Archiv der Kategorie: Film

Beyond Punishment

Unaufdringlich aphoristische Präsentation von gedankenanregenden Statements zum Thema „Töten“ als menschlicher Handlung und dessen Folgen für Opfer und Täter anhand der Vorstellung des Modells „Restorative Justice“, das die Professorin und Ex-Richterin Jeanine Geske in Wisconsin entwickelt hat und dort praktiziert.

Dabei treffen in einem geschützten Raum und Gesprächskreis Opfer und Täter von Mordtaten aufeinander, allerdings nie die direkt Betroffenen. Zu Füßen haben die Teilnehmer ihr Namensschild, in der Mitte der Runde steht eine Kerze auf dem Boden.

Ausgehend von einer Vorstellung dieses Modells geht der Dokumentarist Hubertus Siegert weiter. Er versucht in drei verschiedenen Fällen die jeweiligen Parteien zusammenzubringen. Das gelingt, wenn überhaupt nur bedingt oder nur indirekt.

Leola und Lisa, deren Sohn, resp. Bruder wegen einer Kleinigkeit von Sean erschossen wurde, sind immerhin überrascht, dass Sean offenbar schreiben kann, können sich jedoch nicht zu einer Konfrontation durchringen. Genauso wenig wie Erik, dessen Tochter von ihrem Freund Stiva erschossen worden ist. Hier lässt der Filmemacher die durch den Mord schicksalshaft Verbandelten Aussagen über Computer des jeweils Anderen anschauen. Und im Falle von Patrick, dessen Vater von der RAF ermordert wurde, kommt immerhin eine Begegnung mit Manfred, einem verurteilten RAF-Mitglied zustande, wobei Aussöhnung vermutlich anders aussehen würde.

Die Stränge der Begegnungen mit seinen Protagonisten unterschneidet Siegert immer wieder mit ruhigen Orts- und Landschaftsaufnahmen, die dem Kino angemessen sind, auch lässt er sich nicht von dem vom Fernsehen gern gewünschten Kurzatmigkeitsschema aus der Ruhe bringen.

Die Statements setzen Gedanken in Gang zum Thema „Du sollst nicht töten“, dass das Töten in diesen Fällen immer erst durch bestimmte Umstände und Situationen als Lösung erschien, der ideologische Krieg der RAF, die telefonische Provokation von Stiva durch seine Freundin oder Sean, der durch viele Frusterlebnisse so geladen war, dass ein Eierwurf genügte, um ihn zum Selbstjustizler zu machen.

Klar wird auch, ohne Waffen wären diese Morde wohl nicht geschehen. Klar wird ferner: so ein gewaltsam von Menschen herbei geführter Tod belastet alle Beteiligten, sowohl Täter als auch die Hinterbliebenen der Opfer bis ans Ende des Lebens.

Das Einsperren der Täter in den Knast, in den USA oft jahrzehntelang, ist außerdem eine weitere, offene Frage, wie sinnvoll das ist, ob das die Häftlinge zu besseren Menschen macht. An zwei Stellen blinkt ein möglicherweise unheilvoller Einfluss der Boulevardpresse auf. Wobei es allerdings die Hinterbliebenen beruhigen kann, zu wissen, dass der Täter nicht wieder zuschlagen kann. Lauter Themenkreise und Fälle, zu denen man sich eine Vertiefung wünschte und die zu lösen unsere Gesellschaft noch lange keine befriedigende Antwort hat.

Acht Namen für die Liebe – Ocho Appelidos Vascos

Vorurteile mögen im Leben oft erleichternd wirken, weil sie Verzicht auf Differenzierung und genaue Auseinandersetzung bieten. Aber wenn es um die Liebe geht, können sie auch maximal hinderlich sein.

Dieser spanischer Erfolgsfilm (über 10 Millionen Besucher in Spanien) von Emilio Martinez Lazar nach dem Drehbuch von Borja Cobeaga und Diego San Jose nutzt das Spannungspotential des innerspanischen Vorurteilsgefälles zwischen dem Baskenland und Andalusien (über die Andalusier wird der Witz mit der Gonorrhoe erzählt), um aus der Liebesgeschichte zwischen der baskischen Amaia (Clara Lago) und dem andalusischen Rafa (Dani Rovira) komödiantischen Drive, Humor und RomCom-Feeling zu extrahieren.

Die Eröffnungssequenz wirft den Zuschauer mitten hinein in das spanische Temperament und die spanische Vitalität, die erst mal mit viel Energie die Vorurteilsfronten anlässlich eines Tanzereignisses aufbauen. Exposition der Vorurteilslage.

Bei diesem Ereignis verliebt sich Rafa auf den ersten Blick in die temperamentvolle, höchst abweisende und nur Vorurteile gegen die Männer im Allgemeinen und die Andalusier im Besonderen ausspuckende Amaia. Die beiden landen betrunken zusammen im Bett. Es rührt sich rein gar nichts, weil Amaia tief schläft. Berührung findet lediglich peripher statt, weil die Matratzen zu weich sind. Aber der Liebeskeim und der Wunsch nach mehr sind gelegt.

Am nächsten Morgen ist Amaia verschwunden, lediglich ihre Handtasche mit Handy und Adresse und nichts Weiblichem drin (was die Kollegen von Rafa zu den wildesten Terroristenvermutungen anstachelt) sind noch da. Kurz entschlossen macht Rafa sich auf den Trip ins Baskenland.

Wie der Autobus dort einfährt, herrscht gerade Gewitterstimmung und mit lässigen Farbfiltern illustriert der Film das gespenstische Vorurteil gegen diesen spanischen Landflecken. Amaia erteilt Rafa erst eine Abfuhr.

Rafa spielt sich in einer Bar als baskischer Revolutionsführer auf (der kein Wort baskisch spricht); das wird noch groteske Folgen haben. Und weil er dummerweise auf ihrem Handy eine Nummer gedrückt hat, glaubt Amaias Vater, die Tochter hätte nach Jahren der Funkstille wieder den Kontakt zu ihm aufgenommen. Wodurch für die kommenden baskisch-andalusischen Verwicklungen und Verwirrungen ein weiterer Mitspieler eingeführt ist.

Vorher schon hat sich im Bus zwischen Rafa und einer Dame gut in Jahren eine Beziehung angesponnen, die auch wunderbar in die Komödie, mit den entsprechenden Zufällen, versteht sich, eingebaut wird. Hinzu kommt, dass Amaia ihrem Lover den Laufpass gegeben hat, obwohl bereits das Hochzeitskleid angefertigt worden ist.

Somit wird die ganze Klaviatur der Mentalitäts- und Sprach-Vorurteile und der Liebeserwartungen (der Betroffenen selbst als auch ihres Umfeldes) durchgespielt. Nach all den heftigen Eruptionen, die in Spanien sicher einen Kern des Wesens der Spanier treffen, findet der Film einen wunderbar ruhigen Bogen zu seinem Ende. Gekrönt wird es durch echte, andalusische Liebeslieder. Da können Herz und Gemüt dahinschmelzen.

Spy – Susan Cooper Undercover

Durchgeschüttelt fühl ich mich wie in einem trudelnden Flurzeug und anschließend weich gelandet auf den Möpsen der umwerfenden Melissa McCarthy, um eine der Scherzebenen aufzugreifen, zwischen denen diese unterhaltsame Undercover-Parodie von Paul Feig (Brautalarm) dichtest gaggetaktet pausenlos hin und herspringt.

Durchgeschüttelt allein durch den ständigen Wechsel der Scherzebenen: zwischen Arbeitsplatz, Anbandeln, Liebe, Rivalität und dann wieder Eierrasieren und sich an Möpsen festklammern (um nicht vom Helikopter abzustürzen). Durchgeschüttelt vom umwerfenden Wesen einer Melissa McCarthy, um die herum jeder Film und jedes Genre unbeeinträchtigt gebaut werden kann, ja, die jedes Genre zusätzlich beseelt.

Melissa McCarthy ist nicht nur ein stereotypes Dickerchen, was sie je nach Kostüm durchaus auch darstellen kann, zum Beispiel in der Tarnung einer Katzenmammy, die nach Rom reist. Ihr nimmt man auch heftigste Stuntszenen ab. Und genauso ihren Job als Fledermaus in einem Keller von Langley, der Zentrale des CIA, von wo aus sie den von ihr geführten und betreuten Frontmann mithilfe totaler Überwachung, was sind wir dankbar, dass es die NSA gibt, mit schlafwandlerischer Sicherheit durch Unmengen feindlicher Kämpfer und labyrinthische Gänge in undurchsichtigen Bauten in fremden Länder führt, wenn denn die Übertragungs- und Überwachungssysteme funktionieren.

Melissa McCarthy ist der Knopf im Ohr ihrer Agenten. Sie kann auf dem Bildschirm alles sehen und sie auf die nächsten Gefährder aufmerksam machen. Klar, dass sich durch so intime berufliche Kontakte auch menschliche Sehnsüchte ihren Weg bahnen. Dann ihre Kollegin Nancy, Miranda Hart, eine anrührende Gestalt, die so ein bisschen ungehobelt, mitleiderregend ungeschickt wirkt, und die später ihren ganz großen Auftritt haben wird, wie ein Phoenix aus der Asche, aus dem Mauerblümchen wird eine Orchidee.

Gegen so viel Frauenpower, Fraulichkeit und auch Menschlichkeit von der Zehe bis zur Haarlocke muss ein abgebrühter Kämpfer, der das schon in vielen Filmen geübt hat, Jasom Stratham, richtig dick auftragen, um wenigstens peripher wahrgenommen zu werden. Auch das ist eine der Schüttelebenen diese Filmes, der nicht spart mit Insiderjokes, mit Genreveralberung.

So entsteht ein lustiger Mix aus James Bond, von der Storystruktur her – aber nie so tierisch ernst mit den technischen Tüfteleien und actionrekordverbissen – und 70erJahre-Mittelmeerklamotte, dem kaum zu widerstehen ist.

Dazu kommt die übliche Undurschaubarkeit von solchen Geheimdienststories. Irgendein ganz Böser und ganz Mächtiger ist hinter einer Atombombe her, von der eigentlich nur ihr Erbauer wusste, wo sie sich befindet. Ihn aber hat thrillermässig der Tod ereilt. Jetzt geht die Jagd los auf dessen Tochter, die doch sicher wissen müsste, wo das Teil sich befindet. Aber auch ihre Wege sind schwer durchschaubar und noch schwerere ist es, an sie ranzukommen und noch viel, viel schwerer, ihr Vertrauen zu gewinnen. Dazu muss schon Melissa McCarthy aus dem Fledermausdasein an die grelle Front beordert werden mit neuer Tarnidentität (auch darüber wird geflachst). Das gelingt ihr mit teils verblüffender Offenheit, mit teils verblüffenden Lügen.

Viele alltägliche Kleinigkeiten und Wehwehchen sind als weitere Zutat oft von entscheidender Bedeutung oder nur für Witze gut: eine Bindehautentzündung, Mutterratschläge, Darmerkrankungen, Hämorrhoiden, Schwanzfresse, Sackrasur, Stool Softener oder der Wettstreit, wer die Mission wohl verbocken werde. Um dann wieder am Rande des Verblödelns vorbeizuschrammen (könnte sich gelegentlich aus der Drehsituation ergeben haben). Und ein weidlich ausgekosteter Cameo-Auftritt des Rappers 50Cent.

Hirschen – Da machst was mit!

Es gibt Filme, da macht es durchaus Sinn, einen Satz oder zwei über die Hintergründe zu verlieren.
George Inici, der Autor, Regisseur, Produzent und auch einer der Protagonisten in seinem Film, ist von Hause aus Schauspieler. Seine Rollen laut IMDb waren unter anderem: Bodyguard, Dieb, Punk, Häftling, Türkischer Soldat, Türsteher und so weiter über 30 mal, die üblichen Typecasting-Geschichten einer vorgeblich professionellen Castingbranche. Welche Talentverschwendung kann man da nach „Hirschen“ nur sagen.

Inci war nicht glücklich über diese pseudoprofessionelle, vorurteilslastige Besetzungspoltik, fing selber an Filme zu machen. Und da ihn keiner fördern wollte, packte er es selber an, „Self-made“ statt zu jammern. Wobei für ihn das Wichtigste die Geschichte ist. Und dass er eine Geschichte entwickeln und inszenieren kann, das beweist er mit diesem Film.

Das Geschichtenerzählen ist einer der Kerne des Kinos und in Deutschland nach wie vor das schmerzhafteste Defizit. Worum geht es also in „Hirschen“, den Inci mit Beatrice von Moreau, die auch eine der Hauptrollen spielt, produziert hat?

Einem Tiroler Bergdorf bricht die wirtschaftliche Basis weg. Der Fabrikant Schlotter schließt seinen Betrieb und haut ab. Viele Bewohner machen es ihm nach. Einige wollen es sich nicht bieten lassen. Wie in „Ganz oder gar nicht“ suchen sie Ideen, wie sie gegen die sich ausbreitende Depression etwas unternehmen können. Die Antwort, die ist klamottenhaft wie das Hirschenkostüm, was eine wichtige Rolle bei der Umsetzung der „Geschäftsidee“ spielen wird.

Ein Verkehrsunfall mit einem Hirsch bringt den Bewohnern die Erkenntnis, dass die Unfallopfer eine Zeit im Dorf verbringen, bis nämlich das Auto repariert ist. Das bringt Arbeit für die Werkstatt und Umsatz für das Gewerbe. Wenn es nun mehr solcher Unfälle gäbe, würden mehr Leute einige Zeit im Dorf verbringen und da auch Geld ausgeben, so die Spekulation.

Da Hirsche nicht dressierbar sind, müssen zwei Männer den Hirsch in diesen faschingshaften Woll-Kostümen spielen, um die Autofahrer von der abschüssigen Fahrbahn abzubringen; am Rand werden Strohballen zur Vermeidung von Totalschäden aufgebaut.

Die Zirkusnummer auf der Straße funktioniert so gut, dass das Dorf bald eine einzige Ansammlung von Patienten mit Kopfverbänden ist. Gleichzeitig ist der Geothermieexplorant Gandhi (dieses Namenspathos sei dem sympathischen Regisseur und Darsteller gegönnt) eingetroffen. Es geht um den Bau einer Forschungsstation und somit um Zukunftshoffnung.

Die auffällige Häufung von Wildunfällen in der Ortschaft „Hirschen“ bleibt jedoch andernorts nicht unbemerkt. Weitere Spieler tauchen auf und die Komplikationen können beginnen.

Was als starker Punkt keck von der Leinwand runterspringt, das ist das zweite Gewicht, das Inci im Kino sieht: Bewegung, movie kommt von to move, bewegen. Er lässt seine Darsteller mit großer Körperlichkeit und ebensolchem Spaß daran agieren in einer Art ursprünglicher Commedia-del-Arte, was viel komische Wirkungen erzielt und immer wieder unterhaltsam rüberkommt, im Sinne eines originären Volkstheaters, eine Wohltat gegen die vom Zaun gebrochene, meist alberne TV-Komik, die sich im dominierenden Pfründenkino breitmacht. Das Gros der Darsteller, so steht es im Presseheft, stammt aus der Volkstheatergruppe des Drehortes Außervillgraten in Österreich, ein Glücksfall von Cast, der die ganze Begeisterung und schön urigen Dialekt ungekünstelt rüberbringt.

Auch bei der Vertonung kennt Inci keine Hemmung, immer das Röhren der Hirsche im Hinterkopf und selbstverständlich im Fokloremusimodus. Und noch eine Stärke seiner Inszenierung: er lässt den Figuren Zeit, Zeit zum Nachdenken, Zeit für Entscheidungen und Unsicherheit, was immer spannend rüberkommt und den Zuschauer ungehindert teilhaben lässt.

Im Hinblick auf einen allfälligen Verkaufserfolg wäre Inci allerdings zu raten, mithilfe eines professionellen Cutters noch eine etwas gestraftere Fassung des Filmes herzustellen.

Kind 44

Dieser Film von Daniel Espinosa (Safe House nach einem Drehbuch von Richard Price nach dem Thriller von Tom Rob Smith evoziert düster und beklemmend die Sowjetatmosphäre aus der Zeit des Kalten Krieges anhand der Geschichte von Leo Demidov, Tom Hardy (zuletzt als Mad Max), mit Waisenhauskindheit und nicht ganz sauberer Vergangenheit bis zum Kriegsende; dort sollte er als erster die sowjetische Fahne hissen, musste dafür aber die vielen Uhren, die er toten Soldaten abgenommen hatte, vom Handgelenk entfernen; ein Charakter mit Fehlern als Held.

In der Stalin-Sowjetunion macht Leo nach dem Krieg eine kleine Karriere, er der Kriegsheld, beim Geheimdienst MGD. Er wird mit Kindstoden konfrontiert, die auf Mord schließen lassen. Aber: im Paradies gibt es keinen Mord, so die offizielle Ideologie.

Leo gerät in Konflikt zwischen Wahrheit und Ideologie und wird, da er auf der Seite der Wahrheit steht, mit seiner Frau Raisa, Noomi Rapace, in die ferne Provinz verbannt. Er hätte es leichter haben können, wenn er seine Frau bezichtigt und verraten hätte. Aber die Liebe zu der vorgeblich Schwangeren siegte.

Sie als Lehrerin muss an der Schule Putzdienste leisten; er wird in seiner Funktion herabgestuft; ein Drecksloch wird ihnen als Wohnung zur Verfügung gestellt. Aber wieder wird Leo mit toten Jungen entlang der Bahnlinie konfrontiert. Es gibt inzwischen Dutzende. Und immer wird ein Schuldiger verurteilt. Trotzdem geht die Mordserie weiter. Die Toten weisen alle die exakt gleichen, professionellen Tötmerkmale auf.

Jetzt zeigt der Film, wie offenbar noch im grausamsten, mörderischen System die Wahrheit nicht ganz chancenlos ist, bei allen Gespinsten von Verrat, Unterdrückung und Kontrolle und mit soliden detektivischen Mitteln und etwas Zivilcourage.

Ein schönes Beispiel für Kontrolle in so einem System gibt es in Moskau. Wie Leo und Raisa mit wohlwollender Duldung seines Chefs aus ihrer Verbannung heraus einen Trip nach Moskau zwecks Quellenforschung unternehmen. Dort wird durch eine Art Betriebsunfall klar, dass sie vor Ort sein müssen, der Bahnhof wird streng von Uniformierten kontrolliert. Aber der aufmerksamen Lehrerin Raisa entgeht nicht, dass es mindestens einen Offizier gibt, der nicht lesen kann. Der lässt sie und ihren Mann denn auch nach einem leeren Blick in die Papiere ungeniert passieren.

Trotzdem bleibt die Staatsmacht den beiden auf der Spur. Das führt zu Actionszenen in der Eisenbahn, heftig und blutig und später auch am Ort, wo sie den mutmaßlichen Massenmörder ausfindig zu machen glauben.

Dass es auf dem Wege zum Countdown noch zu einer minutenlangen Schlammschlacht kommen muss, das ist vielleicht eine Idee zu viel des Plastischen in diesem leicht und stringent inszenierten Thriller mit hervorragenden und hervorragend geführten und somit glaubwürdigen Darstellern; die Farbgebung einer grauen Sowjetunion angemessen, die Musik eher im Hintergrund weder drauf drückend auf die Szenen noch sie kommentierend. Exzellent besetztes Ensemble. Auch die deutsche Synchronisation ist sorgfältig und trägt ihren Teil zur düsteren, misstrauischen Stimmung bei, die eine Illustration zum Thema Vergiftung der Herzen abgibt.

Bei der systemischen Entmenschlichung, wie sie hier gezeigt wird, kann es einem kalt den Rücken runterlaufen.

Frau in Gold

Ausgezeichnete Systemkinematographie zum Thema Nazis und die Raubkunst am Beispiel von Gustav Klimts „Die Frau in Gold“, will heißen, ein Kino was unter dem Primat der Forderung nach einer in sich stimmigen und stringenten Geschichte nach bestimmten Regeln gekonnt nach einer „wahren Geschichte“ ein spannendes und gleichzeitig unterhaltsames Movie baut, da und dort geschönt, vereinfacht, nicht aber am Kern vorbei und mit klarer Moral, und dies mit blendenden Schauspielern darstellen lässt; wobei auch die Figuren und ihre Needs sorgfältig herausgearbeitet werden, ebenfalls unterm Primat der Forderung nach einer runden Geschichte.

Der Aufhänger ist das Gemälde „Die Frau in Gold“ von Gustav Klimt, eine Auftragsarbeit für eine reiche jüdische Familie in Wien, anfangs des letzten Jahrhunderts hergestellt und kurz vor Ende des Jahrtausends endlich der rechtmäßigen Erbin, der Nichte Maria der Proträtierten restituiert.

Es ist auch eine Geschichte, die den Holocaust erinnert, die gigantischen Bilder- und Kunsträubereien der Nazis und die mühsame Geschichte der Rückgabe der Kunstgegenstände, die noch lange nicht zu Ende ist, wie aktuell der Fall Gurlitt zeigt oder im BR-Fernsehbeitrag Unter dem Hammer der Nazis das Beispiel der Galerie Neumeister in München.

Dass die Erben der einstigen Inhaber ein Recht auf das geräuberte Gut haben, das stellt der Film plausibel dar. Als Hauptperson figuriert Maria Altmann, Helen Mirren. Sie betreibt in L.A. einen kleinen Laden. Sie hat die Vergangenheit, die Jugend in Wien hinter sich gelassen und will nie wieder etwas davon wissen. Sie kannte selbstverständlich ihre Tante Adele Bloch-Bauer und auch das Porträt von ihr.

Anlässlich einer Beerdigung, an der auch der junge Schoenberg-Nachkomme Randy Schoenberg, Ryan Reynolds, zugegen ist, wird der Zusammenhang zwischen Maria und dem Klimt-Gemälde offenbar. Randy wird als ein eher leichtfüßiger Nachwuchsanwalt charakterisiert. In Pasadena ist er mit einer eigenen Kanzlei wenig erfolgreich gewesen. Er bewirbt sich gerade bei einem renommierten Haus. Seine Herkunft und Beziehung sind ihm dabei durchaus von Nutzen. Auch wie er sich hier durchzusetzen versucht, ist einer der Spannungsstränge der Geschichte.

Zur Systemkinematographie gehört in diesem Fall auch eine kleine Familiengeschichte. Randy ist jung verheiratet. Seine Frau ist mit dem zweiten Baby schwanger. Der notorische, aber hier durchaus genießbar konstruierte Konflikt zwischen Familie und Job ist somit auf den Weg gebracht.

Randy kann Maria überreden, mit ihm nach Wien zu fahren, um die Restitution des Gemäldes zu fordern. Wie im wahren Leben – über den Fall ist lange geschrieben worden – türmen sich ungeahnte Hindernisse auf.

Auch Maria ist nicht so leicht handhabbar, sie wird als eigenwillig charakterisiert, aber auch humorvoll; so eine Figur ist bei Helen Mirren in besten Händen.

Dass das Klimt-Bild einen Schätzwert von 100 Millionen hat, erhöht selbstverständlich den Reiz der Geschichte; denn um an so ein Erbe zu kommen, braucht es vorher oft den Einsatz von viel Geld, was weder Maria noch der Anwalt haben. Aber in einer guten Geschichte findet sich immer eine Lösung und auch der Anwalt wird nicht zu kurz kommen.

Dass das Gemälde nach dem Willen von Maria immer der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden soll, wenn nicht in Wien, so doch in der Galerie Lauder in New York, das könnte einen durchaus veranlassen, hinzufahren und sich das Bild im Original anzuschauen, um sich zu vergewissern, dass es sich hier tatsächlich nicht um eine Erfindung des Kinos handelt.

Sympathisch, dass das Kinderbuch Struwwelpeter eine Rolle spielt und auch, dass viele internationale Darsteller für ihre deutschen Sätze offenbar einen guten Coach hatten. Daniel Brühl hat als investigativer Journalist in Wien einen weitern gefälligen, achtbaren Auftritt im internationalen Kino; er nimmt Mirren und Reynolds keine Butter vom Brot.

Poltergeist

Ein Film für Bayern. Ein Film für Horst Seehofer. Ein Film für Elmau. Ein fröhlicher Horror. Expect the (un)expected!

Ein Film für Bayern und für Horst Seehofer, weil er eindringlich die Gefahren schildert, die von Stromtrassen auf Wohngebiete ausgehen, erst recht, wenn dort vorher Friedhöfe waren. Ein Film für Elmau, weil er mir vorkommt, wie eine Realsatire auf die Vorkehrungen der höchst alarmierten Sicherheitsapparate für den Gipfel im Juni: Versuche, all die demokratischen Poltergeister zu bekämpfen und fernzuhalten, die später der Gipfel zu seinem akademischen Thema machen dürfte.

Dieser von Gil Kenan mit größter Leichtigkeit inszenierte Spukstreifen nach einem Drehbuch von David Lindsay-Abaire auf der Grundlage einer Geschichte von Steven Spielberg strotzt nur so vor Normalität, die geradezu nach Paranormalität schreit. Diese Normalität einer normalen Familie mit drei Kindern, einem hochsensiblen Mädchen Madison noch im fühligen Kleinkindalter, dem todernsten Brüderchen Griffin, der hochkonzentriert Horrorgames auf seinem Tablet spielt, und das bereits erwachsene Schwesterchen Kendra sowie Vater Eric, Sam Rockwell, der eben bei einer renommierten Firma arbeitslos geworden ist und Mutter Amy, Rosemarie DeWitt, die abstreitet, dass sie Schrifstellerin sei, sie sei Hausfrau sagt sie; es lebe die Normalität. Die Familie ist eben umgezogen in eine neu errichtete, sterile Schlafstadt; daneben stehen in mehreren Reihen Strommasten und tragen schwere Stromleitungen.

Das Haus selbst ist hochmodern verdrahtet und durchelektrisiert. Die Eltern machen gleich am Abend des Einzugs einen gestylten Antrittsbesuch in der Nachbarschaft. Die Kinder erleben derweil die ersten Spuren der Paranormalität.

Die alarmierten Eltern engagieren sympathisch vertrottelte, professionelle, provinzielle Paranormalitätsforscher. Sie kommen mit ihren entzückend altmodischen Forschungsinstrumenten auf den Befund „Poltergeist“. Der hat Madison in seine Gewalt gebracht, hat sie durch das „Portal“ hindurchgezogen, in der Hoffnung, er selbst könne sich damit aus seinem Schicksal befreien.

Dieser Poltergeist ist für die Abordnung des „Department of Paranormal Research“ allerdings eine Nummer zu groß (wie Elmau auch!); jetzt muss ein Poltergeistbekämpfer-Star her, Jared Harris als Carrigan Burke. Er arbeitet schon seit Jahrzehnten im Metier und der nette Junge vom lokalen Team ist voller Bewunderung für ihn. Allerdings mutet Burkes Instrumentarium zur Befreiung von Madison noch einen Tick antiquierter an: mit einem Tau will er die Lage klären.

Es ist ein humorvoller Horrorfilm, auch wenn ich im Original-Amerikanisch nicht jeden Joke verstanden habe. Es gibt den ganz banalen Ehepaar-Unterwäsche-Talk genauso wie die Bemerkung zu den Poltergeistforschern über ihr „safe, stable Academia“, wie der Hausvater an einer Stelle uzt.

Die Kamera von Javier Aguierresarobe nutzt 3D genial, um die beengende Qualität von Normalräumlichkeiten herauszustellen, ein bemerkenswerter Effekt.

Immer auch blitzt die Frage der Diskrepanz zwischen Realität und Wahrnehmung auf, die Möglichkeit verschiedener Realitätsebenen. Zum Showwert des Filmes trägt die darin beschriebene Eigenschaft von Poltergeistern bei, dass sie expressiv seien, das kann bis zur Clownerie gehen oder sich bildwirkungsvoll in der Affinität zur Elektrizität entladen. Dabei spielen die Darsteller mit einem weichen Ernst und übertreiben brauchen sie schon gar nicht, da hat die Castingabteilung vorgesorgt.

Unterhaltsamer Horror. Die Drohne und die Normalität.

Nicht alles schlucken – Ein Film über Krisen und Psychopharmaka

Was verbindet das Kino mit der Psychiatrie? Die Leinwand, die Haut, die Oberfläche, die mit der Seele kommuniziert – oder schlicht das Interesse für den Menschen, für das Gegenüber?

Das ist nicht die Frage, die sich in diesem Film von Jana Kalms in Co-Regie mit Piet Stolz und Sebastian Winkels stellt. Das ist die Frage, die ich mir stelle bei der Verwunderung darüber, wie spannend und ruhig dieser Film gemacht ist, wie überhaupt nicht fernsehversaut.

Er berichtet von einer zum Zwecke der Dokumentation arrangierten Begegnung von psychiatrieerfahrenen Menschen in einem beinah abstrakten Raum, zu dem es eine Tür gibt, Fenster sind nicht zu sehen, die Wände mit kaum Struktur und der Boden sind in einem neutralen Grau mit kaum farblichem Einschlag gehalten ohne Ablenkungswirkung.

In einem Kreis stehen einfache Klappsessel ohne Handlehnen, schlichtes Design. Hier treffen sich in drei Sitzungen an die 20 Menschen, solche, die unter Psychosen leiden oder gelitten haben und Medikamente nehmen oder sich davon befreit haben, und Angehörige, Krankenpfleger, Nervenärzte, Psychotherapeuten und -analytiker.

Das Arrangement nennt sich Trialogforum. Solche Orte der Begegnung gibt es in mehr als 120 deutschen Städten. Der Austausch scheint sehr offen zu sein, auch die Bereitschaft zuzuhören. Patienten erzählen von den Beengungen, die sie angesichtes chronischer Medikamenteneinnahme empfinden, wie sie loskommen wollen davon, wie sie Angst davor haben, ohne Medikamente anfälliger für Psychosen zu werden.

Von der behandelnden Seite her ist zu hören, dass es besonders im Klinikbetrieb Situationen gibt, wo nur Ruhigstellung und Medikamenteninjektion helfen. Auch für die Ärzte kann das eine extreme Belastung sein. Das halten nicht alle aus. Andererseits können sie von den Pflegern lernen, dass je mehr sie auf die Patienten eingehen, desto geringere Medikamentendosierung nötig wird. Der Patient will als Mensch wahrgenommen werden will und just das hilft ihm.

Schon zwei Tropfen eines Medikamentes können die Wahrnehmung extrem verändern, gerade bei einem Menschen, dem ständig so viel durch den Kopf geht. Es braucht Mut, sich von den Medikamenten lösen zu können. Über die Macht der Medikamente und das Problem, dass sie nicht heilen und das bedrückende Gefühl der verschreibenden Ärzte. Aber es gibt auch Patienten, die der Umgebung das Leben schwer machen; das kann bis zur physischen Bedrohung durch Patienten gehen. Kranke können ihre nähere Umgebung mit reinziehen.

Angenehm an dieser Dokumentation ist der Verzicht auf erklärende Texttafeln, die Schubladen wie Beruf und Funktion und Namen der Personen aufzeigen. Die Namen kommen lediglich im Abspann vor. Anfangs weiß man in der Runde gar nicht, wer ist Patient, wer Arzt, wer Pfleger, wer Angehöriger; das ist durchaus reizvoll. Einige Beziehungen kristallisieren sich allmählich heraus.

Wie hochsensibel so ein Nervengerüst sein kann, macht das Beispiel eines Patienten klar, der sich von Fremdkörpern angegriffen fühlt. Der Arzt ersann die List von dem Gift zu deren Vernichtung, gab dem Patienten eine geringe Dosis davon; die Wirkung sei frappierend gewesen. Dann macht ein Oberarzt in einer Behandlungsrunde den dummen Fehler, von Schizophrenie zu sprechen, worauf der Patient nimmer mehr gesehen ward, bis er irgendwo obdachlos aufgefunden worden sei.

Es geht um Sensibilitäten, die aufzuzeigen die Leinwand ein ausgezeichneter Ort ist, wobei das unspektakuläre Äußere diese frappierend real macht.

San Andreas

Let’s go get our daughter. Stay strong, wir holen dich raus. Oh, this is no good, this is not over. Get down. We have to move. I am going after her. I’ll get you out. Hold on, hold on. Got to get out of here. We have to keep moving. Get out of the way. What now? We got to go – now!

Viel schwierigeren Text hat der Katastrophencast, also der Cast, der durch ein nicht enden wollendes Erdbeben in Kalifornien überleben soll, nicht zu lernen. Hyperventilieren, das müssen die Darsteller können, ein Wunder, dass ihre Köpfe nicht rot anlaufen dabei. Aber durch die dicke, immer wieder aufgefrischte Schminkschicht dürfte das Rot kaum durchdringen.

Erdbeben-Katastrophentext von sich geben, etwas laufen oder schreien, dann ab in die Maske und frisch zurück ans Set zum Hyperventilieren, so dürfte die Arbeit für die Schauspieler ausgesehen haben.

Die Ausstattung hat dafür zu sorgen, dass der Held, der stereotype Held, der viele der oben zitierten Sätze im Drehbuch hat, in jedem Moment irgendwo ein Auto findet, einen Helikopter, einen Privatjet, ein Boot, denn er muss, ein Katastrophenfilm soll ja Optimismus verbreiten, diese vom Computer bis zum Erbrechen durchexerzierten Erdbeben-Katastrophenszenarien alle heil überstehen, sonst wäre er ja kein Supertyp.

Er, und seine originale Familie. Vor der Katastrophe stand noch die Scheidung an. Nach der Katstrophe weiß mans besser. Die kathartische Wirkung eines Megaerdbebens im Westen der USA auf das kleine Glück einer Familie, die nicht von besonderem Interesse ist. Es fängt mit dem nicht recht plausiblen Brechen des Hooverdammes an, so dass selbst ein Wissenschafter geschockt ist und mit der kranken Miene deutscher TV-Pharma-Werbemänner die Zuschauer vor weiteren Beben eindringlich warnt. Allerdings nicht vor dem Tsunami, den die Postpro noch auf dem Computerprogramm drauf hat und der sogar die Golden Gate Bridge mittels eines kenternden Containerfrachters gerade soweit zum Einstürzen bringt, dass in der heroischen Stille nach der endlos langen, im Kino fast zwei Stunden dauernden Erdbeberei die amerikanische Flagge von einem Pfeiler ausgerollt werden kann. Lets move out of the cinema – now!

Von Caligari zu Hitler: Das deutsche Kino im Zeitalter der Massen

Einen so massierten Einblick in ein Stück Deutsche Kinogeschichte dürfte es im Kino noch selten gegeben haben.

Allerdings: der Zuschauer wird pausenlos zugextet mit Begriffen, Kategorien und Kontexten, dass er gar nicht dazu kommt, selber nachzudenken.

Deutsche Filmgeschichte von ca. 1920 bis ca. 1930 durch den Fleischwolf gedreht und an feuilletonistischer Sauce serviert. Das sind fast zwei Stunden ohne Pause Überschüttung des Zuschauers mit hervorragend retaurierten Filmschnipseln der Epoche, mit dokumentarischem Material aus der Zeit und einigen Einsprengseln, Interviews mit Filmemachern wie Volker Schlöndorff, Fatih Akin und mit Wissenschaftlern und Journalisten wie Thomas Elsaesser, Elisabeth Bronfen und Eric D. Weitz orientiert am Buch des berühmten Filmkritikers Kracauer, der dem Kino eine tiefere, psychologische Deutung zusprach. Aus heutiger Sicht wirkt es allerdings so, als sei es keine besondere Kunst, das Heraufziehen des Dritten Reiches in Filmen aus der vorausgehenden Zeit zu sehen.

Rüdiger Suchsland hat tief in den Filmen der Weimarer Republik gewühlt und schafft es, mit den Filmausschnitten klar zu machen, welch schöpferischer Reichtum und welche Fantasie da am Werk gewesen sind, welch Talent, wie mit Film sowohl spielerisch als auch realistisch, surrealistisch oder expressiv, utopistisch oder sozialkritisch umgegangen worden ist; eine Filmkultur von einem Reichtum und einer Vielfalt, bei dem man sich fragt, wo ist das alles hin, wieso wirkt unsere heutige, hochsubventionierte Filmkultur wie eine arme Kirchenmaus dagegen. Das sind aber nicht die Fragen, denen der Filmemacher nachgeht.

Suchsland stellt in periodischen Abständen immer wieder die Frage, „Was weiß das Kino, was wir nicht wissen?“. Diese Frage verleitet mich allerdings nicht zu weiterführenden Gedanken oder Überlegungen. Auch aus dem Grund, weil Suchsland in seinem von Katja Dringenberg hervorragend geschnittenen Bilderfluss keinerlei Verdauungsphasen eingebaut hat; schier ohne Atem zu holen plaudert er selbst, muss noch jedes Bild, jede Szene kommentieren, einen kategorisierenden oder differenzierenden Begriffsschleier drüber legen, was ihm selbst zwar Gebildetheit attestieren mag, aber die Rezeption der Bilder nicht unbedingt erleichtert, noch weniger die Herstellung eines Gesamtbildes, eines Gesamtzusammenhanges oder gar des Herauskristallisierens einer These zum Kino aus heutiger Sicht anhand des alten Materials; da scheint er selbst an der Überfülle des Materials und dessen Vielfältigkeit vor lauter Bäumen den Wald oder vor lauter Filmschnipseln und kommentierenden Drüberstreutexten gelegentlich die Thesen Kracauers nicht mehr zu sehen.

Das Plus dieses Filmes ist sicher dies: er gibt durch die Originalausschnitte aus filmgeschichtlichen Musts und unbekannten Raritäten einen Einblick in eine kinematographisch höchst aufregende Zeit und es juckt einen gewaltig nach dem Film, die Filme ganz und ohne Kommentar, womöglich sogar ohne Musik zu sehen und sich ihrer Wirkung zu stellen. Kommentierter Musterkatalog (mit Wahrheitsanspruch?) zu einer Filmepoche, der sich mit dem Namen Kracauer einen filmkritischen Anstrich verleiht.