Der Mond über Wiesenwalde –
eine dörfliche Posse
Für Freunde des feinen Films erzählt Jannis Alexander Kiefer, der mit Theresa Weiniger auch das exzellente Drehbuch geschrieben hat, eine Wundergeschichte aus dem Dorf Wiesenwalde.
Es sei sein Dorf, behauptet er. Er versammelt seine Zuhörer und Zuschauer um den Teleman-Brunnen, ein Prunkstück in seinem Dorf. Der wurde errichtet, weil der berühmte Komponist in diesem Dorf krank und dann aber auch wieder gesund geworden sei. Er habe ein Wunder erlebt in dem Dorf, das seit der deutschen Wiedervereinigung ein Mauerblümchenleben fristete.
Der Glaube an Wunder – als Game-Changer – aber ist geblieben. Und tatsächlich, Hollywood hat sich gemeldet. Eine amerikanische Filmproduktion will hier mit einem Weltstar Szenen für einen Weltkriegsfilm drehen. Aufregung im Dorfe.
Ein bisschen erinnert das Szenario an das Lustspiel „ Die deutschen Kleinstädter“ von August von Kotzebue. Dort taucht Besuch aus der Stadt auf. Hier im Dorf ist es gar Hollywood. Das macht das Gefälle größer.
Jannis Alexander Kiefer reiht herrliche Miniaturen um diesen Hollywood-Dreh im Dorf aneinander, alle mit hervorragend gearbeiteten Dialogen, ausgehend von der Beobachtung auch der Charaktere und mit ebenso wundervollen Darstellern.
Das Corpus Delicti in der Posse ist ein Reststück aus dem zweiten Weltkrieg. So schon grotesk genug. Aber die Amis fahren ihrerseits einen Panzer auf. Den möchten sie gut bewacht wissen. Das tut die Bürgermeisterin Susanne Pauli (Meike Droste) auch pflichtbewusst, obwohl sie besseres zu tun hätte.
Alle im Dorf profitieren von dem Dreh. Der Sohn von Susanne, Tobias (Johannes Scheidweiler), weiß noch nicht so recht, was anfangen im Leben, liebt Videogames und seinen weißen Hasen Falco. Er wird Fahrer für die Crew. Obwohl er nicht mal den Führerschein hat und mit diesen modernen Sprintern nicht zurechtkommt.
So fährt Tobias immer nur im ersten Gang. Das gibt Zeit für Gespräche mit Jojo (Philipp Karner), der das Lichtdouble des berühmten Stars spielt. Vom Heimkehrer Bert (Roland Bonjour), der behauptet, Journalist zu sein, wird er für das Original gehalten.
Jede Figur in dem Film ist liebenswert gezeichnet. Jede scheint ihre eigene Geschichte zu haben. Selbst die chronischen Fenstergucker hinterlassen einen Eindruck, besonders die Fensterfrau Silke (Friederike Frerichs), die, schönes Inszenierungsdetail, nach dem Gucken die Kissen wieder von der Fensterbank entfernt, auf die sie ihre Arme aufzustützen pflegt.
Dann ist da der Sohn Wolfs (Alexander Schuster) von der eindrücklichen Wirtin Jenny (Gisa Flaker), der als Komparse einen Nazi spielen darf und direkt vernarrt ist in seine maßgeschneiderte Uniform.
Die hier liebevoll entworfene und gezeichnete Welt ist in ihrer Präzision und Klarheit auch in die Nähe der Filme eines Roy Andersson zu rücken.
Ein Stromausfall ist ein weiterer Gamemaker. Und erinnert an den geschichtlichen Hintergrund, nicht nur die Wartezeiten, die zum Film genau so gehören wie in der Provinz offenbar. Und wenn es nur das Warten auf den Tod ist wie das von Rosi (Monika Lennartz). Ein Kino, das wegen seiner Genauigkeit auch in die Nähe der Kunst der Kupferstecherei platziert werden könnte.