Der wunderbare Mr. Rogers

So viel Güte

wie Tom Hanks hier als Fred Rogers ausstrahlt, das geht an die Grenze des Aushaltbaren. 

Alle Probleme dieser Welt, vor allem die menschlichen, sind mit einem Lächeln, einem Song, mit etwas Geduld, Zuhören und Zureden zu händeln. Und wenn es um ein technisches Problem wie das Aufstellen eines vorgeblich leicht aufzustellenden Zeltes geht, und das funktioniert nicht in der Kindersendung, die Rogers aus Philippsburg moderiert, so will er keine Tricks, keinen zweiten Mann, nein, dann soll man das so stehen lassen. 

Und als ob das Güte-Quantum von Hanks nicht reicht für eine befriedete Welt, lässt Marielle Heller (Can you ever forgive me) das Drehbuch haben Micha Fitzerman-Blue und Noah Harpster nach einem Esquire-Artikel von Tom Junod geschrieben – die Welt primär als Spielklötzchenwelt erscheinen, im Studio tuckert eine Spielzeugeisenbahn vorbei, aber auch New York, der Film spielt 1998, mit seinen noch stehenden Zwillingstürmen ist eine legoklötzchenartige Stadt. Hier können keine schlimmen Dinge passieren. 

Rogers moderiert seine Sendung an, indem er von einer Bildtafel einzelne Türchen öffnet wie bei einem Adventskalender. Heute erzählt Rogers die Geschichte von Lloyd Vogel (Matthew Rhys). Er sieht nicht glücklich aus auf dem Foto und hat eine deutlich sichtbare Verletzung zwischen Auge und Nase. Rogers will einer Geschichte von Schmerzen und Verletzungen auf den Grund gehen. Es wird eine wunderschöne Geschichte – mit Schmerzen und Verletzungen. 

Lloyd ist Investigativ-Journalist beim Esquire, er markiert den harten Typen, der Tatsachen schonungslos auf den Grund geht. Er ist verheiratet mit Andrea (Susan Kelechi Watshon). Sie sind glückliche Eltern eines Babys. 

Chefin Ellen (Christine Lahti) von Lloyd beauftragt diesen nun mit einem Porträt, 400 Wörter, über besagten Mr. Rogers. Widerstrebend fügt Lloyd sich dem Auftrag, obwohl das sicher nicht sein Ding sei, Lobhudeleien über Personen zu schreiben, Investigation ist seine Welt.

Es wird sogar eine investigative Geschichte werden, allerdings ganz anders, als Lloyd es sich gedacht hat. Denn er begibt sich mit der Gesichtsverletzung zum Interview, das zum Vornherein schon schwierig ist, eingequetscht in die Sendung des Moderators. Die Verletzung erzählt ja etwas. Der Moderator glaubt die Mär von der Sportverletzung nicht und spürt, dass mehr dahinter steckt. 

Der Zuschauer weiß da bereits mehr, denn er ist Zeuge geworden, wie die Verletzung zustande gekommen ist bei einer handfesten Auseinanderstzung mit Lloyds Vater Jerry (Chris Cooper), einem Lebemenschen und Alkoholiker, der vor Jahren seine Frau und die beiden Kindern verlassen hat. 

Der Artikel im Esquire wird also eine ganz andere Geschichte erzählen, nämlich dass solch existenziell kaputten Verhältnisse nicht auf ewig und immer festgeschrieben sein müssen, sondern dass Versöhnung möglich ist. 

Die New Yorker Zwillingstürme werden sehr deutlich gezeigt, mahnend, dass auch solche Verletzungen versöhnlich gelöst werden sollten. Ein guter Schritt dazu könnte sein, einfach mal eine Minute still sein, auch wenn es eine Kinominute auf der Leinwand ist. 

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