Der titelgebende Wirbel selbst kommt in diesem elegischen Film von Helvecio Marins Jr. Und Clarissa Campoina, zu welchem Felipe Braganca das Buch nach einer Originalvorlage von Helvecio Marins Jr. geschrieben hat, nur ganz kurz, fast mehr wie ein Wirbelchen vor.
Die Hauptdarstellerin im Film, die 84 Maria Sebastiana Martins Alvaro, ist mit dem Bus unterwegs im waldigen Brasilien, sie will dem Bruder ihres verstorbenen Mannes noch ein paar Habseligkeiten sorgfältig in einen Koffer gepackt vorbeibringen. Unterwegs unterbricht die Kamera gewissermassen diese Fahrt, schaut auf die rötlich-erdige Strasse mitten im wuchernden Amazonas-Gebiet, hinten ein Sturm und plötzlich quert von rechts nach links in Richtung nach vorne ein klitzekleine Windhose die Straße.
Verbal wird der Wirbel erst ganz am Schluss des Filmes noch mal erwähnt, wenn die Oma am umwaldeten Wasser steht und in die Weite schaut, dann philosphiert sie über den Mensch, der keinen Anfang und keine Ende habe, das kann ihn doch angstlos machen, aber Angst hatte sie auch mal, daran erinnert sie sich, als Mädchen im Wasser, da war so ein Wirbel, der ihr Angst gemacht hat.
Aber sonst gilt, man lebt einfach. Der Film ist aber auch ein Film über einen Verlust, über die Verarbeitung eines Verlustes, nämlich den ihres Mannes. Sie leben in einer Gegend, in der die Menschen bis vor wenigen Jahren noch keine Handys kannten. Wir lernen das Paar kennen, wie Maria von einer Party zurückkommt. Ihr Mann will aber nicht auf Partys, der sitzt lieber zuhause und spricht dem Alkohol zu. So hat sie wenigstens keine Mühe, ihn nachher nach Hause zu schleppen und sie hat ihr Vergnügen. Sie sieht das sehr pragmatisch, das scheint ihre Lebensphilosophie zu sein. Wie er stirbt, weint sie nicht. Weil sie das mit ihrem Mann so verabredet hat. Das erzählt sie ihrem Enkel. Der versucht daraufhin ein Lied zu singen.
Nach dem Tod bleibt der Mann aber für Maria anwesend, denn es gibt ja keinen Anfang und kein Ende. Sie hält Zwiegespräche mit ihm. Schimpft ihn in seiner Werkstätte, als ob er noch da wäre, sie schickt ihn weg mit seinem Gerede.
Auch in diesem Film wird deutlich, dass die Lateinamerikaner offenbar ein viel unverkrampfteres Verhältnis zum Tod haben als wir besitzorientierten Europäer. Dieses entspannte Verhältnis erlaubt ihr auch zu sagen, sie fürchte sich vor nichts. Sie überrascht allerdings ihre Enkel, wie sie erzählt, sie sei schon über Sao Paolo geflogen, das sind mindestens tausend Kilometer Entfernung von dem Ort, an dem sie immer gelebt hat, es dürfte sich um die Region um Recife handeln. Aber sie hat den Flug natürlich nur imaginiert – oder im Fernsehen gesehen.
Auch eine Pistole findet sich im Nachlass ihres Mannes, was zu einem längeren Gespräch mit der Enkelin führt, aber auch dazu, dass der Enkel die Waffe verkaufen darf.
Oft sitzt sie einfach da und denkt nach. Wer kann das heute noch. Die Enkelin ist aber besorgt, wenn sie das draußen an der frischen Luft tut. Es gibt so viel nachzudenken, das sagt sie auch.
Kleiner Hinweis auf einen sozialen Vorrang, wie die Oma zum Bruder ihres Mannes verreist, will sie nicht dass jemand das erfährt, außer der Enkelin, denn die Leute reden zuviel.
Ein Vorgang, der beeindruckt, der fast wie ein Naturvorgang anmutet, wie sie die Nähmaschine, an der sie bis vor kurzem noch genäht hat, in die Werkstatt hineinzieht. Ein langer Weg. Später dann sitzt sie auf dem Hometrainer, das Haar offen wie ein junges Mädchen und singt ein Lied. Oft lacht sie auch, ein Lachen an der Grenze zur Irre.
Dann haben die Filmemacher, weil sie wohl grad dabei waren, etwas Neujahrsfeuerwerk in den Film eingebaut und immer wieder unglaublich schöne amazonische Landschaftsaufnahmen. Warum sich nicht hin und wieder von den Gefühlen oder auch den Sehnsüchten nach schönen Bildern leiten lassen, wenn man gerade dabei ist, die Geschichte von einer philosophisch-pragmatischen Frau zu erzählen, die mit ihrer Lebensweisheit ein hohes Alter offenbar ohne größere Blessuren erreicht hat.