Vorhang auf für Cyrano – Edmond

Vom Wesen des Theaters.

Selten hat mir ein Film das Wesen des Theaters so sichtbar gemacht, wie es Herz und Sinne trifft, welches Risiko es eingeht, aber auch dessen Vergänglichkeit.

Für diese Hommage und eindrückliche Liebeserklärung an das Theater hat sich Alexis Michalik die Entstehungsgeschichte eines der erfolgreichsten Bühnenstücke, wie längst auch Filmstoffes, nicht nur Frankreichs, sondern der ganzen Welt angenommen, des Klassikers Cyrano de Bergerac von Eduard Rostand und damit die Geschichte um den Autor; denn Autorenschaft ist auch (mit) eine der, wenn nicht die Essenz des Theaters – und auch der Liebe – und genau darum geht es in dem Stück, der schöne Geist mit der dicken Nase und das schöne Gesicht mit einem Geist, der nicht mit dem des wahren Autoren mithalten kann, Vortragender des Textes des Autoren.

So ist es auch im Theater, so ist die Theaterrealität, lauter Darsteller, die kaum je Dichter sind, tragen die Texte von solchen vor und berühren das Publikum, das nicht weiß, ob es sich in die Darsteller oder in den Autoren verlieben soll; soweit treibt es Michalik aber nicht.

Das Publikum wird die Uraufführung mit Standing Ovations und 40 Vorhängen bejubeln. Auch das Publikum ist etwas getürkt. Egal, das innert kürzester Zeit zusammengeschriebene Stück erlebt seine Geburt am 27. Dezember 1897 und ist seither fester Bestandteil westlicher Kultur. Das deutsche Kino hatte sich zuletzt mit Das schönste Mädchen der Welt wenig erfolgreich an dem Stoff versucht, der eigentlich nicht totzukriegen ist.

Das Theater als ein Sinnesanimierer und gleichzeitig als eine Sinnestäuschung und mittels dieser wiederum Wahrheitsbringer für das Publikum, der an Herz, Gemüt und Geist rühren kann.

Im Abspann erwartet den Zuschauer noch ein kurzer Abriss aus der Wirkungsgeschichte des Stückes. Wieviele zu ihrer Zeit berühmte Namen haben diese Rolle gespielt! Die Namen kennen wir nicht mehr. Der Name des Schauspielers ist unwichtig.

Michalik inszeniert in bestem Komödientempo und einem mitreißenden Flow von der Schilderung der Zeitumstände über die privaten Probleme des Autors Edmond Rostand (Thomas Solivérès) mit Frau und Kind und keinem Einkommen, der seit zwei Jahren nichts zustande gebracht hat, vom großen Darsteller Constant Coquelin (Olivier Gourmet) und von Produzenten, die Geld von ihm wollen, das er ihnen nur bei einem schnellen Erfolg liefern kann.

Die Comédie Francaise funkt dazwischen mit einem Auftrittsverbot für Coquelin. Der Darsteller im Fach des Liebhabers Léo Volny (Tom Leeb), die von ihm angebetete Maria (Mathilde Seigner); der Dichter, der die Texte für dessen Liebesbriefe verfassst – gleichzeitig den Text für das Stück schreiben soll; wie immer in Filmen ums Theater gehen hier Stück und Leben eine ständig ineinandergreifende und oft schwer auseinanderzudifferenzierende Mischung ein, die es so attraktiv macht, ganz zu schweigen von der Aufführung selber, dem beflissenen, typischen Inspizienten oder dem Knallergag mit der defekten Versenkung, das ist zum Schreien, so wie der Erfolg am Schluss nach all den Schlachten mit den Texten und den Menschen ganz schnell in Rührung übergehen kann.

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