Alle Beiträge von Julian

Ein Jahrestag

Liebe Leser, liebe Fans dieser gar nicht mehr so kleinen Filmseite, liebe (bisweilen streitbare) Kommentatoren!

Heute vor 6 Jahren hat unser mysteriöser Stefe seine erste Review bei filmjournalisten.de veröffentlicht. Er hat sich seit diesem ersten Text über die Maßen eingebracht, hat geradezu eine Berufung gefunden und seither schon sage und schreibe schon über 1.950 Kritiken hier veröffentlicht.

Ich möchte mich an dieser Stelle herzlich und zutiefst bei Stefe bedanken. Ohne ihn und seine cineastische Aufopferung (er schaut wirklich jeden Film, den er kriegen kann, und schreibt über praktisch alle) wäre diese Seite schon lange einseitig und öde, wenn nicht sogar gar nicht mehr online.

Lieber Stefe, Worte können nicht zum Ausdruck bringen, was Du für unsere Seite hier getan hast. Du bist einmalig, ein Wink des Schicksals, ein absoluter Glückstreffer, ein traumhafter Partner in diesem schönen Umfeld. Ich hoffe, dass wir noch lange Spaß miteinander und an der Sache haben, und dass Du auch weiterhin mit Biss, aber nie unfair, berichten wirst – aber nur, solange Du auch Lust dazu hast!

Ich denke, die Leser sehen das genauso – auf die nächsten sechs Jahre, mindestens!

Julian

Warum all die tollen Effekte nicht funktionieren

Ein großartiger Artikel über all die digitalen Effekte, die in den letzten zwei Jahrzehnten immer leichter verfügbar wurden, technisch immer besser – und letztlich immer unglaubwürdiger. Warum? Hier lesen.

Ausstellung: „Die Olympischen Spiele – Hinter dem Bildschirm“

Zur Eröffnung der Ausstellung Die Olympischen Spiele: Hinter dem Bildschirm (19.2.2015 – 26.1.2016) lud das Olympische Museum vor einigen Wochen nach Lausanne. Dort stellte man uns Journalisten nicht nur die Ausstellung selbst vor, sondern insbesondere auch die gewaltige Anstrengung, die diese erst ermöglichten.

Das Olympische Feuer brennt ständig. Im Hintergrund das Olympische Museum Lausanne.
Das Olympische Feuer brennt ständig. Im Hintergrund das Olympische Museum Lausanne.

Schwerpunkt der Ausstellung ist das Broadcasting, also die Berichterstattung über die Spiele im Verlauf der letzten 100 Jahre. Wer nicht zu den Spielen anreisen konnte, konnte schon in der Urzeit des Kinos Filmausschnitte in den Wochenschauen im Kino sehen oder Radio hören. Später wurde mit TV-Liveübertragungen begonnen – zu einer Zeit, als man die Anzahl der Fernsehgeräte quasi noch an einer Hand abzählen konnte – und schließlich gelangte man zu der ausgefeilten, aufwendigen Berichterstattung, die wir heute kennen.

Nimmt man die Organisation, die hinter der heutigen Berichterstattung steht, unter die Lupe, kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus. Es ist eine eigene olympische Leistung, hunderte von Kameraleuten und tausende von weiteren Mitarbeitern, vom untersten Assistenten bis zum obersten kreativ Verantwortlichen unter einen Hut zu bringen. Alles folgt einer kreativen Direktive, hat eine spezifische Bildsprache, einen eigenen Schnitt – als wenn 50 Regisseure mit 600 Kameramännern einen Film drehen, und es soll keinen Stilbruch geben. Eine herkulische Aufgabe.

Das IOC hat vor zwanzig Jahren damit begonnen, sämtliche Fotos, Filme und TV-Aufzeichnungen aller vergangenen olympischen Spiele zu sammeln, zu archivieren und zu restaurieren. Der Aufwand ist gigantisch: Nicht nur offizielles Material wird archiviert, sondern auch das von Privatleuten: Jedermann kann seine eigenen Aufzeichnungen und Fotos von Spielen, die er besucht hat, zur Digitalisierung einschicken.

Entstanden ist ein riesiges Archiv historischer Sportaufnahmen aller Art. Da man im allgemeinen nur die beeindruckendsten Momente und die großen Siege gezeigt bekommt, ist es umso beeindruckender, auch das übrige Material sehen zu können: Schmerz, Enttäuschung, Unfälle, die besonders enttäuschenden vierten Plätze, Freude daran, so eine Anstrengung überhaupt geschafft zu haben, Erleichterung, generell emotionale Ausnahmezustände und natürlich jede Menge Material davon, wie alles ganz normal läuft. Also die Dokumentation der Spiele aus vergangenen Zeiten und ihrer Umgebung.

Doch dem ist nicht genug: Zu jeden olympischen Spielen wird ein Filmemacher ausgewählt und damit beauftragt, einen offiziellen (Kino)film über die Spiele zu drehen. Der Hintergedanke hierzu war früher, dass man auf diese Weise den Menschen mehr als nur die Nachrichtenmomente nahebringen kann. Und da es „Live“ noch nicht gab, gingen die Leute natürlich einfach nach den Spielen ins Kino.

Großmutters Wohnzimmer im 50er-Chic am Eingang der Ausstellung zeigt eindrucksvoll, wo die Liveberichterstattung erstmals massentauglich wurde.
Großmutters Wohnzimmer im 50er-Chic am Eingang der Ausstellung zeigt eindrucksvoll, wo die Liveberichterstattung erstmals massentauglich wurde.

Die zunehmende Verwöhntheit, alles immer sofort und auf Abruf zur Verfügung gestellt zu bekommen, setzt die Filmemacher unter Druck. Hitler und Goebbels dachten damals an ein paar Wochen für den Schnitt, Leni Riefenstahl dahgingegen hatte zwei Jahre für eine ordentliche Arbeit im Sinn. Kein Wunder: Allein die erste Sichtung allen Materials nahm Monate in Anspruch. Man kann sich gut vorstellen, wieviel mehr Material heute bei den Spielen entsteht.

