Touch Me Not

Den Gefühlen auf den Grund.
(oder: dieses Gefühl mit den Gefühlen)

Was hat es auf sich, mit dieser Sehnsucht, mit dem Verlangen, mit der Angst, mit dem Anschauen, mit dem Berühren, mit dem Sichausziehen, mit dem Sichzeigen, mit dem Schmerz, mit dem Sich-selbst-in-die-Augen schauen, mit diesem Geschlechterding, mit dem Fetisch, mit der Behinderung, mit der Anziehung und mit der Abstoßung, mit dem Aushalten von Nähe?

Was hat es auf sich mit dem Vertrauen, mit der Geborgenheit, mit dem Aufgehobensein, mit der Ablehnung, mit der Skepsis, mit Angst, Schuld, Gewalt?

Eine Befragung der Regisseurin Adina Pintilie, die selbst höchst kritisch, höchst skeptisch, fast vergrämt (in Richtung Verbitterung) gelegentlich im Gesichtsausdruck den Gefühlen auf den Leib rückt – oder auch nicht.

Sie holt einen Callboy, der sich für sie auszieht, duscht. Sie trifft sich mit Hanna (Hanna Hofmann), die bis 50 ein Mann war, sie rückt Behinderten und ihren Gefühlen auf die Pelle. Christian ist ein heller Wonnepfropfen, liebt nicht nur seine Augen, seine Haare, sondern auch seinen Penis, der gut normal ist. Seine Freundin Grit liebt ihn vor der Kamera. Er gibt Auskunft, er hat extreme körperliche Behinderungen, ist aber geistig hellwach; er kennt sich nicht anders, auch wenn er gerne mal richtig aktiv ficken möchte.

Die Regisseurin beobachtet Therapiestunden, Atemtherapie, Berührungstherapie, Fetischveranstaltungen – manchmal auf Messers Schneide zwischen Pikanterie und Forscherernsthaftigkeit, zwischen Todernst und Spiel, zwischen Negativismus und Bejahung, zwischen Verzweiflung und Verklemmung mit den eigenen Gefühlen und dem Loslassen.

Adina Pintilie hat einen riesigen Stab an Produzenten, Castern, Coaches (inklusive Susan Batson), Scritp-Analysten hinter und um sich.

Die Kamera von George Chiper fängt geschmack- und stilvolle Bilder in entsprechender Komposition ein. Die Tonspur von Ivo Paunov wird der Vielfältigkeit der Ansätze und dem untersuchenden Verhalten gerecht.

Ein Film an der Grenze zum Forschungsbericht mit lüsternen Intermezzi. Was, wenn die Menschheit nicht in Mann und Frau – und welche dazwischen – eingeteilt wäre? Wie viel Aufregendes, Irritierendes, Faszinierendes Beklemmendes, Bedrohliches, Appetitliches, Lust- und Schmerzhaftes bliebe ihr vorenthalten – gäbe es dann fürs Kino überhaupt interesssante, offenlegbare, verhandelbare Intimität?

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