Archiv der Kategorie: Allgemein

Lebenslinien: Heinz und die ADHS-Diagnose (BR, Montag, 4. November 2024, 22.00 Uhr)

Die Lebenslinien als Lebenshilfe- und Gesundheitsmagazin

Hier wirkt es so, als wollten die Lebenslinien des Bayerischen Rundfunkes nicht nur Aufklärung über die unheilbare Krankheit ADHS im Sinne eines Gesundheitsmagazines betreiben, sondern auch ihrem Musterpatienten Heinz bei der Suche nach den Ursachen der Krankheit helfen.

Die Krankheit von Heinz, die sich in ständiger Unruhe äußert, hat sich negativ auf sein Leben ausgewirkt. Keine gscheite Ausbildung, Alkoholsucht, Familie kaputt. Er kennt die Ursachen nicht.

Die Lebenslinien in der Regie von Birgit Eckelt und unter der redaktionellen Obhut von Chritsiane von Hahn helfen ihm nun dabei, an Orte seiner Geschichte zurückzukehren, um Informationen zu suchen.

Das ist vielleicht nicht ganz der Recherche-Krimi, den sich mancher wünschte. Aber in Mindelheim stößt er immerhin auf Unterlagen, die Misshandlungen in frühester Kindheit, an die er sich natürlich nicht erinnern kann, offenlegen. Diese spiegeln sich in seinem späteren Leben zu Zeiten als alkoholsüchtiger Familienvater und im generell zappeligen Verhalten, für das niemand eine Erklärung hat. Die hat er inzwischen gefunden.

Wenn ADHS schon nicht heilbar ist, so können Medikamente die Symptome doch lindern, etwas mehr Ruhe in sein Leben bringen. Heute scheint Heinz mit seiner zweiten Frau und dank Frührente und einem gergelten Leben auf dem Lande ohne beruflichen Stress und mit Medikamenten sowie einem radikalen Alkoholentzug einen Modus Vivendi mit der Krankheit gefunden zu haben.

Das verlangt immer noch viel Verständnis durch seine menschliche Umgebung. Das findet er bei seiner zweiten Frau.

Interessant wäre, zu erfahren, wie weit sich dieses Kindheitstrauma von Heinz bei seinen Kindern und Kindeskindern meldet und wenn ja, wie und wie stark. Es bleibt zu hoffen, dass durch so eine aufklärerische Sendung bei den Zuschauern das Verständnis für die Symptome von ADHS wächst und Menschen deswegen nicht gleich diskreditiert, diskriminiert oder gar aus der jeweiligen Gemeinschaft ausgeschlossen werden.

Ausgesetzt in der Wüste – Europas tödliche Flüchtlingspolitik (ARD, Sonntag, 3. November 2024, 23.05 Uhr)

Brüssel weiß und überweist
Mordhelferin von der Leyen

Das ist sicher der Job eines öffentlich-rechtlichen Rundfunkes über antidemokratische Folgen und humanitäre Misststände der Politik demokratischer Staaten oder Staatenverbände wie der EU zu recherchieren und zu informieren.

Hier stoßen Philip Grüll und Erik Häußler auf eklatante Diskrepanzen zwischen den schönen Worten und feierlichen Bildern europäischer Politiker und schauderhaften Bildern von Zuständen an Grenzen in Afrika, vor denen die Zuschauer anfangs der Sendung gewarnt werden.

Die Dokumentaristen sehen, dass Brüssel Migrationsabkommen mit afrikanischen Staaten schließt, Geld gegen Unterbindung von Flüchtlingsströmen inklusive Ermahnung, das humanitär korrekt anzugehen. Gleichzeitig wissen diese Europäer, dass brutale Verbrechen begangen werden, Flüchtlinge in Bussen in die Wüste gekarrt, dann so zusammengeschlagen, dass sie nicht richtig gehen können, damit sie ja nicht wieder zurückkehren.

Grüll und Häußler haben Beispiele gefunden, auch den Hinweis, dass Polizei, die von Deutschland ausgebildet werde, solche Verbrechen begeht, die zum Tod von Menschen führen können. Frau von der Leyen und Frau Faeser, die deutsche Innenministerin, als Todeshelferinnen, kann der Zuschauer daraus schließen.

Die beiden Damen von der Leyen und Faeser sowie weitere Verantwortliche in Berlin und Brüssel seien nicht bereit gewesen, sich zu diesem schwierigen Punkt vor der Kamera des öffentlich-rechtlichen Rundfunkes zu äußern. Das ist bedenklich und nicht gerade imagefördernd und die Bundespressekonferenz äußert sich schmallippig, ausweichend, abwehrend, windet sich.

Aber nicht nur Brüssel und Berlin wissen um die Zustände, auch der Zuschauer kann es tun, allein im Kino gab es in letzter Zeit Filme wie Ich Capitano, Samia, Einhundertvier oder The Green Border, dieser aus der polnischen EU-Grenzregion.

Solange das extreme Wohlstandsgefälle zwischen Afrika und Europa existiert – und auch das Gefälle der Gesellschaftsmodelle, in Europa mit überwiegend Demokratien, Afrika mit jeder Menge Diktaturen, so lange dürften die Flüchtlingsströme druckvoll am Fließen bleiben.

Deportationen durch EU-finanzierte Sicherheitskräfte – Keine Antworten aus Brüssel, aus Berlin etc. Auch Bundesregierung druckst rum. Einzig Manfred Weber lässt sich zu dem heiklen Thema befragen. Es gibt auch Vorstellungen, wie mit dem Problem umgegangen werden könnte: Ausbau legaler Mobilität. Diese fehlt in Bezug auf Afrika.

Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunkes

Das Fürstentum Liechtenstein hat per Plebiszit den öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit deutlicher Mehrheit abgeschafft. In der Schweiz hat das vor ein paar Jahren nur nicht hingehauen, weil die Schweizer Bürger, die im Ausland leben, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk erhalten wollten. In Deutschland wird es wohl kaum je zu einer Volksabstimmung darüber kommen.

Aber die Ministerpräsidenten, die mit Rückendeckung ihrer Landesparlamente die Herren, Erschaffer und Fürsorger für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sind, haben vor einer Woche die Weichen für eine mögliche Abschaffung gestellt.

Dass der 10-Milliarden-Moloch umstritten ist, dass die AfD ihn als einzige Partei abschaffen will, ist bekannt. Dass es sich hierbei um einen der aufgeblähtesten und teuersten öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten weltweit handelt, ebenso.

Auch bekannt, wenn nie so ausgesprochen, ist die Tatsache, dass der unermesslich hohe Finanzierungsbetrag dieses eminent wichtigen Gemeinschaftswerkes unfair zu Lasten einkommensschwacher Haushalte erhoben wird. Nur will das die Schicht nicht wahrhaben, die glaubt, befugt und verpflichtet zu sein, sich öffentlich zu dem Thema zu äußern. Für deren Portemonnaie spielen 18, 19 oder 20 Euro keine Rolle.

Die Milliardäre des Landes tragen zu diesem demokratisch so wichtigen Werk faktisch nichts bei. Wenn sie sich angemessen beteiligen würden (also nach einem Steuermodell, was aber von der Politik gleich hysterisch wegen Staatsnähe als nicht machbar verworfen wird), könnte die Belastung für die Mehrheit der Haushalte deutlich gesenkt werden. Die Diskussion um die Erhöhung wäre damit vom Tisch. Und darum geht es.

Die Haushaltsgebühr steigt ständig und wird somit immer schmerzhafter für die einkommensschwachen Haushalte, von denen es überdurchschnittlich viele in den Neuen Bundesländern gibt. Deshalb ist die Gebührenerhöhung von Mal zu Mal umstrittener. Diesmal werden schon zwei oder gar drei Bundesländer ihr nicht zustimmen; wodurch der Fall wieder, da Einstimmigkeit der Bundesländer vorgeschrieben ist, vor dem Bundesverfassungsgericht landen dürfte.

Die Ministerpräsidenten hatten letztes Jahr einen Zukunftsrat ins Leben gerufen. Dieser hat für viel Geld Vorschläge zu einer Reform der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten vorgelegt. Diese würden sich gebührenmindernd auswirken und fanden breite Anerkennung.

Allerdings pfeifen die Ministerpräsidenten jetzt offenbar auf die wichtigsten Reformpunkte. Halbherzig und zögerlich wird da was umgesetzt und dort, ohne jetzt ins Detail zu gehen: es dürfte eine Reform werden, die kaum dazu geeignet ist, die Rundfunkgebühr deutlich zu reduzieren, was ein Ziel der Reform ist. Sie dürfte nicht einmal dazu geeignet sein, eine Erhöhung zu verhindern.

Die vorgelegte Reform scheint auf Programmreduktionen, also auf Verkleinerung des Angebotes hinauszulaufen. Sie scheint in keiner Weise geeignet, das lädierte Image der Anstalten aufzupolieren. Diese Reform ist geprägt von der Angst um Besitzstandswahrungsansprüche. Diese Reform birgt keine radikale Besinnung und Reorganisation des öffentlich-rechtlichen Rundfunkes im Hinblick auf seinen fundamentalen Zweck, nämlich einen Journalismus zu ermöglichen, der ohne Wirtschafts- und Politinteressen im Sinne der Frischhaltung der Demokratie arbeiten kann und der Entwicklungen in Richtung Extremismus rechtzeitig Einhalt gebietet. Diese Reform wird die Misere des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland nicht aus der Welt schaffen. Mit dieser Reform werden die Ministerpräsidenten ihrer Verantwortung einem demokratischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk gegenüber nicht gerecht.

Omegäng (Schweizer Filmwoche im Theatiner-Film in München)

Ein schöner Chrüsimüsi

Chrüsimüsi ist ein Schweizer Dialektwort, das übersetzbar ist, es meint ein Durcheinander, hier das herrliche Durcheinander im Paradiesgarten der Schweizer Dialekte, den man fast als Dickicht bezeichnen könnte; das Wort Chrüsimüsi kommt im Film allerdings nicht vor. Aber das Thema der Übersetzbarkeit ist eine Szene wert in einem Radiostudio, in welchem eine Modertorin einem Fachmann Deutschschweizer Dialektbegriffe zum Übersetzen vorgibt. Bei „schnäderfrässig“ muss er passen.

Schnäderfrässig ist in gewisser Weise auch der Film des Schweizer Dokumentaristen Aldo Gugolz, der Donnerstagabend die erstmalige Schweizer Filmwoche im gastfreundlichen Münchner Theatiner-Kino, noch bis 16. November, gutschweizerisch eröffnet hat.

Anhand des umstrittenen, titelgebenden Wortes ‚omegäng‘ begibt sich der Flaneur auf eine Reise durch die deutsche Schweiz und stößt auf Trouvaillen noch und nöcher. Abgesehen von den wunderbaren, hochkünstlerischen Verkehrskreiseln, mit denen allerorten Ortschaften Individualität behaupten, als ob sie keinen Dialekt hätten. Mit denen blättert der Filmemacher quasi die Seiten um im Album seiner Dialektreise.

Gugolz begleitet teils eine Dialekterforschungsgruppe, die Menschen Begriffe vorlegt, die sie in ihrem Dialekt ausdrücken sollen. In Bayern gibt es ähnliche Forschungen, die auch im Internet einzusehen und zu hören sind, zB den Bayerischen Dialektatlas. In der Schweiz gibt es das Idiotikon, eine Jahrhundertaufgabe. Aber es gibt auch einen Dialekt-Fluchsammler, dem auffällt, dass die Katholiken über ein größeres Fluch-Arsenal verfügen als die Protestanten.

Der Film trifft auf prominente Menschen, die sich beruflich mit der Sprache befassen, die im Dialekt schreiben, singen oder Zugewanderte unterrichten, und er trifft auf Menschen, die ihren lokalen-regionalen Dialekt als Teil ihrer Identität sehen, die aber auch ganz gut über die Unterschiede zu anderen Orten Bescheid wissen, oder darüber, wie die Sprache sich wandelt, wie Wörter sich aus dem Gebrauch verabschieden, wie eine Generation Wörter noch kennt, aber nicht mehr benutzt.

In der an die Vorführung anschließenden Diskussion war keine klare Meinung zu finden, wohin sich der Dialekt entwickelt oder ob er ganz verschwinden wird.

Kommentar zu den Reviews vom 31. Oktober 2024

Bunt wie das Herbstlaub gibt sich heute das Kinoangebot aus aller Welt und in einem genau so vielfältigen Genremix. In Amerika vermengt sich gesellschaftliches Außenseitertum mit superreicher Lebensweise. In Neuseeland, ob mans glaubt oder nicht, weidet ein gentechnisch manipuliertes Schaf in Horrorsphären. Deutschland blickt auf eine so berühmte wie umstrittene Karrieristin. Die USA wenden sich einem einzigartigen Musiker zu. In Deutschland befasst man sich – mal wieder – mit dem eigenen Saft. In Aserbeidschan versucht das Kino ein Come-Back. Wiederum in Deutschland blüht das Theater in der Provinz. In den USA versucht ein Deutscher sich Genregesetzen anzupassen. Ein anderer Deutscher reist um die Welt auf der Suche nach dem Pessimismus. Und ein Horrorschocker aus den USA, der die Innereien nach außen kehrt, möchte auf der ganzen Welt Kasse machen – im Halloweentrend. In einer Filmreihe würdigt das Theatiner-Film in München den Schweizer Film. Am TV gab‘ s ein eindrückliches Beispiel für Irrationalismen in der Gesellschaft und ein sehenswertes Biopic über einen italienischen Autor.

