Der Distelfink

Antik oder Kopie,

das bringt der Antiquitätenhändler Hobie (Jeffrey Wright) seinem lernbegierigen Schüler Theodore (als Junge: Oakes Fegley) bei. Das kann man mit der Hand fühlen, ob es sich bei einem Stuhl um echten Philadelphia Chippendale handelt oder um ein kopantiquiertes Fakestück. Das ist leicht herzustellen, Nägel rostig machen. Von Hand aber spürt man den feinen Unteschied zwischen maschinengeschreinerten Brettern und solchen, die manuell bearbeitet wurden.

Diese Frage stellt sich in gewisser Weise und im übertragenen Sinne auch bei dieser Literaturverfilmung von John Crowley nach dem Drehbuch von Peter Straughan.

Es geht um den Roman „Distelfink“ von Donna Tartt. Handelt es sich dabei um eine angeberisch-aufschneiderische Kopie und ist im Roman mehr Substanz, Kunsttiefe und Distelfink-Interpretation drin, als der Film es vermuten liesse? Geht es nur um das Skandalöse-Explosive im Zusammenhang mit dem Bild von Carel Fabritius, das der Film akribisch zum Kunstthriller – ohne tiefere Bedeutung – präpariert?

Das traumatische Erlebnis von Theo findet in Metropolitan Museum in New York statt. Es kommt zu einer Explosion, die Mutter überlebt nicht, Vater haut daraufhin ab. Theo kommt zu einer großbürgerlichen Familie, die wie Schaufensterpuppen seien, wie er sagt. So spielt Nicole Kidman auch die Mutter.

Kaum hat der Bub sich in New York eingelebt, taucht sein leiblicher Vater (Luke Wilson) auf; er sei seit 51 Tagen trocken – was harte Drinks betrifft – meint seine aufgedonnerte Blondine. Die verschleppen ihn stante pede nach Las Vegas in eine Neubausiedlung am Rande der Wüste, das meiste sind Häuser zur Versteigerung aus der Immobilienpleite. Einen russischen Nachbarjungen gibt es, das ist Torn (Nicky Torchia). Von ihm lernt Theo, was ein Bub in seinem Alter nicht lernen sollte.

Zwischen diese Jugendsequenzen sind die Erwachsenensequenzen dazwischen geschnitten. Hier wird Theo gespielt von Ansel Elgort. Er lebt wieder in New York und arbeitet beim Antiquar.

Die Dinge verzahnen sich, die Puzzlestücke fügen sich und durch alle Lebensphasen begleitet Theo ein verschnürtes, flaches Paket, das er seit der Explosion im Museum durch sein Leben mitschleppt und wohl verwahrt, und das Dreh- und Angelpunkt der Steigerung der Geschichte zum Krimi sein wird.

Was das alles wohl mit dem Stieglitz (Distelfink) zu tun hat?

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