Ein Textilkaufmann aus Köln, Teilhaber der Firma LB & E, bahnt in Vietnam neue Geschäfte zum Bau einer Hemdenfabrik an. Er ist verheiratet, hat einen erwachsenen Sohn. Seine Frau macht ihm seit 8 Jahren das Leben schwer, belastet ihn mit einem vermuteten Knochenkrebs.
In Vietnam trifft er sich mit seinen Geschäftspartnern nicht nur zu Geschäftsbesprechungen, sie führen ihn auch aus und ihm in einer Bar die Vietnamesin Huong zu. Mit dieser verbringt er die Nacht im Hotel. Ihrem weiteren Liebeswerben kann er nicht widerstehen. Umso mehr als seine Ehe mit Maren offenbar eh nur noch formal besteht, obwohl er davon redet, dass er sie nicht verlieren möchte. Bei seiner Rückkehr nach Köln überrascht Maren ihn mit dem Befund „Knochenmetastasen“. Sie fährt zur Behandlung in eine Spezialklinik.
Ferner steht Thomas, so heißt unser Protagonist, ein Konflikt mit seinem Sohn Daniel ins Haus. Dieser möchte sich an einer Disco beteiligen und bräuchte dazu Geld vom Vater. Der wiederum ist skeptisch, erteilt dem Sohn eine kurze betriebswirtschaftliche Lektion (von wegen Prüfung der Bücher).
Derweil (etwas verkürzt zusammengefasst) ist Huong nach Deutschland gekommen. Ein unsympathischer Typ aus Siegen oder Solingen hat sie aus dem Katalog, in dem sie sich angeboten hat, bestellt. Thomas kauft sie also kurzerhand frei und bringt sie in seinem Zweitappartement, das er in Köln gemietet hat, unter. Sein Sohn kommt dahinter und will Huong wieder nach Vietnam zurückschicken. Thomas entdeckt dieses Vorhaben rechtzeitig und will einschreiten. Aber da jetzt schon über 90 Minuten vorbei sind, greift der Autor des Buches, Karl-Heinz Käfer zu einem billigen Trick, um das Ende einzuleiten: er lässt ein Auto in das Auto von Sohn Daniel, in dem Huong sitzt, reinfahren – dazu noch in einer unbelebten Straße. So kann der Film mit einem malerischen vietnamesischen Beerdigungszug enden. (Da der Film vor kurzem erst am Fernsehen gezeigt worden ist, muss der Content nicht als großes Geheimnis gehütet werden).
Thorsten C. Fischer hat diese TV-Geschichte tv-geschmeidig inszeniert, allerdings mit häufigen schwer verdaulichen, abrupten Sprüngen zwischen Vietnam und Köln. Habitus und Gesicht des Darstellers von Thomas, der Tatort-Kommissar Klaus J. Behrendt, haben etwas irritierend Faszinierendes. Will hier einer aus seiner Routine-Tatortwelt in die große Kinowelt ausbrechen und löst das in ihm wirklich längst von der TV-Realität eingeschläferte Kino-Feeling-Impulse aus? Oder ist es nur der Kulissenwechsel ins fürs deutsche TV doch exotische Vietnam? Behrendt stellt insofern auf jeden Fall etwas dar. Er hat Benimm, Pli, Formen, Präsenz. Meist trägt er offenes Hemd, dazu Sakko oder Mantel.
Ein Versuch von ARD und Degeto, sich über das deutsche TV-Biotop hinauszustrecken. Vietnam als Schauplatz. Da müssen korrekterweise jede Menge Hinweise auf den Vietnam-Krieg rein. Die wilde Verkehrssituation mit den vielen Mopeds ist zu sehen. Die sich anbietenden weiblichen Schönheiten. Die moderne Architektur einer Stadt wie Ho-Chi-Minh-City. Und wie es sich für ein ordentliches öffentlich-rechtliches Buch gehört, sind auch diverse wirtschaftsinformative Ausdrücke wie Benchmark oder ein kleiner Exkurs über die Globalisierung der Bratwurst einzubringen oder Texte zu den Löhnen der Arbeiterinnen, die arm vom Land kommen und erst die Feinmotorik für die Nähmaschinen lernen müssen.
Es gibt also viele Texthinweise, die vermuten lassen, dass es sich hier durchaus auch um ein Stück gebührenöffentliches Bildungsfernsehen in erstrebter Unterhaltungsform bilden soll. Ferner wird ein vietnamesisches Dorf besucht. Dort findet zufälligerweise gerade eine Hochzeit statt. Etwas Folklore muss sein bei so einem Projekt wie die Sauce beim Braten.
Was man der Regie lassen muss, dass sie den Schauspielern Momente des inneren Monologes lässt. Wie Thomas, nachdem seine Frau in die Klinik gefahren ist (und sie will von ihm nichts wissen, obwohl sie von seiner Liaison mit Huong nicht mal etwas ahnt) und er allein in ihr gemeinsames Haus zurückkehrt und nachdenklich wird. Derweil sitzt Huong im Appartment in Köln und schluchzt bis ein Rabenvogel gegen das Fenster der Parterre-Wohnung knallt.
Im Film kommt auch die ausdrückliche Warnung vor den asiatischen Frauen vor, die seien nur am Geld interessiert. Was sich umgehend bewahrheitet.
Der Pluspunkt dieses Filmes ist der Darsteller Behrendt. Gleichzeitig ist aber seine Figur, so wie sie vom Drehbuch her entworfen ist und handelt, ziemlich deppert. Es ist auch schwer verständlich, wieso er gegn Ende aus der Firma austritt. Und da das Ende eine Filmes, wie Drehbuchprofis gerne behaupten, der Anfang eines neuen Filmes sein können müsse, so fehlt dieser Figur ausdrücklich die Perspektive, was er weiter machen will, umso mehr als Huong tot und seine Frau in der Klinik ist.
