Archiv der Kategorie: Coming Attractions

Sony zieht „The Interview“ zurück

Es passiert nur selten, dass man als Filmkritiker einen Film zu sehen bekommt, der es in Folge nicht mehr auf die Leinwand schafft. In diesem Fall „The Interview“ von Sony Pictures.

Im Film – auf den wir wegen einer Sperrfristklausel an dieser Stelle nicht eingehen – geht es um einen TV-Talkshow-Master und seinen Produzenten, die es schaffen, ein Interview mit Nordkoreas oberstem Führer Kim Jong-Un versprochen zu bekommen.

Schon im Sommer diesen Jahres wandte sich Nordkoreas Führung an die UN, um sich gegen den (zu diesem Zeitpunkt noch in Arbeit befindlichem Film) zur Wehr zu setzen. Ein Hackerangriff auf Sony im Spätherbst sorgte nicht nur für massiven Zwiespalt zwischen betroffenen Personen in der Branche, sondern enthielt auch terroristische Drohgebärden rund um den Release von „The Interview“. Die Attacke wird nun Nordkorea zugeschrieben, Sony sagte daraufhin die für heute (18.12.2014) geplante Premiere in New York ab. Etwas später wurde der Film komplett zurückgezogen.

Ein Hoffnungsschimmer bleibt: Laut Wikipedia ist die Veröffentlichung in anderen Länden nicht betroffen. Mal sehen, was Sony Deutschland sagt.

Vorfreude auf Gangster Squad

Im Januar des nächsten Jahres ist es so weit: geballte Männerpower wird auf den großen Screens der ganzen Welt zu bestaunen sein. Und das auch ein bisschen anders als genreähnlichen Persiflagen wie The Expendables. Denn Ruben Fleischers “Gangster Squad” wartet mit einer packenden Story auf.

Wie so oft in Hollywood ist vor allem der Cast in erster Linie für den Buzz vor dem tatsächlichen Erscheinen des Filmes zuständig. Hier darf man gerne kommentarlos auflisten: Josh Brolin. Nick Nolte. Ryan Gosling. Emma Stone. Sean Penn. Im Grunde genommen haben die Macher es damit geschafft, einen Männerfilm zu machen, dem sich auch Frauen nicht verwehren können.

Der erste Trailer umschreibt die grobe Story. Das Setting: die USA in den 40er und 50er Jahren. Die Polizei versucht vergeblich, die Mafia der Ostküste (den „Mob“) von ihrer Westküste, namentlich Los Angeles, fern zu halten. Doch geschmierte Cops und Richter sowie skrupellose Gangster scheinen dieses Unterfangen geradezu unmöglich zu machen. Ein Elite-Polizeiteam spaltet sich ab, um sich unabhängig an die Aufgabe zu machen.

Der New Yorker Mickey Cohen, gespielt von Sean Penn, macht sein Geld in Prostitution, Waffen, Drogen und illegallen Wetten. Er verfügt nicht nur über ein gewieftes Team von Handlangern, sondern steht auch noch unter dem Schutz der geschmierten Politiker und Polizisten. Aber Sgt. John O’Mara (Josh Brolin) und Jerry Wooters (Ryan Gosling) lassen sich nicht einschüchtern: Sie wollen den Gangsterboss drankriegen.

Emma Stone wird natürlich den obligatorische Love Interest darstellen, wahrscheinlich eine, die eine persönliche Fehde zwischen den Cops oder zwischen einem der Cops und Cohen entzündet. Das alles klingt nach einem typischen Hollywood-Bluckbuster, der an The Departed erinnert. Ruben Fleischer, der zuvor Zombieland produzierte, ist eine gewagte Wahl für einen solchen Film, könnte aber auch etwas frischen Wind in das seit L.A. Confidential etwas eingestaubte Retro-Genre bringen.

Der Film wurde erst vor Kurzem von September auf Januar verschoben. Im hier noch ungekürzten Kino-Trailer gibt es eine Szene, in der in einem Kinosaal ins Publikum geschossen wird. Nach dem Amoklauf in Aurora bei The Dark Knight Rises hielt man diese Szene für pietätlos und hat dazu angeraten, Teile des Filmes neu zu drehen. Ob deshalb der Release-Termin erneut verschoben wird, ist noch nicht bekannt.

