Heiraten oder gute Freunde bleiben; sich trennen von Wohnung und Bett, und trotzdem gute Freunde bleiben, darum geht es hier, ein sicher nicht zu weit hergeholtes Thema, das uns Lee Toland Krieger nach einem Drehbuch von Rashida Jones und Will McCormack schmackhaft zubereitet.
Celeste und Jesse sind ein verheiratetes Paar. Und getrennt. Er wohnt jetzt in der Garage, ist wenig erfolgreicher Künstler. Sie ist im Haus wohnen geblieben und ist erfolgreich mit ihrer Agentur. Seit sie sich getrennt haben und sich zu nichts mehr verpflichtet fühlen, haben sie Spaß miteinander wie kleine Kinder. Besonders ein Spiel amüsiert sie königlich: sie hält einen kleinen Gegenstand, zum Beispiel einen Mini-Maiskolben in der Hand und er reibt daran und so spielen sie mit kindlicher Freude und wie unschuldig Sex bis zum Erreichen des akustischen Orgasmus. Aber es darf sich auch um eine Tube mit Lippencreme handeln, bis das Weiß herausquillt.
Ein mit unserem Protagonisten-Paar dick befreundetes Paar, das dabei ist heiraten zu wollen, kann sich nun mit dieser demonstrativ vorgespielten Lebenspraxis von Celeste und Jesse gar nicht anfreunden. Sie drängen auf richtige Trennung und Neuorientierung der beiden.
Das verläuft bei Jesse schneller und erfolgreicher. Bald schon hat er eine Belgierin geschwängert. Er steht zu seiner Vaterschaft. Die Belgierin hat aber keine Green Card. Also müssen sie heiraten. Davor muss er sich jedoch von Celeste scheiden lassen. Der fällt es allerdings immer schwerer, mitzukriegen, wie sich Jesse emanzipiert. Allerdings wird sie es am Schluss verstehen. Sie wird Gelassenheit gelernt oder auch: das Loslassen gelernt haben.
Das wird an einer Reihe von Szenen klar, in denen es um das Schlangenstehen geht, vor einer Kasse, einem Schalter oder beim Einchecken zum Flugzeug. Diese Reihe von Szenen verdeutlicht auch, was diesen Film so sympathisch macht: dass die Autoren Rashida Jones und Will McCormach, die beide auch mitspielen, Rashida die Hauptrolle der Celeste, von ihrer eigenen Lebenswelt aus gehen, von Dingen um sich herum, die sie beobachten und dann zu symptomatischen Szenen verdichten.
In der ersten Schlangenstehszene herrscht Celeste einen arroganten Vordrängler noch an bis zum Kreuzverhör. In der letzten dieser Szenen zeigt sie große Gelassenheit, lässt einem Gecken cool den Vortritt. Wer nach dem Kino bei der nächsten Schlangstehgelegenheit cool bleibt, der dürfte vom Film was mitgenommen haben.
Jesse und Celestes Lebenswelt, das zeigen auch Inhalte und Vokabular im Film. Es sind junge Menschen in einer In-Welt, keine Außenseiter, keine besonders komplizierten, problembehafteten Menschen. Es sind Wonnepfropfen von jungen Menschen, optimistisch nicht schwerenöterisch, sie nehmen das Leben leicht und am Ende auch gelassen. Vielleicht auch etwas oberflächlich.
Celeste hat ein Buch verfasst mit dem Titel Shitegeist. Auch so eine Szene, wie sie es im Buchladen auf das Gestell der vom Personal vorgeschlagenen Bücher umplatziert und gleich nachfragt, ob genügend Exemplare vorrätig seien.
Ein Film im Life-Style junger Menschen, die sicher Modemagazine mögen und Life-Style-Magazine; denen moderne In-Nahrung wie veganes Essen nicht fremd ist, die Yoga-Kurse nehmen. Die wenn sie eine IKEA-Kommode, so wie Jesse, nicht richtig zusammenbauen können, gleich von Koos und Serra und solchen „Brands“ sprechen. Leute, die auch einen Kostümball mögen und sich da womöglich als originelle Serienkiller verkleiden, mit lauter DVD-Hüllen. Leute, denen auch eine Asia-Massage – bei der sich gleichzeitig mit dem ebenfalls massierten Partner zu unterhalten sehr schwierig werden kann – nicht fremd ist.
Gegen die Vorstellung von ihrem eigenen Geschmack nimmt Celeste eine Sängerin von leicht problematischem Niveau in ihre Agentur auf. Für die Brötchen. Alles dem Leben abgeschaut. Und Spaß haben sie an den Namen der Kanzlei, die die Scheidung vornimmt: „Stein, Weinberg, Steinberg und Jimenez“ (oder ähnlich). Aber auch am Disney-Gebäude aus modernster Architektur in L.A können sie sich genau so ergötzen, wie sie den berühmten Hollywood-Schriftzug offenbar in ihrem Film haben wollen. Selbst Justin Bieber spielt in der Welt ihrer Wahrnehmungen, aus der sie quasi authentisch berichten, ein kleine Nebenrolle.
Bericht aus einer sorglosen, randintellektuellen aber nicht ganz verschlafenen amerikanischen Mittelschicht mit einem guten Feeling fürs Kino und die darin gegebene Möglichkeit zur Selbstdarstellung.