Das Buch kommt über Fernsehdenke, deutsche Gebührenfernsehdenke nicht hinaus. Lediglich Behrendt sieht für sich die Chance, dieser zu entfliehen zu suchen, was einen eigenen Reiz entwickelt, aber irgendwie auch wieder komisch wirkt. Das Buch will gleich mehrere Themen behandeln: Krebs bei deutschen Frauen, Asiatinnen auf dem deutschen Heiratsmarkt, die Lohnsituation asiatischer Arbeiterinnen und auch die Problematik von wirtschaftlichen Joint-Ventures mit Asien. Und kümmert sich nicht um das einzig und vordringlich wichtige: den Hauptkonflikt der Figur Thomas.
Dass man ihm trotzdem gerne und auch neugierig zuschaut, dürfte vor allem an seiner darstellerischen Bemühung liegen, an der angenehm zurückhaltenden Sprechweise, darin, dass er einer ist, der auch schaut, perzipiert in seiner Rolle, der aufmerksam zuhört und nicht nur, wie zum Beispiel seine sämtlichen Partnerinnen Maren, Dagmar, Cornelia, die für mich als reiner TV-Routine-Cast rüberkamen, die „Zuhören“ nur spielen. Insofern war man doch über eine Weile des Filmes Voyeur eines inneren Konfliktes von ihm, wie entscheidet er sich hinsichtlich Huong und seiner Frau. Aber wie klar wird, dass diese Ehe eh schon im Eimer ist, entfällt das Konfliktpotential auf der Stelle wieder.
Auf den Titel des Filmes wird nicht weiter eingegangen, einmal feiern die Vietnamesen in Köln wohl das Jahr des Drachen oder Neujahr (?), in der unbelebten Straße, in der ein Vietnamese ein Lokal hat, in dem auch Bilder aus dem Vietnam-Krieg hängen.
Die Vietnamesen haben gelernt, ironisch zu sein, es gibt zum Beispiel einen Drink, der heißt B 52 (das waren die amerikanischen Bomber).
Ein Beispiel, woran sich zeigt, dass dieser Film, obwohl ein ambitioniertes TV-Projekt, doch in den Fängen des Fernsehdenkens kleben bleibt: die Schilderung der Ehe von Maren und Thomas: es gibt nur wenige Szenen und in der wichtigsten wird der Dialog vor allem dazu benutzt, dem Zuschauer Informationen über, also die theoretische Beschreibung dieser Ehe zu liefern. Es fehlen aber gerade die Szenen, die das auch empirisch nachvollziehen liessen. Dazu bräuchte der Film allerdings ein viel stringenteres Handlungsgerüst, als nur ein paar Flüge zwischen Köln und Saigon, wobei Flüge übertrieben ist, denn es handelt sich lediglich um Hin- und Herschnitte, den Flug muss man sich denken und die Zeit und die Veränderung, die eine solche Zeit bewirkt, auch. Insofern muss ich aber die weiter oben kritisierten Schauspielerinnen wieder in Schutz nehmen: das Drehbuch liefert ihnen nun grad so gar kein Futter: insofern ist es richtig solche Rollen mit Leuten zu besetzen, die Text auf Punkt und Komma und auf Befehl liefern können. Ein Genuss ist es nicht.
Warum ständig geraucht wird, ist mir unergründlich. Es wird auch so gut wie nicht thematisiert. Es hilft auch den Szenen nicht, es scheint sich um eine Verlegenheitslösung zu handeln. Einmal wird das Rauch-Räuchlein benutzt um einen Szenenübergang weich wirken zu lassen.
Auch das Verhältnis vom Vater zum Sohn wird vor allem durch eine ziemlich verunglückte Rede anlässlich des 50. Geburtstages von Vater „erklärt“, bleibt insofern gesprochenes Papier (immer unerreichbares Vorbild).
Der Darsteller des Sohnes, ein intelligentes Bürschchen, das sich aber durch die Annahme solch papierener, stereotyp geglätteter Rollen selbst in eine Fachfalle hineinspielen dürfte.
Schampe, so sprechen Vietnamesinnen im deutschen Fernsehen das Wort Schlampe aus. Aber sie will ja deutsch lernen.
Unscharfe Charakterisierung von Thomas, zum Beispiel wenn er auf Geldforderungen von Huong sagt, er sei doch kein Geldautomat. Oder dass er selber sagen muss, er sei Hemdenverkäufer; der Satz kam mir papieren vor. Na ja, und das entsetzte Schauen, beim tödlichen Unfall von Huong, da ist nicht ganz klar, ob das Entsetzen doch mehr dem Drehbuch gilt. Aber es ist auch insofern schwierig, auch für den Zuschauer, das abzunehmen, weil eben diese Liebe zu Huong empirisch nicht eine Sekunde nachvollziehbar war trotz halbleckerer Bettszenen.
Vietnam.
30 Jahre Krieg.
3 Millionnen Tote.
Und jetzt haben wir amerikanische Burger.
Und wir haben diesen Film.
Aber Behrendt lacht nicht einmal in diesem Film; ist das nicht etwas too much erstrebter Movie-Heiligkeit?
Ein Textilkaufmann aus Köln, Teilhaber der Firma LB & E, bahnt in Vietnam neue Geschäfte zum Bau einer Hemdenfabrik an. Er ist verheiratet, hat einen erwachsenen Sohn. Seine Frau macht...