Mehr zum Film hier, hier der entschärfte Trailer:

Guilty Pleasure

Es gibt Filme, bei denen man sich über die Maßen amüsiert, die man aber nicht ernsthaft empfehlen kann – so ein schlechtes Licht werfen sie auf den Charakter des Empfehlers. In der Schulzeit haben wir zum Beispiel aufgeregt Splatterfilme auf VHS getauscht, es kursierten unzensierte Kopien aus den abenteuerlichsten Quellen. Im Lauf der Jahre kommen immer mehr Filme hinzu, die man als „guilty Pleasure“ bezeichnen muss.

Ich habe zum Beispiel mit Drogen überhaupt nichts am Hut. Ein paar mal am Joint gezogen in den wilden Jahren, okay, aber das war’s auch schon. Heute beschränken sich derartige Vergnügungen auf ein paar Maß Bier und ein halbes Hendl am Oktoberfest oder ausnahmsweise mal einen gepflegten Schluck Whisk(e)y am Abend, obwohl man zum Beispiel Hanfsamen mittlerweile einfach so im Internet bestellen kann.

Drogen im Kino, das kann sehr witzig sein. Es ist unheimlich faszinierend zuzusehen, wie jemand Sand in ein geöltes, gut laufendes Getriebe schüttet, dass die Funken fliegen. Wenn das jemand anders mit seinem Getriebe macht, bitteschön. Pineapple Express zum Beispiel war so ein Fall, der hat irre Spaß gemacht.

Nun wirft ein neues Schmankerl dieser Art seinen Schatten voraus: High School mit Adrien Brody. Ich wiederhole: Adrien Brody! Die Handlung ist einfach: Nachdem überraschend ein Drogentest in der Schule angekündigt wird, und die Kiffer ihr System bis dahin nicht clean bekommen werden, müssen eben die Mitschüler dran glauben: Die ganze Schule wird unter Drogen gesetzt, um den Test zu manipulieren. Simpel und effektiv. Allein der Trailer ist schon Gold wert:

Auch möchte ich darauf hinweisen, dass „leichte“ Drogen wie Marihuana in Filmen dankbar Verwendung finden. Sie sind – im Gegensatz zu Heroin oder anderen harten Drogen – ein Symbol für friedliche Rebellion, Abkehr vom System, eine verschworene, aber friedliche Schattengesellschaft und vieles mehr. Ein leicht anwendbarer Faktor für ein Minimum an Tiefgründigkeit sozusagen.

Auch in Starbuck, der diese Woche startet und übrigens äußerst empfehlenswert ist (offizielle Seite), versucht der liebenswerte Taugenichts von Hauptfigur, seine Schulden durch die Anzucht von Hanf zu tilgen. Zu deutsch: Kiffen ist salonfähig, ein Headshop ist es auch. Verrückte Welt eigentlich, denn beim Aufrufen der Webseite eines Whisky-Herstellers muss man noch sein Alter eingeben.

Ich freue mich dennoch auf High School, wie gesagt: Guilty Pleasure.

Grünes Licht für Hotel Desire

Der „porneografische“ Spielfilm Hotel Desire, über den ich ja schon berichtete, ist finanziert. Innerhalb der Frist fanden sich genug Investoren, um die nötigen € 170.000 aufzubringen. Das komplette Drehbuch ist nun auch online einzusehen. Allerdings hat Anna Maria Mühe ihre Teilnahme abgesagt, so die Pressemeldung vom 19. August:

HOTEL DESIRE – Crowdfunding Experiment finanziert!

19. August 2011 – Noch vor Ablauf der offiziellen Frist von 80 Tagen haben die Filmemacher von HOTEL DESIRE die Finanzierung über ihre Crowdfunding-Plattform www.hotel-desire.com schließen können. Die Website zum Film wurde knapp 500.000 Mal aufgerufen. Tausende Privatpersonen unterstützten mit kleinen und mittelgroßen Summen das Projekt. Zusätzlich halfen Investoren, die angestrebte Summe von insgesamt 170.000 Euro zu erreichen. Die für Ende August geplanten Dreharbeiten in Berlin können damit in Kürze beginnen. Gedreht wird unter anderem in der Präsidentensuite des 5-Sterne Hotels „The Regent Berlin“.

Sergej Moya, Autor und Regisseur: „Ich freue mich sehr, nun endlich die Geschichte von HOTEL DESIRE erzählen zu dürfen. Trotz des großen Erfolgs bei der Finanzierung bleibt uns ein kleiner Wermutstropfen nicht erspart: Anna Maria Mühe ist nun leider zeitlich so sehr in eine andere Produktion eingebunden, dass es ihr leider nicht möglich ist, an unserem Projekt mitzuwirken. 60 Drehtage für „Deckname Luna“ gegen einen einzigen Tag bei HOTEL DESIRE – da mussten wir zwangsläufig den Kürzeren ziehen. Mit Palina Rojinski – demnächst an der Seite von Florian David Fitz in „Jesus loves me“ zu sehen – haben wir aber bereits eine ideale Nachfolgerin für die Rolle der Julia gefunden.“

HOTEL DESIRE ist ein 45minütiger Spielfilm, in dem dramaturgisch sensibel und filmisch direkt das erregende Zusammenspiel von Sehnsucht, Lust, Begehren, Intimität, Sexualität, Sinnlichkeit und Spontanität erzählt werden soll – ohne Weichzeichner und ohne Rücksicht auf visuelle Vorschriften und Konventionen. Regisseur und Autor ist Sergej Moya. In den Hauptrollen spielen Saralisa Volm und Clemens Schick, außerdem Palina Rojinski, Herbert Knaup, Frederick Lau, Trystan Pütter und Jan-Gregor Kremp.

Sascha Schwingel, Produzent teamWorx: „Ich möchte mich, auch im Namen meiner Koproduzenten Julia Moya und Christopher Zwickler, von ganzem Herzen bei allen Investoren und Unterstützern bedanken. Nur durch ihre Hilfe war es möglich, zum ersten Mal in Deutschland ein Filmprojekt ausschließlich über das Internet zu finanzieren.“

HOTEL DESIRE wird zunächst auf Videoload, dem Video on Demand-Portal der Deutschen Telekom, zu sehen sein. Den DVD-Vertrieb übernimmt Capelight Pictures.

HOTEL DESIRE ist eine Produktion der teamWorx und Von Fiessbach Film. Produzenten sind Julia Moya und Christopher Zwickler (Von Fiessbach Film) und Sascha Schwingel (teamWorx).

Mir bleibt nur, gespannt abzuwaren, ob der Film die selbstgesteckten hohen Erwartungen erfüllen wird.

Crowdfunding: Cicada Princess

Ein weiteres vielversprechendes Crowdfunding-Projekt ist Cicada Princess von Mauricio Baiocchi, einem ehemaligen ILM-Mitarbeiter. Bei diesem Beispiel sehr schön: Der Teaser, der Investoren aller Größe anlocken soll:

Cicada Princess from Mauricio Baiocchi on Vimeo.

Crowdfunding: Hotel Desire

Der 24-jährige Schauspieler Sergej Moya arbeitet derzeit an seinem Spielfilmdebut. Hotel Desire soll es heißen und ein „porNEOgrafischer Spielfilm“ sein. In einer Pressemeldung wurde jüngst darauf eingegangen, dass der Film eine „selbstbewusste Herangehensweise“ an den Erotikfilm hat, durch den pornografischen Film inspiriert ist, aber selbst kein Porno ist. Der Einfachheit halber hier der Text der Pressemeldung:

Pressemitteilung

STARTSCHUSS FÜR HOTEL DESIRE!
Ein porNEOgraphischer Spielfilm und eine ungewöhnliche Finanzierung!

Regisseur und Autor Sergej Moya, mit Saralisa Volm und Clemens Schick in den Hauptrollen, außerdem Anna Maria Mühe, Herbert Knaup, Frederick Lau, Carlo Ljubek, Trystan Pütter und Jan-Gregor Kremp

Sexualität als Ausdruck menschlicher Lebensfreude: Regisseur und Drehbuchautor Sergej Moya möchte mit HOTEL DESIRE einen erotischen Film inszenieren, der sich in seiner selbstbewussten Herangehensweise durch das Genre des pornographischen Films inspirieren lässt, jedoch kein Porno ist.

