Die Wurzeln des Glücks

12 Zitzen und 13 Ferkel.

Wie bastle ich mir einen Film und sein Maskottchen, seine Symbolfigur, hat sich vielleicht Amanda Sthers gefragt und ist auf das Mutterschwein mit den 12 Zitzen und den 13 Ferkeln gekommen. So dass Ferkel Nummer 13, das kleinste, das mit den geringsten Überlebenschancen, einer besonderen Behandlung bedarf und zu Filmehren kommt.

Denn der Jude Harry Rosenmerck (James Caan) lässt im hohen Alter New York und seine Familie hinter sich, um in Nazareth in Israel als Schweinezüchter zu arbeiten und sich speziell des Ferkels Nummer 13 anzunehmen, das ihm zum Lebensgenossen wird.

Damit hat die Autorin ein religiös starkes Symbol gefunden, an dem sie ihre Haltung zu Religion und religiöser Toleranz wunderbar klar machen kann in einem Film, der wie ein Leuchtturmlicht rotierend oder magazinhaft Harry und seine Familienmitglieder in den Fokus nimmt, seinen schwulen Sohn und Autor David (von ihm wird gerade in Brüssel (?) das tanzchoreographierte Stück „Wurzeln des Glücks“ aufgeführt; das die Geschichte der Familie Rosenmerck erzählt), Harrys Frau Monica (Rosanna Arquette), die mit dem Krebs und der Aussicht auf baldiges Ableben kämpft, sowie seine Tochter Annabelle (Efrat Dor), die für die Schwangerschaft und damit die Fortpflanzung der Rosenmercks zuständig ist, und David bemüht sich mit seinem Partner um eine Adoption. Zeitgemäße Familienverhältnisse.

Diese Geschichte stellt einerseits auf international-modischem Niveau das Leben dieser jüdischen Familie dar, das wie so oft, voller Widersprüche ist, einerseits hat es für sie eine Bedeutung, dass sie Juden sind und das erzählen sie ganz wichtig, andererseits kümmert sie die Religion wenig, hat keine Bedeutung für sie. Also das ist schon eine Frage, warum positioniere ich mich mit einer Position, die mich nicht interessiert, nur aus Schick?

In Israel kommen die üblichen, unversöhnlichen religiösen Konflikte zum Tragen. Das Problem des Schweinefleisches für alle Religionen. Das nützt Amanda Sthers für gezielt groteske bis absurde Situationen und Schlussfolgerungen, denn Schweineblut sei zwar nichts für orthodoxe Juden, aber in einer Darmblase in einem Autobus aufgehängt, sei es ein Mittel gegen Terroristen.

Andererseits freundet sich der ungläubige Schweinezüchter Harry mit dem Rabbi Moshe (Tom Hollander) an, der Verbotstafeln mit Schweinen drauf aufgstellt.

Zu einer Freundschaft mit den Christen reicht es nicht. Die beanspruchen Harrys Haus, weil auf dem Grundstück Jesus gewohnt habe. Die Muslime bleiben randständig.

Zwischendrin gibt es Ausschnitte aus der verwinkelten Aufführung „Die Wurzeln des Glücks“ mit einem symbolträchtigen, halbhohlen Baumstamm als Bühnenausstattung und einer wogenden Tänzertruppe.

Sthers bietet somit einen eleganten, international vermarktbaren Cocktail aus Kunst, Religionskritik, Israelkritik (die Mauer), Judentum, kaputte Familie im Sinne moderner Lebensverhältnisse und Krebsfilm an, gut gemixt und ohne merkliche Widerhaken, leicht verdaulich und ohne nachhaltige Wirkung, ganz im Trend der Zeit. Man ist jüdisch.

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