Malala Yousafzai ist mit 16 bereits Friedensnobelpreisträgerin. Die Geschichte ist bekannt. Sie ist im Swat-Tal in Pakistan aufgewachsen. Ihr Vater, ein Lehrer, hat eine eigene Schule gegründet, in der er die Schüler ermutigt hat, rebellisch zu sein. Damit ist das Mädchen von klein auf Tag und Nacht in der Schule – im Film wird das mit einer der kontinuierlich dazwischengeschnittenen Animationen erläutert, ein Kind im Krabbelalter, was durch die Räume kriecht und Lehrstoff schnüffelt.
Man darf sie gewiss als frühreif oder altklug bezeichnen, sehr hell, sehr wach. Politisch nehmen die Taliban immer mehr überhand. Ein Mullah wird erwähnt, der sich, auch das wird in einer Animation gezeigt, mittels der Muezzin-Lautsprecher täglich an die ganze Bevölkerung wendet, speziell an die Frauen. Die üble Seite der Taliban ist, dass sie die Frauen von Öffentlichkeit und Bildung ausschließen, dass sie Morddrohungen (die eine Mauer des Schweigens nach sich ziehen) aussprechen und Schulen zerstören.
Eine BBC-Reporterin sucht Originalstimmen von Mädchen, die sich dazu äußern, die bereit wären, ein Buch darüber zu schreiben. Malala ist bereit. Sie ist gerade 13, wie das Buch erscheint. Es machte Furore. Erst bleibt die Autorin anonym. Schließlich wird sie identifiziert und bedroht, wird zum Ziel eines Anschlages, der weltweit Aufsehen erregt, wird angeschossen.
Schwere Operationen, erst in Pakistan dann in England folgen. Und eine erstaunliche Genesung, zwar mit Beeinträchtigungen des Gehörs, der halben Gesichtsmuskulatur. Ihr Geist scheint unlädiert, wach wie eh und je. Malala hegt keinerlei Rachegefühle. Sie macht sich als Prominente jetzt erst recht zur Sprecherin für die Sache der Mädchen und der Frauen. Sie hat früh ihre Mission gefunden.
Der Film von Davis Guggenehim bringt auch Familienszenen aus Birmingham, wo die Familie mit noch zwei Brüdern inzwischen wohnt, wie sie Karten spielen und ganz normale Kinder sind, die sich gegenseitig Dinge vorwerfen, wie es unter Geschwistern so ist. Der Film scheint mir ein Folgeprodukt des Medienrummels, den der Nobelpreis ausgelöst hat.
Malala reist als Botschafterin für die Sache der Mädchen in der Welt herum. Immer züchtig mit Kopftuch, aber ohne Schleier. In der Schule in England ist es ihr nicht ganz wohl, da ist sie nicht so überlegen wie in Pakistan. Ein Leben zwischen Schul- und Familiennormalität in England, das die Minions liebt und über sie lacht einerseits und eines Weltpromis andererseits, der Flüchtlinge aus Syrien in Jordanien empfängt oder in Afrika Schulen besucht und Hoffnung verbreitet oder vor der UN und bei Kongressen spricht, eine moderne Kämpferin für die Rechte der Mädchen, die zur Emanzipation aufruft.
In der Animation wird sie dargestellt als heldische Figur im knallroten Kleid in düsterer Umgebung die hoch auf einem Berg über kämpfenden und kriegenden Männern ihre Botschaft ins Land hinausruft: aus ihrem Atem entstehen langgezogen die Schriftzüge ihrer Worte. Guggenheim betreibt schier religiöses Legendbuilding wie für eine Pilgerstätte. Malalas Aufruf: 1 Kind, 1 Lehrer, 1 Buch und 1 Schreibstift genügen, um die Welt zu verändern. In diesem Sinne ein ansprechender, leicht lesbarer und mit genügend Gefühl angereicherter Agit-Prop-Film.