Besonders beeindruckend ist die Erkenntnis, wie sehr Leni Riefenstahls Stil die filmische Berichterstattung über Sportereignisse noch heute beeinflusst. Sah man auf uralten Filmszenen vom Anfang des letzten Jahrhunderts zum Beispiel noch die Langläufer von der Zuschauertribüne aus die Ziellinie überqueren, so setzte Riefenstahl die Kamera auf Hüfthöhe direkt an die Ziellinie. Diese Entscheidung (und viele andere wie sie) rückte den Zuschauer mitten ins Geschehen, brachte ihm eine völlig neue, ästhetische Perspektive auf den Sport und erhöhte die Dramatik der Sache um ein Vielfaches.

So absurd es einem erscheinen mag, so einen Olympia-Film Monate nach dem Ende der Spiele anzusehen, so erstaunt wird man sein, wenn man sich diese Zeit tatsächlich einmal nimmt. Nirgendwo sonst gibt es Emotionen so ungefiltert zu sehen wie bei Olympioniken, die der Erfüllung ihres Lebenstraumes nahe sind.

Besonders beeindruckend, und dies sei als persönliche Anmerkung des Autors zu verstehen, ist das völlig eigene Universum von Dramaturgie und Bildsprache, das sich innerhalb des Genres Sport entwickelt hat. Da der Cineast sich üblicherweise nicht oder kaum mit diesem Genre auseinandersetzt, und sich den klassischen Genres des meist inszenierten Schauspiels widmet, läuft er Gefahr, etwas Gewaltiges zu verpassen: Echte, wirkliche Dramen und Emotionen auf der großen Leinwand – oder nur dem heimischen TV. Dieser Autor wird Sportberichterstattung von nun an mit völlig anderen Augen wahrnehmen.

Originalkostüme und eine von hunderten von Trommeln der Sommerspiele 2008 vor einer der bewegenden Videoinstallationen.
Originalkostüme und eine von hunderten von Trommeln der Sommerspiele 2008 vor einer der bewegenden Videoinstallationen.

Die Ausstellung im Olympischen Museum Lausanne (Schweiz) nimmt, zusammen mit der regulären Ausstellung, mehrere Stockwerke in Anspruch und ist in drei Teile bzw. sieben Abschnitte gegliedert. In der Broschüre ist mehr zu erfahren, besonders empfehlenswert ist jedoch die großartige interaktive Ausstellung: Sie enthält jede Menge Beispiele rund um das Thema Broadcasting the Games, so auch restauriertes Filmmaterial bis zurück nach 1904 (St. Louis, USA). Doch nur vor Ort kann man all die Gerätschaften sehen, die so eine Übertragung erst möglich machen, von der Kamera, die neben den Wasserspringern in die Tiefe rauscht, über die komplette, mehrere Meter breiten Regiepult-Simulation bis hin zur Rundum-Videokomposition, in der die Aufnahmen zusammenlaufen und einem das Erleben der Spiele erst so richtig nahe bringen.

Das Museum liegt wunderschön am Nordufer des Genfer Sees (Google Maps). Bei gutem Wetter kann man nach Frankreich hinüberblicken, genau genommen nach Evian, dem Evian. Vom ein paar hundert Meter westlich gelegenen Hafen von Ouchy kann man mit dem Schiff auch hinüberfahren. Die Anreise ist denkbar einfach, denn vom Hauptbahnhof Lausanne (zu dem es unter anderem eine direkte Zugverbindung vom Flughafen in Genf gibt), führt die derzeit steilste U-Bahn der Welt (M2) direkt bis zur Seepromenade hinunter. Zu sehen gibt es in Lausanne und generell der Schweiz natürlich noch viel mehr. Aber wer zum Beispiel auf der Durchreise ist, dem sei ein Stop und ein Besuch dieser Ausstellung hiermit dringend ans Herz gelegt.

Am 30. und 31. Mai gibt es ein Event-Wochenende um die Ausstellung.

(Für Kollegen: Pressebereich, Press Kit)

Sony zieht „The Interview“ zurück

Es passiert nur selten, dass man als Filmkritiker einen Film zu sehen bekommt, der es in Folge nicht mehr auf die Leinwand schafft. In diesem Fall „The Interview“ von Sony Pictures.

Im Film – auf den wir wegen einer Sperrfristklausel an dieser Stelle nicht eingehen – geht es um einen TV-Talkshow-Master und seinen Produzenten, die es schaffen, ein Interview mit Nordkoreas oberstem Führer Kim Jong-Un versprochen zu bekommen.

Schon im Sommer diesen Jahres wandte sich Nordkoreas Führung an die UN, um sich gegen den (zu diesem Zeitpunkt noch in Arbeit befindlichem Film) zur Wehr zu setzen. Ein Hackerangriff auf Sony im Spätherbst sorgte nicht nur für massiven Zwiespalt zwischen betroffenen Personen in der Branche, sondern enthielt auch terroristische Drohgebärden rund um den Release von „The Interview“. Die Attacke wird nun Nordkorea zugeschrieben, Sony sagte daraufhin die für heute (18.12.2014) geplante Premiere in New York ab. Etwas später wurde der Film komplett zurückgezogen.

Ein Hoffnungsschimmer bleibt: Laut Wikipedia ist die Veröffentlichung in anderen Länden nicht betroffen. Mal sehen, was Sony Deutschland sagt.

Der Hobbit: Die Schlacht der fünf Heere

Ein kurzer Kommentar nur, da ich eine längere Betrachtung der ganzen Tolkien-Angelegenheit für später plane.

Im dritten und letzten Teil der Hobbit-Trilogie kommt vor allem auf seine Kosten, wer die bisherigen Teile richtig gut fand. Es mangelt nicht an Action, von Smaugs Angriff auf die Stadt Dale bis zum Einfall verschiedener Armeen, die alle an das Gold unter dem Berg kommen wollen.

Gekonnt verwebt Regisseur Peter Jackson die Handlungsfäden aus den letzten beiden Filmen zu einem stimmigen Finale, das natürlich den Boden bereitet für den Herrn der Ringe, der ja einige Jahrzehnte später angesiedelt ist.

Musik und Ausstattung sind sehr gelungen, ebenso die Bauten und Kostüme. Die Effekte sind weitestgehend makellos, nur Puristen (wie ich) stören sich an den hinzugeschriebenen Figuren und aus dramaturgischen Gründen bevorzugten Handlungssträngen.

