My Days of Mercy

Schwer zu sagen, was dieser schön individuelle Film von Tali Shalom-Ezer nach dem Drehbuch von Joe Barton mehr sein will, ein Liebesfilm oder ein Bürgerrechtsfilm gegen die Todesstrafe in den USA?

Die beiden Protagonistinnen lösen das Problem jedenfalls mit faszinierender Nonchalence, Ellen Page (die auch Mitproduzentin ist) als Lucy und Kata Mara als Mercy.

Sie lernen sich kennen bei ehrenamtlicher Aktivität. Sie reisen beide zu Gefängnissen, wenn Hinrichtungen angekündigt sind. Sie sind Aktivistinnen gegen die Todesstrafe. Sie stehen stumm mit handgeschriebenen Tafeln vor den jeweiligen Gefängnissen. Dafür fahren sie enorme Strecken in die verschiedensten Staaten, die die Todesstrafe noch kennen.

Im Film wird der jeweilige Kandidat kurz mit Texten zum Gefängnis und zur Anklage vorgestellt und im Bild erscheint das letzte Mahl, das nach Kantinenfraß ausschaut.

Diese leisen Demonstrationen, bei denen allenfalls einmal in bedrückend ruhiger Art mehr gesummt als gesungen wird, haben etwas Eindringliches. Wobei der einen Gruppe oft eine Gegengruppe gegenüber steht, die lauthals für die Todesstrafe eintritt, die nicht genug kriegen kann von dieser Forderung.

Lucy geht zu den Demos, weil ihr Vater in der Todeszelle sitzt. Er wird angeklagt, ihre Mutter ermordet zu haben. Lucy wird begleitet von ihrer älteren Schwester Martha (Amy Seimetz) und dem noch kleinen Bruder Benjamin (Charlie Shotwell).

Mercy geht hin, weil sie Hinterbliebene eines Mordopfers ist. Sie arbeitet in einer großen Rechtsanwaltskanzlei, wohnt noch zu Hause, ist formal in Beziehung zu ihrem Chef.

Aber die Liebe sucht sich ihren eigenen Weg, das ist die andere Geschichte in diesem Film, die beiden unschuldig wirkenden Frauen Mercy und Lucy fühlen sich vom ersten Moment an angezogen. Der Weg bis zur Liebe, der dauert noch ein paar Demonstrationen.

Die deutsche Synchro ist hervorragend an das dezente Spiel und die entsprechende, fast privatistische Inszenierung, angepasst, unterstützt also die Faszination durch diesen Film mit seinem erstklassigen Drehbuch und seiner erstklassigen Performance.

Die Dialoge sind oft spitz und dialektisch: „Mom denkt, dass Gott nichts geschaffen hat, was sich durch eine Preisjury nicht verbessern ließe“. Ein neues Wort: sexen. Aber wie kann sich eine Football-Mannschaft ausgerechnet „Dolphins“ (Delphine) nennen?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert