Sarita (Stream und Sonderveranstaltungen)

Khudunabari,

so heißt ein Flüchtlingslager in Nepal, in welchem seit 1990 Flüchtlinge aus Bhutan von der UNHCR betreut leben. 

Damals sind Hundertausende Buddhisten wegen Repression aus dem kleinen Königreich geflohen. Seither leben sie ein Flüchtlingsleben, bekommen ihre Essen von der UN, versuchen mit Spinnen oder anderen Tätigkeiten etwas dazu zu verdienen, die UN möchte ihnen mit einer weiteren Umsiedlung eine Zukunft in den USA, in Norwegen, Holland oder gar Australien ermöglichen. 

Der italienische Sergio Basso hat über zehn Jahre lang immer wieder in dem Lager gefilmt und jetzt einen schmissigen Film mit einer kleinen Geschichte um die 17-jährige Sarita hergestellt, den er in der Art eines Bollywood-Musicals mit peppigen Tanz- und Gesangsnummern anreichert, videocliphaft, schnell und beschwingt. 

So kann er ganz nebenbei das Leben in diesem Lager schildern, wie die Menschen kochen, zur Schule gehen, Dächer aus Pflanzenblättern für die Hütten flechten; wie sie ohne Elektrizität und ohne fließend Wasser zurecht kommen müssen. 

Manche lässt Basso ihre Geschichte erzählen, von den Folterungen und Misshandlungen, die sie in Bhutan erlebt haben. 

Die Haltung von Bassos Film ist nie mitleidig, erhaben, besserwisserisch oder jammernd. Seine Sarita ist neugierig, will etwas über die verlorene Heimat erfahren, sie versteht nicht, warum sie nach Amerika oder Europa umsiedeln soll, sie und auch andere Junge wollen zurück nach Bhutan. 

Das ist der Konflikt zwischen der jungen und der alten Generation. Dabei spielt der Begriff der Amnesie eine Rolle, es ist die defätistische Haltung derjenigen, die sich in langen Jahren mit der Flüchtlingssituation, die eine Entmündigungssituation ist, abgefunden haben. Das Gedächtnis müsse lödchrig sein wie ein Käse, ist die Schutzbehauptung. 

Trotzdem gibt es in Kathmandu einen Mann, der sammelt alles Geschriebene über die Dhongka, denn in Bhutan würde vieles aus deren Geschichte gefälscht. 

Am schrägsten ist die satirische Kaberettgesangsnummer des englisch singenden Funktionärs des Flüchtlingshilfswerkes, der mit einem grotesken Tanz den Flüchtlingen klar macht, wie gut sie es durch die Aktivitäten dieser Organisation haben. 

Die Sprache dieser Flüchtlinge ist Dzongkha.

Das Flüchtlingslager heißt Khudunabari.

Die Themen Diskriminierung, Demokratie, Toleranz, Vertreibung, Heimat werden extrem leicht behandelt, nie mit moralischem Zeigefinger, nie als Mitleidsnummer. 

Ein fescher Rap ist derjenige, der die Jugend beim Tanzen zeigt, während gleichzeitig im mechanischen Rhyhtmus mechanische Alltagshandlungen der Erwachsenen dazwischengeschnitten werden, wie sie Reis zugeteilt bekommen und das quittieren müssen, beide im selben drängenden Rhythmus. 

Einmal ist die Tanzfläche für eine Nummer der nackte Boden, der schlicht mit Kartons ausgelegt ist. 

Attraktiv und originell wirken selbstgebastelte Spielzeuge für Kinder. Und es ist zu erfahren, dass diese Menschen einst in Bhutan Entrepreneurs waren, gebildete Leute, Ärzte, Lehrer, Akademiker; jetzt sind sie bestenfalls Krankenpfleger oder spinnen Garn, um etwas Geld zu verdienen.

Bhutan ist das Land, was sich mit dem Bruttonationalglück brüstet, was ein beliebtes Motiv in thematischen Dokumentarfilmen ist wie Planet Re: Think oder Speed: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit.

Dieses Bruttosozialglück erscheint nach diesem Film in einem schalen Lichte. 

Zu sehen bei Kino-on-Demand.

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