Himmel über dem Camino – Camino Skys

Gehen ist des Menschen beste Medizin (Hippokrates)

Ihr kriegt keinen Zusammenbruch zu sehen!

Das meint Su (70) zum Doku-Team Noel Smyth und Fergus Grady in einem Moment, in welchem sie Mühe hat auf dem 900 Kilometer langen Camino de Santiago. Das ist der berühmte, viel besungenene, viel verfilmte Pilgerweg, der Jakobsweg, der für jeden Pilger und insofern auch für jeden Filmemacher ein ganz eigener Weg ist. Und immer wieder spannend. 

Hier kommt die unverbildet, spontaneistische – immer filmbegeisterte – Haltung der Kiwis und Aussis zur Geltung: ein buntes Patchwork so bunt wie das Leben fliegt an einem vorbei. Keine Schwere trotz wunder Füße und süß schon gar nicht. 

Das hat mit der dominierenden Protagonistin Sue (siehe Eingangszitat) zu tun, die sich selbst als ’stubborn personality‘ bezeichnet als dickköpfig, halststarrig, stur. Trotz aller Wunden. Mit einem wunden Zeh und mit der Wundversorgung fängt der Bilderbogen an. Dafür ist der Jakobsweg mit seinen Pilgerherbergen präpariert. Ihn gehen auch andere Australier und Neuseeländer, Julie, Mark, Terry, Claude, Cheryl. Alle haben ihren persönlichen Grund, es sind Veränderungen im Leben, Verluste, extreme Verluste oder Verluste, die verbinden. Sie gehen den Weg nicht als feste Gruppe. Man trifft sich, verliert sich. Man erzählt aus seinem Leben, Brocken, Fragmente, hingeworfen und schon verändert sich die Stimmung, ein Straßenmusiker bringt andere Töne in den Film, in die bunte Tonspur, die vor allem eines vermeidet: die Schwere der Klassik, sie bevorzugt die Lebenslust. 

Es gibt Statements, Talking Heads, aber immer Bewegung, und wenn die Wanderer innehalten, dann ist die Kamera in Bewegung, auch mal als Drohne. Sie entdeckt schnell und flüchtig gleichzeitig wie der Wanderer sie wahrnimmt, schöne Landschaften, aber für müßige Betrachtung reicht es nicht. 

Es gibt viel Beifang vom Wegesrand, Schnappschüsse, was da kreucht und fleucht, Zufälliges, Lustiges, etwas Info eingestreut beim eisernen Kreuz beispielsweise. 

Es gibt Kilometerangaben. Und einen Zusammenbruch erleben wir nicht. Obwohl, bei denen von Downunder weiß man nie so recht, so ein bisschen schummeln muss erlaubt sein; mal ein Hotel statt dem Massenschlag in der Pilgerabsteige, ein Shopping- und Discoexkurs müssen drin liegen oder eine Etappe im Bus; man geht den Weg ja nicht primär religiös an, sondern sucht Erneuerung, Sinnsuche, Erfrischung, man ist offen für Impulse, Impulse, die den Zuschauer sicher nicht weniger beschenken. 

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