Als ich noch Regisseur großen Hollywoodkinos werden wollte, war ich nur einer unter einer Unzahl ähnlich Ambitionierter. Ein Heer von Hoffnungsvollen, das den Filmschulstudenten als willige, unbezahlte Arbeitkräfte rund um die Uhr zur Verfügung stand, was natürlich ausgiebig genutzt wurde. Der Deal war immer derselbe: Erfahrung und Kontakte gegen Arbeitskraft und Zeit. So läuft das Spiel eben.
Auch ich war ein Teil dieses Heeres, und ich habe meinen Teil geleistet. In der Preproduction von Produktionen organisierte unserseins Dienstleistungen und Material. (Meine persönliche Meisterleistung war die kostenlose Organisation eines Sattelschleppers für Matthias Lehmanns „Low Season“ 1995, und zwar für mehrere Wochen.) In der Produktion fuhren wir Cast, Crew oder Equipment, kochten Kaffee, sperrten Straßen und tankten Gennies (Mann, die sind Schwergewichte auf der Straße!) oder hatten andere, vielfältige Aufgaben. In der Postproduction wurden wir meist nicht mehr gebraucht, außer einige wenige für Sekretariatstätigkeiten und ähnliches.
Der große Trick beim Anlocken der edlen Sach- und Dienstleistungsspender bestand immer darin, ihnen zu verklickern, daß der fertige Film im regulären Kinoprogramm vor einem Hauptfilm gezeigt werden würde und dies Werbung für das jeweilige Unternehmen darstellte. Product Placement also, ganz offen.
Nur: Ich hab noch nie einen Kurzfilm vor dem regulären Programm im Kino gesehen. Noch nie. Außer bei Pixar, okay, aber das gilt nicht.
Kurzfilme fristen also eine Art Schattendasein. Als „Übungsgenre“ der Filmschüler, in nächtlichen Kultuprogrammen der Dritten, auf ein paar Festivals und neuerdings im Internet (natürlich illegal), doch wirtschaftlich wohl eher unrentabel, wahrscheinlich sogar bei den Oscarprämierten.
Nun wagt die Kurzfilmagentur Hamburg den DRM-freien Downloadvorstoß: Für drei Euro kann man sich den gewünschten Film als Disk-Image samt Menustruktur und Cover zum Selberdrucken herunterladen. Ob man das Image dann tatsächlich als DVD brennt oder sich den Film nur auf seinen digital Entertainment Hub (z.B. AppleTV) rippt, ist jedem natürlich freigestellt.
Ich finde das einen guten Schritt, denn Kurzfilme haben eigentlich keinen wirklichen Markt. Diese Entscheidung, und die Erfahrungen, die die Kurzfilmagentur mit dem Downloadservice machen wird, könnte Signalwirkung auf die Filmverleiher haben. Schade ist nur, daß man den Film nicht online vorab ansehen kann, um die Kaufentscheidung zu treffen. So bleibt das Dilemma, daß man den Film erst kennen muß, um in kaufen zu wollen – doch woher?
Ich persönlich bin gegen einen dauernden Krieg von DRM vs. Hacker und für eine vernunftorientierte Regelung. Auch denke ich, daß die große Mehrzahl aller Kunden grundsätzlich bereit ist, für gutes Programm auch zu zahlen, aber die goldenen Zeiten des Sahne-Abschöpfens sind für Verleiher vorbei. Langfristig hoffe ich sogar, daß auch die Star-Gagen wieder auf ein weniger perverses Maß zurücksinken werden, aber das ist wohl nur eine wilde Fantasie von mir. Ein paar Euro für einen Film, den ich mit Freunden teilen kann, wären fair. Immerhin sind wir 6 Milliarden potentielle Kunden, es läppert sich also in jedem Fall, und mehr als gut Leben kann (und braucht) keiner.
Nun, Schluß mit meinen halbgebildeten und tagträumerischen wirtschaftsphilosophischen Exkursionen, hier die Pressemitteilung der Kurzfilmagentur, DRM-frei und zum Selberlesen (Verlinkungen von mir), oder als PDF:
Neuer Kurzfilmdownload!
Die KurzFilmAgentur Hamburg bietet Kurzfilme als Download-to-Burn
Hamburg, 30.08.2007