Zinder (DOK.fest)

Kara Kara

Der spezielle Selling-Point dieses Filmes von Aicha Macky – und dass er weite internationale Förderung erhalten hat – dürfte gewesen sein, dass die Filmemacherin direkten Zugang zum Abschaumviertel Kara Kara in Zinder, Niger, hat, einem Viertel, in dem die Staatsgewalt wenig zu berichten hat, das brutal von Schläger-Gangs beherrscht wird, die sich „Palais“ nennen. 

Hitler ist eines der Idole der Gangs, weil sie ihn für einen unbesiegbaren Helden aus den USA halten. Die Männer, die weder gscheite Bildung noch Arbeit haben, frönen dem Körperkult, erleben in Kämpfen schlimme Verletzungen zu, wie ausgiebige Bilder von Narben zeigen; mit denen aber aber auch missbrauchte Frauen aufwarten können. Die Kamera kommt kaum los davon.

Dagegen, dass Aicha Macky sich überwiegend auf die Sensationsoberfläche der Bilder beschränkt, setzt sie Interviews mit Protagonisten; die sind meist geläutert, erzählen von Verbrechen und Vergewaltigungen, die sie begangen haben; aber sie wollen ein ordentliches Leben führen, einer gründet eine Security-Firma, einer fährt Taxi. 

Auch eine Benzin-Schmuggelfahrt darf die Filmemacherin begleiten und sie erhält eine Dreherlaubnis in einem Knast. 

Der Film erinnert in seiner Aufmachung an die Bildzeitung: vollgestopft mit Bildern, die dringend um Aufmerksamkeit buhlen und die dem Zuschauer lauthals mitteilen, wie übel die Welt doch sei dort in Afrika (und wie sexy, so ganz nebenbei). Eine Bildersammlung, die weitgehend auf weiteren Kontext verzichtet. 

Arg schwer dürfte es für die Filmemacherin gar nicht gewesen sein, Zugang zu dieser abgeschotteten Welt zu erhalten, weil sie ja selbst von dort stammt – wobei interessant wäre zu erfahren, wie sie es geschafft hat, herauszukommen aus dem Armutsghetto; für die Protagonisten, die im Rahmen ihres Männlichkeitswahnes geborene Poser sind, ist Gefilmtwerden wie eine Verführung durch Süßigkeiten, die einer der Protagonisten seinem Kinderhaufen als tödlich verbieten will. 

Und dann ist auf einem Handyvideo auch noch eine Steinigung bei Boko Harem zu sehen. Ganz klein. 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert