The Innocents – De Uskyldige

Kinderhorror

Die Unschuldigen, wie die deutsche Titelübersetzung lauten würde, das sind in diesem starken Film von Eskil Vogt die Kinder. Unschuldslämmer sind sie gerade nicht. Das unschuldig dürfte eher gemeint sein im Sinne von ’nicht strafmündig‘, ’nicht schuldfähig‘ – oder in der naiven Vorstellung vo der Unschuld der Kinder; Kinder auf dem Weg zum Erwerb von Moral müssen nicht eo ipso moralisch handeln, im Gegenteil; wobei das Zertreten von Würmern oder das Töten von Katzen noch zu den harmloseren Dingen gehören.

Die Handlung spielt in einer anonymen Wohnblocksiedlung in einem finsteren Nadelwald. Die Kamera schaut auf ihre Objekte, als gehörten sie in einen Horrorfilm. So die Blicke auf die Fassaden, die Fahrten darauf hin oder daran vorbei, auch Unschärfen. Genau so die Blicke in Wohnungen, Flure und Treppenhäuser. Das wird untermauert von der mehrschichtigen Musik, die sich sowohl am Herzschlag orientieren kann, am Sound von unterirdischen Gewässern oder wie aus Innereien, von Donnerblechen und dagegen gerne auf Gongs oder Glöckchen wie in Windspielen setzt.

Der Vater von Ida (Rakel Lenora Flottum) und Anna (Alva Brynsmo Ramstad) hat einen neuen Job. Die Familie zieht um. Der Film fängt mit dem Vater im Familienauto an. Lange verharrt die Kamera auf dem Gesicht von Ida, sie ist das kleinere der beiden Mädchen, ihr geht viel im Kopf herum. Neben ihr hört man eine andere Mächenstimme, die aber nur unzusammenhängende Laute von sich gibt. Es ist Anna, die ältere Schwester, die Autistin ist und offenbar keinen Schmerz empfindet, denn Ida kneift sie böse in den Oberschenkel. Das ist nur eine von vielen noch folgenden Attacken gegen die ältere Schwester.

Ida freundet sich an mit Ben (Sam Ashraf). Das ist ein Junge indischen Hintergrundes. Einmal sieht man große blaue Flecken auf der Seite seines Oberkörpers. Er hat magische Fähigkeiten: Telekinese. Das wird er Ida beibringen. Sie wird es nicht zum Guten verwenden.

Zu den beiden gesellt sich Aisha (Mina Yasmin Bremseth Asheim). Sie ist ebenfalls migrantischen Hintergrundes und hat im Gesicht großflächige Pigmentflecken. Die Richtigen mit den magischen Kräften haben sich zusammengefunden und verwandeln die Wohnblocksiedlung in ein extrem amoralisches Labor, Todesfälle inklusive nach dem Motto „I can make people do things“. Wunderbarerweise lernt Anna dabei wieder das Sprechen.

Eskil Vogt hat einen aufregenden Kindercast zusammengestellt und arbeitet richtig ernst mit ihnen, so dass man in den Kindern oft schon die künftigen (moralischen oder unmoralischen) Erwachsenen sieht. Auf die Kitschidee von Kindern als Unschuldigen wird nach diesem Film nicht so schnell jemand kommen.

Eskil Vogt präsentiert sein Thema extrem zugespitzt, als ob er es selbst in einem Reinlabor herausarbeitet. Das mögen manche Betrachter entsprechend als schmerzhaft empfinden. Seelenmagiedrama.

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