Vielmehr ist HOTEL DESIRE ein porNEOgraphischer Film, in dem dramaturgisch sensibel und filmisch direkt das erregende Zusammenspiel von Sehnsucht, Lust, Begehren, Intimität, Sexualität, Sinnlichkeit und Spontanität erzählt werden soll – ohne Weichzeichner und ohne Rücksicht auf visuelle Vorschriften und Konventionen. In den Hauptrollen spielen Saralisa Volm (u.a. „Finale“, R.: Klaus Lemke) und Clemens Schick (u.a. „Largo Winch II“, R.: Jérôme Salle).

HOTEL DESIRE ist ein Spielfilm, der durch sogenanntes Crowdfunding, also durch die Zuwendung vieler einzelner Förderer, finanziert werden soll. Für die Produktion benötigen die Filmemacher 170.000 Euro.

Am 6. Juni 2011 startet die Online-Finanzierungsplattform mit Interviews der Macher, Darsteller, FAQs, ersten aussagekräftigen Fotos und der bereits produzierten Titelsequenz des Films. Mit einem erotischen Drehbuch und einem erstklassigen Schauspielensemble wenden sie sich nun gezielt an alle Filmliebhaber, Kulturinteressierten und Mäzene:

WWW.HOTEL-DESIRE.COM

Jede Person, die das Projekt unterstützt, wird – falls gewünscht – namentlich auf der Startseite der Homepage erwähnt und erhält – je nach Spendenhöhe- ein exklusives Dankeschön der Filmemacher. Mit steigendem Spendenstand erhalten die Förderer des Projekts einen immer tieferen Einblick in das Drehbuch von HOTEL DESIRE. Ist das Experiment erfolgreich, beginnen im August die Dreharbeiten zum Projekt. Sollte das ambitionierte Vorhaben aber nicht gelingen, kommt das bis dahin gespendete Geld im Rahmen des First Steps Award 2011 anderen aufstrebenden Filmemachern und ihren Projekten zugute.

HOTEL DESIRE ist eine Produktion der Von Fiessbach Film und teamWorx. Produzenten sind Julia Lischinski und Christopher Zwickler (Von Fiessbach Film) sowie Sascha Schwingel (teamWorx).

Nun, grundsätzlich bin ich kreativen Finanzierungsmethoden und exotischen Filmprojekten gegenüber sehr aufgeschlossen. Gerade kürzlich habe ich sogar zu genau diesem Thema gebloggt.

Aber in diesem Fall bin ich skeptisch. Denn „Sexualität als Ausdruck der Lebensfreude“ und ein „Film, in dem dramaturgisch sensibel und filmisch direkt das erregende Zusammenspiel von Sehnsucht, Lust, Begehren, Inimität, Sexualität, Sinnlichkeit und Spontanität erzählt werden soll“ lassen bei mir die Alarmglocken schrillen.

Wo liegt hier bitte die Grenze zum Porno? Was ist am besagten „erregenden Zusammenspiel“ von diversen Faktoren noch Schauspielkunst? Was wurde im „normalen“ Kino noch nicht gezeigt, das Erotik, aber kein Porno ist? Ist The Dreamers noch Erotik oder schon Pornografie? Wie sieht es mit 9 Songs aus? Ist nicht Black Swan schon schwerst erotisch, streckenweise? Was gibt es hier bitte noch an Grenze auszuloten?

Besonders stark irritiert mich die Bezeichnung „porneographisch“, die sich ganz offenbar zusammensetzt aus „pornographisch“ und „neu“. Es gibt kein Filmgenre, das mengenmäßig einen größeren Output hat als die Pornographie. Dabei ist das Handlungsprinzip des Pornos noch deutlich kruder als die paar „basic plots„, auf die man Literatur, Film und Dramaturgie nach verschiedenen Modellen eindampfen kann: Das Harte wird in das Weiche gesteckt und fertig. Ich frage mich ganz ehrlich, was es da noch zu entdecken oder zu zeigen gibt.

Ich fürchte, es gibt bei solchen Projekten im Grunde nur neue Körper zu sehen, sämtliche restlichen Reize dürften schonmal verfilmt worden sein (und das besser). Trifft diese Annahme zu, dann wird dieser Film nur eine aufwendige Show werden, in der die Förderer mit ihrem Geld die Kopulation zwischen Saralisa Volm und Clemens Schick auf die Leinwand bringen werden. Und das wahrscheinlich mit vollem Einblick in einfahrende Geschlechtsteile, das ist dann total porneografisch, erotisch und so gesellschaftsfähig.

Sicher, Sex ist eine feine Sache (wenn man ihn denn mal hat), Lebensfreude pur und so weiter, und das Argument, dass man ihn deswegen auch in allen Details auf der Leinwand zeigen kann, haben schon andere benutzt.

Andererseits gibt es auch ganz andere Gefühle, die ähnlich große Erleichterung und Freude erzeugen, die man aber gewöhnlich nicht auf der Leinwand zeigt. Dazu gehört der zünftige Morgenschiss, das Entleeren der übervollen Blase nach einer langen Autofahrt oder auch nur die erste Maß des Jahres im Biergarten, wenn die Sonne erstmals nach einem kalten Winter so richtig knallt. Diese wundervollen Momente, deren befreiende Glückseligkeit man sogar alleine erleben kann, werden im Kino natürlich nicht thematisiert, denn sie sind bisweilen nicht gesellschaftsfähig und meist auch nicht dramatisch genug. Das gute Essen nach langem Hunger ist dahingegen schon öfter gezeigt worden; das Ausdrücken eines nervigen Mitessers, landläufig ebenfalls als höchst befriedigend anerkannt, habe ich persönlich nur bei Osmosis Jones mitbekommen, und dort war das auch eine eher satirische Szene. Rauchen oder andere Drogen sind auch so eine Sache, doch hier nimmt die gesundheitsfürsorgliche wie politisch korrekte Umschiffung des Themas mittlerweile einen stärkeren Einfluss denn je; das Thema ist derzeit verpönt und kommt eher selten vor.

Was ich zu sagen versuche: Ich halte die gesamte „Sex als gesellschaftliches Lebenselixier“-Argumentation für eine faule Ausrede, einfach nur mal wieder offen Sex auf der Leinwand zu zeigen und das Ganze als Kunst zu verkaufen. Eine Schauspielerin wird sich gegen Geld vor der Kamera schlicht und einfach ficken lassen und so das größte Vertrauen, das eine Frau einem Mann schenken kann, damit geradezu inflationär ausverkaufen; und mit ihm ihre Integrität für alle Zeiten. Wahrscheinlich wird sie souverän weit über diesen Argumenten stehen, denn sie wird sich die Angelegenheit gut überlegt haben; und Leute, die jemandes Integrität durch Sex vor der Kamera gefährdet sehen, sind verhältnismäßig dünn gesät. Ich frage mich jedoch, ob sich die Schauspielerin wirklich darüber im Klaren ist, dass es ab dem Erscheinen des Films kein Zurück mehr geben wird, und dass jeder Mensch des Planeten ab diesem Moment bis in alle Ewigkeit in der Lage sein wird, bis zu ihrem Geschlechtsteil in Aktion vorzuspulen. Selbst ihre eigenen Kinder, Enkel und Urenkel werden diese porneografische Makro-Szene zu Gesicht bekommen; wer will und nicht ganz unfähig ist, kann sie sich sogar als animated gif abspeichern und zum Beispiel als Profilbild bei Facebook nutzen oder einfach nur als Standbild, womöglich als Bildschirmhintergrund.

Also, ich würde das nicht wollen. Egal, wie beneidenswert schön mein Körper wäre und wie solide mein Selbstbewusstsein. Genausowenig, wie ich die anderen oben genannten erleichternden Erlebnisse auf der Leinwand wiedersehen möchte, möchte ich auch die Details des menschlichen Liebeslebens nicht auf der Leinwand sehen. Zum einen, weil es bei „echten“ Dingen nichts mehr zu schauspielern gibt, zumindest nichts für den Zuschauer in diesem Moment relevantes, es also keine eigentliche Leistung mehr darstellt; zum anderen, weil es einfach Grenzen gibt, was man öffentlich zeigen sollte und was nicht. Können, sicher. Aber sollen? Und diese Grenzen haben sich nicht so stark verändert, wie die von Jahr zu Jahr immer kürzer und enger geschnittene Sommermode der Frauen oft vermuten lässt.

Nun besteht immer noch die Möglichkeit, dass Sergej Moya es schafft, filmische Wege zu gehen, die tatsächlich noch niemand vor ihm gegangen ist und die Kritiker wie ich sich vorab nicht einmal vorstellen können. Diese Chance besteht, und daher kann ich auch nicht mit hundertprozentiger Sicherheit orakeln, dass das Projekt danebengehen wird. Ich werde also einfach abwarten, ob das Crowdfunding zustande kommt (ich persönlich werde nichts geben), und in einigen Monaten die Pressevorführung besuchen und mir selbst ein Bild machen. Ich werde dann auf diesen Artikel zurückverlinken und entweder schreiben, dass ich leider Recht hatte, oder ich werde klein beigeben müssen und Herrn Moya den dann verdienten Respekt zollen. Wir werden sehen.

Guilty Pleasure

Ein jeder hat doch so seine kleinen Schwächen, auch im Filmgeschmack. Anstatt nur Filme wie Metropolis, Citizen Kane und On the Waterfront ernstzunehmen, wie es sich für ordentliche Cineasten gehört, hat man auch seine Leichen im Keller. Ich zum Beispiel stehe voll auf die National Lampoon’s Vacation-Reihe mit Chevy Chase und Beverly D’Angelo, und auch auf einige Schauspieler der C-Riege, wie eben Chase, aber auch Judge Reinhold oder Jeffrey Jones. Nicht nur unter den ausgesprochen doofen Filmen gibt es immer wieder einzelne, die bei mir einen Nerv treffen, wahrscheinlich, weil sie unausgelebte Wünsche thematisieren. Während meiner gesamten Gymnasialzeit war ich überaus aktiv in der Schultheatergruppe, und daher gefallen mir Filme, die mehr oder weniger unfreiwillig zusammengewürftelte (Schauspiel)truppen beinhalten, von Moulin Rouge über Ugly Coyote und diversen Cheerleaderfilmen bis zu diesen ganzen Knast-Sportmannschafts-Filmen.

Und dann gibt es auch immer wieder Filme, die wirklich beinahe jedem ein Guilty Pleasure sind. So genial sie sind, There’s something about Mary oder The Pineapple Express kann man ja nur schwerlich als „Must See“ bewerten, solange wichtigere Filme noch ungesehen bleiben. So ging es mir zuletzt mit Hangover.

Das tolle an Hangover ist, dass beinahe jeder Mann sich in die völlig skurrile Situation der vier Hauptpersonen hineinversetzen kann. Wer hatte nicht wenigstens einmal im Leben einen alkoholinduzierten Filmriss? Wer hatte nicht auch schonmal so eine Nacht, in der die bei Tageslicht blödsinnigsten Entscheidungen auf wundervolle Weise irgendeinen Sinn gemacht haben? Wer wünscht sich nicht, ebenfalls wieder so eine verrückte Sache zu erleben, so eine Art Lausbubendasein für Erwachsene? Das gemeine daran ist: Man kann diese Situationen nicht heraufbeschwören, nicht konstruieren, sie müssen zufällig passieren. Sonst gilt es nicht. Und das ist das Erfolgsrezept von Hangover. Der Film verkauft (vorwiegend) dem männlichen Publikum eine Situation, in der sich die meisten auf die eine oder andere Art selbst schon einmal wiedergefunden haben. Vielleicht hat das auch mancher nie jemandem erzählt, erlebt aber durch den Film und die anderen Zuschauer, dass es anderen auch so geht. Eine gigantisch gute Idee war Hangover, meines Erachtens eine der besten, wie man männliches Publikum heute noch mit etwas Neuem ansprechen kann.

Auch ich war schonmal in Las Vegas (1995), zu arm, um selbst groß an den Glücksspielen teilnehmen zu können. Aber ich würde rasend gern nochmal hin. Heute geht das zwar auch alles bequem im Online Casino, wo es den großen Klassiker Roulette ebenso gibt wie Black-Jack und eine Menge anderer Casinospiele, aber auch das beste Online-Casino ersetzt nicht den Besuch einer echten Spielbank. Eines kann es jedoch sehr wohl: Einem Übung geben. Ich sollte mich wohl auch mal wieder hinsetzen und ein wenig zocken, bevor ich in Las Vegas (oder auch nur Bad Wiessee) aufschlage und einen total irren Abend verlebe. Oder ich lass das mit den Spielen und konzentriere mich sofort direkt aufs Nachtleben (geht aber nicht, ohne vorher den Jackpot geknackt zu haben).

