Ruf der Wildnis

Der Ruf der Wildnis ist ein weltberühmter Roman von Jack London. Das Buch ist schon x-fach verfilmt worden, vielleicht war es auch, da aus der Sicht des Hundes Buck geschrieben, Inspiration für den unterhaltsamen Rennsport/Hund-Film Enzo und die wundersame Welt der Menschen, ein schrulliger Hundefilm, da der Hund für den Zuschauer zwar spricht, sich aber den Menschen nicht mitteilen kann, daraus entwickelt sich mitunter Tragik, dramaturgisches Potential, das ausgeschöpft wird als Kommunikationsproblem. 

Jetzt hat sich Chris Sanders nach dem Drehbuch von Michael Green den Jack-London-Stoff vorgenommen in einer Mischung aus Realfilm und Tieranimationsfilm. 

Dabei gibt es einige Probleme. Die dürften beim Drehbuch anfangen und bei den Animationen nicht zu Ende sein. 

Bei Jack London ist der Hund Buck die Hauptfigur, aus dessen Sicht die Welt beschrieben wird. Bei Sanders und Green wird Buck als unterhaltsames, etwas tolpatschiges und dekoratives Tier in einem herrschaftlichen amerikanischen Haushalt vorgestellt. Nicht als Hauptfigur. Der rast durch das Haus, prallt gegen Wände, legt Vollbremsungen hin oder zerstört das opulente Büffet, das bereit steht. Konsequenzen für sein Verhalten gibt es von Seiten der Menschen nicht. 

Halt!, vorneweg zu Beginn des Filmes gibt es eine Information, die sich als Fehlleitung des Zuschauerinteresses entpuppt. Es sind Zeichnungen vom Goldrausch in Alaska, lange Reihen von Männern, die mit viel Gepäck und Hunden sich in die eisig-schneeigen Goldregionen bewegen. Das Zuschauerhirn notiert: aha, ein Film über den Goldrausch. Und wartet auf Einlösung dieses Versprechens. Da kann er lange warten. 

Buck wird stattdessen entführt, verkauft, nach Alaska transportiert, weil dort der Hundebedarf (und vermutlich auch der Verschleiß?) enorm ist. Aha, da wird der Hund wohl die Leitidee sein, die zum eigentlichen Thema des Filmes, dem Goldrausch führt. Ok. Schauen wir mal. 

Ankunft in einer belebten Goldrausch-City. Das wird souverän amerikanisch-filmindustriell dargestellt, schnell und rege. Es kommt zu einer Begegnung zwischen Hund Buck und Harrison Ford, der, so dusselig ist der inzwischen geworden, seine Mundharmonika verliert. Der Hund, ei ei so intelligent ist der, denn er hat gemerkt, dass Harrison Ford ein guter Mensch ist, trägt ihm die Mundharmonika nach. Dann verliert sich Ford, immer ein Versprechen für einen Film, vorerst aus der Geschichte, vielleicht muss er zum Rücken- und Schultermuskeltraining im Hinblick auf eine spätere Szene im Wasser.

Jetzt tritt Omar Sy auf, ein weiterer Weltstar mit einer etwas fremdelnden Französin. Sie brauchen für das Hundegespann ihres Schlittens einen neuen Hund, auch wenn Buck größer und kein Husky ist. Vielleicht wird uns Omar Sy zum Thema des Filmes führen? Gefehlt. Er fährt lediglich mit seiner Süßen Postsäcke zu den entlegenen Goldgräberorten. 

Buck findet sich mit seiner Position im Hundegespann ab, übernimmt nach abenteuerlicher Hasenjagd die Führungsposition. Weil die Telegrafie eingeführt wird, braucht es keine Hundeschlittenpost mehr. Somit ist Omar Sy abgespielt, ist ja auch ein Kostenfaktor. 

Jetzt kommt ein richtig eindeutiger und grässlicher Bösewicht ins Spiel, der das Schlittengespann kauft und brutal behandelt. Der hat noch eine pink gekleidete Lady dabei, die schwer auf dem überladenen Schlitten lastet. 

Inzwischen ist Harrison Ford zurück aus dem Fitnessstudio und mischt als Gutmensch wieder mit. In seiner Unterkunft schreibt er hin und wieder in ein Tagebuch. Vielleicht sind da Jack-London-Sätze dabei. Er kümmert sich um den Tierquäler und errettet Buck vor diesem. 

Ford und Buck wachsen unter Beiziehung jeglichen möglichen Kitsches zwischen Hund und Mensch zusammen, verstehen sich wunderbar, vor allem der Hund den Menschen. Sie machen sich auf zu einer Goldader wie man sie sich nur wünschen kann, ein Griff in den Bach und die Hand ist voll mit schweren Nuggets. 

Und, aufgemerkt!, Buck tut eine wahrhafte Heldentat: er bringt Harrison Ford weg vom Alkohol. Das ist eine Leistung. Genau so wird er später als ausgebildeter Sanitäter den verletzten Ford in die richtige Lage hieven.

Dann entdeckt Buck die Wildnis, bandelt mit einer weißen Wölfin an. Das zielt auf das Finale, auf den Satz, dass er endlich wieder sein natürliches Leben gefunden habe; das dürfte die eigentliche Geschichte gewesen sein, die sozusagen ohne Gebiss erzählt worden ist. Nur haben wir den Jack London vor lauter Süße und Süßmusik und Süßlicht nicht gefunden. Vielleicht war der auch gerade im Fitnessstudio. 

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