Natürlich muss man diesen Film gesehen haben, wenn man die anderen gesehen hat, daher braucht man gar keine Empfehlung aussprechen.

Die Tribute von Panem – Mockingjay (Teil 1)

Die geplante Tetralogie der Tribute-von-Panem-Filmreihe wird heute mit dem dritten Teil weitergeführt.

Eine kurze Zusammenfassung der bisherigen Ereignisse, Achtung Spoiler:

In einer dystopischen Gesellschaft der Zukunft, es gibt keinen Grund anzunehmen, dass diese sich auf einem anderen Planeten befindet, besteht die ganze Welt aus Distrikten. Die Welt heißt „Panem“, aus dem Lateinischen „das Brot“ im Akkusativ, warum auch immer. Die Distrikte von Panem beherbergen offenbar alle Einwohner des Planeten, sind elektrisch umzäunt und dürfen nicht verlassen werden. Jeder Distrikt ist auf einzelne Wirtschaftsgüter spezialisiert, also der eine auf Bergbau, der nächste auf Getreide, der dritte auf Fischerei, ein weiterer für Energie und so weiter. Distrikt 1 ist Hauptstadt, bekommt die allermeisten dieser Güter, und stellt dafür das Militär für Schutz und Ordnung ab (nicht direkt, diese Aufgabe übernimmt Distrikt 2). Dies alles erinnert streckenweise stark an das alte Rom.

Natürlich hält Distrikt 1 sich für was besseres, hier leben die Menschen in Dekadenz und purem Luxus. Einmal im Jahr erinnert man an die versuchte Revolution der Distrikte gegen die Vorherrschaft von Distrikt 1 vor mittlerweile 75 Jahren, indem man sogenannte „Hungerspiele“ durchführt. Dabei werden aus jedem Distrikt außer dem ersten ein Junge und ein Mädchen in jugendlichem Alter ausgelost, zwei „Tribute“, die bei grausamen Spielen in einer Naturarena bis auf den Tod gegeneinander kämpfen müssen. Wer zuletzt noch lebt, darf als Held in seinen Distrikt zurück oder in der Hauptstadt leben. All das wird Panem-weit live übertragen, die Einwohner der Distrikte werden von den dort abgestellten Sicherheitskräften quasi mit Waffengewalt dazu angehalten, zuzusehen, wie die Jugendlichen ihres eigenen Distrikts brutal getötet werden.

Im ersten Teil der Tribute von Panem wird gezeigt, wie Wildfang Katniss Everdeen und der in sie verliebte Peeta Mellark aus dem armen Bergwerksdistrikt 12 für die 74. Hungerspiele ausgelost werden (Katniss meldet sich freiwillig, um ihrer eigentlich ausgelosten kleinen Schwester Primrose das Leben zu retten), dann zu den Spielen anreisen, in Luxus schwelgen und etwas trainieren dürfen, dann beginnen die Spiele. Es gibt einen Spielmacher, der die Regie bei diesen Spielen hat und sie auch beeinflussen kann, beispielsweise Tribute durch einen Waldbrand umlenken oder durch das Einsetzen gefährlicher Tiere und Pflanzen beschleunigt abtreten lassen kann. Es gibt den Präsidenten Snow, der Diktator von Panem, der sich gütig gibt, aber es faustdick hinter den Ohren hat, und viele weitere Figuren, die eine Rolle spielen, wie zum Beispiel die Mentoren der jeweiligen Tribute, die Modeschöpfer für deren Outfits für Gala wie Spiele, und den manipulativen TV-Moderator Caesar Flickerman.

Katniss hat während der Spiele schnell einen Stein im Brett bei allen Zuschauern, da sie sich ehrenvoll verhält und nicht zum Kindermetzger degeneriert wie andere Tribute. Daher werden für sie die Regeln geändert, so dass auch Peeta die Spiele überleben darf.

Im zweiten Teil wird klar, dass dieser Schachzug des mittlerweile ausgetauschten Spielmachers eher kontraproduktiv für Präsident Snow war, denn nun ist jedem wirklich klar geworden, dass die Spielregeln nicht naturgegeben sind, und damit, dass nicht alles, was im TV zu sehen ist, auch nicht zu ändern ist. Es kommt zu Aufständen gegen die Regierung. Diese werden blutig niedergeschlagen, doch das Symbol einer Brosche, die Katniss bereits im ersten Film trug, wird nun zum Symbol der Rebellion. Es bildet sich Widerstand im Untergrund.

Daher entscheidet Präsident Snow, dass die 75. Spiele, ein sogenanntes „Jubel-Jubiläum“ (alle 25 Jahre), aus den Siegern der letzten 25 Jahre zusammengesetzt werden, und nicht aus den Tributen der Distrikte. Das freut die sich in Sicherheit wähnenden ehemaligen Sieger überhaupt nicht, denn auch hier werden die meisten ihr Leben verlieren.

Die 75. Spiele finden in einer tropischen Arena statt, ein Dschungel mit einem See in der Mitte, auch hier kommt es sofort zu Mord und Totschlag, und die Zuschauer in den Distrikten sind überhaupt nicht begeistert.

Der Dreh- und Angelpunkt der ganzen Geschichte passiert, als Katniss auf spektakuläre Weise einen Blitzableiter mit dem Kraftfeld der (unsichtbaren) Kuppel, die über die Arena gespannt ist, verbindet und der Blitz die ganze Anlage, und mit ihr die Spiele, lahmlegt. Nun bricht die Rebellion los. Katniss, die das Gesicht der Rebellion ist, davon aber nicht wirklich etwas weiß, wird mit einigen Überlebenden der Spiele, von ihrem Mentor und dem aktuellen Spielmacher, der ein Doppelspiel spielte, in den abtrünnigen Distrikt 13 entführt.

Der heute startende, dritte Film der Reihe, hat die unangenehme Position als Lückenbüßer, ganz ähnlich zu Das Imperium schlägt zurück. Katniss trifft im praktisch komplett unterirdisch (wegen Verwüstungen durch Distrikt 1) angelegtem Distrikt 13 auf ihre Familie und erfährt, dass ihr Heimatdistrikt 12 aus Rache in Schutt und Asche gelegt wurde. Es gibt kaum Überlebende, diese konnten sich durch den Elektrozaun in die Wälder flüchten.

Es ist klar, dass es nun zum offenen Krieg zwischen den Distrikten und der Hauptstadt mit ihrem Despoten Snow kommen wird. Widerstand im Untergrund gibt es überall, doch die Truppen der Hauptstadt töten und vernichten, wo sie nur die kleinste Abweichung von den Forderungen sehen.

Peeta wurde mit zwei anderen Überlebenden der Spiele in die Hauptstadt gebracht. Eine Befreiungsaktion steht an.

An dieser Stelle mehr zu erzählen, würde den Genuss des Kinobesuchs schmälern.

Mockingjay, so der Name des Films wie auch des symbolischen (nicht real existierenden) Vogels des Widerstandes (eingedeutscht als „Spotttölpel“), ist definitiv ein spannendes Kinoerlebnis für junge Menschen. Alte Hasen wie ich erkennen natürlich jede Menge Parallelen zu schon gesehenen Klassikern oder Flops. Doch Dystopien gibt es viele, und die Zahl der möglichen Handlungsverläufe bzw. dramaturgischen Mechanismen ist begrenzt. Also, darüber hinwegsehen.

Optisch ist Mockingjay sehr gelungen, jedoch nicht gewaltig. Es gibt zwar ein paar Schlachtszenen und ähnliches zu sehen,  aber gerade der große Luftangriff wird nicht gezeigt. Wahrscheinlich heben sie sich diese Effekte für den letzten Teil auf.

Auch wenn die Filmhandlung nicht allzuviel hergibt in diesem Teil der Tetralogie, kann der Film guten Gewissens empfohlen werden. Wie gesagt, eher für jüngeres Publikum, aber amüsieren werden sich auch die gesetzteren.

Video on Demand

Wer, wie ich, in den 70ern geboren und in den 80ern aufgewachsen ist, kennt sie noch, die gute alte Videothek. Man durfte erst ab 18 Jahren eintreten, es gab die sprichwörtliche Schmuddelecke, wo auf einen Blick mehr nackte Tatsachen zu sehen waren, als alle Vorfahren zusammen jemals zu Gesicht bekommen hatten. Viel wichtiger jedoch: Es gab die Blockbuster, prominent aufgestellt. Die großen Hits waren gleich mehrfach vorhanden, ganze Regalreihen gab es da, zum Beispiel mit Terminator II oder Aliens.

Alles auf VHS, analoges Video mit theoretisch möglichen, aber nie ausgenutzten 768×576 Pixeln, grieselig und körnig, teilweise mit abenteuerlichen Kopierschutz-Technologien versehen (für die man sog. Kopierschutzknacker kaufen konnte, das waren elektronische Geräte, durch die man das Signal führen musste, hach, das waren noch Zeiten!).

War das Band nicht zurückgespult, musste man womöglich Strafe zahlen, und wenn der eigene Player es verknittert hatte, konnte es teuer werden. Ich musste nie was zahlen, denn wie alle anderen verschwieg auch ich, wenn mir so ein Malheur passiert war.

Heute ist das alles ganz anders. Man guckt Filme on demand über das Internet, moderne Fernseher können sogar eigenständig und ohne Computer bei VOD-Anbietern (video on demand) vorstellig werden und dem Zuschauer das gewünschte Material herunterladen bzw. streamen. Gerade neulich hatte ich so eine Not: Ich war zur Pressevorführung des dritten „Tribute von Panem“-Films eingeladen, hatte aber den zweiten gar nicht gesehen. Den ersten hatte ich just vom Fernsehen aufgenommen (DVB-T-Antenne und TV-Software am Rechner von Elgato – tolle Sache, nur unheimlich ablenkend!) und angesehen, also guckte ich bei Amazon Instant Video kurzerhand den zweiten Teil. Ich musste nichtmal meinen Schreibtischstuhl verlassen dafür!

Eine großartige Sache, finde ich. Das einzig Dumme: Man muss über den Browser gucken, hat keine eigene Software. Viele sehen das als Vorteil, ich hätte aber lieber eine eigene Software, in der ich meine Filme und Filmwünsche organisieren kann.

Ganz wichtig für Filmfans wie mich – und somit sicher auch Euch Leser dieser Zeilen – ist natürlich die Originalfassung eines Films. Wieso sich deutsche Synchronsprecher anhören, wenn man die volle Wucht der Originalstimmen der Akteure (und Stars), wie sie von den großen Regisseuren unserer Zeit dirigiert wurden, haben kann? Englisch spricht natürlich jeder, aber wenn man sich mal einen französischen Film, oder noch besser, einen japanischen Film mit Untertiteln angetan hat, dann hat man ein ganz anderes Erlebnis als bei der Synchronfassung.

Wenn ich da ein bisschen recherchiere, fällt mir auf, dass es bei Maxdome über 1000 Titel in Originalfassung gibt (hier ein Link zu den Specials-Paketen), während Netflix zum Beispiel einen überhaupt nicht das Angebot browsen lässt, wenn man nicht eingloggt (und damit Kunde) ist. Bei Amazon sind die OV-Titel nicht, oder nicht leicht genug, zu finden, leider. Ich denke, da werde ich auch mal genauer reinschauen. Vielleicht schenke ich mir so ein Abo zu Weihnachten – wo, entscheidet das Angebot.

Auch wenn ich die nächtliche fahrt zur Videothek, das Aussuchen eines Films mit Freunden und die eine oder andere teure Tüte Chips, die man an der Kasse noch mitnimmt, vermisse: VOD ist definitiv wesentlich bequemer, und die Qualität der Filme ist mit Full HD (1920×1080 Pixel) auch mehr als vier mal so groß (Grafik dazu). Und weniger Chips essen, ist sowieso die bessere Wahl… Jetzt muss ich nur noch Freunde einladen – doch halt, ich habe ja gar keinen Fernseher mit Sofalandschaft. Dann eben das zu Weihnachten.

Tatort: „Im Schmerz geboren“

Ich hätte da ein paar Anmerkungen zum Tatort vom Sonntag, „Im Schmerz geboren“. Vorsicht, Spoiler.

Ausnahmsweise hatte der Tatort schon im Vorfeld für Aufregung gesorgt, denn einzelne Medien wiesen darauf hin, dass es diesmal „ganz anders“ und sowieso sehr blutrünstig werde. Gut, sowas ist leicht zu behaupten. Doch diesmal stimmte es.

Ich hatte die Ausstrahlung verpasst und den Tatort aufgezeichnet. Erst am folgenden Dienstag konnte ich ich ihn nachholen. Schon kurz nach der Ausstrahlung am Sonntag gingen diverse Meinungen durchs Netz, es war klar: Dieser Tatort polarisierte. Während die einen drohten, dem altgedienten TV-Behemoth abzuschwören, jubelten andere, dass nun endlich frischer Wind Einzug gehalten hätte. Quentin Tarantino! Sergio Leone! Große Namen wurden da geworfen.

Die Handlung des Tatorts ist relativ unwichtig (zum Teil war sie an den Haaren herbeigezogen), die Aufmachung ist jedoch interessant: Ähnlich einem Shakespeare-Theaterstück, wie es in diesen runden Holztheatern aufgeführt wurde (seien wir ehrlich, ohne „Shakespeare in Love“ hätte keiner von uns Ahnung, wie es damals so zuging am Theater), gibt es einen Erzähler, der – gänzlich ungewöhnlich für einen Film – das Publikum direkt anspricht, mit direktem Blick in die Kamera. Dieser baut Spannung auf, indem er die Eckpunkte der Geschichte anreißt, dann aber mit „aber seht selbst“ oder gleichwertigen Formulierungen in die Handlung überleitet. Das muss einem nicht gefallen, doch es ist ein legitimes Stilmittel, das bis jetzt meines Wissens keine Anwendung fand. Zumindest nicht beim Tatort.

Ebenso der Bezug der Handlung zur Kunst. Immer wieder werden Szenen eingefroren und in einen Ölmalerei-Stil übersetzt. Die Figuren haben starke Bezüge zum Theater, zur klassischen Musik und zum Theater, sprich: Zur Hochkultur. Sehr gebildete Leute treffen aufeinander, können doch nicht aus ihrer Primaten-Haut, empfinden Rachedurst und ähnlich primitives. Was uns der Regisseur damit sagen will, wird mir nicht zur Gänze klar – doch optisch ist auch dieses Stilmittel „mal was anderes“ und allein schon deshalb löblich.

Am erstaunlichsten finde ich: Es gibt keinen klassischen Tatort, keine Leiche. Nicht wirklich. Die Toten vom Anfang sind so eine Art Alibi für das Starten des eigentlichen Haupthandlungsstrangs. Normalerweise muss ja ein Verbrechen aufgeklärt werden, und dann wird der Täter überführt, fertig. Hier bahnt sich der Konflikt schon vorher an, als klar wird, wer da am Bahnhof angekommen ist. Die kausale Beziehung des Antagonisten zu den drei Opfern zu Beginn des Films ist lange nicht gegeben, aber nicht im Sinne einer ungeklärten Beweisführung, das wird eher nebenher geklärt, und das auch nur für den Zuschauer. Finde ich gut. Mal was anderes, auch in diesem Bereich.

Dieser Überfall auf das Casino, ebenfalls nur eine unwichtige Nebenhandlung, die eigentlich einen ganz anderen Zweck erfüllt, ist endlich mal etwas, was man hierzulande wirklich mal drehen sollte. Man nehme sich ein Beispiel an „Ocean’s Eleven“ oder „The Italian Job“ (welche Auflage, soll sich jeder selber selber überlegen), sowas sollte man hier mal drehen! In Deutschland gibt es Geld (zum Stehlen) und epische Kulissen für Überfall und Flucht, und Autobahn, die ausgelegt für Raserei ist, gibt’s auch noch. Hier wird das ganze nur angerissen, weil, wie gesagt, was anderes dahintersteht.

All die Toten und Erschossenen, die in den Medien erwähnt wurden – leider meistens enttäuschend. Der größte Teil der Toten geht auf das Konto einer offenen Schießerei zwischen Cowboys und Indian- äh, Gangstern und Polizisten, das ist meines Erachtens etwas geschummelt. Denn solche Gelegenheitsgangster gehen selbst auf Droge auch instinktiv in Deckung, nehme ich doch an. Aber: Die Toten im Vorfeld, die sind richtig spannend. Normalerweise wird beim Tatort ja eine Person irgendwo bedroht, dann kommt der Retter, und diese beiden, also Retter und Bösewicht, brüllen sich dann eine Zeit lang Falckenberg-Schauspielschulmäßg an, bis man kein Wort mehr versteht, und alle überleben. Doch hier, und das ist wie bei Game of Thrones, wird halt eiskalt und ohne langes drumherum aus dem Weg geräumt, wer für den Plan nicht mehr nötig ist, oder wer nur im Weg steht. Das ist so richtig shocking! Hier wird der Tatort-Fan hinter dem Ofen hervorgeholt, hervorgerissen geradezu, denn es gibt kein Happy-End für alle Beteiligten.

Die Frage nur: Begibt man sich damit nun auf ein niedrigeres Niveau, wo man, von oben kommend, Eindruck schinden kann? Oder wächst man eher in die Breite, moralisch, begibt sich auf skandalträchtiges Terrain, um zu provozieren? Das ginge dann aber auf Kosten einer möglichen Abstumpfung der Zuschauer, so könnte man befürchten, bis man am Schluss in Hollywood angekommen ist, wo die Gesetze der Physik für die Hauptfiguren schon nicht mehr gelten, nur um noch mehr Action und Wucht in die Szene zu bekommen, als rein technisch eigentlich möglich. Also, kurz: Droht beim Verlassen des Pfads der dramaturgischen Tugend die Abstumpfung und Verrohung?

Kann sein. Langfristig wahrscheinlich schon. Aber ich finde, die Richtung stimmt. Der Tatort eines Verbrechens kann schon auch mal blutig sein, die Aufklärung nicht optimal laufen, Tote und Verletzte fordern. An der Intelligenz der Handlung wurde ja nicht gespart, und das macht das Kraut fett.

Rein stilistisch hat dieser Tatort hier vielleicht nicht jedermanns Kleinhirn gekitzelt – aber das muss getrennt betrachtet werden von den anderen Attributen. Denn dieser Tatort hatte – Gottseidank, endlich mal – so richtig Eier und Brusthaar. Und das ist geil.

Natürlich, Quentin Tarantino lächelt müde, und seine Fans ebenso. Aber der erste Schritt ist gemacht. Mehr davon! Mehr von den jungen Wilden! Ich will Lena Odenthal im Sperrfeuer sehen, mit mindestens zwei Streifschüssen am Kopf und der Hose voll. Ich will Thiel und Boerne nackt im Folterkeller um ihr Leben flehen sehen, mit so einem roten Ball in den Mund geschnallt. Ich will, dass einem der Kollegen vom Bodensee endlich mal das alberne „Konschtanz“ im Halse steckenbleibt.

Also: Weiter so. Mehr davon!

Guardians of the Galaxy

Und da war er plötzlich, der Science-Fiction-Hammer, auf den alle so lange gewartet haben. Die Teaser zeigten skurrile Lebensformen, die sich zusammentun, um … na, um was, das war gar nicht mal so klar. Jedenfalls dreht sich alles offenbar um einen Waschbären, eine Art Ent und ein paar Humanoide, die zusammen offenbar die Wächter der Galaxis sein sollen.

Als bekennender US-Superhelden-Comic-Verweigerer (außer Phantomias) tue ich mir natürlich sehr schwer, die schon seit Jahren anhaltende Flut von Superheldenfilmen zu verdauen. Irgendwelche Typen werden durch irgendwelche Freak-Accidents zu übernatürlichen Wesen und „können“ dann eine oder ein paar spezielle Sachen. Spiderman kann Spinnweben spritzen und Wände hochlaufen (offenbar auch den Badewannenrand), Superman kann alles, und alle dazwischen können so manche andere Dinge. Wirklich interessant sind eigentlich nur Batman und Iron Man, die ja beide nicht super sind, sondern durch ganz weltliche Ingenieursarbeit und Forschung zu ihren Exoskeletten und anderen Gimmicks kommen. Aber die anderen, die immer noch superer sind und immer noch skurrilere Komplexe und Schwachstellen haben, die kann man doch nicht ernst nehmen.

Man mag mich nun verdammen und beleidigen, bitte schön. Ich bin mit Asterix und Obelix aufgewachsen, mit Tim und Struppi und Kapitän Haddock, der womöglich einzigen Comicfigur seiner Zeit mit schweren Alkoholproblemen, mit Spirou und Fantasio, und natürlich mit Mickey und Donald. Ich bin mit halbwegs realistischen Konfliktsituationen aufgewachsen und nicht mit völlig aus dem Ruder gelaufenen, meist nichts weniger als tagtäglich die Existenz des gesamten Planeten bedrohenden Situationen. Abgesehen vom Todesstern war in meinem Universum nichts (außer der menschlichen Gier) in der Lage, einen ganzen Planeten zu vernichten.

Nun sitzen wir also im Kino, und ich bemühe mich, mein Suspension of Disbelief derart auf Hochtouren zu bringen, dass ich einen sprechenden Waschbären und ein laufendes Gebüsch als Kopfgeldjägerteam ernst nehmen kann.

Sicher, man unterhält sich ganz prima bei Guardians of the Galaxy. In Hollywood muss es eine spezielle Firma geben, die nur coole Sprüche für Drehbücher liefert, so dass jeder Filmemacher in jeder Szene immer den maximal kernigen Schenkelklopfer parat hat. Angefangen hat das schon lange vor „Hasta la vista, Baby“, und es wird auch so bald kein Ende nehmen.

Leider verhält es sich beim Filmemachen neuerdings ungefähr so wie in der modernen Fast-Food-Küche, ebenfalls ein absolutes Fachgebiet der Amerikaner. Nach dem Motto „wir verbinden einfach zwei beliebte Produkte zu einem neuen“, was ja auch konsequenterweise zur Pizza mit Cheeseburgern drauf geführt hat (sic!), ist man in Hollywood wohl der Meinung, dass „mehr“ coole Sprüche, Action und andere Fun-Faktoren auch ein „mehr“ an Qualität eines Filmes bedeuten. Dass guter Geschmack sowohl in Küche wie im Film insbesondere durch das Weglassen oder durch meisterhafte Dosierung bewiesen werden kann, statt durch das genussvolle, satte Aufschmieren selbiger Zutaten durch völlig verstrahlte Spezialisten wie z.B. Michael Bay, ist leider in Vergessenheit geraten. Daher zeichnet sich diese Flut von Prequels, Sequels, Spin-Offs, dieser und jener Franchise und sonstiger Universen leider insbesondere dadurch aus, dass neuerdings allein das „mehr“ die Qualität liefern soll für so einen Film. Because we can. Effekte und so. Doch mehr ist nicht gleich besser, das weiß doch jedes Kind.

Früher, als bei „Dark Star“ oder „Silent Running“ eine Message noch leise und dezent angedeutet wurde, dem Zuschauer sozusagen als Aha-Effekt für die spätere Erkenntnis eingepflanzt wurde, wird sie heute im Film nicht nur offen ausgesprochen, sondern sogar im Plakat oder im Trailer beworben. Man stelle sich „Soylent Green“ vor, wenn es auf diese Weise neu verfilmt würde!

Schafft man es also, diese skurrile Ansammlung von Wächtern der Galaxis halbwegs ernst zu nehmen, machen diese sich sogleich daran, alles dafür zu tun, dass man so schnell wie möglich wieder vom Glauben abfällt. Die Leinwandchemie unter den Teammitgliedern ist nur rudimentär vorhanden (auch, was Ablehnungen angeht), selbst die lockere Freundestruppe bei „Cloverfield“ war realistischer, obwohl man bei denen meist nicht so genau wusste, wer jetzt gerade wer war, weil alles so gewackelt hat wegen der blöden Handkamera. Außerdem reicht die Zeit reicht gar nicht für die Leinwandchemie bei den Wächtern der Galaxis, denn es gibt kaum ruhige Szenen.

Besonders stört mich bei solchen Science-Fiction-Epen allerdings, dass sie meist wesentlich mehr Fiction als Science enthalten, so ungefähr im Verhältnis 99 zu 1 nämlich. Die Handlung spielt in einem hochmodernen Universum (in dem die Erde im hier und heute, offiziell unkontaktiert, existiert), und man schießt auch in der restlichen Galaxis noch mit Projektilwaffen? Gibt es wirklich nichts moderneres als die gepimpte Steinschleuder? Die Raumschiffe fliegen mit Rückstoßtriebwerken? Nicht nur dauert interplanetares Reisen mit dieser Technik Jahre oder Jahrzehnte, von interstellaren Reisen kann da nur zu träumen sein. Auch braucht es Treibstoffe, in rauhen Mengen! So viel also zum Bewachen unserer Galaxis, die ja nur rund 100.000 Lichtjahre Durchmesser hat (und das auch noch durch fünf Personen, wohlgemerkt). Auch der in irgendeinem Asteroidenfeld frei schwebende Thron eines fernen Herrschers (Luft? Zum Atmen?) läuft mit Rückstoßtriebwerken, selbst in den Armlehnen befinden sich welche. Nicht, dass es die bräuchte, denn wo keine Gravitation, da muss auch kein Thron auf einem Feuerschweif in Position gehalten werden, während alle anderen Trümmer in der Umgebung das nicht brauchen. Naja, und dann gibt es da noch ein Raumschiff, das aussieht wie der Radiator in Omas Jugendstilappartment, und mit dem man doch glatt versucht zu landen. Leider haben die Filmemacher von solchen Dingen genauso wenig Ahnung wie die Leute, die das Teil steuern, und dass dieser unförmige Klumpen dann den Weg alles Irdischen geht, ist letztlich natürlich der Gravitation geschuldet, die man in der Sequenz natürlich auch noch getrost bis zum endgültigen Aufsetzen ignoriert.

Was mich auch stört, ist diese Hollywood-Hybris, dass der Mensch (bzw. das vernunftbegabte Wesen) generell der bessere Pilot, der bessere Schütze, der bessere Taktiker ist. So wie einst Luke Skywalker den Todesstern ohne Zielcomputer durch manuellen Bombenabwurf vernichtete (gut, die Macht war mit ihm, die ja wohl wirklich solide etabliert wurde im Film), so muss bis heute der Mensch den eigentlichen letzten Schlag, Klick, Schuss oder Kick abgeben, um den Feind in die Knie zu zwingen. Das mag zwar dramaturgisch packender sein, zugegeben, ist aber bereits heute selbst für Laien als dermaßen lächerlich erkennbar, dass ich mich immer noch frage, wieso das überhaupt noch jemand ernst nehmen kann. Viel besser gelöst ist das ganze Dilemma in kaum verfilmbaren Büchern, so zum Beispiel unter anderem bei Peter F. Hamilton und seinen Space Operas wie die mit „Pandora’s Star“ beginnende Commonwealth-Saga. Hier haben in Raumschlachten die Schiffscomputer die Waffenkontrolle. Sie beschießen sich gegenseitig mit hunderten von Raketen und Strahlenwaffen und noch viel gemeineren Dingen gleichzeitig, täuschen und taktieren, steuern ihre Bomben durch Mini-Wurmlöcher, so dass sie direkt beim Ziel herauskommen und alles, und die Raumschlacht ist dann auch nach 0,4 Sekunden vorbei. Das ist natürlich schlecht verfilmbar, aber so viel wahrscheinlicher für eine ferne Zukunft als Projektilwaffen und Rückstoßtriebwerke. Peng, Bumm, Aua. So ein Schmarrn.

Das Kraut ausgeschüttet hat aber erst dieser Superstein, von dem es nur ein paar Stück gibt in der Galaxis. Oder dem Universum? Jedenfalls ist das so ein Dattelgroßes Teil, das leuchtet, und wenn man es berührt, dann wird man – richtig – super. Nicht, dass man sich die Finger verbrennt, zu Asche zerfällt oder nur generell strahlenkrank wird vor lauter Energie, die das Teil in allen Spektren ausspeit, nein, man wird natürlich super. Und wenn man es fallen lässt, ist der Planet hin, auf dem man es hat fallen lassen, wegen so einer zerstörerischen, unaufhaltsamen Kettenreaktion. Die übrigens irgendwie nicht abläuft, wenn man mit den Füßen auf dem Planeten steht und den Stein in der Hand hält. Jedenfalls sind alle hinter dem Teil her, natürlich, und obwohl es so gefährlich ist, wollen es alle anfassen. Ich werde so einen Käse nie verstehen, ebensowenig, wo sich bei den Transformers oder bei Iron Man all das schwere Metall hinfaltet, wenn sich was transformiert. Da wird aus einem Flugzeugträger ein Überraschungsei, das man sich in die Hosentasche stecken kann, so ungefähr. Man sieht schon: Das kann nicht klappen. Oder auch dieser Baum, Groot der Name, der kann scheinbar beliebig groß und lang werden oder auch zu einem allumfassenden Buchsbaum in Kugelform, so dass aus 100 kg Holz plötzlich 800 kg Holz zu werden scheinen, ohne dass da lange Kohlenstoff aufgenommen, Photosynthese betrieben und Lignin gebildet werden muss. Aber das Heranwachsen so eines Wesens, das braucht natürlich ewig.

Es ist einfach ein Kreuz mit diesen Superhelden, die Gesetze der Physik gelten nur, wo es der Handlung nützt. Ich prangere das an! Denn so wird der Zuschauer betrogen, da das Wunder auf der Leinwand einfach nicht erklärt wird. Wenn man so jeden Film drehen würde, wäre das Kino aber schnell am Ende. Doch die Zuschauer scheint das nicht zu stören. Sie grölen vor Freude und jauchzen über die flotten Sprüche und sind so angetan wie ich einst mit sechs oder sieben Jahren in „The Empire Strikes Back“. Aber sie haben ja auch „G.I. Joe“ gemocht, wo Eisschollen durch das Meer auf eine Unterwasserbasis herabfallen. What the fuck, echt.

Ich war geneigt, das alles zuzulassen, weil die Comics schon 1969 erschienen, wo man es noch nicht so genau nahm mit dem Realismus. Dumm nur, dass das ausgerechnet das Jahr der Mondlandung war. Und „2001 – A Space Odyssey“ war auch schon ein Jahr alt, musste die Macher also beeinflusst haben. Ganz ehrlich: Ich fühle mich verarscht von solch selektiven, inkonsequenten künstlerischen Freiheiten. Selbst „Sharknado“ ist konsequenter.