Das Wolf Pack kommt übrigens wieder, und zwar genau heute in einem Monat. Am 2. Juni läuft Hangover 2 an. Diesmal finden sich die vier Freunde in Thailand wieder, diesmal verlieren sie nicht den Bräutigam, sondern den kleinen Bruder der Braut, und zudem die Orientierung in dieser fremden Welt. Das tolle an der Fortsetzung: So, wie man(n) selbst auch einen unvergesslichen Abend (trotz Filmriss) wiedererleben will, will man auch weitere katastrophale Abenteuer des Wolf Pack sehen. Das Konzept funktioniert, die Fortsetzung ist berechrtigt und nicht wie so oft an den Haaren herbeigezogen und die Trailer sehen fantastisch aus. Ganz ehrlich, ich kann es kaum erwarten.

Hinweis: Nur anschauen, wenn man Spoiler aushält. Wer sich lieber im Kino überraschen lassen möchte, bitte jetzt wegklicken.


Weitere Trailer zu Hangover


Weitere Trailer zu Hangover


Weitere Trailer zu Hangover 2


Weitere Trailer zu Hangover 2

Filmfinanzierung 2.0

Nicht überall ist es so (verhältnismäßig) einfach wie in Deutschland, seinen Film finanziert zu bekommen. Ich spreche natürlich mit einer gewissen Häme von der Filmförderung, die mir als gescheiterten Filmemacher (ehemals angehend) ein Dorn im Auge ist. Gegen Kunstförderung oder Förderung für die ersten größeren Projekte junger Filmemacher habe ich nichts einzuwenden, aber wieso sollten kommerzielle Filme gefördert werden? Wieso muss Doris Dörrie 26 Jahre nach Männer immer noch gefördert werden? Das halte ich für völlig unnötig. Wenn einer einen Film machen will, mit dem er an der Kasse Kohle machen will, soll er sich auch selber um die Produktionskosten kümmern, so meine Meinung. Wie jeder andere Unternehmer ja auch. Das Risiko, ob der Film denn nun einschlägt oder nicht, über die Filmförderung zu großen Teilen auf den Steuerzahler abzuwälzen, hat einen mehr als faden Beigeschmack, finde ich. Jedes andere Start-Up, das so lange nicht ohne Anschub(teil)finanzierung auskommt, wäre doch schon vor langer Zeit gnadenlos eingestampft worden. So gesehen könnte ich für mein Leben ja auch eine Förderung beantragen, wenn ich mal erfolgreich bin, zahle ich diese zurück, wenn nicht, hat der Steuerzahler halt Pech gehabt. (Hey, keine schlechte Idee eigentlich, nur muss das dann halt jeder bekommen.)

Aber zum Thema. Mir sind derzeit drei interessante Projekte bekannt, die auf unkonventionellem Wege finanziert werden bzw. wurden. Zusätzlich dazu kann ich nur immer wieder auf wtp Film hinweisen, die ihre sämtlichen Projekte aus eigener Kasse stemmen, und in Form von anstrengenden Kinotouren mit Fragerunden bekannt machen.

Die drei Projekte sind:

Our Nixon, von Penny Lane und Brian Frye, ein Filmemacherpärchen (mit anderen Hauptberufen) aus Brooklyn. Sie machen einen Film über Richard „Watergate“ Nixon, den sie über Internet-Spenden finanzieren und aus bisher unveröffentlichten Super 8-Filmmaterial zusammenschneiden (204 Rollen, gefilmt u.a. von Nixons Beratern). Die Frist zur Finanzierung des Films läuft in 14 Tagen ab, und die beiden sind schon jetzt bei 125% ihres Budgetbedarfs angelangt. Je nachdem, wieviel man spendet, bekommt man von einer Postkarte mit dem Hinweis auf den Filmstart über eine DVD des Films bis zum Associate-Producer-Titel samt pritavem Screening, allerdings in New York. Keine schlechte Idee, doch, zugegeben, nicht so leicht durchzuführen für Projekte, deren Kosten in den zig Millionen statt in den Zehntausenden liegen. Wer noch mitmachen will, hier die Spendenseite, hier die Projektwebseite. Geniale Sache, finde ich!

Das zweite Projekt ist POM Wonderful Presents: The Greatest Movie Ever Sold von Morgan Spurlock. Ihr wisst schon, der Supersize-Me-Selbstversuch-Filmer. Nun, Spurlock hat einen weiteren Selbstversuch gedreht, und zwar diesmal – Achtung – einen Film über den Versuch der Finanzierung eines Films allein durch Product Placement, finanziert allein durch tatsächliches Product Placement (Münchhausen-Methode). Daher auch der Titel, der den Namen eines Granatapfelsaft-Herstellers beinhaltet. Wie man an den Fotos der Premiere (Gawker) sehen kann, lassen sich auch die anderen Sponsoren auf dem Jackett des Regisseurs bewerben, Morgan Spurlock sieht aus wie ein Formel1-Pilot oder ein Weltklasse-Skifahrer, schrecklich. Doch die Kohle kam zusammen, und der Film ist finanziert, abgedreht und auf der Leinwand. Er ist nun zwar eher ein abschreckendes Beispiel, doch ein lehrreiches allemal. Hier ein Interview beim Gawker und die Kritik von Roger Ebert.

Das dritte Projekt ist Reality XL, ein Streifen von Straight Shooter-Regisseur Tom Bohn, mit Heiner Lauterbach, Max Tidof, Godehard Giese und Annika Blendl. Tom Bohn hatte eines Tages keine Lust mehr auf das ganze Bauchpinseln von Förderern, Produzenten und anderen „Anzügen“, die üblicherweise mit an Bord so eines Projektes sind und den ganzen Tag nur Ansprüche stellen; und so drehte er dieses Projekt einfach mit dem Geld, das seine Lebensversicherung zum damaligen Zeitpunkt abzuwerfen bereit war. Mutig, aber auch tapfer. Bei Kevin Smith hat eine ganz ähnliche Finanzierungsweise ja damals auch geklappt (Clerks), und Robert Rodriguez ebenso (El Mariachi). Nur dass Bohn im Filmemachen deutlich erfahrener ist als diese beiden es zum Zeitpunkt ihres Alleingangs waren. Zu Reality XL wird es später noch eine längere Geschichte geben, aber da ich mittlerweile im Produktionsblog aufgetaucht bin, brauche ich das nun auch nicht mehr geheimzuhalten. Hier die Webseite von Reality XL, mit Teaser, Facebook-Seite, Blog und allem, was man im Web 2.0 heute so braucht.

Nicht nur diese drei Beispiele zeigen, dass es nie falsch sein kann, neue Wege zu gehen, und das alte System stets zu hinterfragen. Ich sehe hier drei gewaltig interessante Projekte, die jeweils in einen Film gipfeln, der automatisch auf meiner Must-See-Liste ist. Ich kann nur jedem Filmemacher von morgen, der noch wackelig auf den Beinen ist und sich vielleicht seines Projektes nicht sicher, nur sagen: Lasst Euch nicht entmutigen! Es gibt immer ein Publikum! Und ohne einen aufgeblasenen Distributionsmechanismus (Verleih, Filmrollen) kann es schon heute auch für Euch die Möglichkeit geben, Euren Film zu machen und unter das Volk zu bringen. Man muss bisweilen nur abseits der ausgetretenen Pfade gehen. Viel Erfolg!

Life in a Day

Regisseur Kevin MacDonald tat sich mit Ridley Scott zusammen, um das cineastische Experiment Life in a Day zu verwirklichen: YouTube-Nutzer aus aller Welt waren dazu aufgerufen, am 24. Juli 2010 Impressionen aus ihrem Leben mit der Kamera einzufangen, und diese auf das entsprechende YouTube-Konto hochzuladen. Aus den eingereichten Materialien (über 4.500 Stunden Material aus 192 Ländern, 1) wurde der Film kreiert und hatte schließlich gestern in Sundance Premiere, was live auf YouTube übertragen wurde. Heute um 19 Uhr wird der Film wiederholt, und zwar hier. Ob und wann er wieder zu sehen sein wird, ist noch nicht sicher.

Klar ist jedoch: Das Experiment in Sachen Crowdsourcing ist auf jeden Fall beeindruckend.

Nachtrag: So wird das nichts, YouTube: