Igor Levit – No Fear!

Schweißtreibende Arbeit –
Mäuschendoku

Einmal spielen die Schweißtropfen von der Stirn des hier von Regina Schilling in Mäuschenmanier porträtierten und angehimmelten Protagonisten Igor Levit, Starpianist, beinah die Hauptrolle in einer langen Szene in einem nicht näher definierten Auftrittsraum mit Flügel vor unsichtbarem Publikum. Die generell recht unentschlossene Kamera ist den ganzen langen Klaviersatz so nah am Künstler, dass jeder einzelne Schweißtropfen, die immer mehr und immer häufiger von seiner Stirn und seiner Nase auf die Tasten fallen, die faszinierende Hauptrolle zu spielen scheint, so dass zu befürchten ist, die talentierten Hände würden womöglich auf den glitschigen Tasten des Steinway-Flügels ausgleiten.

Unentschieden ist auch die Dramaturgie des Filmes, es ist kein richtiger Klassikfilm, der quasi selbst ein Konzert ersetzen könnte, ist aber auch kein richtiges Porträt, dazu sind die Klavierpassagen wiederum meist zu lang.

Das dürfte für die Fans des Pianisten keine Rolle spielen. Sie dürfen fast zwei Stunden lang in nächster Nähe zu ihrem faszinierenden Idol verbringen.

Angenehm ist die sehr klare Sprache und Diktion des Pianisten, die durch ebenso klares Denken bedingt ist.

Der Zuschauer darf unendlich viel bei Konzerten dabei sein, bei Tonaufnahmen, bei Hauskonzerten in Zeiten der Pandemie, über 50 Stück, in den Hinterräumen berühmter Musikhäuser, auch mal im eleganten Kleidergeschäft.

Zu erfahren ist, wie das früher pummelige Wunderkind sich entschieden hat, Gewicht abzunehmen.

Ständig hat er seine Klavierfinger aber auch am Smartphone, hier betreibt er hochaktiv Social-Network-Arbeit.

Der Film will ungewöhnlich anfangen für einen Klassik-PR-Film, mit krachertem Lärm, wie Männer einen neuen Flügel über Treppen in eine Wohnung hinauftragen. Später wird der Künstler auch sagen, dass Menschen, die sich nicht auskennen, gerne seine Musik als Lärm bezeichnen; immerhin, das würde uns nicht in den Sinn kommen.

Manchmal stellt die Dokumentaristin aus dem Off recht unbeholfene Fragen, was seine Vorsätze fürs neue Jahr seien, ob alles ok, sei. Das sind so Momente, wo es mich dünkt, ihm sei diese Dokumentiererei lästig. Muss aber sein, aus geschäftlichen Gründen, denn so ein Film ist vor allem: ein PR-Vehikel.

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