Noah

Die Welt in einer völlig anderen Zeit, als uns wissenschaftlich gebildeten möglich erscheint. Die Menschheit, allesamt Nachfahren von Adam und Eva, haben sich in zwei Stämme gespalten. Die einen, die Erben Kains, leben als Menschenmassen in gigantischen Städten, deren Durst nach Energie und Rohstoffen die ganze Erde zerfressen (Parallelen zu heute sind intendiert). Die anderen, die Nachfahren des nicht erschlagenen dritten Bruders (also nicht Abel), frohlocken in der freien Natur, wo sie nicht einmal Blümelein abpflücken, um ja der Schöpfung nicht zu schaden, und leben von dem, was die Natur ihnen freiwillig gibt. Während die Zahl der einen in die Milliarden gehen muss, scheinen die anderen ein Familienverbund von nur fünf oder sechs Leuten zu sein.

Der Familienvater Noah sieht sich gezwungen, aus seiner angestammten Gegend zu verschwinden, da die nächstliegende Stadt nun auch in seiner Gegend nach Rohstoffen sucht, und dabei natürlich brutal und schonungslos vorgeht. In der Nacht hat er eine Vision, einen Traum, von einer Flut, der alle Lebewesen zum Opfer fallen, und er sieht den Berg, auf dem sein Vater lebt. Am nächsten Morgen bricht die Familie zu diesem Berg auf. Auf dem Weg finden sie ein lebendes, aber verletztes Mädchen neben den Leichen seiner Familie – Ila. Das Kind wird kurzerhand in die Familie aufgenommen und reist nun mit zum Berg. Der Weg führt durch eine verkohlte, steinige Einöde, in der gefallene Engel, zu ungelenken steinernen Monstern geworden, ihr Dasein fristen. Sie wollen diese Menschen eigentlich tot sehen, doch einer von ihnen ist überzeugt, dass nicht jeder Mensch verkommen ist und steht ihnen bei.

Auf dem Berg trifft Noah seinen Vater, hier hat er auch seine zweite Vision, nämlich die einer Arche, die diese Flut überstehen kann, und in der je ein Paar der Tiere der Welt aufgenommen werden soll. Mit Hilfe eines Samens und eines Wunders des Schöpfers entsteht bald ein Wald, dessen Holz für den Bau der Arche genutzt werden kann.

Jahre später ist das Schiff fast fertig, die Kinder erwachsen, Noah alt und weise. Nun kommen die Menschen aus der Stadt, wollen sehen, was da los ist, wollen den Wald nutzen und die Tiere, die sie ihn ihm finden. Es kommt zum Konflikt. Als massenhaft Tiere in die Arche strömen und es zu regnen beginnt, beginnen auch die Menschen zur Arche zu drängen – doch deren Untergang ist ja beschlossen, daher muss das Schiff gegen die Menschen verteidigt werden. Wieder helfen die gefallenen Engel, und schließlich kommen die Wasser.

Der Konflikt gärt noch weiter, es gibt einen blinden Passagier, und familieninternen Streit, und Noah selbst ist dem religiösen Wahn verfallen, da er Ilas Unfruchtbarkeit als Fingerzeig Gottes empfindet, dass auch die Menschen nicht überleben sollen, Noah und seine Familie nur noch für die „Überfahrt“ in eine neue Welt gebraucht wird und dann in der neuen Welt ihr Leben auf natürliche Weise zu Ende leben darf.

So ein Stoff gibt natürlich einiges her für die große Leinwand, Hollywood macht ja schon seit Urzeiten mit Bibelschinken Kasse. Optisch ist der Film völlig in Ordnung, die Tricks sind fein und alles, aber von der Botschaft her ist es eher schwierig, diese Pille zu schlucken. Zunächst einmal das Konzept eines Schöpfers, der einerseits schuf, andererseits wieder nimmt, der aber nicht gerade intensiv auf Dialog aus ist mit seinen Subjekten. Gut, das ist die Religion, in den Augen von vielen halt ein aufwendiges Märchen, um den Menschen die Angst vor der großen, stillen Weite des Universums zu nehmen, und mit ihr die unausweichliche Erkenntnis, dass selbst der großartigste unter ihnen immer noch so unbedeutend ist wie ein einzelnes Sandkorn auf den Malediven.

Was aber gewaltig stört, ist zum Beispiel die Tatsache, dass die Evolution des Menschen eindeutig geleugnet wird im Film. Alle anderen Tierchen entstanden, wie Darwin es herausgefunden hat, in mühsamer Vererbung und Mutation, nur als der Mensch auf den Plan tritt, wird er vom Schöpfer auf die Erde gesetzt, die er sich fortan untertan machen soll. Das beißt sich schon sehr mit dem, was man heute von einem verantwortungsvollen Film erwartet.

Und abgesehen von den anderen Ungereimtheiten (von gefallenen Engeln über die Herkunft der Wassermassen, die den Planeten ja strenggenommen 8850 Meter hoch überschwemmen müssen, bis zur Frage, was zwei Löwen essen sollen, bis sich die zwei Antilopen von der Arche zu einer tragfähigen, sprich, bejagbaren Population entwickelt haben, oder auch, warum der Schöpfer die ungewünschten Menschen nicht einfach tot umfallen lässt) ist der Film optisch tatsächlich genießbar.

Da aber niemand im Kino das Hirn so weit ausschalten kann, um dieses Märchen ohne kritische Rückfragen annehmen zu können, wird wohl kaum einer wirklich genießen können. Schade, denn man hätte das Thema wirklich deutlich realitätsnäher und metaphorischer inszenieren können (was ja zum Beispiel in Evan Allmächtig gelungen ist). Zum Beispiel gibt es erdgeschichtlich eine Zeit, in dem das Mittelmeer vollief, was man durchaus als göttlichen Zorn verstehen konnte, hätte man damals in der trockenen Senke gelebt. Gut, das ganze ist 5,3 Millionen Jahre her, da hätte man also auch noch ein paar künstlerische Freiheiten gebraucht, aber es wäre wenigstens realistischer gewesen als der liebe Gott, der alle ertränkt.

Sorry, aber Religion ist im Lichte der Erkenntnis einfach … unglaubwürdig.