The Dead Don’t Die

Als ob er am Leben, mehr noch: an der Unveränderlichkeit hinge. Als ob selbst die Nostalgie nach der Unveränderlichkeit sich gleich zu bleiben habe. Es müsse doch etwas geben, was festzuhalten sei, selbst das Bröseln der Provinz. Dieser Zustand von Erinnerung an die Vergänglichkeit.

Jim Jarmusch zementiert in diesem seinem Film eine Haltung, die sich gegen jede Entwicklung stellt, somit auch gegen das Altern, vielleicht auch trotzig: gegen sein künstlerisches Altern, naturkonservativ und mehr, das ist lange nicht nur gegen die Ölförderung in Alaska und die Klimakatastrophe (auf die sogar die Zombieinvasion zurückzuführen sei), die ist gerade mal ein mehrfach angeführtes Indiz.

Centreville ist eine merkwürdige Provinzstadt in Neuengland. Einen Jugendknast gibt es, ein „Moonlight-Motel“, in dem drei Hipster-Kids in einem Pontiac aus Cleveland absteigen (die Rollen sind so groß nicht, als dass man sie nicht den Zombies opfern könnte), ein Hund namens „Rumsfeld“, eine altmodische Gas-, eine Polizeistation, ein typisches „Dinner“ für das Bier und die Dorfnews, einen ausgedehnten Friedhof, ein überdimensioniertes Bestattungsinstitut mit der schier außeriridischen Buddhistin und Schwertkämpferin, ganz blond, Tilda Swinton als Zelda Winston, der Vorname ist jener der Frau des Great Gatsby, was immer die Anspielung soll.

Komparseneinwohner gibt es so gut wie nicht. Nur die Figuren, die Jarmusch sorgältigst inszeniert, sie sind alle ruhig und beherrscht. Sie sprechen langsam und dezent wie in einem Kammerspiel und erreichen so eine hohe Glaubwürdigkeit, egal wie abgefahren die Vorgänge sein mögen. Sie wecken Empathie.

Diese Menschen sind Provinzis durch und durch. Sie nehmen alles ernst. Sie sind nicht unsensibel, sie spüren dass etwas in der Luft liegt. Die Haustiere verhalten sich ungewöhnlich.

Die Guides durch das Provinznest sind die beiden Polizisten Chief Cliff und Ronnie (Bill Murray und Adam Driver). Sie werden sich damit auseinandersetzen müssen, dass Zombies aus dem Friedhof gekrochen kommen, entwicklungsresistente Filmzombies. Diese tun sich gütlich an den Lebenden. Das sieht nachher nicht schön aus.

Da es sich bei diesem Film von Jarmusch um ein Statement handelt gegen Demokrit sozusagen, gegen den ewigen Fluss der Dinge, so ist es nicht verwunderlich, dass er nicht so recht weiß, wie er ihn beenden soll, dies ehrlichkeitshalber als nicht fertiges Drehbuch im Film selbst annonciert und dass die Frage, wie er enden soll, offen sei. So verliert sich das Interesse spätestens bei Tilda Swintons Himmelfahrt, aber da hört der Film eh bald auf – irgendwie.

Vielleicht ist aber der Film von Jarmusch sowieso nur eine Art Nostalgiebebilderung zu seinen Lieblingsmusikern oder Ausdruck der Hoffnung auf Unsterblichkeit. So erscheint der Film momentweise liebenswürdig und nett, als ob ein kleiner Junge an seiner Welt festhalten wolle, wie er sie sieht, noch ohne dass er irgendeine Lebenserfahrung gemacht hätte. Es ist eine zutiefst und schön formulierte Sehnsucht nach Ewiggleichem.

Jarmusch scheint hier Opfer der eigenen Sehnsucht geworden zu sein, die nicht vorwärts treiben kann, die sich gegen jegliche Entwicklung und Überraschung vehement sträubt. Die in ihrem Sträuben aber im Kino wiederum eine eigenartige Faszination ausübt. Jarmuschs kinoromantisch-schön formuliertes Votum für Stillstand?

Die moralinische Interpretation, die Zombies seien die Antwort der Natur auf die Frevel der Menschheit an ihr, dürfte kaum verfangen, denn da die Menschen mit Kopfschuss oder Köpfen sich der Zombies leicht entledigen können, nimmt es ihr jegliche Relevanz, zeigt die Menschen als die unbelehrbaren Frevler, das wäre die dystopische Lesart.

Oder: die Provinz ist nur Mit- und Nachläuferin der technischen Entwicklung, sie kann doch nichts dafür?

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