Dreissig

Berliner Nächte um die Ohren.

Drei Männer, drei Frauen..

Gelungenes Experiment..

Die „Wir-sind-cool“-Generation.

Die Kamera von Anselm Belser verfolgt und beobachtet mit belatarrscher Langmut und Beharrlichkeit das, was Simona Kostova geschrieben und mit einer prägnanten Riege junger Schauspielerinnen und Schauspieler inszeniert hat. 

Es ist der dreissigste Geburtstag von Övünc (Övünc Güvenisik). Er scheint Schriftsteller-Ambitionen zu haben, spricht davon, dass er schreiben müsse. Mit dem Aufwachen in seinem sparsam möblierten Zimmer mit genügend Fenstern fängt der Film an. 

Hier drängt sich dieser Bela-Tarr-Eindruck auf. Die Kamera verharrt vor allem ruhig, macht keinen Mucks. Övünc muss sich irgendwie in diesem Tag hinein- und zurechtbuddeln. Es gibt telefonische Verabredungen. Es ist sein dreißigster Geburtstag. 

Der Film macht anschließend Station bei einen Freund von Övünc, bei Pascal (Pascal Houdus). Der ist gerade dabei, aus der ebenfalls höchst sparsam eingerichteten gemeinsamen Wohnung mit seiner Freundin Raha (Raha Emami Khansari) auszuziehen; sie ist Schauspielerin. 

An der Geburtstagsparty von Övünc wird festgehalten. Jetzt folgt die Kamera rasend lange dem durch Berlin radfahrenden Pascal. Nach und nach werden die Teilnehmer der langen Geburtstagsnacht, die bevorsteht, vorgestellt; da ist noch Henner (Henner Borchers), er wird mit einer Clownsnase und mit langem, wehendem Mantel als der Gruppenunterhalter eingeführt. Mit Raha kommt deren Freundin Anja (Anja Langer). Neu zur Gruppe stößt Kara (Kara Schröder). 

Ein intelligenter Mensch hat einmal gesagt, vernünftige, gscheite Entschlüsse könne man ab dreißig fällen. Das bedeutet wohl auch defnitive Entschlüsse. Das kann den Beruf oder das Paarungswesen betreffen. Die drei Männer und die drei Frauen, die sich hier die Berliner Nacht vorcoronamäßig um die Ohren schlagen, die stehen an dieser Schwelle. 

Das gelingt Simona Kostova ziemlich gut, diese Charakterisierung einer Schwelle im Leben. Es geht diese bunte Freiheit und Möglichkeit zur Möglichkeit zu Ende. Irgendwann muss man sich entscheiden. Auch in Paarungshinsicht. Wozu so Disconächte gut sind, auch wenn sie tendenziell, wie auch hier, mit einem Kater enden. 

Entscheiden müssen sich die Individuen und nicht die Filmemacherin, der ein recht glaubwürdiges Stimmungsbild dieser sorglosen Vor-Corona-Generation gelingt, der kurze Moment von sich anbahnenden Roaring Twentieths in Berlin; die abrupt durch Corona unterbrochen wurde; die möglicherweise einen neuen Ernst auch in Lebensentscheidungen verlangt. Und wie im richtigen Leben, zieht sich die Nacht, die philosophischen Einsprengsel verschwinden, die Musik übernimmt die Regie bis hin zu einem ansprechenden Jazzkonzert.

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