Aber wofür hat Benjamin seinen Bruder und ein Vermächtnis seiner Frau. Und dann ist noch das kleine Mädchen, das zwar größer aber viel jünger als Dillan ist, der natürlich nicht wegen Bob so genannt wurde, und die ihm jeden Nachmittag ein Sandwich bringt und er springt schon sehr schnell drauf an.

Und auch die Hilfskraft im Zoo, Scarlett Johansson als Kelly Foster, mausert sich nicht nur rasant zur kompetent Zuständigen, sie hat auch noch Augen für Benjamin. Im übrigen gibt es viele schöne Tiere von Zebras über Löwen, ein Grizzly haut sogar ab, der muss dann wieder – abenteuerlich – eingefangen werden, und wie der Inspektor für die Abnahme schon im Zoo ist, wackelt plötzlich eine Gittertür am Löwengehege bedenklich. Aber auch da findet sich eine Last-Minute-Lösung. Und weil den Machern der Spass mit dem Film, der sich durchaus auch auf die Zuschauer übertragen dürfte, so gefallen hat und sie das Ende noch etwas rauszögern wollen, so spielt denn die Natur noch einen bösen Streich und dann noch einen. Auch ein Happy End und das Feelgood des Movies will ab und an verdient sein.

Das Buch zu dieser Familienunterhaltung schrieben Aline Brosh McKenna und Cameron Crowe, die Regie führte Cameron Crowe.

Väter und andere Katastrophen

Martin Valente, der Regisseur, der zusammen mit Gianguido Spinelli auch das Buch geschrieben hat, scheint ein liebenswerter Tüftler zu sein, dem nichts mehr Vergnügen bereitet, als seine Figuren in die Bredouille zu bringen, um sie anschließend selbstverständlich freundlich wieder daraus zu befreien – vor dem Hintergrund oder auf dem Boden eines Themas, das woanders durchaus dramatisches, ja hochdramatisches Potential bis hin zum Vatermord enthält.

Hier geht es um Vatersuche. Chloé ist zwar mit ihrer Mutter Barbara und ihrem formalen Vater Gustave aufgewachsen. Sie hatte als kleines Mädchen Briefe an ihren leiblichen Vater geschrieben, der hieß Bernard und war die große Liebe ihrer Mutter, von dem sie aber nichts mehr hörte. Nach dem Tod ihrer Mutter hat Chloé sich in Südfrankreich niedergelassen und den Kontakt zu Gustave abgebrochen, wollte nichts mehr von ihrem offiziellen Vater wissen, der auch gerne dem Alkohol zuspricht und ein kleiner, rundlicher französischer Typ ist.

Sie lernt einen Tennis-Star kennen, eine Nummer 1 der Weltrangliste, das macht unseren Autoren und unserem Regisseur Spaß, dieses Milieu zu ventilieren und auch den Wohnsitz in manchen Details liebevoll und leicht satirisch nachzuzeichnen. Zum Beispiel, was der so alles sammelt. Diesem erzählt sie, ihr Vater stamme aus Ulan Bator in der Mongolei und sei ein mongolischer Diplomat.

Für die Hochzeit muss sie den frei erfundenen Vater nun als lebendige Person auftreten lassen. Sie veranstaltet ein regelrechtes Casting für die Rolle. Denn spätestens beim Gang zum Traualtar muss dieser Vater realiter vorhanden sein.

Wie die Komplikationserfinder und –löser es so wollen, ist inzwischen dem richtigen Vater die Frau gestorben. Er lebt sehr reich und wohnt auf einem Herrschaftssitz in England. Er wühlt in alten Sachen, findet die Briefe von Chloé und macht sich auf die Suche nach seiner leiblichen Tochter. Erst findet er in Paris Gustave. Verschweigt ihm allerdings den wahren Grund seines Besuches.

Das ist eine beklemmend-köstliche Grundsituation, in die unsere Autoren diesen Herrn bringen. Wie er, der reiche Brite, auf den kleinen Pariser Alkoholiker trifft. Der Brite meint, er wolle dem Franzosen seine über 20 Jahre alte „Bagnole“, nennen wir es auf deutsch ruhig „Rostlaube“, abkaufen, die rote. Die beiden Herren zusammen, das ist ein Konstrukt von Parallelwelten. Da kann sich der wissende Zuschauer immer wieder freuen.

Die Autoren wären keine hinterfotzigen Tüftler, wenn sie die beiden Herren jetzt nicht direkt in das Brautvatercasting ihrer Tochter in Südfrankreich hineinlaufen liessen. Wobei der leibliche Vater durchfällt. Aber er stellt sich auch sehr ungeschickt an. Er kann mit Gefühlen nicht umgehen. Dann hat er noch einen Tic, er kann unmöglich über Böden mit einem geometrischen Muster, mit Linien und Quadraten gehen. Auch das engt den Handlungsspielraum der Figur ein, was die Autoren genüsslich für halbartistische Zirkusnummern in der Kirche nutzen.

In Südfrankreich überschlagen sich die Ereignisse, das Versprechen des Titels wird ausgiebig eingelöst. Die Komödie, die Verwechslungskomödie, die Täuschungskomödie, die Heiratskomödie letztlich die Komödie um die Liebe zwischen Vater und Tochter nimmt ihren ungehemmten Lauf.

Und noch immer hatte Jesus bestimmt das geringere Problem damit, über Wasser zu gehen als ein Brite mit Tic  über einen mit Quadratmustern gefliesten Kirchenboden, der beim Gang zum Altar nun mal unvermeidlich ist.

Pension Freiheit

Es gibt so Tage, da bekommt man einen Anruf von einem alten Freund, von dem man lange nichts mehr gehört hat, und der einen dann ganz plötzlich fragt, ob man nicht in einem Kinofilm mitspielen möchte, den dieser gerade dreht. So oder ähnlich geht es zu, wenn Freunde und Bekannte sich zusammentun, um „was eigenes“ auf die Beine zu stellen. Immer wieder hört man Geschichten von Independentproduktionen, die so independent sind, dass selbst die Presse erst Wind davon bekommt, wenn schon fast alles im Kasten ist.

Und genauso läuft es seit einigen Jahren in Bad Tölz. Im Jahr 2006 fand sich eine bunte Truppe von Filmverrückten zusammen, um Tödliche Verbindungen zu drehen – basierend auf einer wahren Begebenheit, entnommen dem True Crime-Buch Mordsgeschichten aus Bad Tölz und dem Isarwinkel. Das Filmprojekt fand jede Menge wohlwollende Unterstützer in der ganzen Gegend, und wurde schließlich erfolgreich ins Kino gebracht. Die Entstehungsgeschichte ist abenteuerlich und eigentlich ein eigenes Buch wert.

Nun haben sich die Jungs vom Oberland wieder zusammengefunden, um eine weitere wahre Geschichte der Mordsgeschichten zu verfilmen: Pension Freiheit spielt 1988 und dreht sich um Menschenschmuggel aus der DDR, die Stasi und die Tölzer. Auf die Handlung will ich gar nicht weiter eingehen, denn das Filmprojekt selbst ist derart bewundernswert, dass man sich einfach selber ein Bild machen sollte.

Sicher, die Schauspieler könnten professioneller sein, der Takt ausgefeilter, das Drehbuch ebenso, aber das ist alles egal. Hier haben wir ein weiteres Zeugnis dafür, dass man selbst einen Kinofilm drehen kann, wenn man nur möchte. Die durch die Bank hochsympathische Riege von Cast und Crew erlaubte uns, einen Tag am Set zu verbringen. Völlig ohne Berührungsangst durften die Journalisten einfach überall dabeisein, ihre Fragen stellen, ihre Kameras draufhalten und so weiter. Keine inszenierte Show für die Presse (von der Gelegenheit für ein Gruppenfoto einmal abgesehen), sondern ein echter Setbesuch.

Mein Fazit: Guckt Euch den Film an (Tödliche Verbindungen zu kennen, ist nicht nötig, aber wäre nett). Und das nicht nur, wenn Ihr das Gefühl habt, selbst noch irgendeine Spur auf diesem Planeten hinterlassen zu müssen. Dieses Team macht Euch vor, wie es geht und wie man dabei tierischen Spaß hat. Geht auf einen der Termine der Kinotour und fragt den Leuten Löcher in den Bauch. Ihr werdet merken, die kochen auch nur mit Wasser. Und in Full HD filmen heute sogar schon die Handys, also gibt es keine Ausreden mehr.

Hier ein Video vom Setbesuch, das ich gemacht habe – leider sind mir einige Szenen unscharf geworden. Aber ich schaffe wohl eh bald die Nikon D3200 an. Viel Spaß!

Das Leben gehört uns

Wieviele Schauspielerinnen es doch in Frankreich gibt, die auch noch Filme machen. Valérie Donzelli gehört dazu. Sie hat für diesen Tumorfilm zusammen mit Jérémie Elkaim das Drehbuch geschrieben und auch die Regie geführt. Das ist ein ganz persönlicher Film. Die filmische Verarbeitung persönlicher Erlebnisse im Zusammenhang mit einer bösartigen Krebserkrankung eines Kindes.

Der Kurzinhalt aus dem Pressematerial liest sich wie folgt: „Ein junges glückliches Paar, Roméo und Juliette. Ihr kleines Kind, Adam. Eine starke Bewährungsprobe. Und die grandiose Liebesgeschichte einer kleinen Familie“.

Was der Film in jedem Moment durchblicken lässt, dass Valérie Donzelli das Thema umtreibt, dass sie eine Dringlichkeit in sich spürt, die Geschichte zu erzählen. Was allerdings nicht ganz klar ist, was sie nun ganz genau erzählen will oder, wie ich an manchen Stellen dann doch den Verdacht gekriegt habe, ob sie nicht doch mehr zu „zeigen“ versucht, wie furchtbar doch der ganz bösartiger Tumor Rhabdoid im Kopf eines Kleinkindes sei. Oder will sie uns doch eher zeigen, wie zerbrechlich doch die Liebe ist?

Andererseits muss ich nun nicht unbedigt im Kino sehen, wie die Eltern die ersten Asymmetrien im Gesicht des Kindes feststellen, wie sie besorgt sind, wie sie zum Arzt gehen, zu Frau Dr. Prat, ein lustiger, heftiger Name für eine Kinderärztin. Ich muss das wirklich im Kino nicht so detailliert sehen, welche Untersuchungen nun gemacht werden. Was der Spezialist in Marseille sagt. Die Vorbereitungen zur Operation.

Die Erzählerin hat die Umgebung auch im Auge. Die Großeltern, die ängstlich auf das Resultat warten, die Eltern natürlich auch; wie eine Flasche Sekt vorbereitet wird zur Feier für die erwartete gute Nachricht von der gelungenen Operation. Das sind Momente, wo Donzelli sich durchaus der Mittel der Parodie oder Groteske bedient.

Auch bei einigen Szenen des Elternpaares Romeo und Julia im Spital. Die sind oft ganz unkonventionell; die Mutter am Anfang viel zu hysterisch. Auch die Entscheidung, bei welchem Arzt man operieren lassen wolle und dann die Suche in der Ärztegruppe, welcher nun der heilende Gott sei. Bitterscharfes Licht auf eine Realität, die sogar lachen machen kann, so gewichtig, wie sie sich gibt.

Was die Dringlichkeit des Erzählens auch unterstreicht: es wird mit minimalen Aufwand gedreht, mit einer sehr beweglichen Kamera, mit nicht allzuviel Lichtsetzungen; dadurch und auch durch den Wechsel in den Haltugen, von humoristisch bis todernst, von wissenschaftlich bis künstlerisch, entsteht der Eindruck einer raren Spontaneität, als ob sie erzähle, wie es ihr grad einfalle und es sind Details, die als merkwürdige Details unbahängig von der Story stehen bleiben können. Genauso wach und lustig und fast chaotisch könnte sie einen Film über Hygieneprobleme drehen.

UFO in her Eyes

Xiaolu Guo, die Autorin und Regisseurin dieses Filmes, möchte viel. Sie will den rapiden Wandel eines verschlafenen chinesischen Dorfes zeigen, in dem plötzlich Bildung, Geld und Bauwut Einzug halten. Dann möchte sie die Geschichte von Kwok Yun, gespielt von Shi Ka zeigen, die schon etwas älter ist und immer noch nicht verheiratet, die aber eine Affäre mit dem verheirateten Lehrer im Dorfe hat und diesen so weit treibt, dass er die Scheidung einreicht, so dass für die Bürgermeisterin eine Hochzeit stattfinden kann, die ihr bei den nächsten Wahlen helfen wird, nämlich eine politisch erwünschte Liaison zwischen einer ungebildeten Analphabetin und einem Intellektuellen, was der herrschenden Ideologie entspricht.

Guo fängt mit einem Bild der wunderbaren Gegend mit den vielen zuckerstockförmigen Bergen an, ein nackter Knabe spielt an einem Fluss, zieht etwas hinter sich her und wie die Kamera sich nähert, bewegt er sich von ihr weg, läuft dem Fluss entlang. Dann erfasst die Kamera eine Frau mit einer roten Bluse (die sich bei näherem Sehen als ein Poloshirt entpuppt), die auf dem Fahrrad durch die Gegend fährt. Sie trifft einen Mann. Die beiden schauen sich um. Sie suchen in der freien Natur einen Platz, wo sie sich ungestört lieben können, was sie dann auch heftig bis kunstgewerblich dargestellt tun. Eine Kuh muht im Hintergrund. Dazu ein aufgeregter Trommelrhyhtmus auf der Tonspur. Die Liebenden ziehen sich wieder an.

Dann ist die Frau allein. Sie findet einen Kristall. Jetzt lösen sich die Bilder wieder in kunstgewerbliche Fantasiegebilde auf, die Frau taumelt, es gibt Hintergrundgeräusche, die an einen Helikopter erinnern, es kommt der Titel. Wir sind am Ort „3-köpfiger Vogel“; jetzt verändert sich die Erzählweise. Sie wechselt ab zwischen Schwarz-Weiß-Sequenzen, in denen verschiedene Bewohner des Dorfes vorgestellt werden anhand einer Befragung durch eine Amstperson.

Unsere Frau hat nämlich im Dorf erzählt, sie habe ein UFO gesehen und das muss recherchiert werden. Was haben sie am 11. September getan? Das ist die Frage an den Wanderarbeiter, der Fahrräder repariert, an den Schlachter, der von Hygienevorschriften nichts weiß, an den Bauern, den Vater von Kwan, an die Bürgermeisterin, an den Lehrer, an den Computermenschen (der als einziger Kommunist ist).

Der Fahrradmechaniker wird politisch als subversiv eingestuft. Der wird später auch zu seinem Papieren kontrolliert und der Schlachter muss seinen Laden schließen. Der Vater der Frau des Lehrers hat sich im Karpfenteich umgebracht, ganz grausam umgebracht, weil der Lerher sich von der Tochter hat scheiden lassen; die Loverin des Lehrers sei schuld.

Es gibt aber noch andere Geschichten. Kwok hat nämlich einen verletzten Amerikaner gefunden, den spielt der Udo Kier gewohnt professionell und lebendig, der ist von einer Schlange gebissen worden und Kwan versorgt ihn in ihrer bescheidenen Hütte. Sie will Medikamente besorgen und wie sie zurückkehrt, ist der Amerikaner verschwunden. Der wird später, da fängt noch eine Geschichte an, 3000 Dollar an die ihm unbekannte Retterin schicken und sie wird die Heldin des Dorfes und das Geld soll in die Bildung investiert werden.

Die Bildung fängt an, Investoren anzuziehen. Es soll ein Hochhaus gebaut werden, ein Golfplatz, ein Ufo-Denkmal. Manche Projekte erlebt man im Film und wie gebaut wird, andere werden wieder vergessen. Der Karpfe, so nennen sie den Fischer, der fängt kaum mehr Fische. Zwischendrin gibt’s ein kunstgewerbliches Impressionen-Potpourri aus der Gegend. Das Hotel ist plötzlich fertig. Das UFO-Museum wird eingeweiht.

Wie im amerikanischen Film schwebt der Amerikaner mit einem Helikopter ein. Später gibt’s die Hochzeit zwischen dem Lehrer und Kwan. Parallel dazu gibt’s einen Aufstand der Bauern gegen die Bauarbeiter. Xiaolu Guo möchte einfach alles erzählen, was so passieren kann in einem Dorf und vor lauter vielem, weiß man nicht recht, auf welche der Geschichten man sich konzentrieren möchte, denn die brechen auch wieder abrupt ab.

Ein buntes Gemisch aus Spielhandlung, Landschaftsimpressionen, Informationen über das Leben in China. Nicht ganz klar ist, für wen Xiaolu Guo den Film überhaupt gemacht hat. Für die Westler, die Europäer, damit sie etwas über China erfahren? Oder für die Chinesen, damit die etwas über ihr Land erfahren können? Oder vor allem für die westlichen Förderer aus Deutschland und den Hubert-Bals-Fonds des Filmfestivals Rotterdam? Offenbar aber nicht für jenen Zuschauer, der eine spannende Geschichte im Kino erwartet, die ganz nebenbei vielleicht auch noch was über China erzählt. So ist der Film jedenfalls ganz schön anstrengend, wenn durchaus interessant.

The Lucky One – Für immer der Deine

Irakkriegstrauma-Süssholzverarbeitung à l’Américaine. Schon die nervig drüber gelegte Musik säuselt einem ständig ins Ohr, Krieg, das ist doch nicht so schlimm, Schicksal ist Schicksal, aber wir nehmen es in die Hand, so weit es geht. Und wenn es im Krieg nach so einem Raid, bei dem die martialisch ausgerüsteten amerikanischen Soldaten nachts brachial in die innersten Gemächer islamischer Familien eindringen, einen erwischt, so gibt’s einen Buddy, der dann im Verlaufe des Filmes die trauernde Hinterbliebene trösten kann. Aber so weit sind wir noch nicht.

In einer merkwürdig zusammengeschnittenen Art wird nach einem Bild mit Schiff über wunderbarer Flusslandschaft einer dieser berühmt-berüchtigten Raids im Irak gezeigt, es wird nicht ganz klar, ob das jetzt ein Vorfilm zu etwas sein soll oder ein Trailer. Der Raid wird immerhin in einiger Brutalität gezeigt.

Ein Soldat findet kurz vor einer weiteren Explosion ein halbes Foto mit einer blonden Frau drauf und einem markanten Turm im Hintergrund. Dann schleudert ihn die Explosion in die Bewusstlosigkeit. Es ist unser Marzipantörtchen von Mann, Zac Efron, Schwarm sicher vieler leicht entzündbarer Frauen, weil er kein angsteinflößender Mann in männlicher Hinsicht ist, ein Mann, den man in seinen Träumen wunderbar in die eigene Puppenstube einbauen kann.

Er kehrt zurück zu seiner Familie. Der Hund erkennt ihn sofort. Er leidet unter posttraumatischen Störungen, die sich in Panikattacken bei den kleinsten Geräuschen äußern, was für seinen Neffen recht gefährlich werden kann. In der familiären Umgebung fühlt er sich nicht wohl.

Er hat das Bild mit der Blondine gerettet. Er will die Frau suchen. Das ist immerhin dramaturgisch eine einleuchtende Geschichte. Er marschiert zu Fuss von Colorado bis in jene Flussgegend, die mir nicht näher identifizierbar schien. Er findet den markanten Turm. Er fragt Leute nach der Blondine. Er wird auf ein Hundeheim verwiesen. Er stößt auf die Blondine und ihm fehlen die Worte. So lässt er sich, statt vom Krieg zu berichten, als Helfer anstellen.

Im Haushalt ist noch die Oma der Blondine und ein Junge. Weil Zac Effron, der hier Logan heißt, immer mal ein bisschen ungeschickt in der Gegend rumsteht, macht das einen bedrohlichen Eindruck. Denn die Störung könnte jederzeit über ihn kommen. Der kriegsidelogische Kitsch verlangt nun, dass Blondine und Zac sich zu lieben anfangen; dass es noch den Vater ihres Buben gibt, einen richtig unsensibel und bös gezeichneten Polizisten, der es gar nicht gern sieht, dass Logan plötzlich bei den Hunden, den zwei Frauen und dem Buben arbeitet und nach dem rechten sieht.

Im Rhyhtmus wie es die Fernsehsender normalerweise verlangen, werden jetzt auch alle paar Minuten gesellschaftliche Ereignisse eingeblendet, ein Charity-Event, ein Markt, ein Fest, ein Tanzanlass.

Das Design der Bilder, vor allem wenn Natur vorkommt, ist sehr romantisch gehalten. Eine einhüllende, einfangende, beschützende Natur meist in warmem sonnigem Lichte bis goldherbstig, es sei denn, dass vorher gerade ein Sturm getobt hat. Schöne Bilder, immer im Grenzbereich von Feelgood und Romantik. Und immer diese beschwichtigend zupf-säuselnde Musik drüber, wie ein Zuckerguss, ob dem einem übel werden kann, die uns ständig suggeriert, es sei alles halb so wild, das Schicksal habe es letztlich gut gemeint.

Man plaudert auch gar nichts aus, wenn man erzählt, dass nach einem theatralisch heftigen Sturm endlich das Happy-End erreicht wird.

Das Bild mit der blonden Frau drauf hat Logan beschützt. Es sollte einen anderen beschützen. Aber das Schicksal wollte es so. Das muss man annehmen. Ein Film mit Gemütssauce aus allen Departments: dem ideologischen, dem bühnenbildnerischen, dem musikalischen, dem drehbuchmässigen, dem schauspielerischen. Kriegsheimkehrer-Melo aus dem tiefsten Süden. Zac Efron soll vermutlich das darstellen, was nach heutigen Life-Style-Magazinen ein schöner, attraktiver Mann zu sein hat.

Zum Brüllen komisch sind die Kussversuche zwischen Efron und der Blondine. Man sieht ihnen förmlich die Panik vor Tröpfcheninfektionen oder Schleimvermischungen an.

Verantwortlich für diesen Film zeichnen Will Fetters für das Drehbuch nach dem Roman von Nicholas Sparks und für die Regie Scott Hicks.