Nachspiel

Vielleicht haben Christoph Hübner und Gabriele Voss einfach den Titel für ihre Langzeitdoku über drei Fußballer ungeschickt gewählt, so dass der Eindruck eines Verläpperns statt einer sich steigernden Spannung entsteht, denn ein Nachspiel im Fußball ist doch, wenn ich da richtig informiert bin, eine zusätzlich Spielzeit zu den 90 Minuten, wenn kein Sieger ermittelt werden konnte; also ein Spiel größter Spannung um eine Entscheidung mit erschöpften Spielern. 

Erschöpft könnten die Protagonisten des Filmes, Florian Kring, Heiko Hesse und Mohammed Abdulai insofern sein, als sie ihre Profifußballerkarrieren hinter sich haben. 

Die Dokumentaristen haben angefangen sie zu filmen, wie sie in Jugendmannschaften anfingen. Wobei nicht klar ist, ob es sich von Anfang an dezidiert um diese drei Sportler handelte oder ob noch mehr dabei waren. 

Der Film wird so also nicht zum Nachspiel, wobei es im Fußball ja sowieso immer heißt, nach dem Spiel ist vor dem Spiel und, wie Abdulai sagt, alles fängt wieder von vorne an. 

Darin ist der Film vielleicht etwas unentschieden, worauf er hinaus will; denn bei einem Dokumentarfilm können Ziele auch nicht so klar defniert sein wie beim Fußball, dass der Ball rund ist und dass die Tore zählen. 

Die Protagonisten dieser Doku werden also immer wieder gefilmt, auch befragt (wobei der Ton oft schlecht ist) und ihre Leben ziehen sich dahin, Profisportler, Verletzungen oder sie sind einfach nicht gut genug oder die Karrieren verläppern sich noch in Belgien oder in Drittweltländern. 

Einer ist heute Busfahrer, um seine Familie im fernen Ausland zu ernähren. Und warum in einem gemischtreligiösen Film immer nur die Muslime beim Ausüben ihrer Gebetstätigkeit gezeigt werden müssen, scheint ein Rätsel des deutschen, zwangsfinanzierten Fernsehens zu sein. 

Am buntesten und skurrilsten ist die Szene, in der Akademiker unter den dreien an der Universität in Essex als der beste Student seines Jahrgangs ausgezeichnet wird, da gibts köstliche Kostüme und nicht diese ewigen Fußballtrikots mit den Werbezeichen drauf. 

Vielleicht wirkt der Film auch etwas beliebig, weil es sich um Durchschnittskarrieren handelt; denn die drei Protagonisten sind beileibe nicht die einzigen, die sich nach der Profizeit etwas anderes ausdenken, sich quasi nochmal neu erfinden müssen; aber auch das wird nicht explizit thematisiert; es wird mal drüber geredet, ja, aber es scheint nicht die Leitidee des Filmes zu sein; wenn denn überhaupt eine da war; ist ja auch schwierig, wenn man über 20 Jahre an solchen Menschen dran ist, deren Schicksale mit Garantie nicht vorhersehbar sind. Immerhin, die drei Protagonisten gehen einem durchaus nahe. 

Aber, es scheint auch schwierig zu sein, aus Material von über 20 Jahren, einen strukturierten Film mit einer klaren Dokumentarbehauptung zu montieren. So gibt es immerhin Einblicke in den Alltag eines Wirtschaftspezialisten, der von der Weltbank oder vom Währungsfonds an die EU ausgeliehen wird, eines Busfahrers, der immer lacht und eines eher ernsten Menschen, der in einer Fußballagentur untergekommen ist und Vorträge beim Nachwuchs hält. 

Faszinierend sind die moderne Trainingsräumlichkeiten, in denen von allen Seiten Bälle mit großer Geschwindigkeit herausgeschossen werden und die Fußballschüler müssen sie reaktionsschnell und gezielt in ein plötzlich aufleuchtendes Tor schießen. Und die ganzen medizinischen Messeinrichtungen. Solcher Sportlernachwuchs scheint auch ein Experimentierfeld der Medizin zu sein. 

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