Sharaf

Zustände sind das!

Dieser Film von Samir Nasr nach dem Roman von Sonallah Ibrahim ist weit mehr als nur die Schilderung der Zustände in einem arabischen Knast, wie er anfänglich den Eindruck erwecken mag. Er ist kein Knastploitation-Movie, der sich an den (erotischen) Zwangssituationen im Knast aufgeilt.

Es ist ein Fim, der sich überraschenderweise zu einer Fundamentalkritik an den arabischen Gesellschaften und ihren selbstverschuldeten Unmüdigkeiten entwickelt.

Möglicherweise ist konkret die palästinensische Gesellschaft gemeint; Hinweis sind einige Kriegs- und Aufstandsdaten seit 1947. Eine der zentralen Szenen im Film lässt darauf schließen, dass weit mehr gemeint ist.

Die arabische Revolution war nirgends erfolgreich, vielleicht etwas in Tunesien. Aber sonst ist die arabische Welt überwiegend geprägt von diktatorischen und unterdrückerischen Strukturen, die mit Demokratie in unserem Sinne wenig gemein haben.

Hauptfigur Sharaf (Ahmed Al Munirawi), ein junger Mann mit Bildung und Manieren, wird in den Knast eingeliefert. Im Film heißt es ausdrücklich, dass es sich um eine fiktionale Geschichte handelt.

Die Uniformen der Beamten sind vielleicht so etwas wie prototypisch arabische Uniformen. Sharaf wird umstandlos gefoltert. Er hat jemanden umgebracht, der ihm zudringlich wurde. Seine Frau und seine Freundin besuchen ihn ab und an. Der Anwalt, der von ihnen versprochen wird und der für einen Prozess unabdingbar wäre, taucht nie auf, das hat eine Parallele mit Warten auf Godot, immer versprochen und nie gekommen.

Im Knast gibt es zwei Gesellschaften, die feinere, die wird „die Königliche“ genannt. Hier genießen die Knastis Privilegien, die sie bezahlen müssen; dass die Korruption grassiert, ist normal, das ist so selbstverständlich wie dass das Wort arabisch mit „A“ anfängt.

Kurz nur schildert der Film die dreckigen Verhältnisse in der zweiten Klasse. Sharaf kommt dank einem Mentor, den er Pascha nennt, in die königliche Abteilung. Er freundet sich an mit Dr. Ramzy (Fadi Abi Samra). Das ist ein reflektierter Mensch, der als Forscher Sauereien in der Pharmaindustrie auf die Spur gekommen ist. Er ist der Kopf hinter dem Puppentheater, was die Gefangenen zur Siegesfeier aufführen dürfen und was der arabischen Welt einen satirischen Spiegel vorhält; was bei den anwesenden, uniformierten Funktionären nicht gut ankommt.

Ramzy kassiert Einzelhaft. Hier wird er in einer endlosen Suada, oft nur auf der Tonspur zu hören, das ganze Elend der arabischen Gesellschaften auf den Punkt bringen. Derweil ist der neue Gefangene Salem (Ibrahim Salah) bei den Königlichen eingezogen. Zu ihm entwickelt Sharaf eine ganz eigene Art von Freundschaft.

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