Liebesfilm

Mythen eines jungen Mannes um die 30.

Er fühlt sich frei, ungebunden, liebeslustig, er heißt Lenz (Eric Klotzsch), was auf vielfältigen, literarischen Background verweist. Er liebt Ira (Lana Cooper), was das lateinische Wort für Zorn ist, ein weiterer bildungsbürgerlicher Hinweis.

Lenz stammt aus Bankiersverhältnissen, hat keine Geldprobleme, genießt gerade den Sommer seines Lebens (und bitte nicht schon an Elternschaft denken, aber so weit kommt es dann just) und bei einer nächtlichen Diskussion (mit Rotfilter) in einem Zelt im Wald mit Ira muss er doch suchen, wo er Traumata hat.

Ira hat welche, sie weiß nicht wer ihr Vater ist. Sie ist markant eigensinnig, übt einen streng geheimen Job aus, der mit dem Afghanistankrieg zu tun hat und mit VPN-Verschlüsselung. Sie hat eine schusssichere Weste zuhause und muss immer mal für kurze Zeit weg. Sie ist die Ich-Erzählerin.

Lenz wird mit Zwischentiteln, so wie Godard sie gerne nutzt, im Hinblick auf seine Mythen charakterisiert. Diese sind teils hochaktuell, was zur Zeit, in der dieser lockere Berlin-Film spielt, die Gemüter beschäftigte: das Kreuzfahrtschiff, was vor Italien sank und bei welchem der Kapitän als erster von Bord ging, die Verfolgung Osama Bin Ladens und das spurlose Verschwinden eines Flugzeuges der Malaysischen Fluggesellschaft. Aber auch ein russisches Kriegerdenkmal in Berlin, der Löwe des Paschir-Tales, Affenliebe, Heldentum generell. Bei Lenz äußert es sich darin, dass er beim Campieren aus Zunder selber ein Feuer entfacht.

Der Film kreist unverkrampft essayistisch um die Vorstellungswelt dieses jungen Mannes, wie er gerne liebt, aber keinesfalls an daraus sich möglicherweise ergebende Verantwortung erinnert werden möchte. Andererseits drängt die Mutterrolle beim fortschreitenden Alter von Ira.

Seine Mythen erscheinen Lenz so lebendig, dass er sie ab und an leibhaftig vor sich sieht.

Vom Thema her erinnert der Film an Oh Boy; von der Machart her unterscheidet er sich erheblich, er scheint auch inspiriert von der Aufbruchs- und Sorglosstimmung der Beat-Generation-Filme.

Hier mischen sich das Freiheitsgefühl des Protagonisten mit dem Freiheitsgefühl der Filmemacher, das sind Robert Bohrer und Emma Rosa Simmon. Ihre Begeisterung, diese Geschichte fürs Kino erzählen zu können, ist unübersehbar und überträgt sich mit der Leichtigkeit des Spieles der Akteure, die viele Regungen und Reaktionen zeigen können, wie bei vielen ihrer häufigen Fernsehrollen bestimmt nicht – und sie genießen es.

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