Roland Rebers Todesrevue

Rabimmel Rabammel Rabumm

Ohne den Refrain dieses Kinderliedes („Ich geh‘ mit meiner Laterne“) geht es sich nicht aus bei Roland Reber, wenn er sein glücksphilosophisches Panoptikum auf die große Leinwand bringt, was sich zweifellos gut macht. 

Das Kinderlied ist vielleicht auch eine Antwort auf die rastlose Suche nach dem Sinn des Lebens, darnach, was Glück sei und insofern, als es eh von beschränkter Dauer ist, auch die Thematik des Todes, die hier titelgebend eingesetzt wird. 

Ein Glück für Reber ist es sicher, mit einem Team wohl ausgewählter Leute, die alle auf der Leinwand auch gut und natürlich kommen und insofern attraktiv sind, ein Theaterstück oder wie hier einen Film mit Anleihen beim experientell-essayistischen Theater zu stemmen. Das erzeugt Sinn, ein kostbares Gemeinschaftsgefühl. 

Der Film selber ventiliert vielsieitig das Streben des Menschen nach Glück und wie er die modernen Medien darein involviert, TV-Show, Internet, Gesellschaftsspiele und auch die Messung des gesundheitlichen Glückes mit Armanduhr, die einem ständig sagt, wie viele Schritte der Träger noch zu tun habe oder die Delegation des Glücksthemas an einen Motivationsguru. 

Die Suche nach Glück über eine Single-Show. Die Suche nach Glück im geselligen Gemeinschaftserlebnis mit Bühnenshow und gemeinsamem Klatschen und Anfeuerungs- oder Forderungsrufen; Glück als Massenerlebnis, als Gruppenerlebnis, als Gemeinschaftserlebnis. 

Dagegen setzt Reber, ganz sachte angedeutet, die Vorstellung von Glück als dem intimen Erlebnis auf der einsamen Insel. 

Das Altwerden ist ein eminent einflussreicher Faktor auf das Lebensgefühl. Damit im Zusammenhang der Tod, die Toten, Eisi Gulp, der Leichen durch Gänge schiebt und über den Tod monologisiert. Damit im Zusammenhang die Pflegeproblematik. 

Es ist ein buntes Panoptikum ans Szenen mit einem riesigen Darstelleraufwand von um die 130 Menschen jeglichen Alters und ganz ohne Starallüren. Sie bringen Szenen mit vereinshaften Geselligkeiten: das Glück im Verein.

Als herausgestellte einzelne Figur dagegen die Maskenperson, die ein berühmter und einflussreicher Influencer werden will. Doch während sie auf Sendung im Internet ist, wird ständig angegeben, dass keine Zuschauer da seien. Es bedarf einer extremen Aktion, damit die Klickzahlen in die Höhe schnellen, die das Streben nach Berühmtheit in die Schranken weist. 

Rebers Filme sind Blüten abseits des deutschen, subventsionsüberdüngten Mainstreams, welcher den Zuschauer in Richtung Intoleranz konditioniert statt ihn zu öffnen für den Reiz der Reflektionen eines nicht von weisungsgebundenen Kulturfunktionären gebändigten unabhängigen Geistes, der nicht locker lässt, den die ungelöste Glücksthematik nicht bequem die Hände in den Schoß legen lässt; der es nicht lassen kann, immer wieder in die Weichteile dominierender, gesellschaftlicher Antworten (eher billiger, nicht allzu reflektierter Antworten) zu greifen, um zu eruieren, ob sich hier Belastbares findet; bei gleichzeitiger Sehnsucht nach dieser vereinshaften Heimeligkeit, nach der Gruppenantwort, die sich auch im Singen von Liedern spiegelt, auch wenn er gleichzeitig vom Ausverkauf der Gefühle spricht oder fordert „Dildos statt Waffen“. 

Und dann wieder die depressive Ansicht, „Überall wo ich hinblicke, ist ein schwarzes Loch“. Vielleicht auch die Frage: ist Glück professionalisierbar – oder müssen die Antworten immer irgendwie laienhaft bleiben? 

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