Kino

ANORA
In glamourös-krassen Randbezirken der Gesellschaft

BLACK SHEEP
Horror aus Kiwi-Land

RIEFENSTAHL
Sie war eine Karrieristin

HEAVEN STOOD STILL – MUSIK UND LEBEN DES WILLY DEVILLE
Ein stilvoller, unbestechlicher Musiker

ALTER WEISSER MANN
Hier ist nicht nur der Titel trendy, der Inhalt orientiert sich daran.

DIE RÜCKKEHR DES FILMVORFÜHRERS
Kinonostalgie pur

DANN GEHSTE EBEN NACH PARCHIM – VON DER LEIDENSCHAFT DES JUNGEN THEATERS
Theaterbegeisterung pur

FIRST SHIFT
Genrekorrektheit pur

WIR WERDEN ALLE STERBEN!
Was ist heute noch schlechter als es gestern schon war?

TERRIFIER 3
Eingeweidehorror pur

Filmreihe
OMEGÄNG
In der Gemengelage der Deutschschweizer Dialekte und ihrer enormen Biodiversität

TV
HUNDSWUT
Der politische Irrationalismus herrscht allerorten

ITALO SVEVO – GEHEIMES SCHREIBEN IN TRIEST
Taktgeber der toxischen Männlichkeit?

Heaven Stood Still – Musik und Leben des Willy Deville

In seiner eigenen Sphäre

Stamford bei New York ist öd, da tut sich nichts, da muss man sich schon seine eigene Welt schaffen, da muss man nach New York und da in die Welt der Musk eintauchen.

So geschehen bei Willy Deville, dem dieses Biopic von Larry Locke, der mit William Billy Borsey und Randy Barros auch das Drehbuch geschrieben hat, gewidmet ist.

Er lebe in einer Blase, sagt einer der vielen, kurz reingeschnittenen Talking Heads, die alle fasziniert vom Protagonisten sind.

Er hat seine Musik gemacht. Vermutlich ein lebenslanges Kompensationsprogramm gegen die Leere von Stamford. Er war immer gestylt, hat seinen eigenen Umgang mit der Stimme, hat nie opportunistisch auf den Erfolg geschielt, so kommt es zumindest rüber, er hat die Musik gemacht, die er musste – in New York, in Kalifornien, in New Orleans und auch in Europa, Paris, Amsterdam, Berlin.

Entscheidend für sein Styling war der Film West-Side-Story, musikalisch ist später Edith Piaf wichtig geworden und noch später der Blues aus New Orleans. Damit wurde er einmal sogar oscarnominiert.

Aber der ganz große Durchbruch war nie da, er war nie ein Megastar. Die Karriere war ein Auf und Ab. Drogen gehörten dazu, Frauen auch, aber hier nur wenige und eine nach der anderen, Toots, Lisa, Nina; aber die waren immer wichtig. Es gab spontane Entschlüsse und Wendungen in diesem Leben, das ohne Musik nicht zu denken ist. Ein Leben, das hier als bunter Bilderbogen aus Originalaufnahmen, Konzermitschnitten, den erwähnten Statements, Archivmaterial aller Art zusammengestellt ist.

Wir werden alle sterben

Kunterbuntes Apokalypsen-Panorama

Benjamin Knight, der mit Ralf Stadler auch das Drehbuch zu dieser thematisch weit gestreckten, mit autoporträthaften Elementen durchsetzten Dokumentation geschrieben hat, bezeichnet sich selbst als ein Journalist, der gemäß seines ganz persönlichen Interesse immer darauf abfährt, was heute noch schlechter ist, als es gestern schon war.

Der Recherche-Dokumentarist macht sich auf die Suche an den verschiedensten Orten der Welt, Menschen zu finden, denen es ergeht wie ihm, Menschen, die sich mit dem Weltuntergang und ähnlichen Katastrophen beschäftigen. Er macht mit seinem Film eine kunterbunte Wundertüte an überraschenden Verhaltensweisen, Aktivitäten, Endzeitprophezeiungen und -vorbeuger, Katastrophenfantasien auf.

Er findet manches, was wir uns nicht vorzustellen getraut hätten, zum Beispiel ein „Grief-Network“ für verzweifelte Aktivisten. Er trifft Reiner, der für alle Notfälle vorbeugt, überall Kisten mit Lebensmitteln vergraben hat, er besucht ein Überlebenstrainingscamp.

Es ist erstaunlich, wieviele Menschen ihr Leben der Notfallvorbeugung widmen, Preppers und gerne auch professionalisiert.

Viele Menschen machen mit diesen Schaudervisionen ein Geschäft, wobei der Dokumentarist keinen Wert auf Details des Wirtschaftlichen legt. Seinem Film voran stellt er ein Montaigne-Zitat: „Ich will, dass der Tod mich beim Pflanzen meiner Kohlköpfe findet.“

Oder er besucht einen Ort bereits passierter Apokalypse, Bombay Beach. Jegliche Art von Klimaaktivisten sind selberstverständlich mit dabei in dieser heiteren Weltuntergangsparty.

Ein Star unter den Klimaaktivisten und Weltuntergangspropheten ist: Guy McPherson.

Eine Platte mit Untergangsdelikatessen … bis hin zur Autopanne, aber glücklich zu machen scheint den Filmmeacher erst die Ankunft von Corona in Berlin 2020, wie die halbe Welt Panik schiebt und die Lockdowns in der Luft liegen.

Terrifier 3

Und am Schluss den Weihnachtsbaum mit Menschengedärm schmücken

Der Massaker-Kettensägefilm mit dem weißen Blutclown artet gegen Ende hin richtig aus und für den Kenner und Fan solcher kinematographischer Schlachtereien fällt bestimmt einiges an Übelkeit erregenden Möglichkeiten ab, was sie so vielleicht noch nicht gesehen haben.

Damien Leone macht es sich mit seinem Film nicht leicht, als er in den ersten zehn Minuten vor dem Titel das Genre, wie immer man es en detail nennen mag, in Perfektion vorführt.

Dazu gehört als Basis die Schilderung eines kuscheligen Familienlebens in einem gemütlichen, liebevoll ausgestatteten Haus. Romantische Weihnachtsbeleuchtung dominiert. Das muss so sein, damit das Folgende umso schmerzlicher wird.

Das kleine Mädchen glaubt nachts Schritte auf dem Dach zu hören. Die Eltern wollen ihre Ruhe haben und der kleine Bruder schläft. Die Schritte waren aber keine Einbildung. Sie stammen vom weißen Blutclown. Der verrichtet sein Werk. Seine ersten Taten finden teils noch außerhalb der Kamera statt, es sind die Geräusche, die sie so grauenhaft machen. Es folgen die Titel.

Dann springt der Film 5 Jahre zurück. Und jetzt tut er sich schwer, da er über zwei Stunden dauert, im Grund nichts Neues zu erzählen, außer Familienidyllen zu schildern, in die der Terrifier, der noch von einer weiteren graisslichen Halloween-Figur unterstützt wird, mit seiner Blutspur eingreift.

Diese Zeit wird gefüllt auch mit Szenen in einer Kneipe, wo der Weihnachtsmann einen hebt oder mit Szenen im Warenhaus, wo Kinder Fotos mit dem Weihnachtsmann machen können.

Wenns blutig wird, legt der Film auch mal einen feierlichen Weihnachtschoral auf die Tonspur. Es kommen psychische Störungen vor, die von Horror-Halluzinationen begleitet werden. So soll dem erwarteten Blutbad, das die Nähe zur Widerlichkeit und zu den Grenzen des guten Geschmackes nicht scheut, Futter gegeben werden.

First Shift

„Ich brauchte des Geld“,

ist im Thriller-Genre vielleicht einer der häufigsten Sätze, wenn nicht der Standardsatz schlechthin zur Begründung von Verbrechen. Hier sagt ihn Logan (Aaron Berg). Er und sein Sohn überleben ihn nicht lange. Es geht nicht gut aus, wenn Kriminelle andere Kriminelle reinlegen.

Standardthrillersituation über Standardthrillersituation wird von Uwe Boll mit viel Kamerabewegung, Tempo und antreibender Musik zu einem Standardthriller mit einem Standardcast zusammengeschnitten, irgendwie clean und aalglatt.

Und so standardisiert scheint der Titel, bei IMDb gibt es jede Menge Einträge.

