Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull

Sehr ordentlich,

diese zweite deutsche Literaturverfilmung in kurzer Zeit nach Fabian von Dominik Graf – und es wird auch noch eine zu Thomas Brasch folgen und auch noch die Schachnovelle, eine hochliterarische Kinozeit.

Die Drehbücher dürften ähnlich entstanden sein: die Autoren haben sich den Roman vorgenommen und durchgeforstet, was irgendwie in Szenen und Dialoge umzumünzen sei; welches Verfahren meiner Ansicht nach gerne zu darstellerischen Problemen führt; da die Drehbuchautoren gerne Originalzitate in die Dialoge einspeisen ohne gründliche Figuranalyse des Protagonisten und der wichtigsten Antagonisten; wodurch maximal der Eindruck einer Bebilderung entsteht, nicht aber der eines eigenständigen Kinowerkes.

Hier waren es die Autoren Detelv Buck und Daniel Kehlmann, die meines Erachtens eine Art Ab-Blatt-Drehbuch geschrieben haben; viele Sätze hören sich schwer und schwerfällig nach Thomas Mann an.

Der krasseste Unterschied zur Kästner-Verfilmung von Dominik Graf hier ist, dass man die Darsteller prima versteht. Könnte also schon mal ein Schulbesuch empfohlen werden. Sie haben die Texte auch gut präpariert. Und sie liefern sie sich gegenseitig ab mit klaren Schnittpausen. Das verlangt das Szenenauflösverfahren für das sich Detlev Buck, der auch die Regie besorgte, entschieden hat, überwiegend Schuss und Gegenschuss.

So wirkt die Inszenierung insgesamt brav stadttheaterlich mit kaum Angriffspunkten im Handwerklichen.

Jannis Niewöhner spielt die Hauptfigur, die zwischen verschiedenen Rollen abwechseln soll. Einerseits ist er Diener im feinen Hotel Eward in Paris. Rückblenden erinnern an seine Jugend und den unehrenhaften Selbstmord seines Vaters.

Im Hotel gerät Krull in die offenbar übliche Korruption unter dem Personal, wird aber von weiblichen Gästen des Hauses für mehr als nur für Champagner-Service begehrt und auch ein einsamer Herr aus England möchte ihn als Kammerdiener verpflichten. Das perlt an ihm ab.

Krull lernt Marquis De Venosta (David Kross) kennen, den dessen Vater auf eine einjährige Weltreise schicken will, damit er seine Geliebte vergisst. Umständlich und langatmig, wie es die Schreibe von Thomas Mann vorgibt, entwickelt der Film nun die Idee des Identitätstausches der beiden, damit der Reiche mit seiner Dulcinea eine schöne Zeit verbringen und der arme Hochstapler weltweit den großen Macker geben kann.

Das reicht aber nur bis Portugal, wo es wie Schultheater wirkt, wenn der König augenblicks die falsche Identität des Hochstaplers feststellt, sich aber vom wortgewandten Fake überzeugen lässt.

Mein Eindruck ist, dass der Film eine lange Exposition ist, eine sehr gründliche, dass aber das falsche Spiel, das man mit Felix Krull verbindet, nämlich die Hochstapelei, gar nicht so recht zum Zuge kommt. Der treffendere Titel wäre wohl: Making of a Hochstapler.

Bis dahin wirkt der Film wie eine Aneinanderreihung von netten Anekdoten eines Hotelpagen in literarisch gestelztem Deutsch. Wobei ein deutsches Problem hinzu kommt; dass das Spielen von Klassenunterschieden durch das Fehlen einer dezidiert definierten Klassengesellschaft, wie es sie in England und wohl auch in Frankreich gibt, also einerseits Dienerschaft andererseits Herrschaft, wenig Darstellerkultur hat und insofern nicht sonderlich attraktiv rüberkommt.

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