Alles ist gut – Esta todo bien

Unser Gesundheitssystem ist ein ungerechtes Zweiklassensystem, es ist unfair, immer mehr Leute können sich einen Zahnersatz nicht leisten, weil die Zuzahlungen zu teuer sind. Andererseits gibt es Privatversicherte, die sich vor lauter Selbstbehalt den Arztbesuch nicht leisten können. Absurd. Das Gesundheitssystem ist ein Treiber der Spaltung der Gesellschaft. Wir haben einen Gesundheitsminister, der schlagzeilenhalber übersprudelt vor koloportierenswerten Einzeleinfällen, den aber die Grundungerechtigkeit im System nicht kümmert. All das bleibt weiter kritisierenswert.

Vielleicht aber ist man trotzdem ganz dankbar für das, was wir haben, wenn man diese Dokumentation über den Zustand der Gesundheitsversorgung in Venezuela von Tuki Jencquel schaut.

Zwischen Mai 2016 und August 2017 hat Jencquel in Venezuela rund um das Gesundheitssystem seine Beobachtungen angestellt. Im Mittelpunkt steht eine Psychodrama-Gruppe von Patienten und Beschäftigten. Die Einstellung von den Sitzungen sind in Schwarz-Weiß gedreht. Die Teilnehmer exerzieren die unglaublichen Situationen durch, denen sie in ihrem Alltag begegnen.

Es ist dies extremer Medikamentenmangel. Der staatliche Import ist weit unter Bedarf reduziert, und wenn ein Flieger ankommt, geht das meiste auf Wegen der Korruption weg. Oder sie müssen in Form von kleinen Paketen, die von Hilfswerken, NGOs und anderen Spendern aus dem Ausland kommen, direkt an die Empfänger geschickt werden. Und wehe ein Arzt schmuggelt Medikamente ein.

Wie soll bei dem Mangel eine Apotheke überleben? Höchst improvisiert müssen die Ärzte arbeiten. Einer erzählt, er habe eine Lohnerhöhung um das Doppelte erhalten. Davon könne er gerade mal zwei Kilo Mehl kaufen. Kein Wunder gibt es einen Exodus von Ärzten ins Ausland.

Die hier bleiben, kämpfen, aber wenn sie sich öffentlich äußern über den Zustand des Systems, wenn sie erzählen, wieviele Kinder wieder mangels Medikamenten gestorben sind, werden sie politisch missliebig. Die hier bleiben, das sind Helden, die einen aussichtlosen Kampf kämpfen.

Zwischen die einzelnen Szenen schneidet Jencquel Ansichten einer venezolanischen Großstadt. Und man fragt sich, wie kann es in einem mit Ölreserven so gesegneten Land zu solchen Missständen kommen? Was läuft hier so grauenhaft schief?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert