Mit diesem untrüglich raren Künstlerauge
für das Schöne, das Schön-Verruchte, das Morbide und das Todessehnsüchtige entwirft Theo Montoya ein melancholisches Porträt der Stadt Medellin, einem Mekka der Schwulen und Transen, einer Stadt der Diebe und Verbrecher, einer Stadt des Todes, des frühen Todes, des allgegenwärtigen Todes.
Das zeigt sich im Abspann mit über einem halbend Dutzen „in memoriam“ für junge Männer, die noch vor Ende der Dreharbeiten zu Tode gekommen sind durch Drogen, Suizid oder Kugeln in den Kopf, darunter Camilho, den der Filmemacher für die Hauptrolle in seinem Film „Anhell 69“ ausersehen hat, der aber kurz nach dem Casting schon gestorben ist.
In den Castingszenen in einem steril-gepflegten Raum werden ein paar Jungs vorgestellt, sie erzählen aus ihrem Leben, meist sind sie aus einer vaterlosen Generation, von Müttern erzogen, fühlen sich zu Männern hingezogen oder sehen sich als Transen.
Das Porträt von Medellin wird ergänzt von langsamen Drohnenflügen über der Stadt, die man aus genügend anderen Filmen kennt, eine Stadt, aus der schwer rauszukommen ist, eine Stadt, die dem Bewohner zum Schicksal wird, eine Stadt, die mit den Toten leben muss, da auf den Friedhöfen nicht Platz genug ist.
Der Regisseur selber sieht sich halb schon tot, spricht aus der Jenseitsperspektive, aus der Vergangenheitsperspektive, sieht sich in einem Sarg liegen, der durch die Stadt gefahren wird. Er ist begabt mit diesem hochkünstlerischen Auge, was einen Kinomenschen ausmacht, was die Dinge sieht, die Geschichten erzählen, hier eine Geschichte von Medellin, wo sich offenbar auch nach dem Friedensschluss mit der FARC nicht viel geändert hat.
Eine Geisterstadt mit dem Jugendkult der Spektrophilie, der Geisterliebe; die jungen Menschen mit schwarzen Ganzkörperanzügen bekleidet und die Augen, mit roten Leuchten versehen, feiern sie nächtens ihre Parties, hier werden sie nicht gejagt. Hier wird gegen die Trauer und den Tod gefeiert. Und manchen kümmert die Akne im Gesicht mehr als das Thema der Schwulität oder ansteckende Krankheiten.