Auch die deutsche Synchro könnte standardisierter nicht sein.

Lieutenant Walden (Tia Dionne Hodge) vom Polizeirevier in Queens versteht es durchaus, ihre Angestellten zu trietzen. Sie spannt Deo (Gino Anthony Pesi) mit der neu aus dem Süden zum Team gestoßenen Angela (Kristen Renton) zusammen. Ihr fehlt es weder an Mut noch an Selbstbewusstsein. Auch beruflich dürfte sie qualifiziert sein.

Das sorgt für die dramaturgische Grundspannung in ihrer ersten Schicht mit Deo, die den Hauptteil des Filmes füllt und Einblicke in die Hintergründe der beiden Figuren gibt.

Vor allem bekommen sie es mit Schießereien zu tun, mit Leichen, aber es gibt den Selbstverletzungstäter oder auch den alten Mann Willy (Willie C. Carpenter), der in einem Lebensmittelgeschäft zusammenbricht und um dessen Hund sich das unfreiwillige Polizistenpaar liebe vollkümmert.

Ein bisschen Lebenswertigkeit muss ja in diesem schießwütigen New York auch noch sein.

In den frühen Zeiten von filmjournalisten.de hat Julian sich öfter mit Uwe Boll beschäftigt und auch stefe hat in einer seiner frühen Reviews den Uwe Boll Film Max Schmeling besprochen.

Die Rückkehr des Filmvorführers

Nostalgisch vielleicht – aber nicht rückständig!

Das erzählt dieser Film von Orkhan Aghazadeh als vielleicht dringlichsten Punkt, dass man in Aserbeidschan kinonostalgisch sei, gewiss aber nicht rückständig, auch wenn es in manchem Dorf, zum Beispiel in Sym, nicht an jeder Ecke Internetempfang gibt. Dazu muss man mühsam auf einem Esel sitzend einen Berg erklimmen oder im Winter gar durch meterhohen Schnee stapfen. Aber die Endgeräte hat man, auf ihnen ist in verschiedenen Schriften mit der ganzen Welt zu kommunizieren. Oder es sind Waren zu bestellen.

Der alte Filmvorfüher Samid (Samiduillah Idrisov) hat es sich in den Kopf gesetzt, im Dorf wieder Filmvorführungen zu veranstalten. Als Mitstreiter gewinnt er den Studenten Ayaz (Ayaz Khaligov). Technisch sind sie geschickt und tüftlerisch genug, um alte Projektoren für Filmrollen wieder in Gang zu setzen, um Fotos für ein Plakat „Die Rückkehr des Filmvorführers“ zu machen, um einen indischen Film auf Celluloid-Rollen zu organisieren.

Ja, der Junge ist clever genug, das Ende des indischen Filmes, bei dem die letzte Rolle fehlt, als Handy-Zeichentrick-Movie zu erzählen und dafür einen eigenen Projektor, der direkt vom Handy auf die Leinwand projiziert, zu basteln.

Die beiden müssen sich selbstverständlich mit dem Bürgermeister abstimmen. Die Zeitgeschichte spielt hinein, Russland hat gerade die Ukraine überfallen. Darüber macht Ayaz einen satirischen Animationsfilm.

Der Film erzählt auch, wie die beiden Filmfreaks Töne für die Tonspur sammeln. Das größte Problem ist das Fehlen von Glühlampen für die Projektoren. Der Bestellung, der Rercherche und dem Warten darauf ist ein eigener Handlungsfaden gewidmet, der auch einen Ausflug nach Baku mit sich bringt, verbunden mit einem Mini-Tourismusrundblick auf die Errungenschaften der modernen, aserbeidschanischen Metropole.

Angedeutet werden verschiedene Hindernisse auf dem Weg zur Wiederbelebung der Filmvorführungen im Dorf, es gibt Gerede, digitales Material geht verloren, die selbsthergestellte Leinwand im Gemeindesaal stört und die über das Internet in Estland bestellten Projektorglühbirnen lassen auf sich warten.

Aber der Kinowille ist ungebrochen und viele Aufnahmen belegen, dass Aserbeidschan ein wundervolles Kinoland sein kann, nicht nur mit der Landschaft, den Stimmungen, auch mit den wunderbaren Charakterköpfen.

Bei der Projektion weiß man sich zu helfen, wenn ein indischer Film ohne Untertitel vorliegt: es gibt schließlich ein Mikro, ein Handy mit der Übersetzung und einen vifen Simultaneinsprecher.